Sonntag, 17. Februar 2019
Klimareligion
Freitag, 17. Februar 2012
Heartlandgate und keine deutschen Medien
Mittwoch, 8. Februar 2012
Keinen Plan, aber gute PR
Montag, 6. Februar 2012
Altpapier zum Neupreis
Dienstag, 13. Juli 2010
Nachtrag zu: Erbsenzählen ist keine Wissenschaft
Sie tun es auch nicht, weil es hier ein grundsätzliches Verständnisproblem auf Seiten der Journalisten gibt.
Samstag, 15. Mai 2010
Wie der Journalismus versagt
Nachdem ja Journalisten bereits in skandalöser Weise fabrizierte Falschinformationen (Verzeihung, das Wort heißt - Lügen!) der Leugnerlobby in einer Serie von -gates verbreitet hatten und es auch nicht für nötig befanden, die Korrekturen in gleichem Umfang nachzureichen, ja, wie im Beispiel des Spiegels das Loch, daß sie sich gegraben hatten, zu einer Untiefe des Grauens ausschachteten, befanden es immer mehr Wissenschaftler für an der Zeit, sich zu diesen Angriffen auf die Wissenschaft zu Wort zu melden. In Science unterschrieben auf Initiative von Peter Gleick 255 Mitglieder der US-Akademie der Wissenschaften einen Kommentar unter dem Titel: "Climate Change and Integrity of Science", in dem sie ausdrücklich die Feststellungen der Klimaforschung unterstützten und sich gegen die Verbreitung von Lügen und ein Klima antiwissenschaftlicher Verfolgung wehrten. Für mich wäre das eigentlich keine Meldung wert, weil bekannt sein sollte, daß sämtliche Vereinigungen von Wissenschaftlern sich zu den Grundaussagen der Klimaforschung bekennen und auch jede wissenschaftliche Kommission, die sich bisher mit dem Thema befaßt hatte, immer zu den gleichen Ergebnissen gekommen war - der Klimawandel erfolgt durch Treibhausgase, ist real, ist meßbar und auf Dauer bedrohlich, deshalb muß die Emission von Treibhausgasen in kurzer Zeit drastisch reduziert werden. Es ist ein Konsens, der sich seit Jahrzehnten entwickelt hat und die Ergebnisse der Forschung haben permanent nur die Unsicherheit dieses Konsenses verringert, aber keien Argumente dagegen geliefert.
Daß es für mich keine Meldung wert ist, bedeutet aber nicht, daß die Medien nicht verpflichtet wären, über diese Erklärung von Akademiemitgliedern zu berichten. Die Medien haben immerhin verbreitet, daß es Skandale gegeben hätte und deshalb die Klimaforschung unter Beschuß stünde und sogar in Teilen in Frage stünde. Falschmeldungen, teilweise brutal gelogen (wie im Fall des notorischen Lügenreporters Kulke oder durchgängig der Wissenschaftsredaktion des Spiegels), und daher in dringender Not zu einer Korrektur. Da wäre es eine Sache des Anstandes, wenn die Medien angemessen diese Botschaft von 255 Wissenschaftlern, die meistens bereits Publikationen zu Themen vorweisen, die einen Bezug zum Klimawandel haben und deshalb angeschrieben wurden, verbreiten würden. Tatsächlich aber wurden der Kommentar der Wissenschaftler vom Wall Street Journal, von der New York Times und von der Washington Post zurückgewiesen, als Peter Gleick jeweils dort zunächst ihren Kommentar zur Veröffentlichung anbot. In allen diesen Zeitungen waren Falschmeldungen zu angeblichen Skandalen der Klimaforschung verbreitet worden, die sich in Wahrheit nur als Skandale von Journalisten herausstellten. Journalisten wie zum Beispiel Leake und Rose, die gelogen hatten. Erst Science war bereit, den Kommentar zu drucken. Und danach fand sich kaum eine Zeitung bereit, darüber zu berichten, auch der Spiegel nicht, auch die Welt nicht, auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung nicht und schon gar nicht die oben genannten amerikanischen Zeitungen. Für Lügen war Platz, für die Information der Leser nicht.
Und dann wurde doch über den Science-Artikel berichtet. Der Kommentar wurde nämlich, nicht von den Wissenscha

Der einzige Berufsstand, der noch arroganter und selbstgerechter als Richter und Ärzte ist, ist der der Journalisten. Sich korrigieren, wieso denn? Fehler eingestehen? Wie denn, welche Fehler? Qualitätskontrolle? Das haben doch Journalisten nicht nötig. Der Presserat spricht ab und zu Rügen aus, nach einer bürokratischen Prozedur, die sofort zusammenbrechen würde, wenn Menschen auf die Idee kämen, mal sämtliche Falschberichterstattungen der Medien konsequent zu melden. Und was geschieht nach so einer Rüge? Folgendes:
Beeindruckend, nicht wahr?
