Sonntag, 28. März 2010

Warum der Klimawandel ein Problem ist

Wie man kürzlich lesen konnte, ist inzwischen nur noch eine Minderheit der Deutschen der Meinung, daß wir uns wegen des Klimawandels Sorgen machen müßten. Der Spiegel hatte eine Umfrage in Auftrag gegeben, nach der nur noch 42 Prozent der Meinung seien, daß wir uns vor den Folgen des Klimawandels fürchten müßten. 2006 waren noch 62 Prozent der Deutschen der Meinung, daß wir uns vor den Folgen eines Klimawandels fürchten müßten. Im Spiegel wird behauptet, daß sei Folge einiger behaupteter Fehler im IPCC-Bericht. Wir wissen, daß von den angeblichen Fehlern die meisten nur konstruiert und alle Punkte ohne Einfluß auf die Grundaussagen des Berichts sind. Und wir wissen auch, daß nicht diese bestrittenen Punkte der Grund für den Meinungsumschwung sind, sondern die Tatsache, daß die Medien einer Desinformationskampagne von Lobbykreisen ohne angemessene Berichterstattung Raum geben.

An dieser Stelle möchte ich zusammenfassen, warum der Klimawandel ein Problem ist. Zunächst einmal geht es um den Anstieg des Mischungsverhältnisses von CO2 in der Atmosphäre an sich. Der CO2-Gehalt ist in den letzten 650.000 Jahren zwischen ca. 180 ppm und 300 ppm geschwankt. 180 ppm bedeuteten eine Eiszeit, 300 ppm eine Zwischeneiszeit, mit ca. 6 Grad Temperaturunterschied global zwischen den beiden Zuständen. Nach heutigem Kenntnisstand ist dabei der Unterschied in dem CO2-Mischungsverhältnis eine positive Rückkopplung aufgrund eines geringfügigen Unterschieds im Strahlungshaushalt der Erde durch den Milankovich-Zyklus der Erde. Zugleich ist dieser Milankovich-Zyklus auch einer von mehreren Belegen dafür, daß es eine insgesamt positive Rückkopplung bei einer globalen Temperaturänderung gibt. Derzeit steigt das CO2-Mischungsverhältnis pro Jahr um ca. 2 ppm an und liegt bei ca. 387,5 ppm und damit bereits weit außerhalb des Bereichs der letzten 650.000 und vermutlich 1,3 Millionen Jahre. Und im Gegensatz zu früher ist der CO2-Anstieg diesmal nicht eine Rückkopplung, sondern Antrieb einer Klimaänderung, bei der viele, insbesondere langsamere Rückkopplungen erst noch eintreten werden. Bis 2030 sind wir bereits zu einem Anstieg des globalen CO2-Mischungsverhältnisses auf über 430 ppm verurteilt, und nur drastische Maßnahmen könnten verhindern, daß das globale CO2-Mischungsverhältnis deutlich darüber steigt. Bisher ist noch keine Maßnahme getroffen worden, die verhindern würde, daß das CO2-Mischungsverhältnis in einen Bereich steigt von über 600, vielleicht 1000 oder mehr ppm, der uns klimatisch zurückbringt in die Zeit der Dinosaurier.

Wir verändern also unausweichlich die Zusammensetzung unserer Atmosphäre in einen Bereich eines Zeitalters, in dem es noch keinen modernen Menschen und keinen Ackerbau gab. Das macht mich alleine bereits besorgt.

Wir emittieren CO2 und verändern unsere Atmosphäre, ohne daß uns irgendein Hinweis dazu vorläge, daß dieses unbedenklich wäre. Tatsächlich ist niemand dazu in der Lage, irgendeinen unumstößlichen Beweis zu liefern, daß ein Anstieg des CO2-Mischungsverhältnisses über 400 ppm ohne gravierende Auswirkungen auf Ökosysteme, Ackerbau und Meeresspiegelanstieg bliebe.

Der Meeresspiegel hat sich in der Vergangenheit rasch an veränderte Temperaturen angepaßt. Änderungen um 1-2 Meter pro Jahrhundert waren offensichtlich möglich. Die Hinweise verdichten sich, daß wir auch bis Ende dieses Jahrhunderts mit einem Anstieg des Meeresspiegels um 80 bis 140 cm rechnen müssen. Außerdem ist nicht auszuschließen, daß der grönländische Einsschild, der bei den heutigen Temperaturen vermutlich nur metastabil ist, bei einem weiteren globalen Temperaturanstieg instabil würde. Der westantarktische Eisschild könnte bei ähnlichen oder geringfügig höheren Temperaturen instabil werden. Beide Eisschilde enthalten genug Wasser, um den Meeresspiegel global jeweils um mehr als 5 Meter im Laufe weniger Jahrhunderte steigen zu lassen, mit starken regionalen Unterschieden. Hier ist ein Prozess, der im Laufe einiger Jahrzehnte aus unserer Kontrolle geraten könnte und einen Zustand erreichen könnte, in dem Anpassung an den Klimawandel für betroffene Staaten nicht mehr möglich wäre. Deutschland mit der norddeutschen Tiefebene gehört dazu.

Ein weiteres Problem eines ungebremsten CO2-Anstiegs ist die zunehmende Versauerung der Meere, die dazu führen kann, daß die Meere als Nahrungslieferanten weitgehend ausfallen. Ergänzung am 29.03.2010: Der Abfall des pH-Wertes erfolgt derzeit bis zu einer Größenordnung schneller als bei einem vergleichbaren Ereignis vor 55 Millionen Jahren, bei dem ein massives Artensterben in den Ozeanen zu beobachten war. In der betroffenen Sedimentschicht aus jener Zeit findet man plötzlich nicht mehr die Kalkablagerungen der Schalen von Meereslebewesen, sondern nur rötlichen Ton, bis sich einige 100.000 Jahre später die Ozeane erholt hatten. Eine Zerstörung der Artenvielfalt in den Ozeanen über mehrere 100.000 Jahre ist auf der menschlichen Zeitskala ein Ereignis, das unsere Zivilisation dauerhaft beeinträchtigt. Zusammen mit Überdüngung und CO2-Anstieg ist zudem zu befürchten, daß sich Todeszonen in den Ozeanen dramatisch ausbreiten. Dies alles sind Probleme, die auch Deutsche unmittebar betreffen werden mit spürbaren Folgen möglicherweise in den nächsten Jahrzehnten.

Der globale Temperaturanstieg aufgrund des Treibhauseffektes ist eine sichere und triviale Folge des CO2-Anstiegs. Die größere Unbekannte ist dabei, wie stark das CO2-Mischungsverhältnis steigen wird sowie die Mischungsverhältnisse anderer Treibhausgase. Dies ist deshalb eine Unbekannte, weil nicht nur die Temperatur an die Treibhausgasmischungsverhältnisse gekoppelt ist, sondern die Treibhausgasemissionen aus den Böden und aus dem Meer an die Temperatur gekoppelt sind. Ich habe dazu Hinweise gegeben. Es gibt inzwischen einen weiteren Hinweis auf eine Korrelation von Temperatur und Emission von CO2 aus den Böden. Es ist daher nicht auszuschließen, daß es einen Temperaturbereich gibt, in dem wir den weiteren Anstieg der CO2-Mischungsverhältnisse (oder von Methan) gar nicht aufhalten können. Wo dieser Bereich liegt, wissen wir nicht. Genau das sollte uns Sorgen machen.

Ein globaler Temperaturanstieg führt automatisch dazu, daß sich Klimazonen verschieben, daß sich wesentliche Niederschlagsgebiete verändern, daß Wüsten entstehen oder verschwinden mit einer Geschwindigkeit, der Natur und Mensch nicht folgen können. Gletscher als wichtige Wasserspeicher gehen global zurück. Derzeit sind noch keine Maßnahmen getroffen worden, in deren Rahmen Anpassungsmaßnahmen an einen Klimawandel möglich oder sinnvoll wären, denn Anpassungsmaßnahmen setzen voraus, daß der Wandel soweit gebremst ist, daß Anpassungsmaßnahmen ihm folgen könnten. Geoengineering ist erst recht keine Lösung. Auch das sind Gründe, über den Klimawandel sehr besorgt zu sein.

Wenn jetzt die Mehrheit der Deutschen nicht besorgt ist, sagt das nur etwas über den Grad allgemeiner Desinformation aus (danke, liebe Medien!). Die Mehrheit der relevanten Experten ist besorgt, und nicht zuletzt das macht auch mich besorgt und sollte jeden besorgt machen. Wir sollten endlich dieses wahnwitzige Experiment stoppen, einfach mal die Zusammensetzung der Erdatmosphäre zu ändern und abzuwarten, was dann passiert. Wenn etwas passiert, ist es definitiv zu spät, noch irgend etwas dagegen zu unternehmen.

Die Gefahren der neutralen Berichterstattung.

