Sonntag, 21. März 2010

Gesetz des Dschungels regiert bei Amazonas-Streit

Einer der Folgen des Klimawandels ist eine Änderung des Niederschlagsmusters über der Erde. Diskutiert wird unter anderem die Möglichkeit, daß die Niederschlagsmenge über dem Regenwald am Amazonas nachläßt. Wir wissen, daß im Zuge von El-Nino-Ereignissen Dürreperioden am Amazonas auftreten. Möglicherweise bedeutet eine globale Erwärmung, daß wir verstärkt mit solchen Ereignissen rechnen müssen und daß dadurch Teile des Regenwaldes absterben und durch Savanne ersetzt werden. Das Schaubild zeigt die mittleren Ergebnisse der Modelle zu Temperatur- und Niederschlagsänderungen in Südamerika. Bemerkenswert ist vor allem der Rückgang der Niederschläge im Amazonasgebiet im Quartal Juni bis August.
Im Bericht der zweiten Arbeitsgruppe des IPCC zu den Folgen des Klimawandels werden diese Auswirkungen ebenfalls diskutiert. Dort steht: "Up to 40% of the Amazonian forests could react drastically to even a slight reduction in precipitation; this means that the tropical vegetation, hydrology and climate system in South America could change very rapidly to another steady state, not necessarily producing gradual changes between the current and the future situation (Rowell and Moore, 2000). - Bis zu 40% des Amazonasregenwaldes könnten drastisch auf sogar geringfügige Verringerungen der Niederschläge reagieren, indem tropische Vegetation, Wasserkreislauf und Klimasystem in Südamerika rasch in einen anderen stationären Zustand wechseln könnten, ohne dabei unbedingt Zwischenschritte zwischen der aktuellen und der künftigen Situation einzunehmen (Rowell und Moore, 2000)." Das Zitat bezieht sich auf einen Bericht des World Wildlife Fund WWF, auf dem auf Seite 15 allerdings dafür ein entsprechender Nature-Artikel zitiert wird (D. C. Nepstad, A. Veríssimo, A. A l e n c a r, C. Nobre, E. Lima, P. Lefebvre, P.S c h l e s i n g e r, C. Potter, P. Mountinho, E. Mendoza, M. Cochrane, V. Brooks, Large -scale Impoverishment of Amazonian Forests by Logging and Fire, Nature, 1999, Vol 398, 8 April, pp505).

Ein Blogger namens North hatte die Lüge verbreitet, der Eintrag im IPCC-Bericht sei nicht durch die Fachliteratur gestützt. Das ging insbesondere nach Verbreitung durch den britischen Reporter Jonathan Leake als "Amazongate" durch die Leugnerblogs, in denen diese Lüge nie korrigiert wurde. Für Tim Lambert im Blog Deltoid war dies Anlaß, einer ganzen Serie von Lügen von Leake und seinem Kollegen Rose nachzugehen.

Gerade, als man glaubte, daß man so langsam diese Lügen zu den Akten legen könnte, passierte aber etwas, was nicht ohne Präzedenz ist. Eine Wissenschaftler (Samanta) hatte mit Kollegen Satellitenaufnahmen der Veränderungen des Amazonasregenwaldes nach einer Dürre von 2005 ausgewertet und im wesentlichen die gleichen Ergebnisse erhalten wie Kollegen (Scott Saleska und Kollegen 2007) zuvor. Das wäre ziemlich langweilig. Aber man kann seine Pressestelle eine Meldung herausgeben lassen, die das Ganze interessanter macht. Erstens behauptet man, man habe ein anderes Ergebnis erhalten als die Kollegen - eine Version, der Saleska bei Real Climate widerspricht, und dann kann man noch behaupten, daß dieses Ergebnis im Widerspruch zum IPCC-Bericht sei, auch wenn dies gar nicht der Fall ist. Dieses Verhalten von Samanta ist klar unethisch. Es bedeutet natürlich, daß der Öffentlichkeit suggeriert wird, daß schon wieder ein Fehler im IPCC-Bericht aufgedeckt worden sei, wenn im Gegenteil der Bericht bestätigt wurde. Man fällt damit Kollegen in den Rücken. Und da im Fachartikel etwas anderes steht, kann sich Samanta auch noch damit aus der Affäre ziehen, daß ja fachlich alles korrekt sei, nur die Pressemitteilung sei leider "ein bißchen mißverständlich formuliert".

Mir ist diese Taktik schon bei Hans von Storch aufgefallen. Er macht einen normalen Artikel dazu, daß man aus einer zu kurzen Vergleichszeitreihe keine Langzeitkorrelationen zwischen globaler Temperatur und Meeresspiegelanstieg ableiten kann und meiert dann in einer Presseerklärung auf gröbste Weise Rahmstorf ab, als ob dieser etwas ganz anderes herausgefunden hätte und er nun widerlegt wäre. Rahmstorf betrachtet jedoch nur eine relativ kurzzeitige Antwort des Klimasystems (bis 2100). Er diskutiert 2009 erneut das einfache Modell. Auch hier steht in der Presseerklärung von Hans von Storch eine Widerlegung einer anderen Arbeit, die man im Fachartikel nicht wiederfindet. Kreativ war auch Bob Carter in einer Presseerklärung zu einem Artikel mit McLean und Kollegen. Der Artikel zeigte im Grunde nur, daß auf kurzer Zeitskala Temperatur und ENSO-Zyklen korrelieren. Die Presseerklärung behauptet, man habe gefunden, daß die globale Erwärmung nicht von Menschen verursacht werde. Das steht aber nicht im Artikel.


Diese Taktik, mittelmäßige Arbeiten durch überzogene Presseerklärungen aufzuhübschen und dabei auch noch Politik zu machen, gar Leugnerrhetorik in der Presseerklärung zu transportieren, die man nicht durch die Fachbegutachtung bekäme, ist unethisch und sollte, wie Eli Rabett meint, Auswirkungen auf die Annahme von Drittmittelanträgen solcher Wissenschaftler haben. Weiteres dazu auch hier und in den Links des Beitrags - die Geschichte dürfte noch viele unappetitliche Weiterungen erhalten.

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