Donnerstag, 22. Januar 2009

Temperaturtrends am Südpol – eine Frage des Zeitrahmens

In der Antarktis laufen bezüglich der globalen Erwärmung die Uhren etwas anders. Der Kontinent ist durch polarumlaufende Winde vom Wettergeschehen der übrigen südlichen Breiten separiert. Das Ozonloch, das sich seit ca. 1980 im Südfrühling entwickelte, sorgte zudem für eine Abkühlung. Fehlt Ozon in der Stratosphäre, wird dort weniger UV-Licht absorbiert und diese Luftschicht weniger stark aufgewärmt. Diese Abkühlung führt indirekt zu einer Abkühlung auch in Bodennähe. Dieses Geschehen wird von Klimamodellen nachvollzogen. Daher ging man allgemein davon aus, daß sich die zentrale und östliche Antarktis zunächst nicht erwärmt oder sogar etwas abkühlt, und erst mit Verspätung an der globalen Erwärmung teilnimmt. Nur die vorgelagerte Westantarktis und speziell die westantarktische Halbinsel sollten an Windsysteme außerhalb der Antarktis angeschlossen sein und daher an der laufenden Erwärmung bereits in den vergangenen Jahrzehnten teilnehmen.

An diesem Kenntnisstand hat sich nichts geändert, aber wer in die Medien schaut, kann vielleicht anderes vermuten. Steig und seine Kollegen (Eric J. Steig, David P. Schneider, Scott D. Rutherford, Michael E. Mann, Josefino C. Comiso & Drew T. Shindell, Warming of the Antarctic ice-sheet surface since the 1957 International Geophysical Year, Nature 457, 459-462 (2009)) haben kürzlich in Nature einen Beitrag veröffentlicht, in dem Temperaturmessungen in der Antarktis seit 1957 neu ausgewertet wurden. Dabei wurden Satellitendaten verwendet, um diese Daten zu ergänzen und auf den gesamten Kontinent zu interpolieren. Dies ist nicht das erste Mal, daß so etwas getan wird, aber die Methodik wurde nun deutlich verbessert.

Dabei wurden die oben gemachten qualitativen Überlegungen bestätigt, aber noch einiges darüber hinaus herausgefunden. Die Erwärmung der Westantarktis läßt sich über ein größeres Gebiet nachweisen als zuvor geglaubt, sie entspricht der der restlichen Südhemisphäre und ist klar statistisch signifikant. Die Ostantarktis hat sich über 50 Jahre ebenfalls erwärmt, wenn auch schwächer und nur knapp über der Signifikanzschwelle. In den letzten 20 Jahren jedoch hat sich die Ostantarktis abgekühlt. Das ganze Muster der Temperaturänderungen entspricht damit den Erwartungen und deutet somit auch darauf hin, daß die globale Erwärmung durch Treibhausgase zur Erklärung nötig ist. Wenn in den Medien getönt wird, die Antarktis erwärme sich nun, nachdem man zuvor geglaubt hatte, sie kühle ab, dann haben die Journalisten nicht in den Originalartikel geschaut, sondern irgendwo schlecht abgeschrieben.

Wichtig für die Forscher ist, daß die Modelle die Erwärmungsmuster über der Antarktis nur dann erklären können, wenn die Seeeisbedeckung richtig dargestellt wird, denn die Erwärmung über der Ostantarktis hängt stark von der Entwicklung der Windsysteme über der Antarktis ab und wie viel Wärme hier transportiert wird. Zu wenig Seeeis kann die Antarktis in den Modellen deutlich zu warm machen. Gekoppelte Modelle, die die Seeeisentwicklung intern modellieren und nicht aufgeprägt bekommen, neigen aber dazu, hier große Fehler zu machen, was zu deutlich unterschiedlichen Ergebnissen verschiedener Modelle für die Temperaturentwicklung in der Antarktis führt. Die Arbeit von Steig et al 2008 deutet darauf hin, daß man hier vordringlich nach Verbesserungen suchen muß.

Bei RealClimate findet man eine ausführliche Diskussion der Arbeit.

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