In den Medien hält sich hartnäckig das Gerücht, man würde das Publikum gut informieren, wenn man in den Medien "beide Seiten" zu Wort kommen ließe, also zum Beispiel seriöse Wissenschaftler und Leugner, die von der Industrie bezahlte Lügen verbreiten, wie zum Beispiel es würde in den letzten Jahren kühler werden oder die Sonne würde im wesentlichen das Klima antreiben. Dahinter steckt die absurde Ansicht, es würde sich im Wettbewerb der Meinungen die bessere schon durchsetzen, wenn nur die Medien über alle Alternativen "informieren". Genau diese Haltung der Medien, beide Seiten einer Kontroverse zu berichten, wird von Lobbyisten ausgenutzt. Was dabei tatsächlich geschieht, zeigt eine Untersuchung, die ich hier verlinke. Dabei werden drei Gruppen betrachtet. Die erste Gruppe hat keine Informationssendung zum Klimawandel gesehen. Die zweite Gruppe hat eine Informationssendung gesehen, in der der Stand der Wissenschaft in Interviews mit Wissenschaftlern dargestellt wird zur Existenz des Klimawandels und zu seinen Folgen. Die dritte Gruppe hat diese Informationssendung gesehen, aber zusätzlich wird am Ende der Sendung ein Interview mit einem Leugner (sogenannten "Skeptiker") gezeigt, der eine alternative (nämlich falsche Sicht) erläutert. Hier wird also "die Kontroverse" berichtet - die falsche und die richtige Sicht werden als gleichwertig präsentiert.

Es reicht schon, wenn man in einer Berichterstattung zur globalen Erwärmung das Interview mit einem Leugner (einem sogenannten "Skeptiker") einfügt, um die Wahrnehmung des Berichts zu verändern. Es verändert zwar nicht die Einstellung einer Mehrheit der Zuschauer (man berücksichtige bei den gezeigten Diagrammen, daß die Balken nicht bis Null gehen, um die Unterschiede zwischen den Gruppen besser aufzulösen), aber je nach Frage werden 5 bis 12 Prozent der Zuschauer zusätzlich dazu gebracht, daran zu glauben, daß es eine Kontroverse in der Wissenschaft über grundsätzliche Fragen des Klimawandels gäbe oder die Notwendigkeit von Maßnahmen gegen den Klimawandel abzustreiten. Wenn man verstehen will, warum in der jüngeren Vergangenheit die Ansicht auch in Deutschland stärker verbreitet ist, daß der Klimawandel kein Problem darstellt, so muß man die Schuld dafür in erster Linie bei unseren Medien suchen, die immer wieder Leugnern ermöglichen, sich zu Wort zu melden.

Montag, 22. März 2010

Was würde Sie denn widerlegen?

Die wichtigste Eigenschaft wissenschaftlicher Feststellungen ist, daß man sie widerlegen kann. Die Widerlegung führt zur Verbesserung oder zum Zurückziehen eines Modelles, einer Theorie oder einer Arbeit. Einer der Kritikpunkte an Leugnern ist, daß Sie es nicht akzeptieren, daß man Sie widerlegen kann.

Ich hatte dies schon einmal bei Lindzen angemerkt. Nach seinem Modell des Klimas sind die Rückkopplungen bei Klimaänderungen abschwächend und daher eine globale Erwärmung von maximal 0,3 Grad ab den 80er Jahren bis 2100 zu erwarten. Da liegen wir inzwischen etwa drauf oder drüber, je nachdem, wie man rechnet, und Lindzen ist objektiv widerlegt. Das interessiert ihn nicht. Er publiziert immer noch zu neuen Varianten des Iriseffekts, wird widerlegt und macht trotzdem weiter. Zwischendurch verbreitet er Verschwörungstheorien darüber, daß angeblich "Skeptiker" unterdrückt würden, ohne je Namen oder Ereignisse dazu belegen zu können.

Es gab da auch ein Papier von McLean, DeFreitas und Michaels 2009 dazu, daß angeblich der größere Teil der Variabilität der globalen Temperatur durch ENSO erklärt werden könne und daher die globale Erwärmung im wesentlichen Folge interner klimatischer Variabilität der Erde sei - der Einfluß des Menschen auf das Klima, so der absurde Schluß, könne daher vernachläßigt werden. Mit Pressemitteilungen wurde der Punkt heimgeholt und in Leugnerblogs fleißig verbreitet. Das war schon damals absurd. Inzwischen gibt es eine Widerlegung des Artikels durch Foster, Annan, Jones, Mann, Renwick, Salinger, Schmidt und Trenberth, in der noch mal genau dargelegt wird, was alles faul an dem Artikel war, der angeblich den Klimawandel neu erklärt. Nicht nur wurden die Daten so lange manipuliert, bis eine absurd hohe Korrelation zwischen der Ableitung des Southern Oscillation Index und der Ableitung der globalen Temperatur erzeugt wurde (indem nämlich die Benutzung der Ableitungen bereits eine hohe Korrelation als Artefakt erzeugt und zugleich wichtige Anteile der Variabilität der Temperatur rausgeschmissen wurden, insbesondere der Trend, den man doch erklären wollte), in dem Artikel gab es auch eine massive Manipulation von Daten. Zwei Datenreihen, die gar nicht zusammenpassen, nämlich Ballondaten für die gobale Temperatur und Satellitendaten, wurden zusammengesetzt, um eine lange Zeitreihe zu erhalten. Der Sprung von 0,2 Grad zwischen den beiden Zeitreihen wurde verborgen, indem man einfach die Zeitreihe auf zwei Diagramme verteilte, die untereinander gedruckt wurden, geteilt genau an dem Temperatursprung. So wurde die globale Erwärmung in den Daten verborgen. Ove Hoegh-Guldberg bei Climate Shifts gibt die Details und weiterführende Links. Außerdem von Interesse dazu Skeptical Science. Fazit: hier wurden Daten verfälscht, um das politisch gewünschte Ergebnis zu erhalten - wissenschaftliches Fehlverhalten der schlimmen Sorte. Ironisch dabei ist, daß Michaels, einer der Autoren, zu denen gehört, die sich mit Fälschungsvorwürfen gegen IPCC-Autoren engagiert haben. Peinlich dazu: die Erwiderung auf den Kommentar von Foster et al. schaffte es nicht durch die Fachbegutachtung. Das heißt, McLean et al. waren nicht in der Lage, eine Antwort auf die Widerlegung durch Foster et al. zu finden, die wissenschaftlichen Mindestanforderungen genügte. Eigentlich bleibt McLean et al. nur, ihren Artikel zurückzuziehen. Aber genau das war ja die Frage - durch was würden sich Leugner widerlegt fühlen, die gar nicht auf der wissenschaftlichen Ebene arbeiten wollen, sondern eine politische Agenda betreiben?

Sonntag, 21. März 2010

Kann man Kulke noch unterbieten? Margolina versucht es.

Ich hatte mich schon gründlich zu den extremen Lügen des Kulke in der Welt ausgelassen. Eine Wissenschaftsredaktion, die solche Machwerke passieren läßt, ist noch zu ganz anderen Fehlleistungen fähig. Und in der Tat, einer der Leser (skeptisches Ei) wies mich auf ein weiteres Machwerk hin, das Kulke noch in den Schatten stellen könnte, und von Sonja Margolina verfaßt ist. Die Publizistin, die mal Biologie und Ökologie studiert hat, und sich seitdem vor allem zu den Themen Osteuropa und Juden geäußert hatte, hat auch 1995 ein Buch namens "Die gemütliche Apokalypse" verbrochen, in dem der Klimawandel als angeblich rein soziales Konstrukt beschrieben wird, jeglicher menschlicher Anteil daran geleugnet wird und das in der Zeit verrissen wurde. Mehr gibt es dazu von mir nicht zu schreiben.

In dem Artikel in der Welt unter dem Titel "Die Macht der Meteorologen" wird erst eine sinnfreie paranoide Wahnwelt errichtet, in der sich Margolina eine Pseudorealität frei jeglicher Belege zusammenlügt, um in sinnlosem Soziologengeschwafel zu enden. Dies zu lesen und zu kommentieren ist verschwendete Lebenszeit, und sollte eigentlich von der Welt mit Schmerzensgeld vergütet werden.

