Steigen die Mischungsverhältnisse der Treibhausgase in der Atmosphäre, absorbiert sie infrarotes Licht stärker. Dadurch wird die Abstrahlung der Wärme von der Erde ins All weniger effektiv und die Gleichgewichtstemperatur der Erde wächst an. Bei einer Verdopplung der CO2-Mischungsverhältnisse von 280 auf 560 ppm erhält man einen Wert von ca. 1,2 Grad Celsius bzw. 1,2 Kelvin.
Wird die Atmosphäre wärmer, führt dies jedoch auch zu Rückkopplungen. Die meisten Rückkopplungen sind positiv und verstärken Änderungen der globalen Temperatur. Zunächst nimmt eine wärmere Atmosphäre mehr Wasser auf. Dadurch wird der Treibhauseffekt verstärkt. Zugleich erwärmt sich die Troposphäre im oberen Bereich stärker als im unteren Bereich. Dadurch strahlt sie effizienter Wärme ab. Das ist eine negative Rückkopplung, die allerdings deutlich kleiner ist. Weiterhin nimmt die Bewölkung vermutlich zu. Je nach Modell kann das zu einer positiven oder negativen Rückkopplung führen, doch insgesamt überwiegt die Ansicht, daß wir von einem neutralen bis leicht positivem Effekt ausgehen müssen. Schließlich geht durch eine globale Erwärmung auch die Schneebedeckung in den gemäßigten Breiten und teilweise in den polaren Breiten zurück. Dadurch nimmt die Albedo der Erde im Mittel ab, also die direkte Reflektion der Sonneneinstrahlung vom Boden, was die Erde weiter erwärmt, aber besonders verstärkt über dem Land in den gemäßigten bis polaren Zonen, ganz besonders aber in der Arktis - speziell die arktische Verstärkung durch den Rückgang der Seeeisbedeckung läßt sich inzwischen bestätigen. Es gibt viele Zusammenfassungen dieser Effekte, die man etwa im IPCC-Bericht findet oder zum Beispiel auf dieser Seite, die ich gerade gesehen habe. Zusammengenommen nennt man diese Rückkopplungen schnelle Rückkopplungen, weil sie auf einer Zeitachse bis zu wenigen Jahren wirksam sind. Der Albedoeffekt ist vielleicht der langsamste, und kann durchaus eine Verzögerung von mehr als 10 Jahren haben. Für Klimaveränderungen ist das immer noch schnell.
Daß speziell der kombinierte Effekt von Wasserdampf und Wolken insgesamt zu einer positiven Rückkopplung bei der globalen Erwärmung führt, ist durch direkte Messungen gut gesichert. Dies wurde zum Beispiel von Georg Hoffmann kommentiert. Deshalb beeindruckt es auch nicht, wenn Lindzen oder Spencer von Zeit zu Zeit mit der Behauptung Unsicherheit streuen wollen, daß sie belegen könnten, daß die positiven Rückkopplungen viel schwächer seien - ihre Behauptungen stehen im Widerspruch mit praktisch der gesamten übrigen publizierten Forschung.
Zugleich wissen wir aber auch, daß die Klimasensitivität um einen Wert von 3 Grad Celsius je Verdopplung des CO2-Äquivalents ist. D.h. bei einer Verdopplung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre oder einer in der Wirkung entsprechenden Erhöhung anderer Treibhausgasmischungsverhältnisse tragen die in der Summe positiven Rückkopplungen weitere 1,8 Grad Celsius Temperaturerhöhung bei. Dieser Wert von 3 Grad bezieht sich allerdings auf die neue Gleichgewichtstemperatur, die erst mit Verzögerung erreicht wird. Zum einen sind die Rückkopplungen Verzögerer, wie etwa der Albedoeffekt, der sich über ein Jahrzehnt lang auswirken kann, zum anderen dauert es, bis sich alle gekoppelten Teile der Erde auf die neue Temperatur eingestellt haben. Hier ist der Transport der Wärme in die Ozeane wesentlich. Nach und nach transportieren Meeresströmungen die Wärme von der Oberfläche immer tiefer und kühlen die ganze Zeit die Atmosphäre. Das kann Jahrzehnte dauern. 30 Jahre für die Kopplungen von Atmosphäre und die oberen ca. 2000 Meter der Ozeane sind eine plausible Hausnummer, aber es könnte auch mehr oder weniger sein. Die Gleichgewichtstemperatur für die bisherige Erhöhung der Treibhausgasmischungsverhältnisse ist also um die 1,5 Grad, aber davon ist bis zur Hälfte noch auf dem Weg, da erst noch die Ozeane die zusätzliche Wärme aufnehmen müssen und zudem ein Teil durch die kühlende Wirkung von Sulfataerosol maskiert wurde. Deshalb sehen wir erst eine globale Erwärmung von ca. 0,8 Grad, von denen ein kleiner Teil solaren Ursprungs ist, das meiste aber Folge der Treibhausgasemissionen.
