Ich hatte im Blog das LOHAFEX-Experiment erwähnt und das Geschrei vorgeblicher Umweltschützer darüber. In den Wochenberichten der "Polarstern" konnte man den Fortgang des Experiments verfolgen und erhielt bereits einen Eindruck davon, daß es diesmal anders ablief als erwartet. Eisensulfatgaben in das Meer hatten zunächst durch die Düngung eine Algenblüte ausgelöst. Die Algenblüte kam schon bald zum Stehen, weil Ruderfußkrebse die Algen abweideten. Dadurch konnten die Algen diesmal nicht nennenswert CO2 ablagern, indem sie selbst abstarben und zum Meeresgrund fielen. Vielmehr blieb das kurzzeitig in den Algen gebundene CO2 in der oberflächennahen Biosphäre und ging über die Atmung der Kleinstkrebse (Ruderfußkrebse) und ihrer Freßfeinde und den Zerfall ihrer Körper wieder zurück in die Atmosphäre. Am 17. März kehrte die „Polarstern“ nach Südamerika zurück und ist nun auf dem Heimweg nach Deutschland. Doch schon eine Woche später erläuterten Expeditionsteilnehmer die Ergebnisse in einem Bericht an die Presse. Die Ursache für das frühe Ende der Algenblüte und dem schnellen Fraß durch die Meeresfauna war ein Mangel an Silikat im Wasser. Die Kieselsäure ist genauso wie das Eisen ein Mangelelement im Meer. Ist sie vorhanden, können sich Kieselalgen vermehren, die sich vor Freßfeinden mit einem Silikatgerüst schützen. Fehlt es Kieselsäure oder Silikaten im Wasser, vermehren sich andere Algen, die schnell tierisches Plankton anlocken. Hier kommen nun die Eisberge ins Spiel. Sie sind eine Eisenquelle, insbesondere im südlichen Atlantik, wo auch das Experiment durchgeführt wurde. Weil aber Eisen zwar ein Mangelelement ist, aber eben ab und zu durch einen wandernden Eisberg doch eingebracht wird, gibt es immer wieder auch Algenblüten, die wiederum das vorhandene Silikat verbrauchen. Und genau deshalb fehlte das Silikat nun für eine Blüte von Kieselalgen im Experiment.
Das Fazit aus dem Experiment ist, daß wir uns nicht darauf verlassen können, daß wir mit Eisensulfatgaben im Meer über Algenblüten zuverlässig CO2 aus der Atmosphäre entziehen können. Je nach Menge anderer Spurenstoffe werden die Algenblüten nur den Umsatz im Meer erhöhen. Eventuell würden solche Düngungen eher noch dem Meer Sauerstoff entziehen und Todeszonen entstehen lassen. Jede Düngung würde diese Probleme noch verschärfen, weil so andere Spurenstoffe, wie Silikat, entzogen würden. Also selbst Gebiete, in denen derzeit eine Eisensulfatdüngung über eine Algenblüte große Mengen CO2 binden könnte, würden danach bei einer weiteren Düngung nicht mehr weiter als CO2-Senke dienen. Könnte man diesen Effekt ausgleichen, indem man gleichzeitig auch mit Kieselsäure oder mit löslichen Silikaten düngt? Zum einen könnte das zur Verarmung an anderen Spurenstoffen führen, und damit das Problem nur ein Stück verschoben sein. Zum anderen läßt sich Eisensulfat als technisches Abfallprodukt billig einsetzen. Geeignete Silikate dürften ein Vielfaches teurer sein. Damit wird es aber billiger, sich nach anderen Verfahren umzuschauen, mit denen CO2 gebunden oder eingespart werden kann.
Doch an Land sieht es kaum besser aus. Hier geht es vor allem darum, CO2 bei der Verbrennung von Kohle in Kraftwerken aufzufangen. Dazu braucht man einen geeigneten Träger. Sagen wir mal, Calciumoxid, das CO2 nach CaO + CO2 -> CaCO3 als Calciumcarbonat auffängt. Oder als Calciumhydrogencarbonat: CaCO3 + H2O + CO2 -> Ca(HCO3)2. Das sind reversible Reaktionen, bei denen z.B. Erhitzen die Träger rezykliert. Das Problem ist, daß z.B. Calciumcarbonat (Kalk) auch in anderen Prozessen gebraucht wird (z.B. Rauchgasentschwefelung) und nicht beliebig zur Verfügung steht. Das Verfahren hat Kosten. Zudem hat man dann zwar CO2 abgeschieden, aber zur Rückgewinnung des Trägers muß es ja wieder abgegeben werden. Dann muß es komprimiert und in eine Lagerstätte gepumpt werden, z.B. in alte Kohleminen. Das alles verbraucht Energie. Dadurch entsteht noch mehr CO2. Die Effizienz im technischen Verfahren ist derzeit gering. Forschung, das Verfahren technisch anwendbar zu machen, läuft gerade an. Vielleicht stehen in 10 Jahren, vielleicht auch später oder nie, sinnvoll anwendbare Verfahren zur Abtrennung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Sequestration, kurz CCS) zur Verfügung. Dann stellt sich immer noch die Frage, wie sicher eigentlich die Lagerstätten gegen einen Gasaustritt sind.
Für Deutschland wird die Frage gerade aktuell, weil bis zum 1. April ein neues Gesetz zur Kohlendioxideinlagerung verabschiedet werden soll, das 3 Versuchsanlagen zuordnet. Europaweit sollen es 12 werden. Das Gesetz sorgt für Streit. Unter anderem wird von Umweltschutzverbänden kritisiert, daß CO2 als Wirtschaftsgut eingestuft wird, damit die Ablagerung nicht unter das Abfallgesetz fällt und weniger strenge Regelungen anzuwenden sind. Außerdem sollen die ablagernden Energieversorger nur 20 oder 30 Jahre für die Kosten des Verfahrens aufkommen, danach muß der Steuerzahler die Lagerung und eventuell auftretende Probleme (Bergschäden, Leckagen) bezahlen. Wenn solche Probleme wirklich auftreten, könnten die Schäden aber ohnehin schnell Firmen ruinieren, die dafür garantieren sollen und der Steuerzahler ist dann wohl ohnehin in der Pflicht.
Wenn man bedenkt, daß hier ein Gesetz im Eilverfahren verabschiedet werden soll für eine Technologie, die noch nicht entwickelt wurde, von der wir noch nicht wissen, wie effizient sie werden kann, die teuer ist und zu erhöhtem Energieverbrauch führt, überkommt einen ein unbehagliches Gefühl. Ich habe den Verdacht, daß weder an Land noch im Meer über das Geoengineering eine entscheidende Menge an CO2 mit den diskutierten Verfahren effizient abgeschieden werden kann. Das heißt aber auch, daß gleichzeitig mit der Erkenntnis, daß wir bereits für eine Vermeidung eines gravierenden Klimawandels zu spät unsere Emissionen zurückfahren, uns auch die Alternativen ausgehen, den Schaden im Nachgang zu reparieren.
Donnerstag, 26. März 2009
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