Sonntag, 15. April 2012

Modelle mit Beobachtungen vergleichen - Teil 2

Im letzten Beitrag hatte ich erläutert, daß Modellergebnisse und Beobachtungen beide Unsicherheitsbereiche aufweisen, die den direkten Vergleich erschweren. Das Problem ist nicht nur, daß es Fehler in den Messungen und den Modellergebnissen gibt. Beim Vergleich einzelner Datenpunkte und selbst ganzer Jahre fällt viel stärker ins Gewicht, daß die Modelle keine globale Wettervorhersage betreiben, sondern die Übereinstimmung zwischen Beobachtungen und Modellergebnissen nur eine statistische ist. Es gibt viele verschiedene Modellergebnisse, die alle korrekt sind, aber nur ein unterschiedliches Wetter zeigen. Damit kann man in verschiedener Weise umgehen. Ein kleiner Überblick.



Die einfachste Methode, damit umzugehen, konnte man im letzten Beitrag sehen. Man rechnet das Modell immer wieder, erhält  dadurch den Erwartungsbereich für die Modellergebnisse als eine Unsicherheit um die Modelldaten und schaut, ob die Beobachtungen mit ihren Fehlern in diesen Bereich hineinfallen. Das Problem dabei ist, daß die Modellwerte ganz erhebliche Abweichungen aufweisen können, ohne dabei den Beobachtungen zu widersprechen.

Die Unsicherheitsbereiche um die Modellergebnisse können allerdings reduziert werden, indem man längere Zeiträume betrachtet. Wir wissen zwar nicht, ob die Temperatur im globalen Jahresmittel 2014 0,2 Grad höher oder niedriger ist als dieses Jahr, aber sind uns ziemlich sicher, daß das globale Temperaturmittel 2010 - 2019 höher ausfallen sollte als 2000 - 2009. Was wir damit eigentlich gemacht haben, ist die Zahl der Freiheitsgrade im System zu reduzieren. Wenn das Modell Millionen von Gitterpunkten hat und wir Jahresmittel betrachten, dann haben wir im Laufe von 100 Jahren eben einige 100 Millionen Freiheitsgrade im Modell minus der Zahl der Abhängigkeiten, die im Modell enthalten sind. Dies in dem Sinne, daß ein Temperaturanstieg in einem Teil der Ozeane mit einer Temperaturabnahme in einem anderen Teil des Systems gekoppelt ist - so betrachtet, könnte die Zahl der Freiheitsgrade im Modell erheblich unter einigen 100 Millionen liegen - das ist aber immer noch sehr viel. Betrachte ich globale Temperaturmittel über jeweils 10 Jahre, habe ich ein System mit nur noch sehr wenig Freiheitsgraden. Vielmehr muß es sich jetzt weitgehend gesetzmäßig entwickeln und Abweichungen zwischen Beobachtungen und Modell sind jetzt echte Abweichungen des betrachteten Modells von der Wirklichkeit.

Betrachte ich damit aber wirklich die Fähigkeit des Modells, die mich wirklich interessiert? Es ist vorstellbar, daß ein Modell ziemlich falsch sein kann, aber trotzdem gut darin, vorübergehend die 10-Jahremitteltemperatur anzugeben. Es gibt nämlich sehr viele Temperaturverteilungen und -entwicklungen im Modell, die zur gleichen globalen 10-Jahresmitteltemperatur führen. Die eigentliche Fähigkeit des Modells, die mich interessiert, ist seine richtige Antwort auf die Änderungen von Einflußgrößen, wie Treibhausgaskonzentrationen oder Strahlung der Sonne. Ich möchte also eigentlich ein Modell haben, das die richtige Klimasensitivität zeigt. Die Überprüfung der Klimasensitivität eines Modells hängt natürlich auch an dem Vergleich von Temperaturentwicklungen zwischen Modell und Wirklichkeit. Aber das Ganze ist komplizierter dadurch, daß die Klimasensitivität erst beobachtet werden kann, wenn sich die Erde auf die neuen Randwerte, wie zum Beispiel erhöhte Treibhausgasmischungsverhältnisse, eingestellt hat. Erfolgt dies recht langsam, da zunächst die Meere die zusätzliche Wärme im System umverteilen, kann anfangs der Eindruck entstehen, daß die Klimasensitivität sehr gering ist, wenn wir nur die atmosphärischen Temperaturen betrachten. Gegenüber einem Modell, das die Klimasensitivität richtig angibt, aber in dem die Ozeane Wärme wesentlich langsamer umverteilen, steigt die globale Oberflächentemperatur scheinbar zu langsam. Erst wenn Wirklichkeit und Modell beide ein neues Gleichgewicht erreicht haben, in dem die Einstellung auf das neue Niveau der Treibhausgase erfolgt ist, können sie wieder die gleiche globale Temperatur anzeigen. Für alle praktischen Zwecke dauert das viel zu lang. Ein wichtiges Instrument darin, Modelle und Wirklichkeit zu vergleichen, besteht daher darin, jeweils Grenzen für die Klimasensitivität und für die Antwortzeit des Modells auf Änderungen zu finden, um möglichst viele Kombinationen davon, die zur gleichen globalen Temperatur führen, ausschließen zu können. Eine Möglichkeit dabei ist es, sich direkt die Temperaturentwicklung in den Ozeanen anzuschauen. Aber hier treten neue Probleme auf. Damit will ich mich ein anderes Mal beschäftigen.

Keine Kommentare: