Es sind noch einige Monate, bis offiziell die globalen Temperaturen für das Jahr 2009 bekannt gegeben werden. Und damit schließt sich so langsam die Tür für die Leugner, die mit der platten Lüge, man beobachte eine globale Abkühlung, ihre Propaganda verbreiten können. Man muß dabei realistisch sein: den Leugnern geht es dabei nicht darum, recht zu bekommen. Ihr strategisches Ziel ist es, Zweifel zu verbreiten. So lange der Eindruck besteht, grundsätzliche Fragen des Klimawandels seien noch in der Diskussion und nicht etwa schon lange abschließend geklärt, so lange kann man noch Medien und Politik verunsichern und in Beschlag nehmen. Letztendlich geht es darum, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu blockieren.
- Zum einen, weil manche Leugner damit Ängste vor einem übermächtigen Staat und neuen Steuern verbinden oder aus schlechten Erfahrungen mit Umweltaktivisten heraus, die sie an dieser Stelle treffen wollen,
- zum zweiten aus wirtschaftlichen Interessen, wie etwa Vertreter der Grundstoffindustrien und der Autoindustrie, Geologen und Mineningenieure sowie Mitarbeiter von Thinktanks, so genannten Denkfabriken, die aus Spendengeldern finanziert werden von Leuten oder Firmen, die selbst wiederum in einer dieser Kategorien hier fallen,
- zum dritten aus religiösen Gründen („Da Gott nach der Sintflut versprochen habe, die Menschheit nicht mehr in dieser Weise auslöschen zu wollen, könne es gar nicht zu katastrophalen Änderungen des Klimas oder einem Meeresspiegelanstieg kommen, egal was der Mensch tut, weil dies allein in Gottes Hand sei.“ Nicht lachen – das ist eine kleine, aber nicht unbedeutende Gruppe, insbesondere in den USA.),
- zum vierten aus allgemeiner Wissenschaftsfeindlichkeit, wie zum Beispiel der Fall bei Vertretern der Tabakindustrie, evangelikaler Gruppen, extrem konservativer Gruppen, die alle versuchen, gegen naturwissenschaftliche Ansätze anzukämpfen, wo vermeintlich Schwachpunkte auftreten, um so indirekt Umwelt-, Gesundheits- und Erziehungsbehörden anzugreifen,
- zum fünften aus Geltungsbedürfnis (viele pensionierte Professoren, Lehrer und Behördenmitarbeiter können noch mal öffentliche Aufmerksamkeit gewinnen, wenn sie eine Außenseitertheorie vertreten, über Vorträge, Bücher oder einen Blog) und
- zum sechsten, weil es überall Querulanten und Spinner gibt, die ihre Spezialtheorie gegen die Welt vertreten müssen – das ist noch nicht mal eine Frage der Intelligenz.
In ihrer Wirkung sind Leugner Verzögerer – sie halten notwendige und unvermeidliche Umweltschutzmaßnahmen auf und machen sie dadurch erheblich teurer und weniger effektiv. Sie sind insofern Saboteure, vergleichbar den Interessengruppen, die Planfeststellungsmaßnahmen aufzuhalten versuchen, wenn bereits klar ist, daß die Baumaßnahme auf jeden Fall kommt. Sie nehmen dabei auch selbstverständliche Rechte wahr: es muß jedem gestattet sein, seine Meinungs- und Demonstrationsfreiheit einzusetzen und vorhandene Rechtsmittel auszuschöpfen. Allerdings kann dabei die Fairness auf der Strecke bleiben – darauf muß man hinweisen können. Dazu gehört, wenn permanent mit dem Mittel der Lüge gearbeitet wird. Zum Beispiel mit der Sprechfigur: „Wo ist die globale Erwärmung?“ Immer wieder muß man darauf hinweisen, daß man die globale Erwärmung sehr wohl sieht, etwa in der kontinuierlichen Erwärmung der Ozeane. Durch die ständige Umverteilung von Wärme zwischen Meeren und Atmosphäre kann die globale Temperatur zwischen den Jahren um den Trend schwanken. Der Trend ist aber etwas anderes als die Daten einzelner Jahre oder Monate oder, um zu zeigen, wie grotesk es werden kann, Tage. Der Trend ergibt sich erst in der Gesamtschau einer ausreichenden Zahl von Jahren. Welche Zahl von Jahren ausreicht, sagt die Statistik. Man braucht genug Jahre, um einen signifikanten Trend zu erhalten, im allgemeinen etwa 24 Jahre, mit 30 Jahren ist man auf der sicheren Seite. Allerdings wird man selbst für die letzten 10 Jahre keine Abkühlung in den Temperaturdaten finden.