Jetzt war mal die Chance, zum Thema Klimawandel das Bild wieder geradezurücken. Und die gesamte Medienlandschaft versagt. Sie bringen nicht die Meldung, sie bringen das Gemecker über das zugehörige Lay-Out. Bravo, Joachim Müller-Jung, auf diesen Beitrag können Sie stolz sein. Denn es war eine absolut typische Leistung Ihrer Zunft. Dumm, inkompetent, am Thema gescheitert.
Montag, 27. April 2009
Der Unterschied zwischen Irrtum und Lüge
Ein Beispiel sieht man hier, wo in der Klimalounge eine Pressemitteilung des Gesamtverbandes Steinkohle auseinander genommen wird. Was die New York Times am 24. April berichtet hatte, ist aber noch drastischer. Die Global Climate Coalition (GCC) ist eine Lobbyvereinigung der Industrien, die sich von Klimaschutzmaßnahmen betroffen sehen: Energieunternehmen und Autoindustrie machten den Kern dieses Verbandes aus, der sich bewußt gegen die Feststellungen zu einem globalen Klimawandel stellten. Dieser Verband hat eigene Wissenschaftler eine Analyse zum Klimawandel erstellen lassen, um sich Argumentationsmaterial für die Beeinflussung der Politik zu beschaffen. Der Entwurf der Analyse kam 1995 heraus und enthält schon in der Zusammenfassung auf der ersten Seite (Seite 3 im verlinkten Dokument) einen wichtigen Absatz: „Die wissenschaftliche Basis für den Treibhauseffekt und die potentiellen Auswirkungen der menschlichen Emissionen der Treibhausgase wie CO2 auf das Klima sind klar erkannt und können nicht geleugnet werden. - The scientific basis for the Greenhouse Effect and the potential impact of human emissions of greenhouse gases such as CO2 on climate is well established and cannot be denied.” Dieser Absatz in dem Entwurf drang nie bis zur Öffentlichkeit – bis vor kurzem im Rahmen eines Gerichtsverfahrens zur Regulierung von Autoabgasen das Papier an die Presse durchsickerte.
Offiziell hatte die GCC immer verbreitet, daß die Rolle der Treibhausgase in der Atmosphäre nicht gut untersucht sei und die Wissenschaftler sich darüber uneinig seien. Das war nicht einfach ein Irrtum, es war eine platte Lüge der Lobbyisten. Nun ist das eigentlich nicht besonders überraschend – Lobbyisten lügen, wenn es sein muß. In diesem Falle aber hält die zersetzende Tätigkeiten von Lobbyisten und ihren Helfern seit über 20 Jahren an und behindert Maßnahmen zum Schutz des Klimas. In den USA war die GCC durchaus erfolgreich, denn als Ziel sieht sie gar nicht, ihre Ansichten durchzusetzen, sondern nur, dafür zu sorgen, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck herrscht, daß der Klimawandel, seine Ursachen und seine Folgen noch umstritten seien. Unterstützt wurde dies immer wieder auch durch ein Versagen der Medien, die sich verpflichtet sahen, neutral zu berichten. Neutrale Berichterstattung wurde aber damit verwechselt, daß man einfach immer beide gegensätzlichen Sichtweisen zu einer Sache berichtete, so lange sich jemand mit abweichender Meinung meldete. So erhielten die Leugner des Klimawandels bis in die jüngste Vergangenheit insbesondere in den USA einen unverhältnismäßig großen Anteil an Berichterstattung, was dort die öffentliche Meinung in einem Zustand allgemeiner Ignoranz hielt – noch heute gibt es dort keine Mehrheit für die Auffassung, daß ein menschengemachter Klimawandel bereits läuft und dramatische Auswirkungen haben wird, wenn man keine erheblichen Gegenmaßnahmen beschließt.
Wenn aber eine Seite konsistent die Öffentlichkeit belügt, ist es keine neutrale Berichterstattung, beide Sichtweisen unkommentiert gegenüber zu stellen. Schon lange hätten die Leugner entweder in der Berichterstattung ausgelassen werden müssen oder es hätte darauf hingewiesen werden müssen, daß hier Lobbyinteressen von Teilen der Industrie geäußert werden, die dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand widersprechen.
Mittwoch, 25. März 2009
Was will dieser freundliche, alte Herr eigentlich sagen?
Vicky Pope kann jedoch beim Meister in die Schule gehen, bei Hans von Storch, Leiter des Instituts für Küstenforschung am GKSS in Geesthacht. Von Storch wird von Leugnern gerne als einer der ihren zitiert. Er hatte schon in einem Artikel angeblich gezeigt, daß die Methodik von Mann et al. (Stichwort: Hockeystick) falsch wäre, wobei sich allerdings herausstellte, daß der Kritiker selbst falsch lag (dazu noch eine Aktualisierung hier), und ein Artikel, der darlegte, warum man aus 150 Jahre kurzen Zeitreihen keine Korrelationen gewinnen kann, um Veränderungen des Meeresspiegels über Jahrtausende als Funktion der globalen Temperatur darzustellen, wurde von einer überaus groben Pressemitteilung begleitet, mit der Stefan Rahmstorf vom Konkurrenten (sehen wir es mal realistisch von dieser menschlichen Perspektive) Potsdam Institut für Klimafolgenforschung abgewatscht wurde (siehe hier im vierten Absatz). Generell stellt sich von Storch (vielleicht mit Recht, vielleicht auch nicht – ich stecke zu wenig drin, um das beurteilen zu können) als jemand dar, der die Rolle der Wissenschaftler als rein unpolitisch sehen will, und der auf ein hohes Maß an Kritikfähigkeit in der Forschung hin arbeiten möchte. Was jene Leugner verstören könnte, ist jeder Hinweis darauf, daß von Storch grundsätzlich mit den Feststellungen des IPCC zum Klimawandel übereinstimmt. Ja, es gibt ihn, ja, er ist menschengemacht, ja, er wird erhebliche Ausmaße erreichen, wenn die Emissionen nicht drastisch gesenkt werden, ja, es wird ein Problem sein. Die Leugner haben da vielleicht den Spruch „Der Gegner meines Gegners ist mein Befürworter.“ Kreativ angewandt.
