Kommunikation ist ein schwieriges Geschäft. Wir reden oft mit Gedanken im Hinterkopf, und vergessen manchmal, daß diese unseren Zuhörern vielleicht nicht präsent sind. Plötzlich meinen wir das eine und die Zuhörer verstehen das andere. Fehler in der Kommunikation können aber auch Absicht sein. Politiker verschwurbeln gerne ihre Aussagen, um unangenehme Botschaften zu verstecken, ohne beim Flunkern ertappt zu werden. Verschwurbeln kann auch dabei helfen, einen Standpunkt so zu vertreten, daß seine Gegner glauben, sie würden hier unterstützt. Das schadet dem Standpunkt, nützt aber vielleicht dem Verschwurbler. Wie so etwas im Ansatz geht, habe ich schon bei der Leiterin der Gruppe für Klimawandelberatung am Hadley Centre Vicky Pope betrachtet.
Vicky Pope kann jedoch beim Meister in die Schule gehen, bei Hans von Storch, Leiter des Instituts für Küstenforschung am GKSS in Geesthacht. Von Storch wird von Leugnern gerne als einer der ihren zitiert. Er hatte schon in einem Artikel angeblich gezeigt, daß die Methodik von Mann et al. (Stichwort: Hockeystick) falsch wäre, wobei sich allerdings herausstellte, daß der Kritiker selbst falsch lag (dazu noch eine Aktualisierung hier), und ein Artikel, der darlegte, warum man aus 150 Jahre kurzen Zeitreihen keine Korrelationen gewinnen kann, um Veränderungen des Meeresspiegels über Jahrtausende als Funktion der globalen Temperatur darzustellen, wurde von einer überaus groben Pressemitteilung begleitet, mit der Stefan Rahmstorf vom Konkurrenten (sehen wir es mal realistisch von dieser menschlichen Perspektive) Potsdam Institut für Klimafolgenforschung abgewatscht wurde (siehe hier im vierten Absatz). Generell stellt sich von Storch (vielleicht mit Recht, vielleicht auch nicht – ich stecke zu wenig drin, um das beurteilen zu können) als jemand dar, der die Rolle der Wissenschaftler als rein unpolitisch sehen will, und der auf ein hohes Maß an Kritikfähigkeit in der Forschung hin arbeiten möchte. Was jene Leugner verstören könnte, ist jeder Hinweis darauf, daß von Storch grundsätzlich mit den Feststellungen des IPCC zum Klimawandel übereinstimmt. Ja, es gibt ihn, ja, er ist menschengemacht, ja, er wird erhebliche Ausmaße erreichen, wenn die Emissionen nicht drastisch gesenkt werden, ja, es wird ein Problem sein. Die Leugner haben da vielleicht den Spruch „Der Gegner meines Gegners ist mein Befürworter.“ Kreativ angewandt.
Der Titel eines neuen Kommentars im Spiegel Online ist: „Am Ende des Alarmismus“, und das sollte man sich mal anschauen, um einen Verschwurbeler eines Themas in Aktion zu sehen. Schon wieder muß ich fragen: „Wen meint der Mann?“ Vielleicht ist der Titel des Kommentars nicht von ihm. Immerhin unterstellt von Storch in dem Beitrag, daß die Treibhausgasemissionen zwar langsamer steigen, aber doch auch langfristig weiter zunehmen werden. Alle die damit verbundenen Auswirkungen, wie dem Anstieg des Meeresspiegels, Verschiebung von Klimazonen, Veränderungen im Wasserkreislauf, auftretender Not hält er für unvermeidlich. Aber, es wird auch andere Probleme geben. „Ich erwarte, dass Klima weiter als ein gewichtiges, handlungsnotwendiges Thema verstanden wird, aber eben nur als eines unter mehreren.“, schreibt er. Könnte es sein, daß er da etwas mißverstanden hat? War es wirklich je anders, hatten wir je einen gesellschaftlichen Konsens, daß es nur das Problem des Klimawandels gibt und sonst keines? Haben wir etwa schon mal gesagt „Hungersnöte? Können wir uns nicht drum kümmern, wir sind mit dem Klimawandel beschäftigt. Aids? Muß warten. Tsunami? Das steht jetzt wirklich nicht auf dem Programm. Weltfinanzkrise? Da machen wir etwas, wenn wir das Klimaproblem gelöst haben.“ Kurz gesagt, da baut gerade jemand einen riesigen Strohmann auf, damit er in den kommenden Zeilen etwas zum Abfackeln hat.