Auftritt eines lokalen BBC-Wetterreporters namens Paul Hudson, der einen freundlichen Redakteur bei der BBC fand, der aus seinem Blogbeitrag eine BBC-Nachricht machte. Nachdem die Diskussion über die angebliche globale Abkühlung nun schon seit Jahren mit den immer gleich falschen Argumenten der Leugner geführt wird, fragt dieser schon wieder, wo denn die globale Erwärmung sei. Nichts, was in dem Beitrag steht, ist neu. Trotzdem gab es in Blogs von Leugnern ein großes Hallo bei dem Beitrag. Warum?
Die BBC ist auch bekannt für ihre naturwissenschaftlichen Reihen. Und dazu gehörten auch Informationen zum Klimawandel. Also ein Hassgegner für Menschen, die Aufklärung und Wissenschaft bekämpfen und Außenseitermeinungen verbreiten wollen. Aber was steht drin?
1. Es steht nichts Neues im Artikel - sämtliche darin erwähnten Leugnerversatzstücke sind bereits seit Monaten bekannt oder sogar noch älter.
2. Der Reporter zitiert zwar die Temperaturzeitreihe des Hadley Centres, widerspricht aber komplett der Interpretation des Hadley Centres, das immer wieder in seinen Verlautbarungen darauf hinweist, daß die globale Temperatur unverändert einen ansteigenden Trend aufweist und daß das Hadley Centre erwartet, daß in den Jahren von 2010 bis 2015 die Hälfte der Jahre wärmer sein werden als 1998.
3. Er zitiert einen gewissen Piers Corbyn, der keine einzige wissenschaftliche Publikation in Fachzeitschriften vorweisen kann. Jener behauptet, daß galaktische kosmische Strahlung, gesteuert von der Sonne, alleine das Klima bestimmen würde. Seine Behauptungen dazu, daß er mit seiner Firma das langfristige Wetter vorhersagen könnte, werden kritiklos weitergegeben, obwohl dieser nur Behauptungen macht, die nicht nachprüfbar sind, da seine Methode (falls er eine hat) von ihm nicht veröffentlicht wurde. Hingegen wurde von vielen Wissenschaftlern (ich verweise dazu gerne auf Lean und Rind und auf Lockwood und Frohlich) nachgewiesen, daß die globale Erwärmung der letzten Jahrzehnte sich nicht durch die Sonneneinstrahlung oder galaktische kosmische Strahlung erklären läßt, durchaus aber durch steigende Treibhausgaskonzentrationen, Aerosoleinflüsse, Vulkane und interne Variabilität, hier an erster Stelle ENSO.
4. Er zitiert außerdem einen Don Easterbrook, einen Geologen - kein Klimatologe, dessen Behauptung, unser Klima würde durch die PDO (Pacific Decadal Oscillation) gesteuert, bereits widerlegt wurde (eben durch Lean und Rind unter anderem). Die Behauptung ist auch ohne Basis, weil im Laufe des Jahrhunderts Klimaänderungen ohne die PDO erklärt werden können, weil die PDO weiterhin keine Klimaänderungen verursachen kann, sondern nur als Folge von Klimaänderungen selbst Veränderungen durchmachen kann.
5. Schließlich gibt er auch Latif falsch wieder, ein von Leugnern gerne aus dem Zusammenhang gerissenes Versatzstück. Latif spricht über die Möglichkeit, daß interne Variabilität des globalen Wetters dazu führen könnte, daß eine globale Erwärmung auch über 10 oder 20 Jahre verdeckt sein könnte, ohne aber dies auf einen bestimmten Zeitraum zu beziehen. Das mag stimmen oder auch nicht, bestätigt aber nicht im geringsten die Behauptungen von Easterbrook, Corbyn oder diesem Reporter und bedeutet auch nicht, daß es etwa jetzt gerade kälter werden müßte. Latif macht insbesondere auch klar, daß der globale Erwärmungstrend irgendwann dann auch dafür sorgen würde, daß zum Ausgleich die globale Temperatur erheblich stärker steigt.