Der Titel eines neuen Kommentars im Spiegel Online ist: „Am Ende des Alarmismus“, und das sollte man sich mal anschauen, um einen Verschwurbeler eines Themas in Aktion zu sehen. Schon wieder muß ich fragen: „Wen meint der Mann?“ Vielleicht ist der Titel des Kommentars nicht von ihm. Immerhin unterstellt von Storch in dem Beitrag, daß die Treibhausgasemissionen zwar langsamer steigen, aber doch auch langfristig weiter zunehmen werden. Alle die damit verbundenen Auswirkungen, wie dem Anstieg des Meeresspiegels, Verschiebung von Klimazonen, Veränderungen im Wasserkreislauf, auftretender Not hält er für unvermeidlich. Aber, es wird auch andere Probleme geben. „Ich erwarte, dass Klima weiter als ein gewichtiges, handlungsnotwendiges Thema verstanden wird, aber eben nur als eines unter mehreren.“, schreibt er. Könnte es sein, daß er da etwas mißverstanden hat? War es wirklich je anders, hatten wir je einen gesellschaftlichen Konsens, daß es nur das Problem des Klimawandels gibt und sonst keines? Haben wir etwa schon mal gesagt „Hungersnöte? Können wir uns nicht drum kümmern, wir sind mit dem Klimawandel beschäftigt. Aids? Muß warten. Tsunami? Das steht jetzt wirklich nicht auf dem Programm. Weltfinanzkrise? Da machen wir etwas, wenn wir das Klimaproblem gelöst haben.“ Kurz gesagt, da baut gerade jemand einen riesigen Strohmann auf, damit er in den kommenden Zeilen etwas zum Abfackeln hat.
Später heißt es: „Der bisherige Hype der Klima-Angst wird durch eine andere Angst ersetzt werden. Das Klimathema wird nicht mehr wirklich ernstgenommen werden, sondern vor allem zur Motivation für eine allgegenwärtige Regulierung fast aller Lebensbereiche instrumentalisiert werden.“ Was meint der Mann damit? Vorher hat er ein Szenario dargestellt, in dem der Klimawandel mit allen Problemen fortschreitet und entsprechend auch die Aufgaben der Bewältigung des Klimawandels steigen. Jetzt, ohne eine Begründung dafür, redet er von einer Klima-Angst. Und diese Angst soll von einer anderen Angst ersetzt werden – das passt vielleicht dazu, wenn er weiter oben von einem Thema unter vielen redet. Dann aber meint er, das Thema böte Motivation zur Regulierung in allen Lebensbereichen. Wieso denn, wenn es in der Zukunft nur noch als ein Thema von vielen gilt und wenn es doch, wie er behauptet, dann keine Klima-Angst mehr gäbe?
Zum Schluß wird es endgültig wirr und verschwurbelt: „In diesem pessimistischen, aber vielleicht nicht unrealistischen Szenario, würde die Klimaforschung die gegenwärtige Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit verlieren - trotz eines langen Feuerwerks immer wieder neu entdeckter Gefahren und in Aussicht gestellter Weltuntergänge. Am Ende stünde ein Rückzug auf die von den Wetterdiensten betriebenen Überwachungsaufgaben, spannende Nischenforschung im Elfenbeinturm und versprengte übriggebliebene Alarmisten.“ Was ist pessimistisch – daß die Klimaforschung die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit verliert, oder daß es immer neu entdeckte Gefahren gibt? Beides? Wie sollte da denn die Öffentlichkeit die Aufmerksamkeit verlieren? Durch die Gewöhnung an schlechte Nachrichten? Das mag sein. Aber das ändert ja nichts an dem Handlungsdruck. Oder meint er, daß sei alles erfunden, wie in Aussicht gestellte Weltuntergänge? Der Mann kennt ja den IPCC-Report. Welche in Aussicht gestellten Weltuntergänge meint er denn? Von wem redet er? Von Wissenschaftlern, von Umweltschutzverbänden oder von einzelnen Bloggern mit apokalyptischen Visionen? Wer sollen denn seine Alarmisten hier sein? Meint er andere Wissenschaftler? Oder redet er schon wieder von irgendwelchen Aktivisten? Den Artikel kann man zehnmal lesen, und man kommt immer noch nicht dahinter, wen von Storch eigentlich meint, wem er was unterstellt, und was er nun eigentlich will. Mein Eindruck ist, daß hier jemand nichts zu sagen hatte, und bei einem Kognak im Lehnstuhl mal einfach losgebrabbelt hat, was ihm gerade zufällig durch den Kopf schwirrte. Meinen kann man ja alles, und wenn man nichts davon belegen muß, ist das in 5 Minuten erledigt. Fertig ist der Kommentar. Leugner finden das Reizwort „Alarmisten“ im Titel, von Storch steht in der Presse und hat sich wieder als unabhängiger Geist geriert und im Grunde kann man ihm auch nicht nachweisen, daß er was Falsches gesagt hätte. Aber dem Verständnis der Klimaforschung wurde ein Bärendienst erwiesen. Selbst ob der Kommentar wenigstens dem Autor nützt ist fraglich, denn seriöser wirkt der Mann danach nicht.