In Margolinas Wahrnehmung war 2009/2010 ein kalter Winter, der die prophezeite Sintflut aufgeschoben hätte. Daß wir derzeit wieder nahe bei neuen globalen Temperaturrekorden stehen, ist der Frau nicht präsent, obwohl das Minimalvorrausetzung wäre, um zu dem Thema schreiben zu können. In der Wahnwelt der Margolina belegen die geraubten Emails der Climate Research Unit das Verschwinden oder Unterschlagen von Stationsdaten, die Ausgrenzung sogenannter Klimaskeptiker und Druck auf Kollegen, insgesamt damit eine Infragestellung der Integrität des IPCC. Das Gegenteil ist der Fall, aber Margolina braucht ja nur irgendwelche Unterstellungen in den Raum zu werfen - sie erspart es sich und uns, Belege anzuführen. Pachauri wird persönlicher Profit aus milliardenschweren Investitionen vorgeworfen, obwohl Pachauri seine Einnahmen offengelegt hat und damit auch diese Behauptung als Lüge entlarvt ist. Die Wahnwelt der Margolina ist von tausenden Klimaforschern besiedelt, die angeblich die Szenarien des IPCC kritisieren. Gelogen, und man wird auch vergeblich darauf warten, von ihr Namen für diese "Klimaforscher" zu hören. Dahinter stecken altbekannte Leugner, zum Beispiel die Versammlung von Leugnern in New York, die vom Heartland-Institut organisiert wurde, von denen die meisten keine Wissenschaftler sind und auch nicht zur Klimaforschung publizieren, mit Ausnahme bekannter Gestalten wie Lindzen, Singer, McKitrick, Spencer, Michaels und so weiter. Namen, die für sich sprechen, oft für Lobbyorganisationen tätig, und ausnahmslos unseriös. Auf dieser Basis wirft Margolina die Behauptung in den Raum, jeweils hunderte von Wissenschaftlern hätte auf diesen Konferenzen, in irgendeiner Unterschriftenliste oder in einem Minderheitenbericht (den Namen des Senators James Inhofe unterschlägt Margolina dabei, was anderes war zu erwarten?) die Aussagen des IPCC abgelehnt. Daß alle diese Pseudobelege schon längst als Lügenkonstrukte bezahlter Meinungsmacher enttarnt wurden, ist Margolina offensichtlich völlig egal.

Der Bericht des IPCC ist in der paranoiden Wahnwelt der Margolina daher auch kein Review wissenschaftlicher Fachartikel, sondern "politisches Manifest und Heilsschrift". Margolina hat ihren Äußerungen zufolge definitiv auch noch nie in die IPCC-Berichte hineingeschaut oder das Gehirn hocheffizient beim Lesen ausgeschaltet, denn sie behauptet, sie seien so angelegt, "dass irgendeine der Voraussagungen aus dem breit gefächerten Spektrum der Möglichkeiten in Hunderten von Jahren sicher eintreten werden." Danach folgt eine Umdeutung journalistischer Berichterstattung zu Ergebnissen der Klimaforschung als Parteinahme für angeblich nur ihr Angstgeschäft betreibende Wissenschaftsfunktionäre. Das Gefasel gipfelt darin, daß angeblich eine Gesinnungskontrolle des liberalen Mainstreams besteht, unter der man Angst haben müßte, daß ein Straftatsdelikt "Klimalüge" eingeführt würde. Aber nein, Frau Margolina, inkompetent zu sein und Dummheiten zu verbreiten wird ganz sicher nie zu einer Strafverfolgung führen, sondern eher ungläubiges Staunen, mitleidiges Lachen, vielleicht auch Ärger wegen sinnloser Verleumdung von Wissenschaftlern auf der Basis von Lügen und Hirngespinsten hervorrufen. In der Phantasie von Margolina hat der "Westen" das CO2-Problem nur erfunden, um Schurkenstaaten der 3. Welt milliardenschwere Bußgelder zum Ausgleich für den Imperialismus zuzuschanzen. Bitte weder Belege noch Logik verlangen, gegen beides ist Margolina offensichtlich in schmerzfreier Weise immun. Journalisten, die den Stand der Wissenschaft berichten, wirft sie Inkompetenz vor und schreibt tatsächlich "Gewiss können nur wenige Journalisten sich eigenständig ein sicheres Urteil über eine derart komplizierte Materie wie die Klimaforschung bilden." Tja, Frau Margolina, hier wäre dann die Gelegenheit, den Begriff "Dunning-Kruger-Effekt" nachzuschlagen.

Die Wissenschaftsredaktion der Welt sei noch mal daran erinnert, daß sie sich mit solchen Machwerken kompromittiert, auch wenn sie von fremden Autoren sind.

Gesetz des Dschungels regiert bei Amazonas-Streit

Einer der Folgen des Klimawandels ist eine Änderung des Niederschlagsmusters über der Erde. Diskutiert wird unter anderem die Möglichkeit, daß die Niederschlagsmenge über dem Regenwald am Amazonas nachläßt. Wir wissen, daß im Zuge von El-Nino-Ereignissen Dürreperioden am Amazonas auftreten. Möglicherweise bedeutet eine globale Erwärmung, daß wir verstärkt mit solchen Ereignissen rechnen müssen und daß dadurch Teile des Regenwaldes absterben und durch Savanne ersetzt werden. Das Schaubild zeigt die mittleren Ergebnisse der Modelle zu Temperatur- und Niederschlagsänderungen in Südamerika. Bemerkenswert ist vor allem der Rückgang der Niederschläge im Amazonasgebiet im Quartal Juni bis August.
Im Bericht der zweiten Arbeitsgruppe des IPCC zu den Folgen des Klimawandels werden diese Auswirkungen ebenfalls diskutiert. Dort steht: "Up to 40% of the Amazonian forests could react drastically to even a slight reduction in precipitation; this means that the tropical vegetation, hydrology and climate system in South America could change very rapidly to another steady state, not necessarily producing gradual changes between the current and the future situation (Rowell and Moore, 2000). - Bis zu 40% des Amazonasregenwaldes könnten drastisch auf sogar geringfügige Verringerungen der Niederschläge reagieren, indem tropische Vegetation, Wasserkreislauf und Klimasystem in Südamerika rasch in einen anderen stationären Zustand wechseln könnten, ohne dabei unbedingt Zwischenschritte zwischen der aktuellen und der künftigen Situation einzunehmen (Rowell und Moore, 2000)." Das Zitat bezieht sich auf einen Bericht des World Wildlife Fund WWF, auf dem auf Seite 15 allerdings dafür ein entsprechender Nature-Artikel zitiert wird (D. C. Nepstad, A. Veríssimo, A. A l e n c a r, C. Nobre, E. Lima, P. Lefebvre, P.S c h l e s i n g e r, C. Potter, P. Mountinho, E. Mendoza, M. Cochrane, V. Brooks, Large -scale Impoverishment of Amazonian Forests by Logging and Fire, Nature, 1999, Vol 398, 8 April, pp505).

Ein Blogger namens North hatte die Lüge verbreitet, der Eintrag im IPCC-Bericht sei nicht durch die Fachliteratur gestützt. Das ging insbesondere nach Verbreitung durch den britischen Reporter Jonathan Leake als "Amazongate" durch die Leugnerblogs, in denen diese Lüge nie korrigiert wurde. Für Tim Lambert im Blog Deltoid war dies Anlaß, einer ganzen Serie von Lügen von Leake und seinem Kollegen Rose nachzugehen.

Gerade, als man glaubte, daß man so langsam diese Lügen zu den Akten legen könnte, passierte aber etwas, was nicht ohne Präzedenz ist. Eine Wissenschaftler (Samanta) hatte mit Kollegen Satellitenaufnahmen der Veränderungen des Amazonasregenwaldes nach einer Dürre von 2005 ausgewertet und im wesentlichen die gleichen Ergebnisse erhalten wie Kollegen (Scott Saleska und Kollegen 2007) zuvor. Das wäre ziemlich langweilig. Aber man kann seine Pressestelle eine Meldung herausgeben lassen, die das Ganze interessanter macht. Erstens behauptet man, man habe ein anderes Ergebnis erhalten als die Kollegen - eine Version, der Saleska bei Real Climate widerspricht, und dann kann man noch behaupten, daß dieses Ergebnis im Widerspruch zum IPCC-Bericht sei, auch wenn dies gar nicht der Fall ist. Dieses Verhalten von Samanta ist klar unethisch. Es bedeutet natürlich, daß der Öffentlichkeit suggeriert wird, daß schon wieder ein Fehler im IPCC-Bericht aufgedeckt worden sei, wenn im Gegenteil der Bericht bestätigt wurde. Man fällt damit Kollegen in den Rücken. Und da im Fachartikel etwas anderes steht, kann sich Samanta auch noch damit aus der Affäre ziehen, daß ja fachlich alles korrekt sei, nur die Pressemitteilung sei leider "ein bißchen mißverständlich formuliert".

Mir ist diese Taktik schon bei Hans von Storch aufgefallen. Er macht einen normalen Artikel dazu, daß man aus einer zu kurzen Vergleichszeitreihe keine Langzeitkorrelationen zwischen globaler Temperatur und Meeresspiegelanstieg ableiten kann und meiert dann in einer Presseerklärung auf gröbste Weise Rahmstorf ab, als ob dieser etwas ganz anderes herausgefunden hätte und er nun widerlegt wäre. Rahmstorf betrachtet jedoch nur eine relativ kurzzeitige Antwort des Klimasystems (bis 2100). Er diskutiert 2009 erneut das einfache Modell. Auch hier steht in der Presseerklärung von Hans von Storch eine Widerlegung einer anderen Arbeit, die man im Fachartikel nicht wiederfindet. Kreativ war auch Bob Carter in einer Presseerklärung zu einem Artikel mit McLean und Kollegen. Der Artikel zeigte im Grunde nur, daß auf kurzer Zeitskala Temperatur und ENSO-Zyklen korrelieren. Die Presseerklärung behauptet, man habe gefunden, daß die globale Erwärmung nicht von Menschen verursacht werde. Das steht aber nicht im Artikel.


