Donnerstag, 29. Juli 2010

Stunde der Wahrheit in der Hockeyschlägerdiskussion

Der Artikel bei Real Climate, in dem Tamino die Fehler im Buch von Montford über den angeblichen Hockeyschläger-Schwindel erläutert, wurde von Kommentatoren als einer der besten überhaupt in dem Blog beschrieben. Ursache dafür ist nicht nur Taminos (unter seinem realen Namen ein anerkannter Statistiker) zwingende, ausführliche Analyse, sondern vielleicht mehr noch die Diskussion, die auf diesen Beitrag folgte. Sie entlarvte unter anderem eine Wissenschaftlerin, die mit dem Anspruch angetreten war, das Stammesdenken in der Klimaforschung aufzubrechen, am Ende aber nur zeigte, wie sehr sie selbst das Denken eines bestimmten Stammes verinnerlicht hatte und wie sehr sie das als Wissenschaftlerin kompromittiert. Und die Diskussion schlug Wellen in anderen Blogs. Die bange Frage ist, wie man nun mit dieser Diskussion umgehen soll. Wie packt man den Inhalt von mehreren Blogartikeln und über 700 Blogkommentaren (alleine bei Real Climate und bei Joe Romms Climate Progress) in einen übersichtlichen Artikel? Und wie geht man damit um, daß hier über technische Details gestritten wird, die eigentlich sauber nur Menschen verstehen können, die zum einen vertraut mit den ganzen verwendeten Datensätzen und zum anderen erfahren mit der Anwendung verschiedener statistischer Verfahren, darunter der Hauptkomponentenanalyse (oder Principal component analyses PCA) sind?

Donnerstag, 22. Juli 2010

Leugner ist das falsche Wort

Im Nachgang zum sogenannten Climategate wurde unter den betroffenen Wissenschaftlern das Bewußtsein geschärft, mit was sie es eigentlich zu tun haben. Gerade wurde bekannt, daß der Energiekonzern Exxon Mobile wieder 1,5 Millionen US-Dollar an Think Tanks und Organisationen ausgeteilt hatte, deren Aufgabe es ist, Zweifel an dem Stand der Wissenschaft zum Klimawandel zu erzeugen. Dabei hatte Exxon Mobile noch 2007 zugesichert, daß man die Finanzierung von Leugnergruppen in Zukunft unterlassen würde. Unter anderem gingen 50.000 US-Dollar an The Media Research Centre. Diese Einrichtung behauptete unter anderem, daß die Reihe von Untersuchungen zu Professor Michael Mann, Professor Phil Jones und die Climate Research Unit im Nachgang von Climategate, die diese Personen von den Vorwürfen entlasten konnten, nur Alibiveranstaltungen seien, die diese Personen reinwaschen sollten. Diese Propaganda machte genau so die Runde in den Leugnerblogs. Der Meteorologe Kerry Emmanuel, bekannt unter anderem durch seine Arbeiten zur Hurrican-Forschung, fand nun sehr deutliche Worte für Leugner unter den Wissenschaftlern, darunter auch Richard Lindzen und Fred Singer, die 2009 behauptet hatten, es gäbe keinen wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel.

Dienstag, 20. Juli 2010

Stephen H. Schneider 1945 - 2010

Am 19. Juli 2010 ist Stephen Schneider im Alter von 65 Jahren durch Herzversagen nach einem Schlaganfall in London gestorben. Stephen Schneider war einer der profiliertesten Klimaforscher (siehe auch der Nachruf durch Ben Santer auf Real Climate). Mir war er besonders als Redakteur und Gründer der Fachzeitschrift Climatic Change bekannt. Er war aber außerdem ein Wissenschaftler mit über 350 Publikationen als Erst- oder Mitautor und war mit großem Engagement als Experte zum Klimwandel für zahlreiche amerikanische Regierungen tätig. Außerdem war er Redakteur und Autor in der Arbeitsgruppe 2 des 4. Berichts des IPCC und Autor in den früheren Berichten des IPCC sowie Redakteur der zusammenfassenden Berichte für Entscheidungsträger und gehört damit auch zu den Personen, die mit dem Friedensnobelpreis 2007 geehrt wurden.

Homöopathie - auch ein Lehrstück für die Klimadebatte?

Homöopathie ist ein Testfall. Ein Testfall dafür, ob Politiker faktenbasierte Entscheidungen treffen, ein Testfall dafür, wie verbreitet Aberglaube in der Bevölkerung ist, ein Testfall für die Abwehrmechanismen von Pseudowissenschaften.

