Samstag, 29. März 2008

Beschreiben die Klimamodelle die Wirklichkeit?

Ich hatte hier bereits den Unterschied zwischen Wetter und Klima erläutert. Dabei hatte ich darauf hingewiesen, daß Klimamodelle ein Randwerteproblem lösen. In Abhängigkeit von der Einstrahlung der Sonne, der Albedo der Erde, dem Absorptionsverhalten der Atmosphäre für Strahlung, der Kopplungen von Luft, Boden und Meeren und vieler anderer Größen stellt sich die Erde auf ein bestimmtes Klima ein. Die Physik dahinter ist weitgehend bekannt und lösbar. Viele Werte, die bei der Lösung der Gleichungen eingehen, sind aber mehr oder weniger gut bekannt und verursachen einen Modellfehler bzw. sorgen dafür, daß die Ergebnisse der Modelle mit gewisser Wahrscheinlichkeit in bestimmte Ergebnisbereiche fallen. Modelle haben Unsicherheiten. Deshalb kann man zunächst mal skeptisch sein, ob Modelle die Wirklichkeit beschreiben. Vielleicht enthalten sie Fehler? Vielleicht ist ihr grundsätzlicher Ansatz falsch?

Besonders strittig bei den Klimamodellen sind folgende Fragen:

Ist die Rückkopplung des Wasserhaushaltes bei Temperaturänderungen richtig beschrieben? Bei steigenden Temperaturen verdampft mehr Wasser und ist mehr Wasser in der Luft gelöst. Dieses Wasser verstärkt den Treibhauseffekt. Daher ist hier die richtige Abschätzung entscheidend dafür, ob die Modelle die Temperatur in Abhängigkeit vom CO2-Anstieg richtig beschreiben.

Ist die Rückkopplung der Wolkenbildung richtig beschrieben? Mehr Wasser in der Atmosphäre kann bedeuten, daß es mehr Wolken gibt. Wolken können zwei Effekte haben. Sie können Sonnenlicht reflektieren und so die Erde kühlen. Den Effekt haben niedrige Wolken stärker als hohe Wolken. Wolken können andererseits Wärme, die vom Boden abgestrahlt wird, zurückhalten und so den Treibhauseffekt verstärken. Diesen Effekt haben hohe Wolken eher als niedrige Wolken. Diese beiden Effekte können sich aufheben. Wenn aber mehr niedrige als hohe Wolken bei einem Temperaturanstieg entstehen, dämpfen die Wolken den Treibhauseffekt.

Ist der Einfluß von Aerosol richtig beschrieben? Aerosol sind kleinste Schwebepartikel in der Luft (grobe fallen schnell zu Boden). Sie können aus Ruß, aus Mineralien oder aus anderen Stoffen, z.B. Sulfaten bestehen. Man weiß nur ungefähr, wo wie viel und welche Aerosole in der Luft sind und kann auch nur ungefähr abschätzen, welchen Effekt auf die Strahlungsverhältnisse der Luft sie haben. Ruß würde den Treibhauseffekt sogar verstärken, vor allem wenn er grob ist, Sulfate andererseits hätten eher eine kühlende Wirkung. Die Effekte hängen kompliziert von Größe, Form, Zusammensetzung der Aerosole und der Luftfeuchtigkeit ab, so daß ich hier nicht in Details gehen will.

Im Endeffekt ist die spannendste Frage bei der Bewertung der Modelle: wie groß ist die Klimasensitivität gemessen in Grad Celsius Änderung der globalen Temperatur je Verdopplung der Konzentration von CO2? Gegenwärtig sieht man den Wert bei 3 (Fehlergrenzen ca. 2,5 und 4). Moderate Skeptiker des Klimawandels erkennen zwar die dahinter stehende Physik an, sehen aber die Klimasensitivität bei deutlich weniger als 3, eher bei 1 und weniger. Allerdings aus verschiedenen Gründen. Lindzen z.B. beruft sich auf eine abweichende Meinung zur Rückkopplung der Wolken. Diese abweichende Meinung konnte experimentell allerdings nicht bestätigt werden.