Diese Taktik, mittelmäßige Arbeiten durch überzogene Presseerklärungen aufzuhübschen und dabei auch noch Politik zu machen, gar Leugnerrhetorik in der Presseerklärung zu transportieren, die man nicht durch die Fachbegutachtung bekäme, ist unethisch und sollte, wie Eli Rabett meint, Auswirkungen auf die Annahme von Drittmittelanträgen solcher Wissenschaftler haben. Weiteres dazu auch hier und in den Links des Beitrags - die Geschichte dürfte noch viele unappetitliche Weiterungen erhalten.

Samstag, 20. März 2010

Ist die globale Erwärmung noch unter Kontrolle?

Bisher gehen wir bei der globalen Erwärmung davon aus, daß es ein kontrollierbares Ereignis ist. Würden wir die globalen Emissionen der Treibhausgase weit genug reduzieren, würde die globale Erwärmung mit entsprechender Verzögerung von vielleicht 10 bis 20 Jahren beginnen, sich zu verlangsamen und schließlich aufhören. Doch diese Annahme hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Sie hängt davon ab, daß die Klimasensitivität unter 4 Grad je Verdopplung des CO2-Mischungsverhältnisses liegt. Ist das der Fall, können wir davon ausgehen, daß wir ungefähr verstehen, wie viel globale Erwärmung derzeit bereits feststeht, aber noch nicht in eine Temperatursteigerung umgesetzt wurde (90% des Treibhauseffektes gehen in die Erwärmung der Ozeane, der Rest in das Abschmelzen der Eiskappen und Gletscher und in die Temperatursteigerung der Atmosphäre). Sollte aber die Erwärmung der Tiefengewässer unterschätzt sein, wäre bereits mehr latente Temperaturerhöhung im System festgeschrieben als bisher bekannt. Eine weitere Unbekannte ist der kühlende Effekt des Aerosols. Sollte das Sulfataerosol die Erde besser kühlen als bisher bekannt, wäre die Klimasensitivität höher als bisher angenommen. (Dazu auch siehe ein früherer Beitrag.) Gleiches gilt für den Einfluß der Sonne. Derzeit liegen wir in einem lokalen Strahlungsminimum der Sonne, gekennzeichnet unter anderem durch eine lange stille Phase der Sonne bei den Sonnenflecken. Sollten die Schätzungen für den relativen Einfluß der Sonne auf den Temperaturgang der Atmosphäre diesen Einfluß unterschätzen, würde es bedeuten, daß der Treibhauseffekt deutlich stärker maskiert war als bisher angenommen. Dies alles macht die kommenden Jahre sehr spannend. In einer aktuellen Publikation von James Hansen und Kollegen hat das Goddard Institut für Space Studies der NASA deutlich gemacht, daß man für 2010 einen neuen Temperaturrekord erwartet. (Der ausführliche Beitrag erläutert auch neue Methoden, den Wärmeinseleffekt abzuschätzen und die Temperaturdaten zu verbessern, etwa die Abschätzung der Oberflächentemperaturen der Meere.) Trotz ansteigendem Sulfataerosol in Asien und trotz stiller Sonne ist die globale Erwärmung auch in den letzten Jahren ungebremst voran gegangen. Schon ein moderater El Nino sorgt nun für ein neues Rekordjahr bei der globalen Temperatur. Sollte die Sonnenstrahlung wieder das Niveau der 60er Jahre erreichen und sollten in Asien Luftreinhaltemaßnahmen Effekte zeigen, würde sich deutlich zeigen, wie viel globale Erwärmung bislang durch verschiedene Effekte maskiert wurde. Dies wäre ein Augenblick der Wahrheit bezüglich der globalen Erwärmung und würde uns einen ersten Hinweis geben, wie realistisch das Ziel überhaupt ist, die globale Erwärmung bis 2100 auf ca. 2 Grad zu begrenzen. Schon jetzt ist die statistische Wahrscheinlichkeit nicht unerheblich, daß wir deutlich schlechtere Szenarien berücksichtigen müssen.Zeitreihe der globalen kombinierten Temperaturen von Land- und Meeresoberflächenmessungen nach GISS, links normale Jahresmittel, rechts gleitende Jahresmittel aus den monatlichen Daten - hier sieht man zuerst, wenn neue Rekordjahrestemperaturen erreicht werden (via Climate Progress).


Am Rande erwähnt sei, daß GISS auch darauf hinweist, daß im Zusammenhang mit einer Anfrage auf Basis des Freedom-of-Information-Acts vertrauliche Daten geraubt wurden. Dies erinnert an ähnliche Vorgänge bei der Climate Research Unit unter Phil Jones und ist auch im Zusammenhang mit Versuchen zu sehen, Webseiten wie Real Climate oder Sceptical Science zu hacken. Die Versuche der antiwissenschaftlichen Leugner des menschengemachten Klimawandels zur Sabotage der wissenschaftlichen Arbeit und zur Desinformation der Öffentlichkeit halten an.

Freitag, 12. März 2010

Wenn etwas gut ausgeht, könnte man auch einfach froh darüber sein - Schweinegrippe

Ich hatte hier vergangenes Jahr abseits vom Thema über die Schweinegrippe geschrieben. Ich fand es wichtig, sich dagegen impfen zu lassen. Auch wenn sich viele Stimmen fanden, wir sollten doch erst mal abwarten und bloß keine Panik machen. Wie zu erwarten, meldeten sich die gleichen Impfgegner, die etwa auch Widerstand gegen die Masernimpfungen leisten und dafür verantwortlich sind, daß diese Krankheit noch nicht, wie die Pocken, ausgerottet ist. Inzwischen mußten sogar Wissenschaftler eine Arbeit zurückziehen, in der der Mythos in die Welt gesetzt wurde, der Masernimpfstoff könnte Autismus fördern. Daran war nichts wahr, aber Impfgegner verbreiten den Mythos weiter. Bei der Impfkampagne gegen die Schweinegrippe wurde eine Hysterie geschürt um die angeblichen Gefahren des Impfstoffs, es wurde verbreitet, er sei ungenügend ausgetestet. Die Impfkampagne führte aber zu genau dem Ergebnis, das zu erwarten war - es gab nicht mehr Impfschäden, als zu erwarten waren, und diese waren weitaus harmloser als die möglichen Gefahren der Grippe. Viele Menschen denken, daß eine Grippe, an der von Größenordnung 10 Millionen Menschen, die daran in Deutschland erkranken, einige 1000 sterben, harmlos sei. Ich weiß nicht, wie man auf diese Idee kommen kann. Irgendwo setzt da logisches Denken aus. Auch ein paar tausend Tote sind ein paar tausend Tote zu viel. Daher ist JEDE Impfkampagne sinnvoll.

Die WHO und alle damit befaßten Institute haben IMMER, JEDERZEIT darauf hingewiesen, daß der Ausgang der Schweinegrippepandemie nicht vorhersagbar ist. Es kann harmlos ausgehen und sogar schwächer als eine saisonale Grippe sein oder auch viel schlimmer und in der Größenordnung der spanischen Grippe 1917-1920 gelangen. Nachdem man die Pandemie eine Weile beobachtet hatte, was klar, daß einerseits überproportional viele junge Menschen einen schweren Krankheitsverlauf zeigten, andererseits die Krankheitsverläufe nicht die Virulenz und Mortalität der spanischen Grippe zeigten. Trotzdem war die Impfkampagne dagegen sinnvoll - zum einen, weil jeder, der nicht stirbt, den Aufwand wert ist und zum zweiten, weil das Virus um so mehr Gelegenheit hat, zu mutieren und dabei gefährlicher zu werden, je mehr Menschen die Grippe durchmachen. Und drittens schließlich schützt die Durchimpfung der Bevölkerung auch die Menschen, die aus irgendeinem Grund gleichzeitig zu den Risikogruppen gehören, aber nicht geimpft werden können, wie bestimmte Allergiker, die gleichzeitig Asthmatiker sind und Säuglinge.

Nachdem die erste Pandemiesaison nun abgelaufen ist und wir nicht mehr Todesfälle gesehen hatten als in einer normalen Grippesaison, tauchen nun immer mehr Menschen auf, die, ich kann es nur unhöflich sagen, argumentieren wie unverständige Kinder. Zum Beispiel meldet sich heute der Spiegel mit einem Artikel, in dem der WHO Panikmache vorgeworfen wird. Vor dem von mir oben gegebenen Hintergrund muß man doch fragen: haben diese Spiegel-Schreiberlinge eigentlich noch alle beieinander? Hier wird mal wieder aus Geldgier ein bestimmtes Sentiment des Bildungsproletariats bedient: wenn vor einer Gefahr gewarnt wird und man hat Glück, daß nichts passiert wird, dann wird "Panikmache" gerufen. Dann reagiert man gleich seinen Minderwertigkeitskomplex ab, weil hier Experten gewarnt hatten und man sich denen nun überlegen fühlen kann und man kann auch noch über die Steuergelder schimpfen, die dabei verbraten wurden. Aber es hat alles nichts mit dem zu tun, was ich oben geschrieben hatte: niemand konnte garantieren, daß die Schweinegrippepandemie harmlos verläuft und jede Impfkampagne gegen eine solche Infektion ist sinnvoll.

