Dienstag, 1. Februar 2011

Leugner versöhnen sich mit sich selbst

Ich hätte es fast nicht mitbekommen, wenn nicht Pippi Langstrumpf ("Ich mal mir die Welt wie sie mir gefällt") Gerald Traufetter, "Wissenschafts"redakteur vom Spiegel, darüber einen Artikel abgeliefert hätte. Er war nämlich bei einem Leugnertreffen in Lissabon unter dem Titel "Reconciliation in the Climate Change Debate - Versöhnung in der Klimawandeldebatte", vom 26. - 28.1.2011. Agenda des Treffens von 28 Personen aus Soziologie, Ökonomie, Journalistik, Querulantistik und Quacksalberei, aufgelockert mit ein paar Wissenschaftlern vom Fach war, daß man Leugner und seriöse Wissenschaftler, hier als Skeptiker und Alarmisten bezeichnet, an einen Tisch bekommen wollte, um ihre angebliche Sprachlosigkeit zu überwinden und ein wenig über postnormale Wissenschaft und Stammesdenken unter Klimaforschern zu schwafeln diskutieren.



Der Grund dafür, daß ich nichts von dem Treffen mitbekommen hatte war, daß es wissenschaftlich gesehen ein Nicht-Ereignis war. Das IPCC war nicht dabei, keine einschlägige Wissenschaftsorganisation war dabei, weder eine Akademie der Wissenschaften, noch die American Geophysical Union, die European Geophysical Society, die American Meteorological Society usw. noch Vertreter irgendeiner renommierten Forschergruppe oder einfach betroffene herausragende Wissenschaftler. Die Leugner versöhnten sich mit sich selbst oder, wie es jemand in einem Diskussionsbeitrag in Judith Currys Blog formulierte: Israel und Palästina versöhnen sich auf einer Konferenz, bei der aber kein Vertreter Israels auftaucht. Nun, das ist vielleicht übertrieben. Es waren auch Leute wie James Risbey vom CSIRO in Australien dabei, die durchaus einen Gegenpart bilden konnten, aber es war von der Seite her ein Drittligatreffen, und die Fraktion der Leugner und der Menschen ohne einen Hintergrund in der Klimaforschung dominierte bei weitem. Will man also etwas über dieses Nicht-Ereignis erfahren, hat man die Wahl zwischen einem Konzeptpapier, das über Wattsup... erreichbar ist, den langatmigen Ergüssen von Judith Curry in ihrem Blog, den sicher nicht neutralen Beiträgen im Blog Klimazwiebel oder halt Traufetters Desinformationsbeitrag - letzterer gehörte schon zu den drei Schreiberlingen, die ein Lügengebäude unter dem Titel "Die Wolkenschieber" verbrochen hatten. Eine ordentliche Konferenzankündigung mit Tagungsprogramm, Rednerliste, Vorträgen oder ihren Zusammenfassungen habe ich jedenfalls nicht finden können, abgesehen von der Einladung zum öffentlichen Teil.

Daß Judith Curry für dieses Treffen geworben hatte, kann nicht verwundern. Sie ist aktiv dabei, die Frontstellung von seriöser Wissenschaft gegen Leugner, Lügner und Verschwörungstheoretikern zu verschwurbeln. Es ist die neue Taktik der Gegner von Maßnahmen zum Klimaschutz: so zu tun, als würde man seriöse Wissenschaft unterstützen, aber Unsicherheiten und Dissenz so betonen, daß der Eindruck entsteht, alles sei noch zu unsicher, um schon zu Entscheidungen zu kommen. Wie etwa Currys Ansatz mit der italienischen Flagge. Oder der in dem Treffen in Lissabon immer wieder mißbrauchte Verweis auf "postnormale Wissenschaft", um die es sich bei der Erforschung des Klimawandels angeblich handelt. Wobei "postnormale Wissenschaft" in Wahrheit auch nur ein trojanisches Pferd ist, um die Botschaft zu sähen, die Klimaforschung wäre politisch gekapert und würde nicht auf Fakten basieren. Jedes Baustein im Gebäude, vom Treibhauseffekt, über den CO2-Anstieg, über den Temperaturanstieg, über die abgeleitete Klimasensitivität hin zu dem erwarteten Temperaturanstieg und erwarteten Klimafolgen ist klassische Wissenschaft, basierend auf zahlreichen fachbegutachteten Arbeiten, gedeckt durch Theorien, Rechnungen und Messungen.