Daß die Klimasensitivität für die schnellen Rückkopplungen bei etwa 3 Grad je Verdopplung des CO2-Äquivalents liegt, zeigt die Zusammenschau der Auswertung der Temperaturänderungen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, die Reaktion der globalen Temperatur auf Vulkanausbrüche, die Auswertung von Temperaturänderungen laut den Proxies über die letzten 2000 Jahre, die Untersuchung der letzten Eiszeit, die Untersuchungen von Erwärmungen in der weiteren Vergangenheit, wie etwa die Erwärmung im mittleren Pliozän vor 3 Millionen Jahren und außerdem Modellrechnungen. Das findet man hier zusammengestellt (von wo das Bild links entnommen ist, wo für verschiedene Ansätze die ermittelten wahrscheinlichen -dünner Balken- und sehr wahrscheinlichen Bereiche -dicker Balken- der Klimasensitivität gezeigt werden), wie auch beim obigen Link zu den schnellen Rückkopplungen und beruht auf einer Arbeit von Knutti und Hegerl 2008. Die Klimasensitivität von 3 Grad/Verdopplung des CO2-Äquivalents wird seit gut 30 Jahren immer wieder gefunden, wobei der Unsicherheitsbereich so nach und nach verkleinert wurde.
Doch es gibt auch die langsamen Rückkopplungen. Die machen zwar unserer und auch der nächsten Generation noch kein Kopfzerbrechen. Aber für die Menschen unserer Enkelgeneration und danach sind diese langsamen Rückkopplungen das eigentliche Problem bei dem Klimawandel. Diese langsamen Rückkopplungen sind noch wenig verstanden. Dazu zählen etwa die Albedoveränderungen durch ein Abtauen der Eisschilde auf Grönland und in der Antarktis, die Freisetzung von CO2 und Methan durch ein Auftauen des Permafrostbodens in der Tundra Sibiriens, Kanadas und Alaskas, die Freisetzung von Kohlendioxid durch eine Verschiebung der Kliamzonen und einem Absterben tropischer Regenwälder oder die Freisetzung von Methan aus Methanclathraten am Meeresgrund insbesondere in den arktischen Gewässern. Diese Rückkopplungen finden auf einer Zeitachse von einigen Jahrzehnten, von wenigen Jahrhunderten oder länger statt. Einige der langsamen Rückkopplungen könnten außerdem deutlich davon abhängig sein, wie schnell sich das Klima erwärmt oder CO2 ansteigt. Ein langsamer Anstieg der CO2-Konzentration könnte durch Mischen in tiefere Schichten der Ozeane gebremst werden. Ein schneller Anstieg könnte hingegen durch einen pH-Abfall Schalenbildner in den Ozeanen abtöten oder schwächen und dadurch die Fähigkeit der Ozeane, CO2 aufzunehmen so schwächen, daß hieraus eine positive Rückkopplung für das CO2-Mischungsverhältnis wird. Ähnlich sieht das mit einer Verschiebung von Klimazonen und einem Absterben von Bäumen aus, die Klimaveränderungen nicht mehr durch Wachstum in neuen Regionen folgen können.
