Sonntag, 7. März 2010

Wie man einen Wissenschaftler vorführt

In einem Interview, das am 13.2.2010 von der BBC online gestellt wurde, hatte Phil Jones die Frage, ob es seit 1995 wärmer geworden sei, korrekt damit beantwortet, daß die globale Erwärmung seitdem gerade noch nicht statistisch signifikant sei. Schon da war bekannt, daß einige Fragen des Journalisten von Leugnern des wissenschaftlichen Sachstandes übernommen worden waren. Trotzdem könnte man fragen, wie der Journalist darauf kam, ausgerechnet 1995 als Startjahr für einen Trend zu nehmen. 1995 ist nichts besonderes vorgefallen, auch statistisch hat 1995 oder ein 15-Jahreszeitraum keine auffälligen Merkmale, daß man gerade diesen Zeitraum herausgreifen müßte und die Gefahren des Rosinenpickens sind bekannt.

Diese Frage wird bei DeepClimate beantwortet. Es war Richard Lindzen, der Wissenschaftler, der als Feigenblatt der Leugnerbewegung dafür zuständig ist, den Eindruck zu erzeugen, seriöse Wissenschaftler hätten Zweifel daran, daß die Menschheit mit Treibhausgasemissionen eine globale Erwärmung erzeugen kann. Lindzen verbreitet die Theorie, daß die Klimasensitivität sehr klein sei, zu klein, als daß die globale Temperatur um mehr als 0,5 Grad steigen könnte, zu klein aber auch, damit es die letzten Eiszeiten auf der Erde gegeben haben könnte. Schon längst ist die globale Temperatur höher gestiegen, als Lindzen es Ende der achtziger Jahre für möglich gehalten hatte. Doch dies stört ihn nicht, stattdessen verbreitet er Verschwörungstheorien darüber, daß skeptische Wissenschaftler aus dem Wissenschaftsbetrieb gedrängt würden. Das ist eine freie Erfindung, für die Lindzen erwartungsgemäß nie nachprüfbare Belege liefert.

Lindzen, der genauso, wie andere Leugner, Kontakte zu Lobbyorganisationen und Thinktanks pflegt, die Leugner unterstützen und benutzen, hatte laut DeepClimate, die Parole erstmalig ausgegeben, daß die globale Erwärmung seit 1995 nicht statistisch signifikant sei. Seitdem wird dieses Jahr über den Leugnerblog Wattsupwiththat weiterverkauft, unterstützt vom Blogbetreiber Lubos Motl, dessen oft inkohärenten Auslassungen zwischen fanatisch und paranoid anmutend schwanken. Immerhin verbreitet er die Theorie, daß Sozialisten die Weltherrschaft über eine Umweltgesetzgebung anstrebten. Er ist hier nur aufgrund seiner Präsenz in der Leugnerblogosphäre erwähnenswert, denn entweder Lindzen oder Watts oder Motl gaben Anlaß für die BBC-Frage, die nur eine Antwort erlaubte. Und genau diese Antwort wurde benutzt, damit britischer Lügenjournalismus behaupten konnte, Jones sähe keine globale Erwärmung mehr. Eine Unterstellung, die inzwischen millionenfach in Blogs wiederholt wurde, im Grunde aber zuerst fabriziert vom Zirkel um Lindzen-Watts-Motl und dann publizistisch erneut vermarktet von dem gleichen Netzwerk. Man brauchte nur zu warten, bis irgendein Wissenschaftler das offensichtliche statistische Ergebnis auszusprechen, um ihm das im Munde umzudrehen.

Hier wurde ein Wissenschaftler vorgeführt und eine weitere Leugnergeschichte fabriziert.

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