Jedes Gleichnis hinkt, aber ich bringe es trotzdem: wenn man Russisch Roulett spielt, sitzt eine Kugel in der Revolvertrommel. Die Chance, daß es gut ausgeht, wenn man abdrückt, ist 1:6. Wenn jemand also abdrückt und er dabei keine Kugel in den Kopf bekommt, würden dann die Beobachter sagen, daß Russisch Roulett zu spielen eine harmlose Sache ist und daß davor zu warnen Panikmache sei? Wenn also vor einigen Pandemien gewarnt wurde und diese dann glimpflich ausgehen, heißt das nun, daß Organisationen, die gewarnt hatten, kompromittiert sind, daß sie ihre Glaubwürdigkeit verspielt hätten? Genau das wird in dem Spiegel-Artikel behauptet. Hier werden die Leser für dumm verkauft, weil man damit Auflage machen kann. Das ist aber unverantwortlich, denn wenn die Menschen anfingen, sich auszusuchen, ob sie Warnungen des Robert-Koch-Instituts oder der WHO ernst nehmen, könnten wir diese Einrichtungen gleich schließen. Und wenn diese anfingen zu überlegen, ob sie lieber nicht warnen, weil sie ihre Glaubwürdigkeit nur behalten, wenn die Katastrophe 100% sicher kommt, vor der sie warnen, werden sie keine neutrale Bewertung von Krankheiten vornehmen können.

Und obwohl die Impfkampagne schon sinnvoll war, weil ein gefährlicher Pandemieverlauf möglich war, möchte ich noch einen drauf setzen. Die nachfolgende Graphik zeigt die Zahl der Todesfälle von Kindern und Jugendlichen in US-Städten von 2006 bis heute. In grün sind die normalen Todesfälle durc hsaisonale Grippe eingezeichnet. In violett die Todesfälle aufgrund der Schweinegrippe. Die Schweinegrippe hat für eine deutlich erhöhte Sterblichkeit von Kindern und Jugendlichen gesorgt. DESWEGEN hatten wir die Impfkampagne. Dieser Spiegelschreiberling soll doch mal den Eltern, die ein an der Grippe verstorbenes Kind zu beklagen haben, ins Gesicht sagen, daß das alles Panikmache war. Die Impfkampagne hat weltweit tausenden von Kindern das Leben gerettet und wenn mal wieder vor einer neuen Grippevariante gewarnt wird, hoffe ich, daß jeder, der das hier gesehen hat, diese Fakten mal auf sich wirken läßt und versteht, daß die Pandemievorsorge nicht erst dadurch sinnvoll wird, daß sich in den Straßen auf Ansage die Leichen stapeln. Sondern weil schon 266 tote Kinder und Jugendliche in den US-Städten zu viel sind, deshalb machen wir das alles. Und weil manche dieser Kinder aus irgendeinem Grund selbst nicht geimpft werden können, sind wir es, die mit verantwortlichem Handeln Herdenimmunität herstellen. Daran haben die Spiegel-Journalisten nicht gedacht. Falls sie überhaupt an etwas neben ihrer Bezahlung denken...

Quelle: CDC

Mittwoch, 10. März 2010

Teddybär beißt zurück - wehren sich die Wissenschaftler?

(Update vom 11.3.2010 am Ende des Beitrags.)
Wissenschaftler sind es gewohnt, recht behütet zu leben und zu forschen. Für ein im Vergleich zu ihrer Ausbildungsdauer mageres Gehalt bearbeiten sie Themen, die bereits die Kollegen im Nachbarinstitut nicht mehr verstehen und führen die Auseinandersetzung mit Kollegen über Artikel in Fachzeitschriften und gelegentlichen Vorträgen und Postern auf Fachtagungen. Wehe, wenn ihr Fachgebiet plötzlich in den Fokus politischer Aktivität gerät. Die armen Forscher werden völlig überrascht, wenn sie plötzlich falsche Darstellungen ihrer Arbeit in den Medien sehen, ihre Kompetenz und Integrität von Menschen angegriffen wird, denen beides offensichtlich fehlt und die Öffentlichkeit die Argumente von Laiendarstellern überzeugender findet als langatmige und schwierige Monologe der Wissenschaftler.

Doch jede Lobbykampagne kommt irgendwann an den Punkt, an dem sie überzieht. Für einige Wissenschaftler ist dieser Punkt erreicht. Man muß dazu bedenken, daß die Situation in den USA, zu einem gewissen Grad auch in anderen angelsächsischen Ländern, anders ist als in Deutschland. In Deutschland haben Ende der 80er Jahre alle demokratischen Parteien eine übereinstimmende Ansicht zum Klimawandel gebildet, die auf den Feststellungen von Wissenschaftlern beruhen. Politiker in Deutschland hören auf Feststellungen von Wissenschaftlern, sofern es um die Bewertung naturwissenschaftlicher Fragen geht. In den USA ist dies anders. Hier konnte über Lobbyinstitute erfolgreich ein Kampf geführt werden, in dem die Gesundheitsgefährdung durch Tabakrauch angezweifelt werden konnte. Teilweise die gleichen Institute und in Einzelfällen sogar die gleichen "Experten" (am bekanntesten ist hier Fred Singer) diffamieren nun Klimawissenschaftler. Eingebettet sind diese Aktionen in die republikanische Partei in den USA. Die Republikaner haben starke Gruppierungen, die eine Brachialmarktwirtschaft unterstützen, in denen Steuersätze angestrebt werden, die zum Zusammenbruch funktionierender staatlicher Institutionen führen würden - in den Augen vieler Amerikaner auf dem platten Land keine schlechte Sache. Hier sind Gruppierungen stark, die Unternehmen von jeglichen Verpflichtungen befreien wollen, als da wären Umweltauflagen oder soziale Pflichten. Und es gibt hier Gruppierungen, die ein fundamentalistisches Christentum betreiben, daß in Deutschland als extremes Sektierertum betrachtet würde, bei dem man an die wortwörtliche Schöpfung in 6 Tagen glaubt und die faktische Evolution der Arten leugnet. Im Gegensatz zu Deutschland kann sich also die Wissenschaftsfeindlichkeit und das Leugnen des menschengemachten Klimawandels auf die eine der beiden dominierenden Parteien stützen, wobei die Republikaner gemessen an unserem Parteienspektrum nach meiner Einschätzung zum größeren Teil rechts von CDU/CSU/FDP stünden - innen-, wirtschafts- und sozialpolitisch.

Nicht nur der Diebstahl von Emails bei der Climate Research Unit und die Instrumentalisierung zur Verbreitung von Lügen über die Klimaforschung, sondern wohl noch mehr die Diffamierungskampagne des republikanischen Senators James Inhofe, der Wissenschaftler auf der Basis von Lügen in der britischen Presse als Kriminelle darstellt und mit einer Verfolgung der Wissenschaftler droht, hat bei einigen Wissenschaftlern die Erkenntnis wachsen lassen, daß man sich dagegen wehren müsse. Bedauerlicherweise wurde ihre Emailverkehr darüber gestohlen und wird nun erneut von der Leugnerszene als Beleg vermarktet, Wissenschaftler wollten andere Meinungen unterdrücken. Nun, wenn man bedenkt, daß es um Meinungen informierter Menschen gegen Lügen von Lobbyisten geht, wäre die Unterdrückung der Lügen sehr vernünftig. Natürlich ist es illusorisch, und wenn man die Emails kritisieren möchte, sollte man eher die darin mitschwingende Naivität kritisieren. Auf der Seite der Lobbyisten arbeiten Medienprofis, denen zum Erfolg reicht, daß die Debatte weiterläuft. Ihnen gegenüber stehen Wissenschaftler, die meistens nie gelernt haben, wie man ein komplexes Problem Laien darstellt und dabei gegen Angriffe von geübten Lügnern verteidigt. Leute wie Monckton oder Singer sollten nicht von Wissenschaftlern in Debatten gezogen werden, sondern von Medienprofis. Gegen Leugner darf man nicht mit abgewogenen Darstellungen kommen, die allen Verästelungen der Leugnervorwürfe folgen, sondern man muß sich einen schwachen Punkt in der Leugnerargumentation herausgreifen und auf dem herumreiten, bis der letzte im Publikum verstanden hat, daß die Leugner ihn versuchten, für dumm zu verkaufen. Und gegen schlechten Journalismus hilft nur konsequent Material für gute Artikel zu liefern. Die meisten Journalisten sind nicht "böse", sondern stehen nur unter Zeitdruck und sind notwendigerweise nicht kompetent zu naturwissenschaftlichen Themen.

