Menschen denken normalerweise nicht daran, daß die Erde über den größten Teil ihrer Existenz kein geeigneter Lebensraum für Menschen war. Vor 4,5 Milliarden Jahre war sie noch ein Feuerball, der erst eine stabile Kruste bilden musste. Vor 4 Milliarden Jahre hatte sie ihre erste Atmosphäre aus Helium und Wasserstoff verloren und aus der Erdkruste eine zweite Atmosphäre gebildet, in der Wasser, Stickstoff und Kohlendioxid Hauptbestandteile gewesen sein mögen. Das Wasser kondensierte nach und nach, der Luftdruck sank auf den heutigen Wert, aber die Luft war nach wie vor für Menschen nicht atembar, insbesondere weil es an Sauerstoff fehlte. Nimmt man an, daß die Sonne damals deutlich schwächer strahlte als heute, ist es möglich, daß die Temperaturen auf der Erde schon bald deutlich unter die heutigen Werte sanken. Das Wasser auf der Erde gefror auch außerhalb der Polregionen, während gleichzeitig Kohlendioxid ein Hauptbestandteil der Atmosphäre darstellte. Die Erde wurde zum Schneeball im Treibhaus. Wir wissen nicht viel über diese Zeit. Andererseits aber auch erstaunlich viel, wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, überhaupt 4 Milliarden Jahre in die Vergangenheit zu schauen, wenn aus dieser Zeit kaum noch intakte Erdkruste gefunden werden kann, die uns noch etwas über die Chemie der damaligen Zeit sagen kann.
Tatsächlich gibt es wohl niemanden, der die Erde als Schneeball in der ersten Milliarde Jahre ihrer Existenz sehen würde. Aber es gab zumindest drei Phasen, in denen geologische Ablagerungen Hinweise auf eine weitgehende Vereisung der Erde geben (vor 2,22 Milliarden Jahren, vor 710 Millionen Jahren und vor 630 Millionen Jahren). Der vermutete Ablauf dahinter ist, daß einerseits die Vereisung von Teilen der Erde in eine selbstverstärkende Rückkopplung lief: je mehr Teile der Erde eisbedeckt sind, desto höher ist die Albedo der Erde und desto mehr Sonnenlicht wird reflektiert, statt die Erde zu erwärmen. Auf der kälter werdenden Erde dehnen sich dann die Eisflächen aus. Zugleich aber verhindert die Vereisung auch, daß Kohlendioxid sich weiter im Wasser lösen und dort abgelagert werden kann oder durch Verwitterungsprozesse in der Erde gebunden werden kann, über lange Zeiträume der Hauptprozess, um Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen. Auf einer Zeitachse von 100.000en oder Millionen von Jahren kann sich Kohlendioxid, das aus Vulkanen abgegeben wird, in der Atmosphäre anreichern.
Nach neueren Ergebnissen von einer Gruppe um Bao und Fairchild (Bao, H., Fairchild, I.J., Wynn, P.M. and Spötl, C. 2009 Stretching the envelope of past surface environments: Neoproterozoic glacial lakes from Svalbard. Science, 323, 119-122) konnten aus der Isotopenanalyse von geologischen Formationen Hinweise gefunden werden, daß vor ca. 630 Millionen Jahren, beim letzten vermuteten Eintreten eines "Schneeballs Erde", tatsächlich gleichzeitig die Erde ganz oder weitgehend von Eis bedeckt war und in der Atmosphäre hohe Konzentrationen von Kohlendioxid vorlagen.
Bei allen Rekonstruktionen der Zusammensetzung der Erdatmosphäre und der Temperatur der Erde, die über Milliarden Jahre in die Vergangenheit reichen, ist natürlich große Vorsicht angebracht, weil nur sehr indirekte Schlüsse aus Isotopenzusammensetzungen in Sedimenten gemacht werden können, die möglicherweise selbst bereits chemischen Umwandlungen ausgesetzt waren. Selbst für die letzten 60 Millionen Jahre hat es in jüngster Zeit noch Überraschungen darüber gegeben, wann z.B. Eiskappen an den Polen existierten und seit wann die Antarktis vereist ist.
Das eigentlich erstaunliche war, daß nach all den Klimaschwankungen die Erde zwischendurch auch auf Werte kam, bei denen sich der Mensch entwickeln konnte. Seine Zeit war erst gekommen, als die Erde schon über 4 Milliarden Jahre existierte, nachdem CO2 unter die Schwelle gesunken war, die empfindliche Menschen krank machen kann, nachdem genug Sauerstoff in der Atmosphäre war, damit es eine Ozonschicht ausbilden und das Leben auf der Erde vor harter UV-Strahlung schützen konnte und nachdem die Erde in eine Folge von Eiszeiten und Zwischeneiszeiten gefallen war, die das Klima der letzten Millionen Jahre kennzeichnet. Ackerbau wurde überhaupt nur in einem schmalen Temperaturband entwickelt, das sich in der Zeit nach der letzten Eiszeit entwickelte. Dieses Band war wohl nur so breit wie die gesamte Temperaturentwicklung seit Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. In diesem Jahrhundert werden wir dieses Band verlassen und zunächst in das Band eintreten, in dem Dinosaurier die Erde beherrschten. Nur daß wir jetzt unsere Landwirtschaft und die aktuellen Lebensformen in dieses Band hinüberretten wollen. Niemand weiß, ob das möglich ist.
Sollten wir gegen den CO2-Anstieg nichts unternehmen, wird das Mischungsverhältnis die vorindustriellen Werte mehr als verzehnfachen und die Temperatur in der Folge um mehr als 10 Grad steigen. Die Polkappen werden verschwinden und der Meeresspiegel wird um über 70 Meter steigen. Wir wissen es, weil es solche Verhältnisse auf der Erde schon mal gab. Wir wissen gar nicht, wie stabil das aktuelle Klimaregime ist und wie lange es gehalten hätte, aber wir wissen, daß wir dabei sind, es zu verlassen, wenn wir nicht drastische Maßnahmen durchführen.
Hinweise auf Verhältnisse, wie sie Professor Fairchild auf seiner Webseite darstellt, erwecken die Besorgnis, daß wir unsere Situation mit Geoengineering noch drastisch verschlimmern können. Würden wir hohe Kohlendioxidkonzentrationen in der Luft erzeugen und dann durch hohe Sulfatemissionen versuchen, die Erde wieder zu kühlen, könnten wir die Erde in einen erneuten "Schneeball im Treibhaus" hineintreiben, bei dem über die Albedorückkopplung die Erde zunehmend vereist und dabei zugleich den Weg abschneidet, über den Kohlendioxid langsam wieder aus der Atmosphäre in Wasser und Boden entfernt werden könnte. Daß die Erde in der meisten Zeit in der Vergangenheit für Menschen kein angenehmer Ort zum Leben war, sollte uns bei allem, was wir derzeit mit der Erdatmosphäre anstellen, zu denken geben.
Sonntag, 4. Januar 2009
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