Montag, 19. Januar 2009

Trägt das Internet zur globalen Erwärmung bei?

Das ist mir leider liegen geblieben, aber trotzdem hier der Beitrag:

Ich möchte für diesen Punkt erst mal einen Umweg machen. Anlass zu diesem Beitrag ist, dass ich gerade einen Artikel in der On-line-Version der Financial Times Deutschland gesehen hatte. Dort wird wiederholt, was vor ca. 3 Tagen bereits durch Medien in den USA lief. Die Sunday Times hatte am 11.1.2009 behauptet, eine Suche bei Google würde 7 g CO2 erzeugen. Dies entspräche der Hälfte der Emissionen, die das Erhitzen eines Teekessels mit Wasser erzeugen würde. Das wäre angeblich das Ergebnis einer Studie von Alex Wissner-Gross an der Harvard University. In der Times Online-Ausgabe sieht das etwas anders aus. Da ist die Rede davon, daß eine google-Suche 5-10 g CO2 verbraucht. Die 7 g stammen dann wohl davon, den griffigen Vergleich mit dem Teekessel zu bringen. In jedem Fall wird der Eindruck erweckt, daß Wissner-Gross dies geschrieben hätte, doch der widerspricht.

TechNewsWorld setzte sich mit Wissner-Gross in Verbindung und berichtete, daß er seit dem 12.1. damit beschäftigt war, gegen diese Zeitungsente anzureden. Die Studie gibt es, aber Google kommt in ihr gar nicht vor und auch die Zahlen stimmen nicht. Wissner-Gross erklärte nur, daß das Besuchen von Webseiten im Durchschnitt 20 Milligramm CO2 pro Sekunde erzeugt, was die Times online so auch weitergibt. Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Times auf Google kam und speziell auf 7 g bzw. den Bereich 5-10 g CO2 für eine Google-Suche. Wenn es dafür eine Quelle gibt, dann wurde sie im Artikel nicht genannt, denn Wissner-Gross ist es nicht. Auch Google dementierte und rechnete vor, daß eine Suchanfrage in Wahrheit 200 mg CO2 erzeugen würde, also nur 1/35 des genannten Wertes und zudem weniger als der PC verbraucht, an dem man sitzt, um die Google-Suche durchzuführen und sich die Resultate anzusehen.

Es ist eine Tatsache, daß die ganze Ausstattung mit intelligenter Elektronik und die Nutzung des Internets mit den dazu nötigen Servern und der Ausrüstung sich zu einem Bereich entwickelt hat, der einen großen Beitrag zum gesamten Energieverbrauch leistet. Die Informationstechnologie ist daher nicht so sauber, wie man zuerst denken mag. Doch das ist eine naive Sichtweise, wenn man nicht auch dagegensetzt, was z.B. durch das Internet eingespart wird. Wie viele Fahrten, die viel mehr CO2 erzeugen würden, werden durch das Internet eingespart? Das Internet ist ein Faktor für Menschen, die von zu Hause aus arbeiten und für Menschen, die auf Einkaufsfahrten verzichten können, weil sie über das Internet Waren bestellen. Eine On-line-Ausgabe einer Zeitung durchzulesen spart deutlich Energie und Rohstoffe gegen die Auslieferung der Papierausgabe. Bedenkt man dies, stellt das Internet wohl eher eine Einrichtung zur Energieeinsparung dar. Dies kann sich ändern. Aber dazu sind geeignete Untersuchungen nötig.

Diese Falschmeldung um eine Websuche, die 7 g CO2 erfordert oder so viel, wie bei Erhitzen eines halben Teekessels verbraucht wird, tauchte dann am 13.1. bei der Financial Times Deutschland auf, nachdem seit 12.1. das Dementi existiert und die Meldung der Sunday Times als Ente herausstellte. Wie kann das sein? Ist der durchschnittliche deutsche Journalist (bei der Financial Times Deutschland, aber es gibt genügend Beispiele solcher Vorgänge bei anderen Zeitungen) so blöde, daß er es nicht mehr schafft, die 20 mg CO2 zu investieren, um mal kurz das Dementi zu der Ente anzuschauen, die er gerade weiterverbreiten will? Immerhin hatte er es noch geschafft, das Dementi von Google zu finden. Aber die Wissner-Gross falsch zugeordnete Aussage blieb. Der Artikelschreiber hatte zwar den Hinweis, daß im Vergleich zu den Alternativen, wie Autofahren für Kontakte, das Internet sauberer ist, aber die Schlagzeile über luftverpestende Websuchen musste anscheinend sein. Man behauptete auch gleich noch, mehrere Wissenschaftler hätten festgestellt, daß das Internet „die Luft verpestet“. Nein, es waren keine Wissenschaftler, sondern ein Journalist.

Die Ente zog auch in anderen Medien Kreise. Spiegel Online berichtete z.B. schon am 12.1. darüber, auch falsch, aber zumindest ausgewogener, da mehr Informationen einflossen. Lustig immerhin, daß der Schreiber meint, ein 7 g-Kohlestück, an den Kopf geworfen, würde auch weh tun – das ist das Gewicht eines Drittels eines Normbriefes oder von einem Teelöffel Zucker. Aua. Die Süddeutsche brauchte dann einen weiteren Tag, um die Meldung zu kopieren, wirklich recherchiert wurde hier nicht.

Hätte man es besser machen können? Ja, wie z.B. hier demonstriert wird. Und das war auch schon am 13.1. online.

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