Montag, 25. Januar 2010

Methan, der eingebildete Joker unter den Treibhausgasen

Methan ist anscheinend ein Joker unter den Treibhausgasen, denn zumindest wird er so gehandelt. Methan ist als Treibhausgas über 80mal effizienter als Kohlendioxid, und steht unter den von Menschen emittierten Treibhausgasen an zweiter Stelle der Klimawirksamkeit. Andererseits wird Methan aber auch innerhalb einiger Jahre in der Atmosphäre chemisch abgebaut. Es reagiert mit dem OH-Radikal und bildet beim Abbau vor allem Formaldehyd HCHO, welches wiederum schließlich zu einem großen Teil über CO zu CO2 oxidiert wird. Da Methan um Größenordnungen niedrigere Mischungsverhältnisse in der Atmosphäre aufweist als CO2, spielt es als CO2-Lieferant keine Rolle. Bezogen auf ein Jahrhundert hat es aber etwa die 20 bis 25fache Treibhauswirkung je Molekül im Vergleich zu CO2, wenn man den chemischen Verlust mit berücksichtigt. Derzeit ist die Treibhauswirkung von Methan insgesamt etwa 30% der Wirkung von CO2.

Methan hat sowohl natürliche Quellen als auch solche aus Viehzucht, dem Reisanbau und der Förderung von Gas, Kohle und Öl. Auch geänderte Landnutzung und das Auftauen von Permafrostböden stellen Methanquellen dar. Methan ist letztendlich auch ein brauchbarer Popanz, in den sich die eine oder andere politische Agenda packen läßt.

Da wäre erst mal die Kohle- und Öllobby. Da Methan je Molekül so vielfach klimawirksamer ist als CO2, liegt es nahe, notwendige Emissionseinschränkungen aufzuschieben, indem man darauf hinweist, daß man doch einfacher mit Methan Erfolge beim Klimaschutz erzielen könnte als mit teuren Konzessionen bei Kohle und Öl. Diese billige Ausrede zieht aber aus mehreren Gründen nicht. Die Förderung von Kohle und Öl sind selbst von Methanemissionen begleitet. Noch wichtiger ist aber, daß CO2 als klimaschädliches Gas aufgrund seiner sehr langen effektiven atmosphärischen Lebensdauer über Jahrhunderte das Klima schädigt, während Methan innerhalb von Jahren chemisch abgebaut wird. Eben so sehr fällt ins Gewicht, daß CO2 zudem in den Ozeanen über den Abfall des pH-Wertes zur Schädigung der gesamten Meeresökologie beiträgt. Die Rechnung, daß man mit der Einsparung von einem Molekül Methan einen Effekt erzielt hätte, der der Reduktion der CO2-Emissionen um 25 Moleküle entspräche, geht daher nicht auf – beide Moleküle sind eben nicht äquivalent in der Wirkung.

Genau dieses müssen sich auch Veganer und so genannte Tierfreunde entgegenhalten lassen, die den Klimaschutz als Vehikel missbrauchen wollen, um Fleischverzicht in der Nahrung zu predigen. Es ist zwar sinnvoll, Methanemissionen zu reduzieren, aber es löst nur ein Teilproblem.

Die Gleichung, weniger Kuhmilch und Rindfleisch, und wir lösen das Methanproblem, ist in der Tat zu einfach. Jede Form von Landwirtschaft kann einen Beitrag zum Klimaproblem leisten. Da sind nicht nur die Reisfelder, da ist auch die Düngung von Äckern, die zu Emissionen von Lachgas N2O führen, das seinerseits ein potentes Treibhausgas ist. Und natürlich bedeutet die Bewirtschaftung der Felder und der Transport der Nahrungsmittel, daß auch hier CO2 emittiert wird. Man kann Methan einsparen, indem man seinen Konsum an Rind-, Schweine- und Hammel-/Lammfleisch reduziert, und gleichzeitig tut man möglicherweise mit einen solchen Ernährung auch etwas für seine Gesundheit, aber der Beitrag zum Klimaschutz insgesamt ist im Bereich von einigen Prozent, wenn auch individuell der Beitrag relativ höher sein kann, wie ich schon einmal andiskutiert hatte. Der regelmäßige Flugreisende wird vielleicht noch mehr für den Klimaschutz leisten, wenn er eine jährliche Fernflugreise in 3 von 4 Jahren ausfallen läßt.