Wir sind allerdings im Gegensatz zu den achtziger Jahre nicht mehr in dem Zustand, daß wir nur auf Annahmen angewiesen sind. Inzwischen können wir das, was Modelle seit den achziger Jahren voraussagen mit dem gemessenen Temperaturverlauf vergleichen. Wir können also sagen, ob die Annahmen, die in die Modelle eingehen, realistisch sind oder ob die Klimaskeptiker eine bessere Abschätzung etwa der Klimasensitivität haben. Wir brauchen allerdings weitere Informationen, um zu entscheiden, ob Modelle aus den richtigen Gründen richtige Ergebnisse geben (es könnten sich auch zwei Fehler, z.B. falscher Aerosoleinfluß und falsche Wolkenrückkopplung, gegenseitig aufheben).

Das erste Bild, das ich zeigen will, basiert auf einem Modell, das bei der NASA entwickelt wurde. Hansen, J., I. Fung, A. Lacis, D. Rind, Lebedeff, R. Ruedy, G. Russell und P. Stone publizierten 1988 einen frühen Versuch, zukünftige Temperaturen vorherzusagen. Es wurden drei Szenarien, A, B und C gerechnet mit jeweils verschiedenen Annahmen über die Entwicklung der Treibhausgase. Das wahrscheinlichste Szenario war mit B bezeichnet. A hatte extrem hohe Annahmen für die Treibhausgase und war mit dem Montreal-Protokoll ausgeschlossen worden. C nimmt an, daß ab dem Jahr 2000 starke Maßnahmen gegen den Klimawandel getroffen werden. Die Modellrechnungen sind ab 1984 unabhängig von bekannten Daten, stellen also inzwischen eine Prognose über 23 Jahre dar. Verglichen wird mit den Temperaturmessungen nach NASA/GISS in zwei Varianten, die aber wenig verschieden sind. Im Diagramm sieht man, daß die gemessene Temperatur mit der im Szenario B berechneten gut übereinstimmt. Angesichts der Tatsache, daß das Modell für heutige Verhältnisse noch ziemlich grob war, und daß man natürlich 1984 nicht wissen konnte, wann z.B. der für das Klima zeitweilig wichtige Ausbruch des Mt. Pinatubo erfolgen würde, sind die Abweichungen zwischen Messungen und Modell äußerst klein:




Der Vergleich wird diskutiert bei Real Climate. Die Modellergebnisse wurden veröffentlicht in Hansen, J., I. Fung, A. Lacis, D. Rind, Lebedeff, R. Ruedy, G. Russell, and P. Stone, 1988: Global climate changes as forecast by Goddard Institute for Space Studies three-dimensional model. J. Geophys. Res., 93, 9341-9364, doi:10.1029/88JD00231.

Noch wichtiger ist der Vergleich zwischen den Modellen, die für die IPCC-Berichte verwendet wurden und Messungen. Dies kann man für einen Zeitraum von 17 Jahren machen, weil die Modelle, die im Dritten Anwendungsbericht des IPCC 2001 (IPCC, TAR) verwendet wurden, Mitte der neunziger Jahre gerechnet wurden und dabei auf Bedingungen aufsetzen, die die Zeit bis 1990 berücksichtigen - ab dann liefen die Modelle unabhängig von Daten, die von außen aufgeprägt wurden. Im folgenden Diagramm werden die gemessenen Temperaturen von NASA/GISS (rote Linien) und von Hadley Center/CRU (blaue Linien) (Linien mit Punkten sind Jahresmittelwerte, die durchgehenden Linien sind geglättete Temperaturverläufe mit einem gleitenden 10-Jahresmittel) mit den mittleren Modellergebnissen für die verschiedenen Emissionsszenarien verglichen (bunte Linien, die graue Schattierung zeigt den geschätzten Unsicherheitsbereich der Modellergebnisse):


Dieses Diagramm basiert auf Rahmstorf et al. (2007), Science 316, 709 und wurde hier angepaßt und diskutiert. Die Übereinstimmung ist auch hier gut, und gegenwärtig deuten die gemessenen Temperaturen darauf hin, daß eher die hohen Szenarien realistisch sind, bei denen also der Temperaturanstieg am oberen Rand der Schätzungen liegen wird.
Angesichts dieser guten Bestätigung der genutzten Klimamodelle gewinnt man den Eindruck, daß die Aussagen des IPCC zu der Klimaentwicklung ein gut abgesicherte Basis haben. Von den Klimawandelskeptikern kann man dies nicht behaupten. Bislang hat die Temperaturentwicklung ihre Aussagen definitiv widerlegt.

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