Dienstag, 13. Januar 2009

Ein Blick in neue Veröffentlichungen - was treibt die Temperaturen?

Es erscheint in den Fachzeitschriften so viel zum Thema Klimawandel, daß es schwer ist, auf dem aktuellen Stand zu bleiben oder gar, die interessanten Artikel zu kommentieren. Bei mir fallen regelmäßig angefangene Texte unter den Tisch, weil ich die Zeit nicht finde, das hier in den Blog zu hacken. Und eigentlich schade, daß mir auch meistens die Zeit fehlt, schöne Bilder einzubinden, ohne dabei Urheberrechte zu verletzten. Also mache ich heute einen etwas unsortierten Rundgang durch ein paar Fachartikel der jüngeren Zeit.

Zuvor hatte ich schon darauf hingewiesen, daß die Variabilität der globalen Temperaturzeitreihe in einer statistischen Untersuchung (Zorita, E., T. F. Stocker, and H. von Storch (2008), How unusual is the recent series of warm years?, Geophys. Res. Lett., 35, L24706, doi:10.1029/2008GL036228) auf ihre Wahrscheinlichkeit überprüft wurde, Produkt interner Variabilität zu sein. Die Antwort war, das ist extrem unwahrscheinlich. Zufälligerweise gab es ebenfalls in den Geophysical Research Letters, einer Fachzeitschrift, in der man relativ schnell knappe Artikel unterbringen kann und die ein recht hohes Ansehen hat, auch einen Artikel dazu, was denn nun die globalen Temperaturen antreibt. Um genau zu sein, es ging darum, was eigentlich der Antrieb für die mittleren Temperaturen an Land seit 1880 war. Auf der einen Seite könnten externe Antriebe die Zeitreihe bestimmt haben, wie etwa der Treibhauseffekt von Menschen produzierter Gase oder solare Einstrahlungsänderungen, auf der anderen Seite könnten aber auch interne Antriebe wichtig gewesen sein, wie etwa Änderungen der Meeresströmungen, die vielleicht unregelmäßig aber nach bestimmten Mustern wie El Nino erfolgen.

Hoerling, Kumar, Eischeid und Jha haben sich im Artikel: What is causing the variability in global mean land temperature?, dieser Frage angenommen (Hoerling, M., A. Kumar, J. Eischeid, and B. Jha (2008), What is causing the variability in global mean land temperature?, Geophys. Res. Lett., 35, L23712, doi:10.1029/2008GL035984.) Dabei verglichen sie die Temperaturdaten von NOAA, NASA-GISS und dem Hadley Centre mit Rechnungen mit verschiedenen Modellen.
Dabei wurde festgestellt, daß Änderungen der Oberflächentemperaturen der Ozeane zu 76% Antrieb für die Landtemperaturen sind. Die Meere wiederum reagieren meist auf externe Antriebe (Korrelation 88%): Treibhausgase und Aerosol, Vulkanausbrüche und solare Strahlungsänderungen, wobei von 1880 bis ca. 1900 und etwas darüber hinaus eine Serie von Vulkanausbrüchen dominierende Ursache für Variationen waren (hier eine Abkühlung) und nach 1950 die Treibhausgase bestimmende Größe waren. Die Erwärmung um 1940 wird hingegen auf die interne Variabilität der Kopplung von Meeres- und Landtemperaturen zurückgeführt und scheint weniger extern angetrieben zu sein. Ein anderer Ansatz gegenüber Zorita et al. (2008), aber trotzdem eine ähnliche Antwort. Beide Artikel bestätigen erneut Grundaussagen der IPCC-Berichte.

Daß eine Reihe von Vulkanausbrüchen für die recht kühlen Temperaturen im 19. Jahrhundert gesorgt haben könnte, ist nicht unbedingt neu. Interessanterweise gibt es aber gerade derzeit weitere Untersuchungen, die sich tiefer mit dem Klimaeffekt von Vulkanen beschäftigen. In
Nature Geoscience 2, 51 - 56 (2009) schreiben Rosanne D'Arrigo, Rob Wilson und Alexander Tudhope über "The impact of volcanic forcing on tropical temperatures during the past four centuries" Die Autoren interessierten sich also vor allem dafür, was Vulkanausbrüche in tropischen Breiten bewirkten. Dafür hatten sie keine direkten Temperaturmessungen zur Verfügung, sondern mußten auf Proxydaten zurückgreifen, wie etwa Baumringe, Eiskernohrungen oder das Korallenwachstum, um die Temperaturen der letzten 400 Jahre zu rekonstruieren. Unter anderem fanden sie erneut bestätigt, daß vor allem im frühen 19. Jahrhundert Vulkanausbrüche, wie der Tambora, aber auch bisher unidentifizierte Vulkane, für deutliche Abkühlungsperioden gesorgt hatten.

