Dienstag, 6. Juli 2010

Bestätigung der Klimaforscher - warum es nie genug sein wird

Vor 12 Jahren (Mann, M.E., R.S. Bradley, and M.K. Hughes, Global-scale temperature patterns and climate forcing over the past six centuries, Nature, 392, 779-787, 1998.) publizierten Michael Mann und seine Kollegen eine Temperaturrekonstruktion für die Nordhemisphäre und den gesamten Globus, bei der im wesentlichen festgestellt wurde:
  • es gibt inzwischen eine Reihe geeigneter Temperaturproxizeitreihen, aus denen sich eine Temperaturrekonstruktion für die letzten bis zu 1000 Jahre zumindest für die Nordhemisphäre herstellen läßt,
  • die Warmperiode im Mittelalter, die für Europa eine durchaus spürbare Erwärmung darstellte, war global ein untergeordnetes Ereignis, denn die Warmzeiten in jenem Zeitraum traten je nach Region der Erde zu unterschiedlichen Zeiten auf,
  • In den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts lag die Temperatur signifikant über allen vergleichbaren Zeiträumen der Temperaturrekonstruktion - wahrscheinlich war es also derzeit wärmer als je zuvor in den letzten 1000 Jahren und global auch wärmer als in der Warmzeit des Mittelalters.
Aus dieser Arbeit konnte man daher folgern, daß die Menschheit mit einer weiteren Klimaänderung den Bereich verlassen würde, den wir aus historischer Zeit kennen. Zudem hat die aktuelle Geschwindigkeit der Klimaänderungen keinen Präzedenzfall aus historischer Zeit. Und schließlich macht es die Temperaturrekonstruktion auch wahrscheinlich, daß die Klimasensitivität nicht all zu hoch ist, und der Bereich von ca. 2 bis 4,5 Grad je Verdopplung des CO2-Äquivalents ganz vernünftig ist.

Die Temperaturrekonstruktion war so anschaulich, daß die Leugner des menschengemachten Klimawandels in Michael Mann ein besonderes Feindbild entwickelten. Seine Arbeit gehört mittlerweile zu den besonders gut reproduzierten und bestätigten Feststellungen der Wissenschaft, denn seit 12 Jahren wird die Arbeit immer wieder angegriffen und seit eben dieser Zeit bekommen alle Gruppen, die Temperaturrekonstruktionen für die letzten 1000 Jahre erstellen, die drei oben genannten Ergebnisse, wenn auch mit aufgrund der Datenquellen und Methodik im Rahmen des Fehlers abweichenden Kurven. Wenn also an Michael Mann der Vorwurf gerichtet wird, er habe sich wissenschaftlich nicht korrekt verhalten, gravierende Fehler gemacht oder nicht nach dem Standard der Forschung seiner Zeit gearbeitet, dann kann man von Untersuchungen durch unabhängige Kommissionen zu solchen Vorwürfen von vornherein nicht erwarten, daß am Ende solche Vorwürfe bestätigt werden. Die Basis all dieser Vorwürfe war immer nur, daß den Gegnern von Professor Mann die Ergebnisse der Paläoklimatologie nicht gefielen. Irgendeinen konkreten Verdachtsmoment konnten die Gegner aber nie beibringen. Auch aus den gestohlenen Emails der Climate Research Unit an der East Anglia University nicht. Drei Untersuchungen im Nachgang dazu kamen zum Ergebnis, daß Prof. Phil Jones kein wissenschaftliches Fehlverhalten nachzuweisen ist und allenfalls der Umgang mit Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz durch die Universität zu beanstanden sei.

Nachdem schon früher eine Untersuchung von Michael Manns Verhalten an der Pennsylvania State University kein Fehlverhalten bei ihm feststellen konnte, sollte eine Folgeuntersuchung nun darüber befinden, ob Michael Mann nach den Grundsätzen und Regeln der Forschung Forschungsanträge gestellt, wissenschaftlich gearbeitet und publiziert hatte. (Kurzkommentar dazu bei Dr. Jörg Rings.) Professor Janet Stemwedel (Philosophie, zuvor Studium der Physikalischen Chemie) hat die Ergebnisse dieser Untersuchung sehr ausführlich in drei Beiträgen analysiert, und auf die Teile eins, zwei und drei verlinke ich hier deshalb, weil sie als persönlich nicht Betroffene sich den wissenschaftsethischen Teil anschaut. Dabei hebt sie eine Problematik hervor, die zwar an sich zutrifft, die man aber aus der Praxis heraus doch anders interpretieren sollte, als sie es tut. Ganz kurz zusammengefaßt akzeptiert sie zwar das Ergebnis der Untersuchung, daß Michael Mann kein Fehlverhalten nachgewiesen wurde, hält es aber nicht für vertretbar, daß die Kommission noch weiter ging und daraus schloß, daß Michael Mann auch tatsächlich wissenschaftlich korrekt und nach aktuellem Standard gearbeitet habe.

