Für Meeresbiologen und Ozeanographen sind sie ein bekanntes Phänomen, die sogenannten Todeszonen in den Ozeanen. Erst kürzlich war es in der internationalen Presse eine Schlagzeile, daß eine starke Ausbreitung einer Todeszone im Golf von Mexiko beobachtet wurde. Bei den Todeszonen handelt es sich um Gebiete in den Meeren, in denen der sonst vorhandene Sauerstoff im Wasser vollständig verbraucht wurde. Leben, daß von diesem Sauerstoff abhängig ist, ist in den Todeszonen nicht möglich. Also gibt es dort weder Fische noch wirbellose Tiere noch Pflanzen, allenfalls besonders bedürfnisloses Kleinstleben, insbesodnere anaerobe Bakterien, die zum Beispiel von Schwefelverbindungen leben und dabei giftiges Schwefelwasserstoff freisetzen können. Da diese Todeszonen auch Meerespflanzen abtöten, haben sie auch eine starke Erhaltungsneigung. Erst ein intensiver Austausch mit suerstoffreichem Wasser kann die Todeszone auflösen. Das ist natürlich bei sehr großen Zonen schwierig. Diese Zone können bei warmem Wetter und in Zeiten der Algenblüte weiter wachsen. Besonders bedeutsam wird es, wenn diese Todeszonen Gebiete einschließen, in denen eigentlich in großem Umfang Jungfische heranwachsen müßten. Die Nahrungskette in den Ozeanen kann beeinträchtigt werden, sich zu einem ausgedehnten Artensterben auswachsen und uns dabei einen Einbruch bei unseren wichtigsten Nahrungsfischen bescheren.
Es lag bisher schon der Verdacht nahe, daß der Klimawandel zu einer Ausdehnung der Todeszonen führen könnte - warmes Wasser neigt dazu, weniger Sauerstoff zu enthalten und das wird verstärkt durch eine höhere biologische Aktivität, die den Sauerstoff aufzehrt. Die Versauerung der Meere durch immer mehr gelöstes Kohlendioxid kann dazu führen, daß manche Arten, etwa Schalentiere, absterben und dadurch die Belastung der Ozeane mit totem, Sauerstoff verbrauchendem Material erhöhen. CO2 hat aber auch einen Düngeeffekt. Düngeeffekte sind anders als landläufig angenommen, nicht per se günstig. Überdüngung ist genau eine der Ursachen für ein Umkippen von Gewässern, in denen nach einer Blüte von Algen und anderen Lebewesen absterbendes Material den vorhandenen Sauerstoff aufbraucht. Genau eine solche Überdüngung durch das verfrachtete organische Material und mitgeschleppte Waschmittel und Dünger aus den einmündenden Flüssen, wie dem Mississippi, ist zum Beispiel die Ursache für die Todeszone im Golf von Mexiko. Hier kommen aber auch besondere Strömungsverhältnisse dazu. Würde diese Todeszone sich soweit ausdehnen, daß sie den Golfstrom beeinflussen könnte, hätte das sicher gravierende Folgen.
CO2 hat selbst aber auch einen Düngeeffekt, denn auch ein Zunahem des CO2-Gehalts im Wasser kann das Algenwachstum anregen. Absterbende Algen verbrauchen dann in den tieferen Meeresschichten (einige 100 Meter Tiefe) den Sauerstoff. Eine neue Studie unter der Federführung von Kieler Forschern des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) belegt mit Hilfe eines Modells, das atmosphärische, marine und biologische Abläufe verknüpft, wie zum Beispiel Nahrungsangebot, Algenblüte und Sauerstoffverbrauch, daß durch die erhöhte CO2-Menge in den Ozeanen die Todeszonen sich in den nächsten Jahrzehnten erheblich ausdehnen werden. Eine Gruppe um Prof. Andreas Oschlies bezifferte die Ausbreitung tropischer Todeszonen bis zum Ende des Jahrhunderts um 50%. Angesichts vieler Unsicherheiten ist eine solche Zahl eher als eine Hausnummer zu verstehen, die uns die Größenordnung angibt. Die Entwicklung solcher Todeszonen kann sich durch Rückkopplungseffekte verstärken und vielleicht schwächer, vielleicht auch stärker ausfallen, und letzteres in Kombination mit Veränderungen an Land könnte zu einer massiven Nahrungsmittelknappheit im Lauf des Jahrhunderts beitragen.
ERGÄNZUNG: Diese Sicht auf sich ausdehnende Todeszonen wirkt allerdings noch konservativ gegenüber Ansichten, die der Ozeanograph Jeremy Jackson vom SCRIPPS Institut für Ozeanographie vertritt. In einer eigenen Veröffentlichung sieht er die Möglichkeit eines durch solche Todeszonen in naher Zukunft verursachten Massenaussterbens von Arten in den Ozeanen.
Eine weitere Gefahr liegt darin, daß die Düngung von Meeresgebieten mit Eisen als eine der Maßnahmen gehandelt wird, die vielleicht zur Verringerung der CO2-Menge in der Atmosphäre beitragen könnte. Die Düngung nährstoffarmer Meeresgebiete und die dadurch verursachte Algenblüte trägt auch nach Versuchen zunächst dazu bei, daß CO2 in den Algen gebunden wird. Sinken die abgestorbenen Algen in die Tiefsee ab, ist damit der Luft erst mal CO2 entzogen. Gleichzeitig ist aber die Gefahr gegeben, daß auch das zur Ausbreitung von Todeszonen in den Meeren beiträgt. Wie alle Maßnahmen des Geoengineerings kann auch diese dazu führt, daß es am Ende heißt: "Operation gelungen, Patient tot."
Sonntag, 16. November 2008
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