In den meisten englischsprachigen Blogs, in denen oben mit unten und links mit rechts vertauscht wird und die globale Erwärmung nur eine Erfindung einer grün-kommunistisch-faschistischen Verschwörung der IPCC-Weltregierung ist, deren Steuern auf Energie uns alle ruinieren kann, wie man am Beispiel des völlig verarmten Deutschlands sehen kann, wo ein dreimal so hoher Preis von Energie im Vergleich zu den USA dazu führte, daß kein Mensch mehr deutsche Waren kaufen will und die USA uns beim Export um Längen geschlagen haben...Verzeihung, ich bin auf meiner Ironiespur ausgerutscht und habe einen Bandwurmsatz erzeugt. Wo war ich? Ach ja, es gibt Leute, für die ist der Konsens der Wissenschaft zur globalen Erwärmung ein Schwindel und Wissenschaftler wie Lindzen, Spencer, Christy, Michaels, McKitrick, Pielke sr. oder Singer oder eingebildete Wissenschaftler wie Monckton, Watts, d'Aleo oder McIntyre mit ihrer alternativen Realität definieren den akzeptierten Wissensstand. Und wann immer aus diesem erlauchten Kreis ein neuer Beitrag kommt, wird er als ultimativer Beweis gefeiert, daß die normalen Wissenschaftler sich geirrt hätten - der finale Nagel im Sarg der menschengemachten globalen Erwärmung. Nun hat die Standardtheorie die für Leugner unangenehme Eigenschaft, mit dem Gang der realen Welt übereinzustimmen - deshalb ja nenne ich diese Leute Leugner. Aber wie gut haben denn die Wissenschaftler abgeschnitten, die da dauernd diesen Sarg nageln, der dann, verflucht nochmal, einen Nagel nach dem anderen einfach so weggesteckt hat? Eine historische Nachlese:
Wir erinnern uns: 1975 sagte Wally Broecker voraus (in Science 189, 460-463, 1975: Climatic Change: are we on the brink of pronounced global warming?), als die Welt gerade 30 Jahre einer, wenn auch geringfügigen, Abkühlung hinter sich hatte, daß ansteigende CO2-Konzentrationen zu einer globalen Erwärmung führen würden, die um 2000 bei ca. 0,8 Grad Celsius liegen würde. Das ist fast auf den Punkt bei dann tatsächlich 0,7 Grad Erwärmung im 20. Jahrhundert. 1979 kam der Charney-Report heraus, der ähnliche Resultate hatte. Die Klimasensitivität gerechnet in W/m²/K wurde mit 1,7 bestimmt bzw. ca. 3 Grad Celsius je Verdopplung des CO2-Äquivalents (Fehler plus/minus 1,5 Grad). 1983 folgte der Nierenberg-Report, der etwa zu gleichen Ergebnissen kam. 1988 stellte Hansen mit Kollegen fest, daß er nicht nur in Modellrechnungen diesen Wert bestätigen konnte, sondern daß auch globale Messungen der Temperatur eine Erwärmung anzeigten. Seit 1991 bis 2007 haben 4 Berichte des IPCC diese Feststellungen bestätigt und präzisiert.
Von Anfang an widersprachen einige Wissenschaftler, aus denen sich zunehmend ein harter Kern einsamer, aber über konservative Think Tanks gut vernetzter Leugner entwickelte.
An vorderster Front der Leugner ist das George C. Marshall-Institute, das von Jastrow, Nierenberg und Seitz gegründet wurde, und die Aufgabe hat, marktradikale, konservative und den Interessen bestimmter Industrieunternehmen dienender Verdrehungen der Wissenschaft zu streuen, wie etwa die Behauptung, die Wissenschaft um die globale Erwärmung wäre noch unsicher, im Disput und in den Auswirkungen vielleicht noch nicht mal schädlich. Leugnen auf zivilisiertem Niveau. In Energy publizierten die drei Wissenschaftler 1991 unter dem leider nicht ironisch gemeinten "Titel: Global Warming: What does the Science tell us?" die Behauptung, daß globale Modelle voraussagen, daß eine globale Erwärmung in den Messungen bereits sichtbar sein müsse. Jedoch wären alle Modellvorhersagen widerlegt: die Temperatur der Nordhemisphäre würde nicht stärker steigen als die der Südhemisphäre, die hohen Breiten würden nicht mehr erwärmen als die niederen Breiten und die globale Temperatur würde laut Satellitenmessungen global nicht steigen. Jede dieser Ausagen ist nach kurzem Blick auf die Daten falsch, und William Connolley demonstriert auf seinem Blog zudem, wie das Trio die Ergebnisse einer Publikation von Hansen und Kollegen fälscht, die zeigen, daß der gemessene globale Temperaturanstieg sich gut durch Modellrechnungen reproduzieren ließ.