Ein Beispiel dafür, wie man die Presse mit Material füttert, liefern einige texanische Wissenschaftler, die auf die idiotische Feststellung des Parlaments in Texas reagierten, die Feststellungen des IPCC seien ein Schwindel. Wissenschaftler wie Andrew Dressler stellen im Houston Chronicle noch mal dar, daß die Grundaussagen des IPCC fundiert sind und nicht im Zweifel stehen. Im Grunde kommt man sich vor, wie im Kindergarten, wenn Selbstverständlichkeiten immer wieder erklärt werden müssen. Seit 1979 ist jeder Bericht einer Expertenkommission zur Entwicklung des Klimas zu den gleichen Feststellungen gekommen: atmosphärisches CO2 steigt aufgrund menschengemachter Emissionen an, es gibt dadurch einen zusätzlichen Treibhauseffekt, die Verdopplung des CO2-Gehalts erhöht die globale Temperatur um etwa 3 Grad, das würde gravierende Auswirkungen auf Wettererscheinungen, Klimazonen und Ökosysteme haben und wäre potentiell gefährlich für viele Menschen, daher sollten die Emissionen der Treibhausgase in absehbarer Zeit auf Null gefahren werden. Es gab dazu keine einzige Ausnahme.

Wenn also Wissenschaftler zurückbeißen, wird das nun die Leugner in die Defensive drängen? Sicherlich nicht, denn wie schon gesagt, ist den meisten Wissenschaftlern nicht klar, wie man wissenschaftliche Themen populär macht und wie man auf Desinformationskampagnen reagiert. Insbesondere sind die Wissenschaftler chancenlos, wenn sie von Medien und Politikern nicht gedeckt, sondern teilweise angegriffen werden. Über die Naivität der Wissenschaftler läßt Andrew Revkin auf seinem Blog den Journalismusprofessor Tom Yulsman berichten, der unter anderem darauf hinweist, daß die meisten Menschen in der Wirtschaftskrise und in einem Land mit schlechter staatlicher Infrastruktur ganz andere Sorgen haben als den Klimawandel, dessen Auswirkungen man erst in der Zukunft sehen wird.

Es sollte zwar Wissenschaftlern klar werden, daß in den USA und auch anderen Staaten die Wissenschaften von einer Zweckgemeinschaft religiöser Extremisten, wirtschaftlicher Lobbygruppen und marktradikaler Parteien für die Öffentlichkeit unglaubwürdig gemacht werden sollen und es die falsche Strategie ist, sich unpolitisch zu geben und abzuwarten, bis es einen selber betrifft. Noch wichtiger ist aber, daß Politiker und Journalisten verstehen, daß es zivilisatorischer Selbstmord ist, Diffamierungskampagnen gegen Wissenschaftler geschehen zu lassen. Schon den deutschen Medien traue ich hierin nicht. Aber der eigentliche Kampf findet in den USA statt unter ungünstigsten Bildungsvoraussetzungen der Durchschnittsbürger. Kaum einer würde auf die Seite der Wissenschaft wetten...

Nachtrag vom 11.3.2010:
Joe Romm weist auf einen Nature-Artikel hin, der ebenfalls die Reaktionen auf die Hexenjagd von Senator Inhofe auf amerikanische und ausländische Wissenschaftler auf der Basis selektiver Zitate aus den gestohlenen Emails der Climate Research Unit aufgreift. Im Nature-Artikel wird gefordert, daß die Wissenschaftler lernen müßten, mit den Medien umzugehen. Sie sollten die Wissenschaft verständlich darstellen, aber auch berücksichtigen, daß sie sich in einem Straßenkrieg befänden. Die Medienreaktionen auf den Fehler bezüglich der Gletscherschmelze im Himalaya hätten nicht Wochen andauern müssen. Es waren IPCC-Wissenschaftler, die den Fehler gefunden hatten, und hätte man sofort den Fehler erklärt und korrigiert, wäre die Angelegenheit nach wenigen Tagen wieder aus der Presse verschwunden. Hier allerdings kann ich Nature nicht ganz folgen. Natürlich wäre es besser gewesen, der Fehler wäre schon 2006 bei der ersten Entdeckung behoben worden. Nachdem aber 2007 der IPCC-Bericht erschienen war, wäre der Fehler auf jeden Fall von der Leugnerszene so ausgeschlachtet worden, wie es geschehen ist. Und natürlich steht man in den Medien besser da, wenn man Fehler schnell anerkennt, sofort korrigiert und seine eigene Geschichte darstellt. Das geht aber nur dann, wenn jemand zu seinem eigenen Bereich Stellung nehmen kann. Das IPCC ist im Grunde die Koordinierungsstelle für die Arbeit hunderter unabhängiger Autoren. Niemand hat dort die zentrale Stellung, bei Entdeckung eines Fehlers an einer beliebigen Stelle im Bericht sofort kompetent darauf zu antworten. Journalisten sollten den schwarzen Peter nicht einseitig der geringen Medienkompetenz von Wissenschaftlern zuschieben. Journalisten tragen selbst Verantwortung dafür, neutral zu berichten. Leugner und Wissenschaftler auf Augenhöhe gegenüber zu stellen, ist keine Neutralität. Aber genau das wird immer wieder getan.

Sonntag, 7. März 2010

Wie man einen Wissenschaftler vorführt

In einem Interview, das am 13.2.2010 von der BBC online gestellt wurde, hatte Phil Jones die Frage, ob es seit 1995 wärmer geworden sei, korrekt damit beantwortet, daß die globale Erwärmung seitdem gerade noch nicht statistisch signifikant sei. Schon da war bekannt, daß einige Fragen des Journalisten von Leugnern des wissenschaftlichen Sachstandes übernommen worden waren. Trotzdem könnte man fragen, wie der Journalist darauf kam, ausgerechnet 1995 als Startjahr für einen Trend zu nehmen. 1995 ist nichts besonderes vorgefallen, auch statistisch hat 1995 oder ein 15-Jahreszeitraum keine auffälligen Merkmale, daß man gerade diesen Zeitraum herausgreifen müßte und die Gefahren des Rosinenpickens sind bekannt.

Diese Frage wird bei DeepClimate beantwortet. Es war Richard Lindzen, der Wissenschaftler, der als Feigenblatt der Leugnerbewegung dafür zuständig ist, den Eindruck zu erzeugen, seriöse Wissenschaftler hätten Zweifel daran, daß die Menschheit mit Treibhausgasemissionen eine globale Erwärmung erzeugen kann. Lindzen verbreitet die Theorie, daß die Klimasensitivität sehr klein sei, zu klein, als daß die globale Temperatur um mehr als 0,5 Grad steigen könnte, zu klein aber auch, damit es die letzten Eiszeiten auf der Erde gegeben haben könnte. Schon längst ist die globale Temperatur höher gestiegen, als Lindzen es Ende der achtziger Jahre für möglich gehalten hatte. Doch dies stört ihn nicht, stattdessen verbreitet er Verschwörungstheorien darüber, daß skeptische Wissenschaftler aus dem Wissenschaftsbetrieb gedrängt würden. Das ist eine freie Erfindung, für die Lindzen erwartungsgemäß nie nachprüfbare Belege liefert.

Lindzen, der genauso, wie andere Leugner, Kontakte zu Lobbyorganisationen und Thinktanks pflegt, die Leugner unterstützen und benutzen, hatte laut DeepClimate, die Parole erstmalig ausgegeben, daß die globale Erwärmung seit 1995 nicht statistisch signifikant sei. Seitdem wird dieses Jahr über den Leugnerblog Wattsupwiththat weiterverkauft, unterstützt vom Blogbetreiber Lubos Motl, dessen oft inkohärenten Auslassungen zwischen fanatisch und paranoid anmutend schwanken. Immerhin verbreitet er die Theorie, daß Sozialisten die Weltherrschaft über eine Umweltgesetzgebung anstrebten. Er ist hier nur aufgrund seiner Präsenz in der Leugnerblogosphäre erwähnenswert, denn entweder Lindzen oder Watts oder Motl gaben Anlaß für die BBC-Frage, die nur eine Antwort erlaubte. Und genau diese Antwort wurde benutzt, damit britischer Lügenjournalismus behaupten konnte, Jones sähe keine globale Erwärmung mehr. Eine Unterstellung, die inzwischen millionenfach in Blogs wiederholt wurde, im Grunde aber zuerst fabriziert vom Zirkel um Lindzen-Watts-Motl und dann publizistisch erneut vermarktet von dem gleichen Netzwerk. Man brauchte nur zu warten, bis irgendein Wissenschaftler das offensichtliche statistische Ergebnis auszusprechen, um ihm das im Munde umzudrehen.

Hier wurde ein Wissenschaftler vorgeführt und eine weitere Leugnergeschichte fabriziert.