Letztendlich haben wir gar nicht den Luxus, zu entscheiden, ob wir dem Klimaschutz über die Einsparung von CO2 oder von Methan dienen wollen. Die klimawirksamen Emissionen müssen langfristig insgesamt auf Null zurückgehen. Wir werden Methan und CO2-Emissionen vermindern müssen.

Methan ist auch der Stoff für Ängste. Wir wissen nicht genau, wie Methan als Rückkopplungsgröße den Klimawandel antreiben kann, aber möglicherweise gibt es einen Punkt, ab dem das Auftauen von Permafrostböden durch Methanemissionen zu einem wichtigen Verstärker einer globalen Erwärmung wird. Ereignisse in der Vergangenheit, in denen die Erde stärkere positive Rückkopplungen bei einem Klimawandel zeigten als wir aufgrund der heutigen Modelle nachvollziehen können, geben Anhalt für den Verdacht, daß Methan globale Erwärmungen massiv angetrieben haben könnte. Nicht nur auftauende Permafrostböden können Methan abgeben, auch sich erwärmende Meere stellen ein Risiko dar, wenn bei geeigneten Temperaturen und Druck sich am Meeresboden Clathrate von gefrorenem Methan in Wasser bilden konnten. Rund um Spitzbergen konnte man aufgrund von Messungen feststellen, daß bereits merkliche Mengen Methan nach oben blubbern. Doch sollte man keine voreiligen Schlüsse ziehen. Methan wird im Meerwasser gut gelöst und kann dort auch durch enthaltenes Sauerstoff und gelöste Peroxidionen vergleichsweise schnell oxidiert werden. Wie in der Luft verhält sich auch im Wasser Methan als zwar nicht sehr reaktives, aber doch gut abbaubares Gas. Aus diesem Grund sehen Fachleute die Lage bei den Clathraten am Meeresboden noch recht gelassen. Hier, wie auch bei der Entwaldung in den Tropen ist ungeklärt, wie groß das Risiko nun eigentlich ist, daß Methan eine globale Erwärmung dramatisch verstärken könnte.

Methan zeigt eigentlich besonders gut, wie schnell Vereinfachungen sich beim Normalbürger ins Bewusstsein drängen, wenn Wissenschaftlern noch deutlich bewußt ist, daß die Details von entscheidender Bedeutung sind, die man zudem noch bei weitem nicht unter der Kontrolle hat. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, daß unsere Kenntnisse über das globale Methanbudget noch zu grob sind, um erklären zu können, warum nun eigentlich die Methanmischungsverhältnisse in der Atmosphäre nach 1991 jahrelang stagnierten, um dann in den letzten zwei, drei Jahre möglicherweise ihren alten Anstieg wieder aufzunehmen. Möglicherweise hatte der Zusammenbruch des Ostblocks dazu geführt, daß industrielle Methanquellen oder Leckagen an Gasleitungen wegfielen. Vielleicht wurde Erdgas auch weltweit effizienter genutzt, da man Techniken verbessert hatte, es zu gewinnen. Vielleicht haben wir aber auch das globale Budget des OH-Radikals als wichtigste Senke von Methan noch nicht gut genug begriffen, obwohl ich diese Variante für extrem unwahrscheinlich halte und auch im IPCC-Bericht von einer konstanten Senke durch OH ausgegangen wird. Es gibt eine Reihe von Spekulationen, aber hier gilt noch das Wort, daß die Wissenschaft noch offen ist

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