Die Kommission hatte festgestellt, daß Mann seine Forschungsanträge immer wieder mit Erfolg bei der National Science Foundation (NSF) und der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) gestellt hatte, die eine strenge Begutachtung der Anträge durchführen und nur etwa ein Viertel der gestellten Anträge positiv beschieden. Die Kommission stellt daher fest, daß Professor Mann Anträge entsprechend dem Standard der Wissenschaft stellt, sonst wäre er nicht so erfolgreich. Prof. Stemwedel hält diese Schlußfolgerung für zu weit gehend, weil man auch bei erfolgreichen Anträgen nicht davon ausgehen könne, daß damit ausgeschlossen sei, daß Daten gefälscht wurden. Das Problem ist offensichtlich: nach Stemwedel ist ein positiver Nachweis, daß ein Wissenschaftler korrekt und nach akzeptierten Standards gearbeitet hat, gar nicht erbringbar. Es ginge ja nur dadurch, daß man neben jeden Wissenschaftler einen Kontrolleur stellt, der sich fortlaufend davon überzeugt, daß der Wissenschaftler tatsächlich alles genau so gemacht hat, wie er es hinterher auch angibt, und alle durchgeführten Arbeitsschritte tatsächlich reproduzierbar und korrekt sind. Das ist eine absurde Vorstellung. Dieses Schema wiederholt sich beim erfolgreichen Publizieren von Fachbeiträgen und letztlich auch beim guten Ansehen, das Profesor Mann aufgrund vieler Zitate seiner Arbeiten, zahlreicher Auszeichnungen und weltweiter Beachtung seiner Forschungsergebnisse nach Feststellung der Kommission besitzt - in all diesen Fällen weist Stemwedel immer wieder darauf hin, daß dies kein positiver Beweis dafür sein könne, daß Mann nicht eventuell seine Kollegen geschickt getäuscht haben könnte.

Diese Vorstellung macht klar, woran überhaupt alle diese Untersuchungen kranken - jede dieser Untersuchungen unterstellt, daß es konkrete Anhaltspunkte für ein wissenschaftliches Fehlverhalten von Professor Mann gibt, die man ausräumen müßte. Diese Anhaltspunkte gibt es aber gar nicht. Was es nur gibt, ist die Feststellung, daß seine Arbeiten durch Kollegen reproduzierbar sind. Was es weiterhin gibt, ist die Feststellung, daß weder Professor Mann noch seine Kollegen je in nunmehr 12 Jahren Anlaß dazu gegeben haben, anzunehmen, Professor Mann sei ein Fehlverhalten vorzuwerfen. Was es allenfalls gibt, ist das, was Mann einräumt: bei einigen Dateien, die für die Arbeit vor 12 Jahren verwendet wurden, gab es vertauschte Bezeichnungen und ähnliche unbedeutende Korrekturen. Diese geringfügigen Fehler, die das Arbeitsergebnis nicht berühren, waren die einzige Basis für McIntyre und McKitrick, Prof. Mann Fehler vorzuwerfen. Diese geforderten Korrekturen haben Mann und Kollegen in einem Corrigendum publiziert. Kein anderer Vorwurf seitdem hielt einer Nachprüfung stand. Prof. Mann ist also insofern aufgefordert, die Korrektheit seiner Arbeit nachzuweisen, wie es jeder beliebige Kollege tun muß. Also durch erfolgreiche Förderanträge, akzeptierte Publikationen und Ergebnisse, die von Kollegen zitiert und reproduziert werden. Und genau das kann Professor Mann vorzeigen. Das macht letztlich sämtliche Untersuchungen, ob bei ihm oder bei anderen von der Leugnerszene angegriffenen Kollegen, so sinnlos.

Wenn die Tatsache, daß Mann ein erfolgreich publizierender Wissenschaftler ist, dessen meist kritisierte Arbeit seit nunmehr 12 Jahren jeder Untersuchung im Grundsatz standgehalten hat, seine Kritiker nicht überzeugt, dann wird sie keine beliebige andere Untersuchung überzeugen, außer der oben erwähnte Ansatz, von der Schuldvermutung ausgehend einen Kontrolleur mit einer Zeitmaschine nach 1997 zurückzuschicken, der Mann und seine Kollegen bei allen Arbeiten begleitet.

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