Besonders aktiv ist nach wie vor Fred Singer, der ein Ein-Mann-Institut für Wissenschaftsleugnung betreibt (Science and Environmental Policy Project) mit einem Wissenschaftlerbeirat, dessen meisten Mitglieder schon länger verstorben sind, was vermutlich Probleme reduziert. 1991 publizierte er mit Kollegen in COSMOS, daß die meiste Erwärmung des 20. Jahrhunderts vor dem Einsetzen des größeren Teils des zusätzlichen Treibhauseffektes erfolgt sei, es in den letzten Jahrzehnten eher kühler geworden sei und die Klimamodelle unzuverlässig und getunt seien, daher könne man derzeit nicht sagen, ob etwas an der Theorie einer menschengemachten globalen Erwärmung dran sei. Nachdem es in den letzten 20 Jahren ca. 0,4 Grad wärmer geworden ist, wirkt der Beitrag reichlich neben der Spur, zeigt aber exemplarisch, was für eine nBart die Leugner-Märchen haben.
Zu Richard Lindzen hatte ich schon mal etwas beigesteuert, sein Wert für die Klimasensitivität liegt bei 0,3 Grad je Verdopplung des CO2-Äquivalents, und der von ihm in dem Beispiel von 1995 maximal für möglich gehaltene Temperaturanstieg ist bereits deutlich überschritten.
Zu den Leugnern gehörte Sherwood Idso, der wiederholt Artikel publizierte, wonach die Klimasensitivität nur bei maximal 0,4 Grad je Verdopplung des CO2-Äquivalents liege. 1998 publizierte er in Climate Research den Artikel "CO2-induced global warming: a skeptic’s view of potential climate change", in dem er seine Behauptungen seit 1980 zusammenfaßte. Demnach basierte seine Behauptung einer niedrigen Klimasensitivität auf Beobachtungen aus dem jahreszeitlichen Zyklus von Strahlung und Temperatur von Punkten in den USA (völlig unrepräsentativ für die Erde und die interessierende Zeitskale) oder aus der Division des gesamten Treibhauseffektes (über 33 Grad Celsius) durch die solare Einstrahlung (statt des gesamten Strahlungsantriebs aller Treibhausgase). Als er den Artikel Ende 1997 erstellte, war die globale Erwärmung des 20. Jahrhunderts bei etwa 0,5 bis 0,6 Grad angelangt (1996), wovon ein Teil als Ergebnis eines solaren Einflusses vorgestellt werden konnte. In den letzten 10 Jahren lag die globale Temperatur im Mittel knapp 0,3 Grad höher. Berücksichtigt man die Abschwächung der solaren Aktivität in den letzten 30 Jahren, müßte nach Sherwood Idso die globale Temperatur des letzten Jahrzehnts mehr als 0,5 Grad niedriger liegen als sie derzeit ist. Allein Idso hat über ein Dutzend "letzter Nägel im Sarg der globalen Erwärmung" beigetragen. 1984 ging es sogar noch radikaler. Im Artikel "What if increases in atmospheric CO2 have an inverse greenhouse effect? I. Energy balance considerations related to surface albedo" im International Journal of Climatology, 4, 399-409 (1984) spekuliert er sogar darüber, daß mehr CO2 die Erde kühlen könnte, weil nach seiner Meinung nach einem Anstieg des globalen CO2 Mischungsverhältnisses Temperaturen auf der Erde insgesamt eher gesunken seien. Bei der Gelegenheit wies er gleich noch darauf hin, daß mehr CO2 sogar nützlich sei, weil dadurch die Produktivität der Pflanzen steigen würde, auch dies ein gern benutztes Leugnermotiv, das realen Daten widerspricht.
Es ist deprimierend, daß diese Aufzählung nur ein winziger Ausschnitt aus eine Serie von Leugnerbeiträgen seit den 80er Jahren ist, die sich permanent wiederholen, ohne zur Kenntnis zu nehmen, daß seit 30 Jahren die Realität sich immer weiter von diesen Märchen entfernt. Und nein, in den 70er Jahren gab es keinen Konsens der Wissenschaft, daß eine neue Eiszeit bevorstünde.
Sonntag, 29. August 2010
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3 Kommentare:
Macht der Mainstream es den Klimaleugnern nicht auch zu leicht durch Verweis auf sehr wenig nachvollziehbare Erkenntnisse? Der Mainstream der "Wirtschaftswissenschaft" beweist, daß man korrelative Größen als Wirtschaftsgesetze verkaufen kann ("Okunsches Gesetz", "Phillipskurve", "Sayesches Gesetz", "Arbeitslosigkeit ist nicht vermeidbar", "die Renten werden wegen Demographie unbezahlbar" usw.) Und dann erwartet man, die eine Wissenschaft ist glaubwürdig, die andere unglaubwürdig.
Es müssen auch schon gut nachvollziehbare Erklärungen kommen.
Zur Bestimmung der Größe des Treibhauseffekts gehört nicht nur die Strahlungsphysik (CO2-Wirkung usw.), sondern auch die Konvektion. In der Troposphäre ist die ausschlaggebend mit einem durchschnittlich annähernd konstanten Temperaturgradienten: In mittleren Breiten ist die durchschnittliche Temperaturdifferenz über der Troposphäre bei ca. 70K und die Strahlungswirkung ist daran nur mit weit unter 2K beteiligt - und das ändert sich auch nicht, ob mehr oder weniger CO2.