Sonntag, 25. Januar 2009
Die Oxidationskraft der Atmosphäre – das zitternde Netz
Um 1987 kam dann hinzu, daß deutsche Physiker mit einem Appell an die Öffentlichkeit traten, daß ihrer Meinung nach nun die Daten darauf hindeuteten, daß eine globale Erwärmung eine unmittelbar zu befürchtende Realität darstellen würde und sich noch auf die jetzige Generation merklich auswirken könnte. Die Politik in Deutschland reagierte mit einer Enquetekommission des Deutschen Bundestages, die 1988 ihren Zwischenbericht herausbrachte, in dem zusammenfassend die Feststellungen der Experten zu den Gefahren durch den Ozonabbau und durch die Treibhausgase dargestellt wurden. Das Problem war in der Politik endlich angekommen, die bisher vor allem lokale und regionale Verschmutzungsprobleme kannte, etwa die Notwendigkeit, über Rauchgasentschwefelung und Autokatalysatoren gegen Smog und neuartige Waldschäden vorzugehen, was ja auch bereits dokumentierte Erfolge brachte.
Das waren die Ereignisse, die mich dazu brachten, zum Forschungszentrum Jülich zu gehen und mich mit Atmosphärischer Chemie zu befassen. Ich fand diese Themen aufregend und interessant und wollte nicht nur Zuschauer sein. Es waren auch Ereignisse, die die Medien dazu brachten, sich nach weiteren Themen dieser Art umzuschauen. Und es stellte sich heraus, daß 1991 das Blickfeld der Medien sich auf das Gebiet richtete, in dem ich gerade promovierte, die Chemie des OH-Radikals.
Das Hydroxylradikal OH ist entscheidend für die Oxidationskraft der Troposphäre und den Abbau der meisten Spurengase, die die Luft verschmutzen (könnten). Indem es aber mit diesen Gasen reagiert, kann es auch abgebaut werden. Wie sieht es also aus, wenn global immer mehr Spurengase in die Luft geblasen werden, könnte dann OH so stark abgebaut werden, daß die Luft keine ausreichende Oxidationskraft mehr hat und Spurengase sich unbegrenzt ansammeln können? Droht der Menschheit nach dem Klima und der Ozonschicht hier bereits das nächste Problem?
Vielleicht, war die klare Antwort von Paul Crutzen und Peter Zimmermann (nicht mit mir verwandt) in einem Artikel in Tellus, 43, 136, (1991). Sie berechneten im dreidimensionalen Modell durch die Verdopplung der Konzentrationen von CO und Methan in den Tropen bis zu 20% Verringerung der OH-Konzentration. Was in ihrem Artikel ein bißchen nachlässig behandelt wurde, war die Tatsache, daß solche Ergebnisse ganz erheblich von den Annahmen bezüglich der Stickoxide abhingen. Deren Konzentrationen sollten auch steigen, und in den meisten Gebieten bedeutet das, daß mehr HO2 mit NO zu OH reagiert, den Verlust der Radikale zu H2O2 vermindert und so die OH-Konzentrationen anhebt. Zur gleichen Zeit fand auch Anne Thompson mit einem 1-dimensionalen Modell, das für verschiedene Punkte auf dem Globus gerechnet wurde, ähnliche Resultate. Sie behauptete gar, daß seit 1700 OH-Konzentrationen global um 23% gesunken seien.
Wenn dabei Relativierungen nicht klar rüberkommen, setzt eine Vergröberung der Aussage bei der Wanderung der Ergebnisse in die Medien ein. Richard Kerr griff die Arbeit von Thompson für einen Meinungsartikel auf und schrieb unter Hydroxyl, the cleanser that thrives on dirt, Science 253, 1210 (1991), daß CO und Methan verantwortlich für eine Abnahme der OH-Konzentration wären und dadurch das gesamte Netz der Reaktionen in der Troposphäre in Bewegung gerate – the web trembles. Allerdings wies er auch darauf hin, daß abhängig von z.B. den Stickoxiden in der Zukunft die OH-Konzentration stabil bleiben könnte.