Die Geschichte dazu ist schnell erzählt. Obwohl Homöopathen in gut 200 Jahren den Nachweis schuldig geblieben sind, daß ihre Tradition der Medizin sich naturwissenschaftlich einordnen läßt und wirksam ist auf dem Niveau, das wir bei medizinischen Behandlungen sonst immer fordern, leisten wir uns den Luxus, über einige Krankenkassen homöopathische Behandlungen zu subventionieren. Der fatale Eindruck beim Patienten ist, daß das Medizin sei wie andere auch. Immerhin gäbe es ja auch bei bestimmten Krankheitsbildern, üblicherweise eher psychosomatisch angelegte Krankheitsbilder subjektiv beim Patienten den Eindruck von Verbesserungen während einer homöopathischen Behandlung. Einen solchen subjektiven Eindruck haben allerdings auch Patienten von afrikanischen Medizinmännern oder von Schamanen in Nordasien, wenn sie ausreichend besprochen, umtanzt und Naturgeistern entsprechende Opfer gebracht wurden. Auch das Opfern einiger kleiner Mädchen beim Höhepunkt einer Epidemie einer Infektionskrankheit ist in fernerer Vergangenheit schon von vielen als wirksame Maßnahme empfunden worden. Zwischen diesen Methoden und der Homöopathie besteht nur der Unterschied, daß man für das Opfern kleiner Mädchen keine Krankenkasse findet, die es finanziert. Warum ist das so? Wie gesagt, der objektive Wirksamkeitsnachweis ist nicht die Ursache – für die Homöopathie gibt es keinen. Und als Chemiker weiß ich, obwohl ich keine Ahnung von Medizin habe, daß der Homöopathie die naturwissenschaftliche Basis fehlt. Es gibt kein Gedächtnis des Wassers und hochpotenzierte Mittel können keine andere Wirkung haben als die des verwendeten Zuckers oder Wassers. Und an dem Punkt ist bereits jede sinnvolle Diskussion zu Ende, was danach kommt, ist sinnloses Predigen eines Aberglaubens, und beherrscht in seiner Langatmigkeit die Internetforen zu dem Thema. Dabei war schon seit 1835 die Position der Homöopathen nicht mehr haltbar. Dazu im Blog Science based medicine der Beitrag Homeopathy: failing randomized controlled trials since 1835.

Freitag, 16. Juli 2010

Moncktons Versuch, Kritik zu ersticken

In der Leugnerszene ist Christopher Monckton zu einem Flaggschiff ihrer Ansichten geworden. Das läßt in vielerlei Hinsicht tief blicken. Zum einen vertreten Leugner einander widersprechende Ansichten. Z.B. meinen einige von ihnen, Sonneneinstrahlung oder kosmische Strahlung würden das Klima steuern, was für eine hohe Klimasensitivität sprechen würde. Andere meinen, die Klimasensitivität wäre sehr gering und daher keine Klimaänderungen zu erwarten. Manche meinen, es gäbe natürliche Klimazyklen, die also von externen Größen gar nicht beeinflusst würden. Meistens ist aber gar nicht genau feststellbar, wie diese Menschen sich nun eigentlich Klimaänderungen vorstellen oder was sie überhaupt meinen. Trotzdem können sich alle darauf einigen, daß das IPCC falsch liegt, bei was auch immer und sich daher hinter einen Vertreter wie Monckton scharen.

Dienstag, 13. Juli 2010

Nachtrag zu: Erbsenzählen ist keine Wissenschaft

Ich hatte darauf hingewiesen, daß es keine Wissenschaft ist, redaktionelle Fehler oder Fehler in Details zu suchen oder gar zu erfinden. Und daß außerdem eine große Zahl von Untersuchungen bestägt, daß das IPCC oder vielfach angegriffene Wissenschaftler wie Michael Mann, James Hansen oder Phil Jones gute Arbeit leisten. Es ist aber auch klar, daß solche objektive Feststellungen die Gemeinde der Leugner gar nicht interessieren. Und daß es der Job der Medien wäre, dies den Menschen auf der Straße klar zu machen - doch die Medien tun es nicht.

Sie tun es auch nicht, weil es hier ein grundsätzliches Verständnisproblem auf Seiten der Journalisten gibt.

Sonntag, 11. Juli 2010

Erbsenzählen ist keine Wissenschaft

Angriffe gegen das IPCC oder gegen ausgewählte Feindbilder wie die Professoren Michael Mann, Phil Jones oder James Hansen wurden notorisch oft geführt und waren notorisch erfolglos. Man sieht das an der Serie von Entlastungen von Vorwürfen, die im Fall von Jones und der Climate Research Unit durch einen Parlamentsausschuß, durch den Oxburgh-Ausschuß und den Muir-Russell-Ausschuß ausgesprochen wurden oder über die Ergebnisse und den Abschlußbericht der Untersuchung bei Michael Mann erteilt wurden. Man sieht es auch daran, daß die angegriffenen Ergebnisse von anderer Seite reproduziert wurden, zuletzt beispielsweise wurden die Ergebnisse des 4. Berichts des IPCC vom Niederländischen Amt für Umweltanalysen PBL bestätigt. Man denke auch an die Bestätigung von Michael Manns "Hockeyschlägerkurve" durch ein Komitee des National Research Council der USA. Einige Zeitungen, die Falschmeldungen über angebliche Fehler im IPCC-Bericht verbreitet hatten, haben dies inzwischen zurückgezogen, zum Beispiel die britische Times einen angeblichen Fehler des IPCCs zur Bedrohung des Amazonas-Regenwaldes durch den Klimawandel. Die meisten Medien lassen jedoch über ihre Falschberichterstattung lieber Gras wachsen, wie zum Beispiel die völlig uneinsichtigen, arroganten und sturen Journalisten des Spiegels, deren Falschberichterstattung ich hier zum Thema gemacht hatte, wie das Versagen des Journalismus überhaupt. Einer der wichtigsten Aussagen im Muir-Russell-Report war im übrigen, daß dort bestätigt wurde, daß es möglich war, in zwei Tagen die Temperaturzeitreihe der Climate Research Unit auf Basis der Publikationen und frei verfügbarer Daten zu reproduzieren - etwas, was Steve McIntyre und seiner Climate Audit-Gemeinde trotz vorgeblich heftigster Anstrengungen ohne Anfragen nach dem Freedom of Information-Gesetz und selbst mit ihnen über mehrere Jahre angeblich nicht möglich war, was entweder schlimmste Unfähigkeit oder sehr bösen Willen ausdrückt.