Hinweise darauf, daß die langsamen Rückkopplungen die Klimasensitivität erhöhen, bieten Untersuchungen zum Beispiel der Erwärmung im mittleren Pliozän von 3 Millionen Jahren. Lunt et al 2010 schätzen die erhöhte Sensitivität aufgrund der langsamen Rückkopplungen auf bis zu 50% höher als die schnelle Sensitivität. Wir reden also von einem Wert, der im Mittel bei 4 bis 4,5 Grad Celsius liegt. Und selbst das halten wir nur ein, wenn wir in absehbarer Zukunft den Anstieg der Treibhausgasemissionen anhalten und bis 2050 deutlich reduzieren. Ohne Maßnahmen kann das CO2-Äquivalent bis 2100 sich gegenüber dem vorindustriellen Wert verdreifachen. Pagani et al 2010 kommen zu ähnlichen Abschätzungen. Man muß sich klar machen, daß im mittleren Pliozän die globale Temperatur gut 2 bis 3 Grad höher lag als heute, aber das CO2-Mischungsverhältnis mit dem heutigen Wert vergleichbar war!
Diese Arbeiten werden auf Skeptical science kommentiert.
Die Rolle der Zeit ist auch fatal, wenn es um den Anstieg des Meeresspiegels geht. Die Eisbedeckung in Grönland oder der Antarktis erreicht innerhalb eines Jahrhunderts keineswegs ein Gleichgewicht. Das dauert viel länger. Das heißt, die Vorhersagen für einen Meeresspiegelanstieg bis 2100, die sich im Bereich um 1,2 bis 2 Meter konzentrieren, erzählen nur den Anfang des Meeresspiegelanstiegs. David Archer erzählt in seinem Buch "Das langsame Tauen" die Geschichte einer Erde, in der über Jahrhunderte und Jahrtausende der Meeresspiegel auf globale Temperaturänderungen und Änderungen des Kohlenstoffkreislaufs reagiert. Danach ist die Gleichgewichtsreaktion der Erde auf einen Anstieg der globalen Temperatur um 3 Grad (wie im mittleren Pliozän) ein Anstieg des Meeresspiegels um 40 Meter, und zwar unaufhaltsam, selbst wenn die CO2-Emissionen zurückgehen, weil die Lebensdauer zusätzlich eingebrachten Kohlendioxids so lange ist. Einzelheiten erläutert Georg Hoffmann.
Es gibt nämlich einen anderen Blickwinkel, indem man insbesondere darauf schaut, wie eigentlich der Kohlenstoffhaushalt der Erde auf die Erwärmung reagiert. Ein Erweiterung unseres Bewußtseins bedeutet dabei die Herausgabe eines neuen Bodenatlas für den nordpolaren Bereich (nördlich 50 Grad nördlicher Breite). Im Zusammenhang mit diesem Werk wurde festgestellt, daß die Hälfte des im Boden gebundenen Kohlenstoffs in den nördlichen Böden festliegen und unter anderem durch ein Auftauen des Permafrostbodens in der Tundra freigesetzt werden können. Freigesetzt werden nicht nur CO2, sondern auch die viel wirksameren Treibhausgase Methan und Distickstoffoxid N2O. Möglicherweise ist der Klimaeffekt dieser Emissionen aus nördlichen Böden größer als bislang vermutet und jedenfalls so in den Klimamodellen noch nicht berücksichtigt.
Wir müssen uns klar machen, daß die Betrachtung des Klimawandels nur bis 2100 nur einen Teil der Geschichte erzählt. Der Klimawandel hört dann nicht durch ein Wunder auf. Vielmehr könnten schon ab 2050 Klimafolgen eintreten, die nicht rückgängig gemacht werden können und über Jahrhunderte einen Klimawandel erzeugen, den Menschen nicht mehr kontrollieren können. Die Einstellung, man bräuchte erst auf den Klimawandel zu reagieren, wenn man seine Folgen sehen könnte, ist daher äußerst ignorant und geradezu kriminell.
Donnerstag, 13. Mai 2010
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