Planetenkontrolle oder Geoengineering bezeichnen Maßnahmen, bei denen Menschen absichtlich die Eigenschaften unseres Planeten ändern, um zum Beispiel die Zusammensetzung der Atmosphäre und darüber das Klima zu verändern. In verschiedenen Artikeln hatte ich schon angesprochen, daß die Planetenkontrolle eine problematische Sache ist. Unsere Lebensweise als solche könnte bereits als Planetenkontrolle gelten, nur fehlt hier die Absicht dabei. Nun geht es darum, mit Absicht etwas entgegenzuwirken, was wir ohne Absicht aus dem Lot gebracht haben, eventuell sogar als Ersatz dafür, unsere planetenverändernde Lebensweise aufzugeben. Das entspricht etwa einem Menschen, der durch zuviel Essen und zu wenig Bewegung fett wird und sich nun regelmäßig in ein Eisbad legt, damit der Körper mehr vom überflüssigen Essen verbrennt. Es ist zwar schon möglich, daß der Körper mehr Fett verbrennt, um die Körpertemperatur zu halten, aber es ist fraglich ob dies ausreicht und noch mehr fraglich, ob wiederholte dauernde Unterkühlung der Gesundheit zuträglich ist. Die Frage ist doch, warum dieser Mensch nicht einfach weniger ißt und sich mehr bewegt?
Alle Maßnahmen zur Planetenkontrolle leiden darunter, daß bei ihnen Wirkungen von Nebenwirkungen begleitet sind. Und wenn man doppelt Pech hat, ist sogar nur die Nebenwirkung erheblich, die Wirkung hingegen geringfügig. Das Einbringen von Sulfataerosolen in die Atmosphäre hat z.B. eine nur kurzfristig kühlende Wirkung – es bilden sich niedrige Wolken, die die Albedo der Erde erhöhen, also mehr Sonnenstrahlung direkt ins Weltall reflektieren – gleichzeitig aber auch eine Vielzahl andere Nebenwirkungen, wie z.B. Versauerung von Böden und Gewässern, Beeinträchtigung der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen und Veränderungen im Wasserhaushalt.
Die Meeresdüngung hat vermutlich nur einen geringen Effekt und könnte den Stoffhaushalt der Meere durcheinander bringen (möglicherweise Verarmung der Oberflächenschichten an Silikat).
Biosprit habe ich in diesem Blog noch nicht diskutiert. Hier gab es vor allem vergangenes Jahr eine intensive Diskussion darüber, ob die Verteuerung der Nahrungsmittelpreise bis 2007/2008 aus dem steigenden Wettbewerb des Nahrungsmittelanbaus und des Biospritanbaus um Ackerflächen resultierte. Das kann eine Rolle gespielt haben, aber um das Ausmaß gab es eine Debatte ohne offensichtlichen Sieger. Denn gleichzeitig gab es auch einen Anstieg des Verbrauchs von Fleisch in China und anderen Schwellenländern, und dadurch auch einen höheren Bedarf an Futterpflanzen. Und es gab auch Spekulationen an den Warenterminbörsen, die die Preise auch ohne echte Warenverknappung steigen lassen konnte. Zugleich setzte auch eine Diskussion um Palmöl als Treibstoffzusatz ein. Der Anbau von Ölpalmen in der tropischen Klimazone geht oft mit dem Abholzen von Regenwaldflächen einher. Das macht aber aus einem eigentlich CO2-neutralen Biosprit eine sehr starke CO2-Quelle. Nicht nur, daß der in den Regenwaldbäumen gebundene Kohlenstoff freigesetzt wird, auch die Böden, die nun bearbeitet werden und teilweise frei liegen, geben nun einen erheblichen Anteil des in ihnen gebunden Kohlenstoffs ab. Biosprit ist nur sinnvoll, wenn die dafür benötigten Pflanzen entweder auf Böden angebaut werden, die sonst brach lägen oder wenn dafür Pflanzenabfälle genutzt werden. Darauf weist das IPCC im Bericht der 3. Arbeitsgruppe auch indirekt hin, aber meines Erachtens nach viel zu vage (Kapitel 5 ab Seite 341 und Kapitel 8).
