Bei der Tagung zur Klimaforschung in Kopenhagen vom 10. – 12. März gab es eine Abschlussdiskussion, in der Wissenschaftler, Politiker und Journalisten im Podium saßen. Sie sollten diskutieren, welche Schlussfolgerungen aus der Tagung resultieren. In der Tagung entstand der Eindruck, daß der Klimawandel in einigen Betrachtungsgrößen schneller abläuft, als in den IPCC-Berichten angenommen (z.B. Seeeis, Meeresspiegel) und die Emissionen der Treibhausgase den schlimmsten Erwartungen entsprechen (vor allem durch das unerwartet starke Wachstum uneffizienter Kohleverbrennung in China in den letzten 8 Jahren). Zudem hat sich in den letzten Jahren die Datenlage verändert für die möglichen Folgen eines bestimmten Grades der globalen Erwärmung. Das betrifft nicht nur, daß die Bedrohung des Lebensraums Meer kritischer gesehen wird, insbesondere durch die erhebliche Senkung des pH-Wertes, die durch den Anstieg des CO2-Mischungsverhältnisses erwartet wird. Manche Risiken wurden bei deutlich niedrigeren Erwärmungen gesehen. Schon bei 2 Grad globaler Erwärmung werden erhebliche Folgen für möglich gehalten, wie z.B. Instabilität des westantarktischen Eisschildes, Verlust der meisten Gletscher, extreme Wetterereignisse und Dürren und Verlust essentiellen Ackerbodens.
Nachdem all dies zusammengefasst wurde, fragte ein entnervter dänischer Ministerpräsident Rasmussen: „Ich brauche jetzt irgendeinen konkreten Rat. Stefan Rahmstorf sagte 2 Grad, das 2-Grad-Ziel, sei nicht sicher. Nun, ich muß jetzt von dem Beirat wissen, ob wir als Politiker uns auf die Empfehlungen des IPCC verlassen können oder nicht? Ich muß das wissen. Und ich werde ihnen sagen, warum. Ich habe, wir haben eine harte Auseinandersetzung in der Europäischen Union gehabt und uns schließlich für das 2-Grad-Ziel entschieden. Es war eine echte Herausforderung, diesen Punkt zu erreichen. Und nun sagen sie mir, “Es ist nicht genug.“ Jetzt muß ich wissen, und ich muß es heute wissen, ist es genug oder müssen wir dieses Ziel ändern, denn das ist grundlegend. Wir haben nun 9 Monate übrig vor einer sehr, sehr wichtigen Konferenz in diesem Saal. Es wird eine echte Herausforderung, und nun denke ich, daß die wissenschaftliche Welt eine Vereinbarung mit sich selbst abschließen muß, was ist die wahre Plattform für die Politiker?“
Das faßt das ganze Dilemma zusammen. Politiker müssen Entscheidungen treffen. Diese Entscheidungen erfordern Kompromisse, weil die Macht in Ländern und noch mehr in der Welt verteilt ist. Man muß viele Partner mit widerstrebenden Interessen einigen und braucht dafür eine entscheidungsfähige Vorlage. Die sollte definitiv sein. Die Wissenschaft hingegen versucht immer den aktuellen Stand der Daten und der Diskussion zu berücksichtigen. Alle ihre Feststellungen unterliegen der dauernden Bewertung, die bei Verbesserung der Erkenntnislage auch Revisionen erfordert.
Eigentlich brauchen die Politiker Dolmetscher, die sowohl die Wissenschaft verstehen, aber auch in der Lage sind, Politikern definitive Aussagen an die Hand zu geben. Das bedeutet, sie müssen den Mut haben, aus einem Ergebnis, daß mit 10%-Wahrscheinlichkeit nicht auszuschließen ist, daß eine Prognose falsch ist, die Aussage zu machen: die Prognose ist zutreffend.
Auch die Politiker müssen lernen. Sie müssen verstehen, daß es bei einem komplexen System wie der Atmosphäre keine starren und exakten Grenzen geben kann. Die Welt bei 1,9 Grad und 2,1 Grad Erwärmung mag verschieden sein, aber es ist ein Unterschied, der von Modellen (für Klimafolgen) nicht aufgelöst werden kann. Das gilt für jeden Punkt, und bei jeder einzelnen Klimafolge gibt es eine andere Skala, die noch wahrgenommen werden kann. Dazu kommt, daß natürliche Fluktuationen auf dem Erwärmungstrend aufliegen, die nicht vorhersagbar sind, etwa die Einstrahlung von der Sonne, Vulkanismus, Meereszirkulation.
Beruhigend ist immerhin, wie ernst das Thema der Klimaänderungen in der Politik mittlerweile genommen wird. Zumindest in der EU setzt man Ziele, die auf ein Klimaziel von 2 Grad Erwärmung hinführen wird. Da die USA nun mitmachen, läßt das für die politische Klimatagung in Kopenhagen hoffen, daß internationale Ziele für Emissionsminderungen gesetzt werden können.
Einen weiteren Kommentar zum Konferenzabschluß findet man hier (auf Englisch).
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