Halbverdaut machte dann der Spiegel einen Artikel daraus, in dem es unter der Überschrift „Zitterndes Netz“ am 21. 10. 1991 auf Seite 314 hies: „Schwindet das Hydroxyl aus der Luft? Chemiker fürchten um die Selbstreinigungskraft der Atmosphäre.“ Ganz nebenbei erfand der Spiegel, daß eine Frankfurter Gruppe um Prof. Comes zuerst das OH-Radikal in der Luft gemessen hätten. Die ersten Langwegabsorptionsmessungen gab es bereits Ende der 70er Jahre und das Institut für Atmosphärische Chemie unter D.H. Ehhalt konnte 1991 bereits eine lange Reihe von Veröffentlichungen über diese Messungen vorweisen (zum aktuellen Stand hier der Link). Das Problem war wohl, daß der Spiegel ausgerechnet Comes zu seinem Experten ausgewählt hatte, der selbst eigentlich bis vor kurzem mit Atmosphärenchemie nichts am Hut hatte und auch kein Interesse daran, auf die Konkurrenz zu verweisen. Durch eine Umstellung der Aussagen im Science-Artikel, Weglassen der Relativierungen durch die OH-Rezyklierung und mit Bezug auf Crutzen und Zimmermann entwickelte der Spiegel das Szenario, daß die „Waschkraft“ der Atmosphäre bedroht sei und verglich das Problem mit dem des Ozonlochs. Zugleich wurde betont, daß möglicherweise hier ein Grund für den Anstieg der Methankonzentrationen zu suchen sei, der durch die bekannten Quellen allein nicht zu erklären sei – die OH-Konzentration ginge halt zurück und damit nehme der Methanabbau in der Luft ab.
In einem Leserbrief protestierte ich: ich wies auf die geringe Sensitivität von OH für CO und Methan hin, auf den stabilisierenden Einfluß der Stickoxide und darauf, daß es für die Luftqualität nicht von Belang sei, ob CO beispielsweise global bei 50 oder 150 ppb stünde (Teile CO auf eine Milliarde Teile Luft). Im Rahmen der Unsicherheit der Mechanismen könne man keine seriöse Ausage treffen, ob die OH-Konzentration zukünftig steige oder falle und man solle sich doch auf echte Probleme konzentrieren, statt auf dieses Scheinproblem. Zugleich wies ich darauf hin, daß Comes über 10 Jahre zu spät dran sei, um als jemand dargestellt zu werden, der als erster atmosphärisches OH gemessen hätte.
Auf den Brief erhielt ich eine Postkarte als Antwort, daß man sich im Artikel unter anderem auf den Science-Artikel beziehe, den ich wohl nicht gelesen hätte, und daß Comes, Perner und andere den Artikel geprüft hätten. Auf keinen der Einwände ging man ein und wer „und andere“ sein soll, darüber habe ich bis heute unschmeichelhafte Vermutungen (nämlich niemand). Wobei Perner wahrscheinlich nur einen anderen Teil des Spiegelbeitrags gegengelesen hatte, um den es hier gar nicht ging und Comes zwar OH messen ließ, aber sonst damals wenig Ahnung von der OH-Chemie hatte.
Also schrieb ich den zweiten Brief (und fühlte mich dabei schon wie die üblichen Querulanten, die ihre Zeit mit notorischem Meckern verplempern), in dem ich darauf hinwies, daß mir der Science-Artikel sehr wohl bekannt wäre (in dem stand aber nichts von Crutzen und Zimmermann) und daß der sich weitaus vorsichtiger ausdrücke. Ich wies darauf hin, wo sie sich seriös zu dem Thema informieren könnten (es gab eine Diskussion zwischen der oben genannten Thompson und Law und Pyle in Atmospheric Environment, 26A, 195-197 (1992) und einen Artikel von Pinto, Tellus 43B, 347-352 (1991), wo die Argumente gegen die Gefährdung der OH-Konzentration klar dargestellt wurden, und es gab natürlich eigene Beiträge). Schließlich appellierte ich an den Spiegel, daß es ein Gebot der Fairness sei, Forschern nicht Erfolge falsch zuzuschreiben und daß sie das auch in diesem Falle korrigieren sollten. Diesmal gab es gar keine Reaktion des Spiegels.
Ich hatte gelernt:
1. Journalisten machen keine Fehler
2. Experten sind immer die Leute, die ein Journalist zu einem Thema gerade greifen kann
3. Eine gute Schlagzeile läßt man sich nicht durch störende Fakten kaputt machen
Hätte ich eigentlich schon vorher wissen müssen.
