Mittwoch, 12. März 2008

Sind die gegenwärtigen globalen Temperaturen ungewöhnlich?

In den vergangenen Jahrzehnten ist die mittlere globale Temperatur am Boden relativ rasch angestiegen. Zwar kann man diesen Temperaturanstieg rechnerisch zum größten Teil auf den Anstieg des Treibhauseffektes zurückführen. Daher ist es nicht nötig, den Temperaturanstieg selbst als Beweis dafür zu nehmen, daß der weitere Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen zu einem globalen Klimawandel führen muß. Aber es gibt zwei Dinge, die einen an diesem Temperaturanstieg interessieren könnten.

1. Hat die globale Temperatur in der Vergangenheit stark geschwankt? Wenn ja, bedeutet das, daß das Erdklima sehr empfindlich auf störende Einflüsse reagiert. Wir müßten damit rechnen, daß auch der jetzige Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen einen eher starken Einfluß auf das Weltklima hätte. Weiterhin kommen ja die menschlichen Einflüsse zu den natürlichen dazu. Wenn es eine starke natürliche Variabilität gibt, und das Erdklima jetzt stark erwärmen, müssen wir befürchten, daß eine zusätzliche natürliche Erwärmung in der Art des mittelalterlichen Klimaoptimums sehr viel schneller zu einem Überschreiten kritischer Schwellen bei der Temperatur führt, ab dem der Klimawandel für die Menschheit krisenhaft wird.

2. Gab es in historischer Zeit Temperaturen, die so warm oder wärmer waren wie unsere heutigen? Wenn ja, wäre das insoweit beruhigend, als die Erde solche warmen Zustände in Zeiten überstanden hätte, als bereits Menschen Landwirtschaft betrieben.

Seltsamerweise sehen Menschen, die den Menschen als Verursacher des Klimawandels ausschließen wollen, nur den Punkt 2, und argumentieren deshalb, daß in der Vergangenheit das Klima sehr stark geschwankt hätte und auch schon wärmer gewesen wäre als heute. Daß sie damit aber zugleich bezüglich Punkt 1 aussagen, daß das Klima sehr empfindlich auf Einflüsse reagiert wie zum Beispiel den Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen, sehen sie nivht.

Temperaturmessungen im Rahmen eines zuverlässigen Meßnetzes gibt es nur bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts bzw. wenn man es strenger betrachtet nur seit etwa 1880. Wollen wir etwas über Temperaturen vorher aussagen, benötigen wir meßbare Größen, die sich ähnlich verhalten wie die Lufttemperatur am Ort, sogenannte Proxies. Das können z.B. Baumringe sein - je wärmer es ist, desto schneller wachsen Bäume und desto breiter werden ihre Jahresringe.

Der Vorteil der Jahresringe als Proxie ist, daß man hier einzelne Jahre zuordnen kann. Andere Größen, z.B. das Wachstum von Stalaktiten oder bestimmte Isotopenverhältnisse in Sedimenten, geben nur mittlere Temperaturen über größere Zeiträume wieder. Der Nachteil der Jahresringe ist, daß sie nur für einen sehr begrenzten Raum um einen betrachteten Baum repräsentativ sind und daß sie auch von anderen Faktoren beeinflußt werden, etwa dem CO2 -Gehalt der Luft.

Zeitreihen der globalen Lufttemperatur am Boden aus Proxies gibt es nun durch eine ganze Reihe von Arbeiten, und die Ergebnisse der verschiedenen Arbeiten bestätigen sich gegenseitig. Das kann man sich hier ansehen (Seite 467). Die erste Arbeit dazu wurde von
Mann et al (1999) erstellt. Diese Analyse war damals sehr innovativ, weshalb sie auch kleinere Fehler enthielt, die dann von einigen (z.B. McIntyre and McKitrick, 2005) angegriffen wurden. Allerdings machen kleinere Fehler in einer Arbeit nicht die ganze Arbeit wertlos, denn es wurden in den folgenden Jahren die Ergebnisse von Mann et al. von anderen Wissenschaftlern reproduziert und eine Untersuchung der Amerikanischen Akademie der Wissenschaften (NRC, 2006) ergab ebenfalls, daß die grundsätzlichen Schlußfolgerungen von Mann et al. von Bestand seien.

Alle Analysen der Temperatur der vergangenen 1000 bzw. 2000 Jahre kommen zum Ergebnis, daß der Temperaturanstieg der letzten 100 Jahre von ca. 0,7 Grad aus der Klimavariabilität der Vergangenheit herausragt und es wahrscheinlich noch nie in diesen 2000 Jahren so warm war wie nun zur Jahrtausendwende. Aufgrund der Art der Proxieanalysen kann man aber nicht sicher ausschließen, daß es in diesem Zeitraum einzelne Jahre gegeben hat, die ähnlich warm waren, wie die aktuellen, auch wenn das nicht plausibel wäre. Die Behauptung, daß es z.B. während des mittelalterlichen Klimaoptimums wärmer gewesen wäre als heute, kann man aufgrund dieser Temperaturrekonstruktionen ausschließen.

Weiterführende Diskussionen dazu (auf englisch) findet man z.B. hier in einer Diskussion der Methodik von Mann et al.


Mann, M.E., R.S. Bradley, and M.K. Hughes, 1999: Northern hemisphere
temperatures during the past millennium: Inferences, uncertainties, and
limitations. Geophys. Res. Lett., 26(6), 759–762.


McIntyre, S., and R. McKitrick, 2005a: Hockey sticks, principal
components, and spurious signifi cance. Geophys. Res. Lett., 32(3),
L03710, doi:10.1029/2004GL021750.


NRC (National Research Council), 2006: Surface Temperature
Reconstructions for the Last 2,000 Years. National Academies Press,
Washington, DC, 196 pp.

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