In diesem Blog hatte ich auch schon auf eine weitere Möglichkeit hingewiesen: Biochar bzw. Holzkohle. Holzkohle wird im Boden anscheinend sehr langsam abgebaut, im Gegensatz zu normal verrottenden oder verfaulenden Pflanzenabfällen und speichert daher Kohlenstoff. Wenn man Pflanzenabfälle in geeigneter Weise stark erhitzt, kann man flüchtige Bestandteile als Biogas oder Biotreibstoff abtrennen und die verbleibende Holzkohle in den Boden einmischen. Dies kann zusätzlich den Boden düngen. Nimmt man all dieses zusammen, könnte Biochar bei Ölpreisen über 50 oder 60 Dollar pro Barrel eine profitable Möglichkeit sein, Kohlenstoff zu binden. Doch auch hier gibt es Nebenwirkungen. Es sind die gleichen, wie beim Biosprit. Niemand kann sicherstellen, daß nur Pflanzenabfälle genutzt würden, vielmehr könnten Anbauflächen für Pflanzen, die zu Holzkohle verarbeitet werden, in Konkurrenz zu Flächen für den Anbau von Nahrungspflanzen und Biospritpflanzen treten. Ganz zu schweigen davon, daß auch hier wieder weitere Flächen unter den Pflug genommen werden könnten, auf denen eigentlich die letzten Reste natürlicher Wälder und Savannen Rückzugsgebiete für die schwindende Artenvielfalt sein sollten. Auch hier könnten Flächen genutzt werden, die dafür nicht geeignet sind, weil der bearbeitete Boden von Wind und Wasser abgetragen wird oder erforderliche Bewässerung auf Dauer den Boden versalzt und zerstört. Dabei ist noch nicht mal sicher, daß die so hergestellte Holzkohle wirklich dauerhaft im Boden verbleibt. Niemand kann ausschließen, daß sich Bakterien ausbreiten, die sehr wohl die Holzkohle umsetzen können.
Diese Punkte und noch andere diskutiert George Monbiot in seinem Blog und kommt zu dem Fazit, daß man mit Biochar genauso wie mit dem Biosprit einer Selbsttäuschung aufsitzt. Die Täuschung ist, daß man einfach so auf gewaltigen Landflächen Kohlenstoff auffangen kann, ohne daß die Nahrungsmittelproduktion oder die Restflächen für die Natur darunter leiden. Und beides wird in Zukunft knapp. Die Vorschläge zum Geoengineering offenbaren eigentlich nur, wie ernst die Lage bereits ist, wenn immer mehr Wissenschaftler daran zweifeln, daß wir überhaupt noch rechtzeitig die Emissionen der Treibhausgase weit genug senken, um den Klimawandel noch bewältigen zu können.
Aktualisierung: Es gab einige Reaktionen auf Monbiots Beitrag, auf die er in einem Folgebeitrag verlinkt. Unter anderem führt Chris Goodall auf, daß Holzkohle nicht nur den Kohlenstoffkreislauf unterbricht, sondern über die Düngewirkung Pflanzenmaterial schneller wachsen läßt (was Kohlenstoff bindet) und den Austritt anderer Treibhausgase (Lachgas, Methan) aus Böden verringert - z.B. weil man zusammen mit Holzkohle weniger anderen Dünger braucht. Es sei aber noch Forschung nötig, um diese Effekte wirklich zu verstehen. Generell wird in Antworten betont, daß Biochar nur sinnvoll auf Bioabfälle anzuwenden sei. Das wiederum setzt natürlich Grenzen dafür, wie groß der Effekt überhaupt sein kann.
Dienstag, 31. März 2009
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