So weit, so langweilig, so folgenlos. Nun mußte Traufetter dafür sorgen, daß die "richtige" Botschaft an den deutschen Leser gebracht wird, denn Leugnerfreundschaft verpflichtet anscheinend. Eigentlich sorgt er selbst dafür, klarzumachen, wo er steht, denn wer ernsthaft die Ausdrücke Warmisten oder Alarmisten für seriöse Wissenschaftler benutzt, beweist ohne Zweifel, daß er Partei gegen die seriöse Forschung ist. In seinem Artikel behauptet er, es handelte sich dabei um eine Versöhnungstagung der seriösen Wissenschaftler mit den Leugnern. Daß von den seriösen Forschern in Wahrheit kaum jemand kam und die wenigen Teilnehmer auch nicht aus der ersten Reihe stammen, erfährt man bei Traufetter natürlich nicht. Dafür versucht er, dem ganzen einen seriösen Anstrich zu geben. Von der Gemeinsamen Forschungsstätte der Europäischen Union (Joint Research Centre JRC) sei das Treffen organisiert. Dort wird das "Ereignis" allerdings gar nicht unter den Tagungen aufgeführt. Was allerdings nicht dagegen spricht, daß bei der privaten Calouste Gulbenkian Stiftung, die den Konferenzort lieferte, eine Arbeitsgruppe am JRC Ispra die Tagungsorganisation übernahm. Daraus läßt sich aber kein Placet der EU ableiten. Warum Spitzenforscher wie etwa Gavin Schmidt fehlten, erklärt Traufetter dann in eigenwilliger Weise. Weil der nämlich nicht kommen wollte, wenn Steve McIntyre dort aufkreuzt. Und schon kann Traufetter wieder erläutern, wie sehr McIntyre von Klimaforschern angegriffen würde, ohne dabei je zu erwähnen, daß McIntyre eine politische Agenda hat und daß er keinen beachtenswerten Beitrag zur Klimaforschung geleistet hat. Laut  Traufetter hat McIntyre methodische Ungereimtheiten in Michael Manns "Hockeyschlägerkurve" gefunden. Daß aber die Ergebnisse jener Arbeit von Michael Mann und seinen Mitarbeitern seitdem immer wieder bestätigt wurden und sich die publizierte Kritik von McIntyre und McKitrick selbst als fehlerhaft herausstellte, erzählt Traufetter nicht. Auf den angeblich beschimpften McIntyre, der als idealistischer Kritiker präsentiert wird, folgt als Stichwort "Climategate", wo Traufetter ausführlich verschweigt, daß sich alle Vorwürfe daraus als haltlos erwiesen, 4 Untersuchungskommissionen die beschuldigten Wissenschaftler entlasteten und ein Jahr nach Climategate nur feststeht, daß die Leugnertruppe von Koch Industries hier einen Propagandasieg gelandet hatte, an den wissenschaftlichen Aussagen aber nichts zu ändern war. Als angebliche Mittlerin zwischen Klimaforschern und Leugnern wird Judith Curry herausgestellt, ohne dabei zu erwähnen, daß die Frau gar nicht neutral ist. Wegen ihrer Mittlerrolle wäre sie angeblich zum Paria geworden. Traufetter verschweigt, daß es in Wahrheit handfeste Diffamierungen und Unterstellungen von Curry gegen ihre Kollegen sind, sowie wissenschaftlich fragwürdige und plagiatverdächtige Beiträge, mit denen sie sich selbst ins Aus manövriert hat. Man könnte Traufetter auch fragen, warum er ausschließlich Leugner zitiert, und dabei auch noch verschweigt, wie eigentlich der Hintergrund der Leute aussieht, die sich da äußern dürfen. Neben Curry sind das der Initiator des Treffens Jerome Ravetz (einer der Propagandisten der "postnormalen Wissenschaft"), Hans von Storch und Steven Moshner.  Von Storch ist sicher kein ehrlicher Makler. Und Steven Mosher ist ein regelmäßiger Autor bei Wattsup..., der ein Buch veröffentlicht hat, in dem politisches Kapital aus dem Raub der Emails bei der Climate Research Unit geschlagen wurde und der ständig nach Argumenten sucht, warum die Temperaturmessungen in den globalen Datensätzen falsch sein müssen. Laut ihm sollten die Wissenschaftler Interessenkonflikte angeben, alle verwendeten Daten öffentlich machen und zudem auch Skeptikern erlauben, in Fachzeitschriften zu publizieren. Ehrlicherweise hätte man angeben können, daß Leugner wie McIntyre im Dunkeln lassen, für wen sie arbeiten, daß man Scafetta&West, laut denen die Sonne an der globalen Erwärmung schuld wäre, vergeblich nach ihrem Code fragt und es "Skeptikern" keinesfalls erschwert wird, zu publizieren, sie müssen nur auch etwas einigermaßen publizierbares einreichen. Moshers Klagen klingen wie die des Mannes, der Gott anfleht, ihn doch endlich im Lotto gewinnen zu lassen, bis dieser entnervt vom Himmel donnert "Gib mir doch mal eine Chance. Reich mal endlich einen Lottoschein ein!"

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