Sonntag, 16. November 2008

Klimasensitivität - die Wasser-Temperatur-Rückkopplung

Die Verdopplung der CO2-Konzentration allein führt über den Treibhauseffekt nur zu einer moderaten Temperaturerhöhung von ca. 1,2 Grad Celsius. Erst Rückkopplungseffekte verstärken die Auswirkungen der Erhöhung der Treibhausgaskonzentrationen auf die derzeit anerkannte Spanne im Bereich von ca. 1,5 bis 4,5 Grad Celsius mit dem wahrscheinlichsten Wert von 3 Grad. Daß diese Rückkopplungen bestehen, zeigen Auswertungen von Klimaveränderungen in der Vergangenheit. Hier war der Antrieb meist eine Veränderung der Aufnahme der Sonnenstrahlung durch Bahnveränderungen der Erde, aber auch Häufungen von Vulkanausbrüchen, die über ausgestoßenes Aerosol die Reflektion von Sonnenlicht erhöhten. Betrachtet wurden Eiszeiten, aber auch z.B. globale Temperaturschwankungen in den letzten Jahrhunderten und Jahrzehnten. Übereinstimmend ergeben Auswertungen vergangener Klimaänderungen und die Modellrechnungen einen positiven Beitrag der Rückkopplungen, die globale Temperaturänderungen um einen Faktor ca. 2,5 verstärken (mit der Spanne ca. 1,5 bis über 3).

Von ganz besonderer Bedeutung ist dabei die Temperatur-Wasser-Rückkopplung. Ihre Größe und ihr Vorzeichen macht letztlich den Unterschied aus zwischen Szenarien, bei denen der der Anstieg der Treibhausgasemissionen zu einer deutlichen globalen Erwärmung mit allen diskutierten Folgen führt und solchen, bei denen die Klimaänderung sich in kontrollierbaren Grenzen hält. Die Möglichkeit, daß eine steigende Temperatur auf geheimnisvolle Weise dazu führt, daß letztlich weniger Wasser in der Atmosphäre ist oder die Wolken sich so ändern, daß sie mehr Sonnenlicht reflektieren war seit langem die einzige wissenschaftlich begründbare Position, den Grundaussagen des IPCC skeptisch gegenüber zu stehen.
Diese Position hatte ich bereits als die Iris-Hypothese von Lindzen erwähnt. Kurz zusammengefaßt behaupten Lindzen und einige wenige andere Wissenschaftler dabei, daß über warmen Meeresflächen die hohen Cirruswolken ausgedünnt werden und dadurch mehr Wärme in das Weltall abgestrahlt werden kann, wodurch die Erde gekühlt wird. Das wäre eine negative Rückkopplung.

Diese Behauptung wurde bereits wiederlegt – sie stimmt mit Messungen nicht überein. Darüber hinaus wurde bereits in anderen Arbeiten und Modellrechnung wiederholt bestätigt, daß eine Erwärmung der Erde dazu führt, daß die Luft eher mehr Wasser halten kann und dadurch Wasser als zusätzliches Treibhausgas den Treibhauseffekt anderer Treibhausgase verstärkt – entsprechende Literaturstellen findet man in den IPCC-Berichten an gegebener Stelle.

Wem alle diese Nachweise und Diskussionen noch zu abstrakt waren, für den sollte eine Veröffentlichung alles klar machen, die letzten Monat herauskam. Hier wurde eine starke Temperatur-Wasser-Rückkopplung auf der Basis einer Auswertung von Satellitenmessungen nachgewiesen, die im Einklang mit Untersuchungen vergangener Klimaänderungen und mit den Modellergebnissen steht. Dessler, Zhang und Yang haben in einer sehr knapp und präzise formulierten Arbeit, die kürzlich in den Geophysical Research Letters publiziert wurde, aus Satellitendaten abgeleitet, wie stark die Temperatur-Wasser-Rückkopplung ist (über den Link ist leider nur die Zusammenfassung des Artikels frei verfügbar - den Artikel selbst erhält man hier). Gemessen wurden dabei verschiedene Größen, wie Temperatur und Feuchtegehalt der Atmosphäre. Sie fanden einen relativ hohen Wert von 2,04 W/m2/K heraus. Das heißt, je 1 Grad Klimaerwärmung steigt der Wassergehalt der Atmosphäre derart, daß der Treibhauseffekt einen zusätzlichen Antrieb von 2,04 W/m2 erhält, entsprechend einer weiteren Verdopplung der CO2-Konzentration. Damit ist aufgrund von Messungen bestätigt, daß zusammen mit anderen bereits bekannten positiven Rückkopplungen dafür eine Verdopplung von CO2 zu einer Temperaturerhöhung von nunmehr mindestens 3 Grad führt, möglicherweise auch mehr. Zusammen mit der höher als erwarteten Emissionsentwicklung heißt das, daß von den IPCC-Szenarien derzeit eher die pessimistischen zutreffen werden oder diese sogar noch übertroffen werden. Es gibt derzeit in der Fachliteratur einen Trend, und der deutet darauf hin, daß die Aussagen des IPCC eine wirkliche konservative Abschätzung der anstehenden Probleme darstellen - konservativ in dem Sinne, daß eher eine untere Grenze der Klimaänderungen und Klimafolgen dargestellt wird. Eine weitere Diskussion zu diesem Thema findet man auch hier.

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