Eine andere Gruppe ging gleich 1500 Jahre zurück, um Vulkanausbrüche zu untersuchen. Die Arbeit ist von Gao, C., A. Robock, and C. Ammann (2008), Volcanic forcing of climate over the past 1500 years: An improved ice core-based index for climate models, J. Geophys. Res., 113, D23111, doi:10.1029/2008JD010239. Der Vorzug dieser Arbeit ist, wie die Autoren herausstellen, daß sie mit 54 Eiskernbohrungen aus der Antarktis und Grönland eine besonders hohe Datendichte erzielen, die ihnen relativ genaue Aussagen zu der Temperaturentwicklung erlauben. Natürlich folgt ihr Temepraturproxy recht gut der bekannten Hockeyschlägerkurve, die verschiedene Forschergruppen für die Temperaturentwicklung der letzten 1000 oder 2000 Jahre gefunden hatten. Die Analyse der Sulfatablagerungen erlaubte dann eine gute Zuordnung von Vulkanausbrüchen in Raum und Zeit, ein Datensatz, der damit der Forschung für weitere Arbeiten zur Verfügung steht, insbesondere um Modellläufe für die vergangenen Jahrhunderte durchzuführen, um ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und die vergangene Klimaentwicklung zu untersuchen. In einem Diagramm, das im Artikel abgebildet ist, und das ich aus urheberrechtlichen Gründen nicht einfach kopieren kann, fällt vor allem auf, daß einzelne besonders starke Abkühlungsereignisse in der Vergangenheit, z.B. im 13. Jahrhundert, in den Temepraturproxys anderer Gruppen nicht auftauchen. Möglicherweise liegt es an der zu geringen Zahl vorhandener Proxydaten, daß nicht alle starken Vulkanausbrüche in den Temperaturproxydaten wiedergefunden werden. Sicherlich Stoff, um weiter darüber nachzudenken.

Bevor ich Schluß mache, noch etwas zum Thema Modellunsicherheit. Die verschiedenen globalen Transportmodelle oder gekoppelten Ozean-Atmosphärenmodelle zeigen Abweichungen zwischen ihren Ergebnissen und ihrer Sensitivität bezüglich einer Änderung der Treibhausgaskonzentrationen. Der unsichere Parameter, der das bewirkt, ist wohl die Behandlung der Aerosole. Aber was genau ist es? Aerosol kann als Kondensationskerne für Wassertröpfchen bzw. Wolkentröpfchen dienen. Und das Verhältnis zwischen Aerosolmasse und der Zahl der dadurch erzeugten Tröpfchen ist anscheinend der eigentliche Parameter, der im wesentlichen die Unterschiede zwischen den Antrieben der Modelle im kurzwelligen Bereich (also salopp die solare Einstrahlung) erzeugt. Wenn so genau der Finger in die Wunde gelegt wird, sollte es doch hoffentlich möglich sein, daß die Modeller hier ihre Parametrisierungen verbessern, denn es ist ein betrüblicher Zustand, daß nach wie vor die Antwort auf die Frage, welche Temperatursteigerung denn eine Verdopplung von CO2-Konzentrationen bewirkt, die Antwort ist: so etwa 1,5 bis 4,5 Grad, vielleicht auch mehr, mit dem wahrscheinlichsten Wert um 3 Grad. Und das schon seit 20 Jahren, obwohl wir inzwischen 3 Modellgenerationen weiter sind. (Siehe Storelvmo, T., U. Lohmann, and R. Bennartz (2009), What governs the spread in shortwave forcings in the transient IPCC AR4 models?, Geophys. Res. Lett., 36, L01806, doi:10.1029/2008GL036069.)

In allen Fällen sind Links auf die Artikel für die meisten Leser weniger hilfreich, weil in allen Fällen dahinter kostenpflichtige Zugänge stehen. Aber mit ein bißchen Suchen findet sich früher oder später auf einer Seite einer der Autoren der Artikel gratis. Wenn mir so etwas auffällt, trage ich den Link nach.

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