Die Strahlungswirkung ist erst in der Stratosphäre ausschlaggebend und da spielt das CO2 die größte Rolle (und dort ist kaum noch Wasserdampf vorhanden). In der Stratosphäre steigen durch die Strahlungswirkung Temperatur und Temperaturgradient nach unten hin an, wenn der Temperaturgradient den kritischen Grenzwert der stabilen Luftschichtung überschreiten will, setzt Konvektion ein und die Troposphäre beginnt. Dieser Einsatzpunkt ist fast nur abhängig von der Gesamtmenge der Treibhausgase oberhalb - und fast unabhängig von ihrer Verdünnung.
Diese Gesamtmenge der Treibhausgase bis zum Beginn der Troposphäre ist fast gleich - ob das Venus, Erde oder Mars ist. Wenn die Konzentration zunimmt (bei Venus und Mars fast nicht möglich) nimmt die Menge der Stratosphäre ab und die Troposphäre wird dicker (was auch gemessen wird), d.h. statt 70K über der Troposphäre sind es z.B. 74K. Dabei verteilen sich wegen des bleibenden Strahlungsgleichgewichts insgesamt, die zusätzlichen 4K auf einen Anstieg der Oberflächentemperatur um 1K und eine Abnahme der Stratosphärentemperatur von 3K.
Mit diesem Ansatz folgt aus den satellitengestützten Spektralmessungen eine Klimasensitivität von über 4K bei Verdopplung der CO2-Konzentration. Trennt man die CO2-Änderung und die nachfolgende (zeitlich verzögerte Reaktion) des Klimasystems, so wird diese Empfindlichkeit aus gemessen. Die erhöhte Temperatur führt zu erhöhter Luftfeuchtigkeit und veränderter Wolkenbildung - diese Reaktion wirkt vermindernd auf den Treibhauseffekt.
Dagegen ist die Rechnung mit dem radiative Forcing ein Witz. Bei unveränderter Troposphäre wird eine verstärkte Strahlung aus der Stratosphäre berechnet (radiatives Forcing). Tatsächlich nimmt aber die Strahlung aus der Stratosphäre ab, weil die Temperatur absinkt und die Treibhausgasmenge etwa konstant bleibt. Die "Wasserdampfverstärkung" ist nur ein wunderliches Hilfskonstrukt um die stärkere Strahlung auf die Erdoberfläche zu erklären. Sie ist nur eine Wirkung der Konvektion. Ohne Wasserdampf hätte die Troposphäre einen größeren Temperaturgradienten und die vergrößerte Strahlung käme allein vom CO2 und die Oberflächentemperatur wäre höher.
MfG
"Macht der Mainstream es den Klimaleugnern nicht auch zu leicht durch Verweis auf sehr wenig nachvollziehbare Erkenntnisse?"
Ich finde nicht. Anstieg der globalen Temperatur an Landmeßstationen, Anstieg der Meeresoberflächentemperatur, Anstieg des Meeresspiegels, Abschmelzen der Gletscher, Rückgang des arktischen Meereises, sind alle für den Laien nachvollziehbare Parameter, und sie alle bewegen sich ungefähr so, wie es konsistent seit nun gut 35 Jahren vorhergesagt wird. Und man kann klar erkennen, daß die Personen, die den menschlichen Einfluß auf das Klima abstreiten oder kleinreden, die Entwicklung der letzten Jahrzehnte falsch vorhergesagt haben. Und nur das war der Punkt des Beitrags.
Man kann ableiten, daß nicht nur die Troposphärentemperatur durch den Treibhaus ansteigt, sondern auch die Stratosphärentemperatur fällt und die gesamte Atmosphäre schrumpft. Das ist gut zu verstehen, wenn man die Physik dahinter kennt. Aber ob das dem Laien einfacher zu vermitteln ist, weiß ich nicht.
Mit der Strahlungsantrieb zu argumentieren würde ich nicht gering schätzen. Mit dem Konzept kann man gut quantitative Zuschreibungen an einzelne Treibhausgase und Aerosol vornehmen. Jedes Konzept hat eigene Vor- und Nachteile.
Solange die Physik hinter dem Klimawandel mit wenig brauchbaren Methoden erklärt wird (z.B. Sättigung der Absorption) bleiben die richtigen Voraussagen nur zufällig richtig in den Augen von Klimaleugnern.
Die Absorption und Emission von Treibhausgasen ist eigentlich für die Mehrheit auch der Laien fast Allgemeingut. Die Konvektion spielt aber kaum eine Rolle.
Zum Vergleich verschiedener Treibhausgase ist der Strahlungsantrieb gut brauchbar - aber den Zusammenhang vom Strahlungsantrieb und Erhöhung der Oberflächentemperatur als Feedback zu bezeichnen, erscheint mir weit hergeholt.
MfG
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