Samstag, 6. März 2010

Methan: Blubbergas aus dem Norden macht noch keine Angst

Vor etwas über einem Monat hatte ich beruhigende Sätze über Methan verbreitet. Das Gas verstärkt den Treibhauseffekt, zeigt aber keine Tendenzen eine ernsthafte Konkurrenz für CO2 zu werden. Teilweise liegt das daran, daß Methan in den letzten zwei Jahrzehnten kaum Zuwachs in der Atmosphäre zeigte. Die Ursachen dafür sind unklar. Für die Zukunft gibt dieses Treibhausgas aber Grund zur Sorge, weil gewaltige Mengen an Methan in den Permafrostböden und in den Ozeanen gebunden sind. Tauen die Permafrostböden auf oder wird in den Ozeanen durch eine Erwärmung das als Clathrat gebundene Methan instabil, blubbert das Methan aus diesen Reservoirs. Die dort gebundenen Mengen könnten möglichweise die Methankonzentration in der Luft vervierfachen und dadurch Methan zu einem gleichwertigen Treibhausgas verglichen mit CO2 machen. Ob dies geschehen kann und wie schnell dies geschehen kann, ist unklar. Zudem wird das in den Ozeanen gebunde Methan bei einer Freisetzung zum größten Teil noch im Wasser oxidiert und würde daher gar nicht als Methan in die Atmosphäre gelangen.

In den Gewässern vor Ostsibirien sieht das anders aus. Diese Gebiete wurden im Wechsel mit der Änderung des Meeresspiegels zwischen Eiszeit und Zwischeneiszeit abwechselnd überschwemmt oder trocken gelegt. In den Eiszeiten lagen die Gebiete trocken und waren fester Permafrostboden. Derzeit liegen sie unter ca. 50 Meter Wasser vor dem Festland. Das Wasser bringt die Temperatur in den Bereich des Gefrierpunkts. Schon geringfügige Erwärmungen lassen Methan-Clathrate instabil werden und Methan nach oben blubbern. 50 Meter Wassersäule reichen aber nicht mehr, damit dieses Methan überwiegend im Wasser gelöst und dort oxidiert werden kann. Erhebliche Mengen gehen also in die Atmosphäre. Natalia Shakhova und Igor Semiletov von der University of Alaska in Fairbanks sowie A. Salyuk, V. Yusupov, D. Kosmach und Ö. Gustavsson haben kürzlich in Science (Extensive methane venting to the atmosphere from sediments of the East Siberian Arctic Shelf, Science 327, 1246-1250 (2010).) Ergebnisse von Messungen in diesen Gewässern und in der Luft darüber publiziert, mit denen Sie belegen, daß tatsächlich nennenswerte Mengen von Methan aus dem Kontinentalsockel vor Ostsibirien in die Atmosphäre gelangen. Die Messungen belegen, daß das Schelfeis vor Sibirien keine Barriere mehr für Methan darstellt. Unklar ist, ob diese Situation neu ist und durch die globale Erwärmung bewirkt wird oder ob dieses Meeresgebiet schon immer eine wichtige Methanquelle darstellte. Nach Schätzungen der Autoren kommt die Hälfte des global aus den Meeren emittierten Methans aus dem Meer vor Ostsibirien, nämlich 7 Megatonnen. Um diese 7 Megatonnen Methan einzuordnen: die gesamten Emissionen global betragen ca. 500 - 600 Megatonnen pro Jahr (mehr als die Hälfte davon aus anthropogenen Quellen). Damit trägt Methan ca. 20% des Anteils von CO2 zum zusätzlichen Treibhauseffekt bei. Über diese Methanquelle müßten wir uns also Sorgen machen, wenn sie um mehr als eine Größenordnung stärker würde. Natürlich kann das niemand ausschließen. Aber bis das der Fall ist, sollte unsere Sorge dem CO2 gelten. Es ist ja letzlich auch der Treibhauseffekt durch unser emittiertes CO2, daß dafür sorgen könnte, daß am Ende das in der Arktis gebundene Methan ausgasen könnte.

Weitere Informationen mit weiteren Literaturverweisen bietet RealClimate an.

Dienstag, 2. März 2010

Skandalreporter Kulke bei der Welt mit neuen Lügen

In einem Beitrag hatte ich mich bereits über einen polemischen Kommentar von Ulli Kulke bei der Welt aufgeregt, der Aussagen von Dr. Phil Jones, Direktor der Climate Research Unit (CRU) ins Gegenteil verdrehte und damit ihn und CRU diffamierte. Dies ist, wie schon Dr. Stefan Rahmstorf feststellte, kein Einzelfall. Kürzlich hat sich Kulke erneut zu dem Thema ausgetobt, der bei der Welt offensichtlich Narrenfreiheit bei klimabezogenen Themen hat.

Die Schmiererei unter dem Titel „Die verlorene Unschuld der Klimaforschung“ ermöglicht den Blick in ein fremdartiges Paralleluniversum, in dem vermutlich auch Schweine fliegen können. Ich greife mal ein paar Absonderlichkeiten heraus und lasse den Rest als kleine Übung für den Leser.

Über Phil Jones schreibt Kulke, er stehe „im Verdacht, Daten „getuned“ oder wenigstens unsauber verarbeitet und verschlampt zu haben.“ Kulke läßt erstmal offen, daß es um Metadaten zu einem Artikel 1990 zusammen mit Wang geht. Der Leser soll glauben, daß die Temperaturzeitreihe der CRU im Verdacht stünde, gefälscht zu sein, worauf er aber erst weiter unten eingeht. Davon kann aber keine Rede sein. Daten zu Stationsstandorten in China waren bei Wang verloren gegangen. Dazu hatte es eine Untersuchung gegeben, in deren Ergebnis Wang vom Vorwurf der Schlamperei oder der versuchten Täuschung freigesprochen wurde. Jones selbst hatte die Metadaten gar nicht und konnte sie daher auch nicht verschlampen. Außerdem ist der Verlust der Metadaten praktisch folgenlos, weil 2007 eine neue Untersuchung bestätigt hatte, daß die Verlegung einiger 1990 verwendeten Stationen das Ergebnis der Studie nicht beeinflusst hat. Das alles enthält Kulke den Lesern natürlich vor. Stattdessen setzt er zu seinem Fälschungsvorwurf hinzu: „In mehreren Interviews gestand er dies jetzt auch ein, seit Dezember ist er beurlaubt.“ Gelogen, Jones hat keineswegs das Fälschen oder Tunen von Daten eingestanden, wie könnte er das denn? Und Jones wurde nicht beurlaubt, sondern er selbst läßt sein Amt während laufender Untersuchungen ruhen. Und vermutlich kann er derzeit bei der laufenden Diffamierungskampagne, in der die britische Presse eine Lüge nach der anderen auffährt und den wiederholten Morddrohungen sowieso nicht vernünftig arbeiten, bis sich die Aufregung wieder gelegt hat. Tatsächlich gibt es derzeit keinen belegten Vorwurf gegen CRU.

Vom Rücktritt von Yvo de Boer spannt Kulke einen Bogen zu Rajendra Pachauri, dem (ehrenamtlichen) Vorsitzenden des IPCC, von dem Kulke behauptet, fast alle maßgeblichen Klimaforscher würden seinen Rücktritt fordern, weil er die Verantwortung trüge für angebliche Übertreibungen in den IPCC-Berichten, namentlich für „(…) angeblich dramatisch ansteigende Naturkatastrophen, Abschmelzen der Himalaja-Gletscher in 25 Jahren, Untergang der Niederlande, Austrocknung des Amazonaswaldes und weiter Teile Afrikas und anderem mehr.“ Diese Punkte hatte ich bereits angesprochen. Und später erneut. Und wahr ist davon nur, daß es einen Fehler bei der unterstellten Geschwindigkeit des Abschmelzens der Himalaya-Gletscher an einer Stelle im Bericht gab. Diesen Fehler hat das IPCC deutlich sichtbar im Bericht korrigiert. Der Rest sind Lügen, die von britischen Journalisten verbreitet wurden und ein fähiger Journalist hätte das inzwischen recherchiert. Kulke natürlich nicht.

Das war aber nur zum Aufwärmen – hier kann man mit einem zugedrückten Auge noch sagen, Kulke versucht seine Leser irrezuführen, wandelt aber noch so gerade auf dem Grat zwischen Irreführung und Lüge. Doch dann kommt es dicke. Er schreibt: „Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften, die dem Weltklimarat im Jahr 2007 den Friedensnobelpreis verliehen hatte, kritisiert inzwischen öffentlich seinen Laureaten IPCC.“ Man kann noch mit Inkompetenz entschuldigen, daß Kulke hier nicht weiß, daß der Friedensnobelpreis von einem Komitee des norwegischen Parlaments vergeben wird. Die Schwedische Akademie hat damit nichts tun. Sie hat auch nicht das IPCC kritisiert. Für diese Behauptung bemüht Kulke erst einen aus dem Zusammenhang gerissenen Satz einer Meinungsäußerung des Akademiepräsidenten und dann einen Bericht der Akademie vom 22. September 2009. Und hier ist die Lüge, die beabsichtigte Falschaussage. In dem Bericht steht das genaue Gegenteil von dem drin, was Kulke unterstellt. Den Bericht kann man hier einsehen.