Am 2. 12. 1992 schrieb dann auch die FAZ über OH-Messungen. Das behäbig-seriöse Blatt sprach von der Fahndung nach dem Waschmittel der Atmosphäre und schrieb nur kurz dazu, ob dieses in Zukunft knapp würde. Ärgerlich war hier vor allem, daß man nur Comes und Mitarbeiter und zwei nicht genannte amerikanische Gruppen (gemeint waren wohl Mount und Mitarbeiter und Eisele und Tanner) als diejenigen angab, die OH messen könnten, wobei natürlich das Verfahren von Comes als das überlegene dargestellt wurde. Wieder wurden alle, die schon seit Ende der 70er Jahre an dem Thema arbeiteten (nicht nur die Jülicher unter Ehhalt, mit Perner, Platt, Dorn, Hofzumahaus und anderen, sondern z.B. auch Felton Ende der 80er Jahre an der Washington State University oder Mitarbeiter bei NOAA in Boulder, Colorado), unterschlagen. Mein Hinweis darauf war der FAZ noch nicht mal eine Antwort wert. Lernerfolg wie oben, diesmal dauerhaft.
In der Fachliteratur verlieren sich übrigens die Spuren der Frankfurter Gruppe nach ca. 1998. Aber bis dahin hatten sie definitiv die bessere PR-Arbeit.
Montag, 19. Januar 2009
Trägt das Internet zur globalen Erwärmung bei?
Ich möchte für diesen Punkt erst mal einen Umweg machen. Anlass zu diesem Beitrag ist, dass ich gerade einen Artikel in der On-line-Version der Financial Times Deutschland gesehen hatte. Dort wird wiederholt, was vor ca. 3 Tagen bereits durch Medien in den USA lief. Die Sunday Times hatte am 11.1.2009 behauptet, eine Suche bei Google würde 7 g CO2 erzeugen. Dies entspräche der Hälfte der Emissionen, die das Erhitzen eines Teekessels mit Wasser erzeugen würde. Das wäre angeblich das Ergebnis einer Studie von Alex Wissner-Gross an der Harvard University. In der Times Online-Ausgabe sieht das etwas anders aus. Da ist die Rede davon, daß eine google-Suche 5-10 g CO2 verbraucht. Die 7 g stammen dann wohl davon, den griffigen Vergleich mit dem Teekessel zu bringen. In jedem Fall wird der Eindruck erweckt, daß Wissner-Gross dies geschrieben hätte, doch der widerspricht.
TechNewsWorld setzte sich mit Wissner-Gross in Verbindung und berichtete, daß er seit dem 12.1. damit beschäftigt war, gegen diese Zeitungsente anzureden. Die Studie gibt es, aber Google kommt in ihr gar nicht vor und auch die Zahlen stimmen nicht. Wissner-Gross erklärte nur, daß das Besuchen von Webseiten im Durchschnitt 20 Milligramm CO2 pro Sekunde erzeugt, was die Times online so auch weitergibt. Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Times auf Google kam und speziell auf 7 g bzw. den Bereich 5-10 g CO2 für eine Google-Suche. Wenn es dafür eine Quelle gibt, dann wurde sie im Artikel nicht genannt, denn Wissner-Gross ist es nicht. Auch Google dementierte und rechnete vor, daß eine Suchanfrage in Wahrheit 200 mg CO2 erzeugen würde, also nur 1/35 des genannten Wertes und zudem weniger als der PC verbraucht, an dem man sitzt, um die Google-Suche durchzuführen und sich die Resultate anzusehen.
Es ist eine Tatsache, daß die ganze Ausstattung mit intelligenter Elektronik und die Nutzung des Internets mit den dazu nötigen Servern und der Ausrüstung sich zu einem Bereich entwickelt hat, der einen großen Beitrag zum gesamten Energieverbrauch leistet. Die Informationstechnologie ist daher nicht so sauber, wie man zuerst denken mag. Doch das ist eine naive Sichtweise, wenn man nicht auch dagegensetzt, was z.B. durch das Internet eingespart wird. Wie viele Fahrten, die viel mehr CO2 erzeugen würden, werden durch das Internet eingespart? Das Internet ist ein Faktor für Menschen, die von zu Hause aus arbeiten und für Menschen, die auf Einkaufsfahrten verzichten können, weil sie über das Internet Waren bestellen. Eine On-line-Ausgabe einer Zeitung durchzulesen spart deutlich Energie und Rohstoffe gegen die Auslieferung der Papierausgabe. Bedenkt man dies, stellt das Internet wohl eher eine Einrichtung zur Energieeinsparung dar. Dies kann sich ändern. Aber dazu sind geeignete Untersuchungen nötig.
Diese Falschmeldung um eine Websuche, die 7 g CO2 erfordert oder so viel, wie bei Erhitzen eines halben Teekessels verbraucht wird, tauchte dann am 13.1. bei der Financial Times Deutschland auf, nachdem seit 12.1. das Dementi existiert und die Meldung der Sunday Times als Ente herausstellte. Wie kann das sein? Ist der durchschnittliche deutsche Journalist (bei der Financial Times Deutschland, aber es gibt genügend Beispiele solcher Vorgänge bei anderen Zeitungen) so blöde, daß er es nicht mehr schafft, die 20 mg CO2 zu investieren, um mal kurz das Dementi zu der Ente anzuschauen, die er gerade weiterverbreiten will? Immerhin hatte er es noch geschafft, das Dementi von Google zu finden. Aber die Wissner-Gross falsch zugeordnete Aussage blieb. Der Artikelschreiber hatte zwar den Hinweis, daß im Vergleich zu den Alternativen, wie Autofahren für Kontakte, das Internet sauberer ist, aber die Schlagzeile über luftverpestende Websuchen musste anscheinend sein. Man behauptete auch gleich noch, mehrere Wissenschaftler hätten festgestellt, daß das Internet „die Luft verpestet“. Nein, es waren keine Wissenschaftler, sondern ein Journalist.
