Dienstag, 31. August 2010

IPCC wurde begutachtet

Das Inter Academy Council, ein Begutachtungskomitee mit Mitgliedern der nationalen Wissenschaftsakademien und anderer Forschungsgremien hat eine Begutachtung des IPCC durchgeführt und nun einen Entwurf seines Abschlußberichts vorgelegt (Änderungen verschiedener Punkte sind noch möglich). Der Bericht sieht hilfreich aus, bietet aber keine Überraschungen. Ungefähr so hätte man sich das Ergebnis einer Begutachtung vorgestellt, denn im Grunde war schon vorher bekannt und andiskutiert, wo das IPCC eine bessere Managementstruktur braucht, wo die Transparenz verbessert werden muss und wo Mängel im Review-Prozess beobachtet worden waren.


Das Komitee stellt fest, daß das IPCC insgesamt erfolgreich gearbeitet hat. Durch veränderte Rahmenbedingungen und erhöhte wissenschaftliche Anforderungen sei aber eine Fortentwicklung des IPCC erforderlich. Also wurden einige Empfehlungen abgegeben:

Kernempfehlungen:

Um die Handlungsfähigkeit des IPCC zu erhöhen, sollte der IPCC-Rat (panel) einen Exekutivausschuss einrichten, damit permanent Beschlüsse ergehen und überwacht werden können. An die Spitze des Sekretariats sollte ein Exekutivdirektor gesetzt werden, um auch dieses handlungsfähiger zu machen. Dieser sollte aber nur für die Zeit jeweils eines Sachstandsberichts arbeiten (derzeit ca. 5-7 Jahre), statt wie der derzeitige IPCC-Vorsitzende bis zu zweimal 6 Jahre.

Im Review-Prozess sollten die Redakteure stärker Einfluß darauf nehmen, daß Review-Kommentare tatsächlich umgesetzt werden und daß echte Kontroversen besser im Bericht dokumentiert werden. Außerdem sollten die Redakteure Review-Kommentare sammeln und zusammenfassen, damit sich die Autoren auf die Grundsatzpunkte in ihren Antworten und Überarbeitungen konzentrieren können. (Zum Beispiel wurden alleine für den Bericht der Arbeitsgruppe 2 37.000 Review-Kommentare bearbeitet. Es ist nahe liegend, daß die Gefahr von Fehlern oder nicht genügend beachteten Kommentaren erheblich ist, wenn zudem die damit befaßten Autoren die Arbeit für das IPCC neben ihrer bezahlten Forschungs- und Lehrtätigkeit erledigen. Und da die Autoren im Grunde freiwillige Arbeit leisten, konnte manchmal die Qualität dieser Arbeit ungenügend sein. Daher würde ein verbesserter Durchgriff der Redakteure dafür sorgen, daß die Autoren sich stärker auf diese Arbeit konzentrieren. Allerdings löst das nach meiner Meinung nicht das Problem, daß die Autoren im Grunde freiwillig und unbezahlt arbeiten und ihr Einsatz daher nicht wirklich eingefordert werden kann.)

Bei der Bewertung von Ergebnissen sollten alle Arbeitsgruppen den Ansatz der 3 Arbeitsgruppe im 4. Sachstandsbericht übernehmen und Ergebnisse qualitativ nach dem Konsensniveau (level of understanding) einstufen. Man würde sich also weniger an einer ungefähren Skala orientieren, wie wahrscheinlich oder sicher ein Ergebnis ist, sondern wie gut dieses Ergebnis in der Literatur abgesichert ist und inwieweit es dabei noch Kontroversen gibt. Quantitative Wahrscheinlichkeitsaussagen sollten nur dort getroffen werden, wo es genug Daten gibt, um solche Aussagen sinnvoll treffen zu können. Die empfohlene Skala wäre also zweidimensional mit den Eckpunkten:


hohe Übereinstimmung              hohe Übereinstimmung
begrenzte Belege                         viele Belege

niedrige Übereinstimmung        niedrige Übereinstimmung
begrenzte Belege                          viele Belege

Und die Skala würde ergänzt um quantitative Wahrscheinlichkeitsaussagen dann und nur dann, wenn dafür belastbare Daten zur Verfügung stehen. Das wäre nach meiner Meinung eine wesentliche Verbesserung der Nutzbarkeit der IPCC-Berichte.

Das IPCC sollte eine Kommunikationsstrategie einrichten, um rasch und angemessen Anfragen im Sinne der Mitglieder beantworten zu können, und regeln, wer für das IPCC sprechen darf.

Für die Bestimmung der Teilnehmer an Bewertungen der Literatur für die IPCC-Berichte sollten Regeln festgelegt werden. Es sollte außerdem besser nachvollziehbar gemacht werden, welche Quellen für die IPCC-Berichte berücksichtigt wurden, selbst wenn diese dann im Bericht nicht erwähnt werden.

Weitere Empfehlungen:

In den regionalen Abschnitten des Berichtes sollten sowohl lokale Experten eingesetzt werden als auch bei Bedarf Experten anderer Regionen, wenn sie sinnvoll beitragen können. (Das richtet sich ganz speziell auf den Fehler mit den Himalaya-Gletschern). Werden als Quellen andere als bereits veröffentlichte oder fachbegutachtete Publikationen verwendet, soll es dafür Richtlinien geben und soll dies im Bericht gekennzeichnet werden.

Insgesamt löbliche Vorschläge, teilweise auch echte Verbesserungen. Insgesamt aber wenig überraschend, sondern Empfehlungen, über die schon im Vorfeld geredet wurden und die teilweise auch wohl schon ohne dieses Komitee umgesetzt worden wären.

Warum jetzt bei dem Spiegel darüber wie eine Kriegsberichterstattung geschrieben wird, ist nicht nachvollziehbar, abgesehen davon natürlich, daß der Autor Bojanowski heißt und bislang zu dem Thema nicht mit Kompetenz geglänzt hatte. Immerhin durfte Roger Pielke jr. dabei ablassen, daß der Bericht den IPCC hart treffen würde. (The report is remarkably hard hitting with constructive and far-reaching consequences.) So sieht Wunschdenken aus.

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