Später heißt es: „Der bisherige Hype der Klima-Angst wird durch eine andere Angst ersetzt werden. Das Klimathema wird nicht mehr wirklich ernstgenommen werden, sondern vor allem zur Motivation für eine allgegenwärtige Regulierung fast aller Lebensbereiche instrumentalisiert werden.“ Was meint der Mann damit? Vorher hat er ein Szenario dargestellt, in dem der Klimawandel mit allen Problemen fortschreitet und entsprechend auch die Aufgaben der Bewältigung des Klimawandels steigen. Jetzt, ohne eine Begründung dafür, redet er von einer Klima-Angst. Und diese Angst soll von einer anderen Angst ersetzt werden – das passt vielleicht dazu, wenn er weiter oben von einem Thema unter vielen redet. Dann aber meint er, das Thema böte Motivation zur Regulierung in allen Lebensbereichen. Wieso denn, wenn es in der Zukunft nur noch als ein Thema von vielen gilt und wenn es doch, wie er behauptet, dann keine Klima-Angst mehr gäbe?
Zum Schluß wird es endgültig wirr und verschwurbelt: „In diesem pessimistischen, aber vielleicht nicht unrealistischen Szenario, würde die Klimaforschung die gegenwärtige Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit verlieren - trotz eines langen Feuerwerks immer wieder neu entdeckter Gefahren und in Aussicht gestellter Weltuntergänge. Am Ende stünde ein Rückzug auf die von den Wetterdiensten betriebenen Überwachungsaufgaben, spannende Nischenforschung im Elfenbeinturm und versprengte übriggebliebene Alarmisten.“ Was ist pessimistisch – daß die Klimaforschung die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit verliert, oder daß es immer neu entdeckte Gefahren gibt? Beides? Wie sollte da denn die Öffentlichkeit die Aufmerksamkeit verlieren? Durch die Gewöhnung an schlechte Nachrichten? Das mag sein. Aber das ändert ja nichts an dem Handlungsdruck. Oder meint er, daß sei alles erfunden, wie in Aussicht gestellte Weltuntergänge? Der Mann kennt ja den IPCC-Report. Welche in Aussicht gestellten Weltuntergänge meint er denn? Von wem redet er? Von Wissenschaftlern, von Umweltschutzverbänden oder von einzelnen Bloggern mit apokalyptischen Visionen? Wer sollen denn seine Alarmisten hier sein? Meint er andere Wissenschaftler? Oder redet er schon wieder von irgendwelchen Aktivisten? Den Artikel kann man zehnmal lesen, und man kommt immer noch nicht dahinter, wen von Storch eigentlich meint, wem er was unterstellt, und was er nun eigentlich will. Mein Eindruck ist, daß hier jemand nichts zu sagen hatte, und bei einem Kognak im Lehnstuhl mal einfach losgebrabbelt hat, was ihm gerade zufällig durch den Kopf schwirrte. Meinen kann man ja alles, und wenn man nichts davon belegen muß, ist das in 5 Minuten erledigt. Fertig ist der Kommentar. Leugner finden das Reizwort „Alarmisten“ im Titel, von Storch steht in der Presse und hat sich wieder als unabhängiger Geist geriert und im Grunde kann man ihm auch nicht nachweisen, daß er was Falsches gesagt hätte. Aber dem Verständnis der Klimaforschung wurde ein Bärendienst erwiesen. Selbst ob der Kommentar wenigstens dem Autor nützt ist fraglich, denn seriöser wirkt der Mann danach nicht.
Mittwoch, 25. März 2009
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