Die Ente zog auch in anderen Medien Kreise. Spiegel Online berichtete z.B. schon am 12.1. darüber, auch falsch, aber zumindest ausgewogener, da mehr Informationen einflossen. Lustig immerhin, daß der Schreiber meint, ein 7 g-Kohlestück, an den Kopf geworfen, würde auch weh tun – das ist das Gewicht eines Drittels eines Normbriefes oder von einem Teelöffel Zucker. Aua. Die Süddeutsche brauchte dann einen weiteren Tag, um die Meldung zu kopieren, wirklich recherchiert wurde hier nicht.
Hätte man es besser machen können? Ja, wie z.B. hier demonstriert wird. Und das war auch schon am 13.1. online.
Freitag, 19. Dezember 2008
Die Arroganz des Journalisten
Weil aber nun dieses Jahr vergleichsweise wenig warm ist (kühl ist das falsche Wort für ein Jahr, dessen Temperatur zu keiner Zeit vor 1997 übertroffen wurde, seit es Wetteraufzeichnungen gibt), gibt es naturgemäß denen Auftrieb, die von der wissenschaftlichen Arbeit zum Klima wenig halten und ihre Verschwörungstheorie von der angeblich erfundenen anthropogenen Klimaerwärmung pflegen. Einige inzwischen von diesen Verschwörungstheorien lang genug geplagte Wissenschaftler sehen dieses voraus, und geben den Journalisten eingedenk aller schlechten Erfahrungen Sprachregelungen auf den Weg. Das ist ein hoffnungsloses Unetrfangen und davon handelt dieser Beitrag.
Mein Beispiel ist dieser Kommentar in der FAZ vom Ressortleiter für den Wissenschaftsteil Joachim Müller-Jung, den er zu allem Unglück auch in seinem Blog weiter erläutert hatte, damit man jede Unschuldsvermutung verliert. Es gibt so einiges in dem Artikel, das einem den Magen umdrehen kann. Und das frappierende ist, daß der Artikel von korrekten Fakten ausgeht, daß der Autor, ein Biologe, durchaus sich auch Quellen angesehen hatte, deren Inhalte ihn von falschen Schlüssen hätten abhalten können, doch hatte es nichts genutzt. Vielleicht gab Müller-Jung die Tatsache, daß Gavin Schmidt einen alten Fehler gemacht hatte, das Jahrtausend mit dem Jahr 2000 anfangen zu lassen, ein falsches Gefühl der Sicherheit, auf Augenhöhe kritisieren zu können. Genau da aber stellt sich der Biologe, der selbst keine Erfahrung als Wissenschaftler hat, selbst ein Bein. Im wesentlichen sind es folgende Fehler, auf die der Autor aufläuft.
Da ist zunächst mal der Satz aus seinem Blog: „Allerdings muss sich der Potsdamer Klimadeuter auch den Hinweis gefallen lassen, dass die - bei aller Variation - erkennbare Stagnation in den vergangenen acht Jahren dem in langen statistischen Reihen vom IPCC ermittelten Erwärmungstrend von 0,2 Grad pro Jahrzehnt nicht mehr folgt.“ Hier stecken gleich zwei grundsätzliche Fehler drin. Zum einen haben die Modelle, die für den letzten IPCC-Bericht verwendet wurden, niemals einen aktuellen Erwärmungstrend von 0,2 Grad pro Jahrzehnt berechnet. Vielmehr sagen die Modelle abhängig von den verschiedenen Szenarien verschiedene Temperaturverläufe vorher, die am Ende des Jahrhunderts zu einer bestimmten Temperaturspanne führen. Auf dem Weg dahin machen die Modelle Temperaturschwankungen um den langfristigen Trend mit. Diese Schwankungen sind nur im statistischen Sinne korrekt. Man kann also am Ende des Jahrhunderts sagen, daß dann im Mittel die Temperatur um 0,15 bis 0,4 Grad je Jahrzehnt gestiegen ist. Dazwischen können aber einzelne Jahrzehnte liegen, in denen die Temepratur gar nicht oder viel schneller gestiegen ist. Dies ist schon hier erläutert worden. Der zweite Fehler ist der Schluß, wenn in einer Reihe von 8 Jahren das letzte Jahr eine niedrigere Temperatur als das erste Jahr zeigt, daß dann die Temperatur stagniert sei oder sogar gefallen. Da aber die Jahre um einen Trend herum variieren, kann man erst nach einer statistisch signifikanten Stichprobe von Jahren Aussagen zum Trend machen. Wir wissen, daß man dazu mehr als 8 Jahr braucht. Ab 15 Jahre kann man es versuchen, aber eigentlich sinnvoll wird es erst bei mindestens 20 Jahren und bei 30 Jahren ist der Trend sicher statistisch signifikant.