Kulke: „Bemerkenswert ist, dass die Akademie bereits im September 2009 auf Distanz gegangen war.“ Lüge, der Akademie-Bericht bezieht sich sogar mehrfach auch auf den IPCC-Bericht.

„Noch bevor die gehackten Emails manche Ungereimtheiten aus der Forschung von Phil Jones und seiner Kollegen ans Licht brachten(…)“ Falsch, aus den Emails ergab sich keine einzige „Ungereimtheit“ der Forschung am CRU.

„In einem eigenen Papier zur Erderwärmung bemerkte damals schon die schwedische Akademie, dass erst noch untersucht werden müsse, inwieweit menschliche oder natürliche Ursachen auf die Klimaentwicklung einwirkten,(…)“ Lüge, das steht keineswegs in dem Bericht. In dem Punkt 3 werden Klimavariationen der letzten 12000 Jahre angesprochen, im Punkt 8 zusätzliche Einflüsse neben den menschengemachten. Aber in Punkt 10 steht unmissverständlich „However, based on detailed theoretical and modelling studies, IPCC concludes that the observed warming of the climate from around 1970 is in broad agreement with the increase of greenhouse gases and aerosols and consequently considers this to be the most probable main cause of the present global warming.”

“Zwischen den „sogenannten“ Treibhausgasen und dem Klimawandel gebe es „keinen einfachen direkten (räumlichen oder zeitlichen) Zusammenhang“.“ Lüge durch Irreführung. Der Bericht nimmt es als Tatsache, daß Treibhausgase zu einer globalen Erwärmung führen, von „sogenannten“ kann da keine Rede sein. Die zitierte Formulierung stammt aus dem Punkt 11 und bezieht sich dort darauf, daß der Erwärmungseffekt der Treibhausgase und der Abkühlungseffekt bestimmter Aerosole sich teilweise gegenseitig kompensieren. Vor dem zitierten Halbsatz steht „The relation between the change in climate and changes in greenhouse gases and aerosols is complex,(…)” und damit wird direkt klar, daß hier die Komplexität des Zusammenhangs angesprochen wird, nicht aber, wie Kulke die Leser glauben machen will, daß der Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und Klimawandel in Frage stünde.

Einfach nur boshaft ist „Von einer offiziellen Aufforderung, den Preis zurückzugeben, ist bislang nichts bekannt.“ Wieso auch? Es gibt überhaupt keinen Ablauf zur Rückgabe von Nobelpreisen und auch niemanden in Norwegen, der auch nur auf die Idee kommen könnte, das IPCC hätte den Preis zurückzugeben. Das ist eine rhetorische Figur der politischen Polemik. Man formuliert eine Diffamierung mit dem Hinweis, dies sei bislang nicht erwiesen. Dadurch kann man nicht mit einer Verleumdungsklage belangt werden, hat aber trotzdem die Diffamierung in die Welt gesetzt. Die Zuhörer ergänzen dann für sich, daß „bislang“ bedeutet, daß sich das jederzeit ändern kann und Beweise für die Unterstellung auftauchen werden. Im Kontext der zuvor geäußerten Lügen wird auch das eine Lüge: dem Leser wird suggeriert, die Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften habe die Absicht, den (von ihr nicht verliehenen) Nobelpreis vom IPCC (obwohl die Akademie mit einem Bericht im September 2009 die Feststellungen des IPCC bekräftigt) zurückzufordern, die offizielle Aufforderung dazu sei aber, aus welchen Gründen auch immer, bislang nicht bekannt.

Für den von den Niederlanden dem IPCC falsch gemeldeten Anteil des Landes unter dem Meeresspiegel kann man bei RealClimate nachschauen, um Kulkes Rhetorik reichtig zu bewerten. So richtig dreckig wird es erst danach.

Kulke: „Aus der Klimawissenschaft mehren sich indes in den letzten Wochen auch Zweifel, ob bei den terrestrischen Temperaturmessungen selbst überhaupt alles mit rechten Dingen zuging.“ Eine freie Erfindung, es sei denn, man nimmt Blogbeiträge von antiwissenschaftlichen Leugnern als „die Klimawissenschaft“. Worauf gründet sich diese Unterstellung? Kulke schreibt: „Ob etwa aufgrund der Reduktion der weltweiten Messstationen um drei Viertel während der letzten Jahrzehnte – von etwa 6000 auf 1500 in – Zug um Zug in wärmeren Regionen gemessen wird.“ Falsch, und das zeigt sich sogar in fünf Punkten. Es gibt keine Reduktion der Messstationen, sondern es gibt Meßnetze, die innerhalb von Tagen ihre Temperaturmessungen anderen Wetterdiensten und der WMO und eben auch CRU die Daten zugänglich machen und andere, bei denen es Wochen, Monate oder gar Jahre dauert. Es ist also nicht die Zahl der Meßstationen zurückgegangen, sondern die Zahl der Stationen, für die bereits Daten vorliegen, nimmt naturgemäß ab, sobald wir uns auf die Gegenwart zu bewegen. In einigen Jahren wird also die Zahl der zwischen 2000 und 2010 meldenden Stationen dramatisch zugenommen haben. Falsch ist auch, daß die verbleibenden Stationen selektiv in wärmeren Regionen messen würden. Das ist eine freie Erfindung Kulkes. Außerdem korrelieren Temperaturanomalien über so große Strecken, daß das Stationsnetz für Zwecke der Klimabeobachtung mehrfach überbelegt ist. Verschiedene Arbeiten zeigen dies und daß man auch bei einer Ausdünnung der Messnetze zu den gleichen globalen und sogar regionalen Temperaturtrends kommt (siehe unten und auch bei Menne et al.). Weiterhin sind 70% der Erdoberfläche Meere, die von einer geringeren Zahl meldender Stationen gar nicht betroffen sind. Und selbst die Satellitendaten zeigen keineswegs, daß es systematische Abweichungen der Art gibt, die Kulke sich da ausdenkt. Alles zusammen also Stuß, den uns Kulke da verkaufen will. Da macht er aber nicht halt.

Kulke schreibt weiter: „Oder ob bei der – notwendigen – statistischen Aufbereitung Fehler unterlaufen seien, versehentlich. Oder absichtlich?“ Letzteres wäre eine Unterstellung eines Betruges. Das sollte sich Kulke noch mal überlegen, ob er das will, denn wegen übler Nachrede kann man verklagt werden, vor allem, wenn man das so völlig frei aller Belege dafür macht. Noch nicht mal seine angeblichen Fehler in der statistischen Aufbereitung kann Kulke belegen. Welche sollen denn das sein? Da müssten sämtliche globalen Temperaturzeitreihen, egal aus welcher Quelle, alle konsistent die gleichen Fehler enthalten, denn die Zeitreihen sind hochgradig korreliert und die bestehenden Abweichungen sind bekannt. Zum Beispiel unterschätzt die globale Zeitreihe von CRU, HadCruT den aktuellen Temperaturanstieg etwas, weil die Datenlücke in der Arktis nicht durch extrapolierte Werte von benachbarten Stationen gefüllt wird, wie das bei NASAs GISStemp und der Zeitreihe NCDC der NOAA geschieht.

Keineswegs mehren sich aus der Klimawissenschaft die von Kulke unterstellten Zweifel – es sind die bekannten Leugner in ihren Blogs, die olle Kamellen auftischen. Kulke führt nämlich den zum Meteorologen geadelten Wetterreporter Joseph d’Aleo an, der in seinem Blog ohne jeden Beleg behauptete „die Temperaturerwärmung gegen Ende des 20. Jahrhunderts sei weltweit allein der willkürlichen Auswahl von Messtationen geschuldet.“ Tamino beweist in seinem Blog das Gegenteil, indem er tut, was d’Aleo selbstverständlich vermeidet: er rechnet nach! Und ist damit nicht allein.

Also: Kulke beruft sich auf einen Bericht, in dem das Gegenteil von dem steht, was er unterstellt, er diffamiert Klimaforscher, indem er den Eindruck vermittelt, sie würden Daten fälschen oder verschlampen, obwohl er dafür keine Belege hat, er übernimmt ungeprüft Behauptungen aus Blogs oder von einzelnen britischen Journalisten (Rose und Leake), die bereits als Lügen widerlegt wurden, und macht aus dem ganzen eine antiwissenschaftliche Polemik, in der Kernfeststellungen der Klimaforschung geleugnet werden. Kulke ist als Journalist untragbar, denn es geht um mehr als Inkompetenz, es geht um Lügen, die die Zeitung „Die Welt“ auf das schwerste kompromittieren. Es ist ein Skandal!