6. Der Reporter Paul Hudson kann außerdem Wetter und Klima nicht auseinander halten, und bezieht sich auf einzelne Jahre oder einen 11-Jahreszeitraum als maßgeblich für klimatische Veränderungen. Er gehört auch zu denen, die meinen, es sei sinnvoll, ausgerechnet mit dem Jahr 1998 eine Zeitreihe für eine Trendberechnung zu starten, obwohl dieses Jahr durch einen sehr starken El Nino einen Ausreißer darstellt, der statistische Berechnungen verfälscht. Und es ist schon seltsam, wenn man 2008 unbedingt 10-Jahrestrends berechnen wollte und 2009 11-Jahrestrends. Anscheinend werden die gleichen Leute nächstes Jahr unbedingt auf 12-Jahrestrends pochen.
7. Das hilft aber alles nichts. Die lineare Regression ergibt bei dem Datensatz des Hadley Centres für die kombinierten jährlichen Temperaturanomalien aus dem Meßnetz und über den Ozeanen für die letzten 10 Jahre (1999-2008) einen Anstieg von 0,0107 Grad pro Jahr, für die letzten 11 Jahre einen Anstieg von 0,0021 Grad pro Jahr, die letzten 12 Jahre von 0,0033 Grad pro Jahr. Wo ist die globale Abkühlung? Die gleichen Zahlen bezogen auf 2009 als letztes Jahr, wobei ich die letzten 4 Monate gleich dem Augustwert setze als einfachste Persistenzannahme geben für 10 Jahre 0,0068, für 11 Jahre 0,0117 und für 12 Jahre 0,0043 Grad pro Jahr. Signifikant ist erst der 30 Jahrestrend von 0,0152 Grad pro Jahr (bis 2008) oder 0,0156 Grad pro Jahr (bis 2009). Wo ist die globale Abkühlung? Man kann auch darauf verweisen, daß das laufende Jahrzehnt (2000 – 2009, mit einem vorläufigen Wert der Temperaturanomalie für 2009 aus den ersten 8 Monaten plus Persistenz) mit 0,41 Grad 0,18 Grad wärmer ist als das Jahrzehnt 1990-1999 mit einem Durchschnitt von 0,23 Grad (inklusive dem El Nino-Jahr 1998). Wo ist die globale Abkühlung? Man kann darauf hinweisen, daß das laufende Jahr (erste 8 Monate plus Persistenz) 0,12 Grad wärmer ist als 2008, und auch wärmer als 2007 und 2006 und wohl das drittwärmste Jahr insgesamt. Wo ist die globale Abkühlung?
8. Englisch kann der Mann wohl auch nicht, wenn er schreibt:
"One thing is for sure. It seems the debate about what is causing global warming
is far from over." - "Eine Sache ist sicher. Es scheint so, als wäre die Debatte
darüber, was die globale Erwärmung verursacht, bei weitem noch nicht zu Ende."
Ist es nun sicher oder scheint es so? Mal abgesehen davon, daß es keine wissenschaftliche Debatte darüber gibt, daß der Anstieg von Treibhausgasen zu einer globalen Erwärmung führt.
Man kann es positiv sehen: wenn Leugner nur auf die Wiederholung bekannter, widerlegter Behauptungen eines Reporters zurückgreifen können als angebliches Argument, haben sie wirklich ihre Munition verschossen. Aber leider stimmt auch das: das Geraune in der Medienlandschaft geht weiter und wird weiterhin die Arbeit sabotieren, schnell zu bezahlbaren Maßnahmen für den Klimaschutz zu kommen. Zumindest die Öffentlichkeit und die Politik in den USA reagieren auf solchen Unfug, dabei sind es weiterhin die USA, die derzeit am wenigsten für den Klimaschutz tun und mit den größten Beitrag zum Problem leisten.