Der dritte Fehler steckt in der Darstellung einer Klimawette von Rahmstorf, die man sowohl im Kommentar als auch im Blog findet. Das wird erschöpfend bei Georg Hoffmann in seinem Primaklima-Blog erläutert, daher schreibe ich nichts weiter dazu. Hintergrund des ganzen ist die Temperaturprognose aus einem Modell des Forschungszentrums Geomar in Kiel, zu dem ich hier etwas geschrieben hatte.
Ein weiterer Fehler steckt aber darin, daß Müller-Jung die Natur der Modelle, die er vergleicht, verkennt. Dahinter steckt das grundsätzliche Unverständnis über den Unterschied zwischen Klima und Wetter. Klima ist die statistische Zusammenfassung der vielen möglichen Wetterereignisse. Man findet dies durch die Mittelung von Wetter über lange Zeiträume. Bei den Modellen findet man diesen Unterschied ebenfalls. Die Modelle, die für die IPCC-Projektionen verwendet werden, sind Klimamodelle. Sie sollen etwas dazu sagen, wie sich das Klima ändert in Abhängigkeit von gewählten Randbedingungen. Das sind Aussagen, die man auch für ein Jahrhundert sinnvoll treffen kann. Das Wetter ist eine einzelne Realisierung des statistischen Mittels, das vom Klima dargestellt wird. Wetter kann man vorhersagen, indem man einen möglichst genau ermittelten Anfangszustand weiterentwickelt, bis er irgendwann durch die chaotischen Anteile in unvorhersagbare Zustände hineinläuft. Das Modell des Geomar-Forschungszentrums in Kiel versucht im Gegensatz zu den IPCC-Modellen eine langfristige Wettervorhersage. Die Abweichungen zwischen dem IPCC und diesem Modell rühren also nur daher, daß das IPCC Mittelwerte für sehr verschiedene Einzelrealisierungen der verwendeten Modelle angibt. Man kann also nicht etwa behaupten, daß das Geomar-Modell besser wäre. Es hat sogar, wenn man sich die Originalpublikation anschaut, eine eher schwache Prognosegüte. Kein Wunder, daß Rahmstorf eine Wette gegen die Interpretation der Modellergebnisse durch Latif und seine Kollegen anbietet. Eine Wettervorhersage über 30 Jahre ist einfach noch verfrüht. Dies grundsätzliche Unterschied zwischen Klimaprojektion und Wettervorhersage ist dem Biologen Müller-Jung nicht klar, obwohl er bei Real Climate durchaus die Erläuterungen zu den unterschiedlichen Realisierung der einzelnen Klimamodelle gesehen hatte.
Wenn man tiefer schürft, kommt man auf das Grundproblem, die typische Arroganz des Journalisten, die durchaus Verwandtschaft hat mit der Arroganz des Richters und der Arroganz des Arztes – sie alle sind dabei Opfer ihres Berufes. Der Journalist hat den Beruf, eine Vielzahl von Informationen und Pressemitteilungen zu verwerten, um zusammengefaßte Information unterhaltsam an seine Leser zu vermitteln. Damit verdient er sein Geld. Dies geschieht normalerweise unter großem Zeitdruck, der dazu zwingt, sich genau zu überlegen, ob man eine Pressemitteilung so nimmt, wie sie kommt, oder die Zeit investiert, sich noch weitere Expertenmeinungen einzuholen und sich mehr Wissen dazu anzulesen.
So hat der Journalist zwar viele Informationen, aber nicht den Hintergrund, um diese zu interpretieren und richtig zu werten. Er hat die Illusion breiten Wissens, obwohl es zu oberflächlich ist, um angewendet werden zu können. Und diese Illusion läßt den Journalisten unter Umständen glauben, er sei mit den Experten auf Augenhöhe. Das führt dann dazu, daß der Journalist eben nicht mehr nur der Bote ist, der die Nachricht dem Leser bringt, sondern gleich auch diese Nachricht selbst interpretieren will. Und kein Gefühl dafür hat, wie wenig ihn dazu befähigt. Kein Wunder, daß Wissenschaftler, die schon ihre Erfahrung mit den Medien gemacht haben, Journalisten gerne vor Fehlinterpretationen bewahren möchten, und gleich versuchen, Sprachregelungen mitzuliefern. Leider fühlen sich Journalisten dadurch gegängelt, umso mehr, je erfahrener sie sind und je stärker sich die Illusion der Kompetenz aus der Vielzahl unverdauter und oberflächlicher Informationen entwickelt hat.
Und diesen Trotz gegen die gefühlte Gängelung und die entwickelte Arroganz, schon selbst die Informationen interpretieren zu können, merkt man Müller-Jung in dem ersten Satz seines Blogbeitrags deutlich an, wenn er schreibt:
„Mit der aktuellen Klimabilanz des Jahres 2008, (...) steigt offenbar wieder die Sorge bei den Klimatologen, die Journaille könnte das Ergebnis (wieder einmal) fehlinterpretieren.“ Genau diese Sorge hat er erfüllt.