Samstag, 10. Juli 2010

Auch Krake Paul kann sich irren...


Gerade geht die Fußball-WM ihrem Ende zu. Ein schönes Ereignis, bei dem die deutsche Mannschaft gute Laune verbreitet hat, wenn es auch für das Finale nicht gereicht hatte. Den Ausgang der ersten sechs Spiele der deutschen Mannschaft hatte ein Krake namens Paul im Sea Life Centre Oberhausen korrekt vorhergesagt. Das hat international mittlerweile zu einer Krakenhysterie geführt. Millionen Menschen weltweit glauben bereits an der Unfehlbarkeit des Kraken. Andererseits führen die Vorhersagen des Tieres auch dazu, daß die Anhänger der nicht begünstigten Mannschaften gereizt auf das Tier reagierten, die Anhänger der begünstigten Mannschaften hingegen dem Kraken größte Begeisterung entgegenbringen. Dabei sagt das arme Tier natürlich nicht voraus, wie die jeweiligen Spiele ausgehen, sondern wählt nur von zwei Boxen die eine aus, in der vermutlich das leckerste Futter wartet oder die das attraktivste Aussehen hat, zum Beispiel das hellste oder prägnanteste Streifenmuster (wie die spanische oder die deutsche Flagge im Gegensatz zur britischen oder argentinischen Flagge). Es sind Menschen, die aus dem Verhalten des Tieres Spielvorhersagen machen. Und diese Vorhersagen sind zufällig falsch oder richtig. Bei einer Serie von Spielvorhersagen ist die Wahrscheinlichkeit für eine komplett richtige Serie 1/2n (wenn man das Unentschieden hier ausblendet, was ich der Einfachheit halber im folgenden tue, für Paul gibt es auch kein Unentschieden). Bei 6 Spielen also 0,0156. Eine geringe Wahrscheinlichkeit, aber angesichts der Tatsache, daß es noch eine Reihe anderer Tierorakel gibt, war es doch zu erwarten, daß darunter eines ist, das eine solche korrekte Serie hinbekommt. Eigentlich unglaublich, daß es inzwischen viele Menschen gibt, die tatsächlich fragen, wie der Krake das macht oder ihm zutrauen, daß er Vorhersagen machen kann. Schon bei der durch Grippe dezimierten deutschen Mannschaft im Spiel gegen Uruguay sieht es für das Krakenorakel nicht so gut aus.

Dienstag, 6. Juli 2010

Bestätigung der Klimaforscher - warum es nie genug sein wird

Vor 12 Jahren (Mann, M.E., R.S. Bradley, and M.K. Hughes, Global-scale temperature patterns and climate forcing over the past six centuries, Nature, 392, 779-787, 1998.) publizierten Michael Mann und seine Kollegen eine Temperaturrekonstruktion für die Nordhemisphäre und den gesamten Globus, bei der im wesentlichen festgestellt wurde:
  • es gibt inzwischen eine Reihe geeigneter Temperaturproxizeitreihen, aus denen sich eine Temperaturrekonstruktion für die letzten bis zu 1000 Jahre zumindest für die Nordhemisphäre herstellen läßt,
  • die Warmperiode im Mittelalter, die für Europa eine durchaus spürbare Erwärmung darstellte, war global ein untergeordnetes Ereignis, denn die Warmzeiten in jenem Zeitraum traten je nach Region der Erde zu unterschiedlichen Zeiten auf,
  • In den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts lag die Temperatur signifikant über allen vergleichbaren Zeiträumen der Temperaturrekonstruktion - wahrscheinlich war es also derzeit wärmer als je zuvor in den letzten 1000 Jahren und global auch wärmer als in der Warmzeit des Mittelalters.
Aus dieser Arbeit konnte man daher folgern, daß die Menschheit mit einer weiteren Klimaänderung den Bereich verlassen würde, den wir aus historischer Zeit kennen. Zudem hat die aktuelle Geschwindigkeit der Klimaänderungen keinen Präzedenzfall aus historischer Zeit. Und schließlich macht es die Temperaturrekonstruktion auch wahrscheinlich, daß die Klimasensitivität nicht all zu hoch ist, und der Bereich von ca. 2 bis 4,5 Grad je Verdopplung des CO2-Äquivalents ganz vernünftig ist.