In der Medienwelt der kurzen Aufmerksamkeitsspannen ist bereits wieder anderes interessant, aber am 12. 12. 2015 wurde in Paris von den Vertretern der Staaten der United Nations Framework Convention on Climate Change ein Vertrag zur Begrenzung des Klimawandels unterzeichnet, der von vielen Beobachtern als historisch gepriesen wird. Historisch ist der Vertrag auch deshalb, weil es so lange gedauert hatte, ihn zu erreichen, dass man schon kaum daran glauben wollte. Dass der Klimawandel ein Problem ist, ist schon seit spätestens 1979 bekannt und seit Ende der achziger Jahre ist bekannt, dass der Klimawandel nachweisbar ist. Seit 1992 wurde versucht, ein Abkommen zu erreichen, doch Lobbyaktivitäten dagegen sorgten dafür, dass das Problem heruntergespielt wurde und nur ein Rumpfabkommen (das Kyoto-Protokoll 1997) zustande kam, das nur einen geringen Effekt haben konnte. Der Kampf der Leugner war sogar so erfolgreich, dass nacheinander das Märchen einer Erwärmungspause plaziert werden konnte, dass die Motive der Klimaforscher und die Ergebnisse des 4. IPCC-Berichts von 2007 in Zweifel gezogen werden konnten und die Konferenz von Kopenhagen 2009 scheiterte. Im Grunde wurden 2 Jahrzehnte verschenkt, in denen wirksame Klimaschutzmaßnahmen getroffen werden mußten, mit denen man zu erträglichen Kosten die globale Erwärmung unter 2 Grad bis 2100 hätte halten können. Der Vertrag in Paris erreicht zu wenig zu spät und ist doch immer noch besser als alles, was man nach so viel Widerstand der Energielobby und der Leugner des menschengemachten Klimawandels erwarten konnte. Ich schaue in den Vertrag hinein und frage nach, was aus den Leugnermärchen der ausbleibenden Erwärmung wurde.
Das Diagramm zeigt ein Grundproblem, das sich auf die Ergebnisse der Klimakonferenzen auswirkte. Wenn man Daten manipulativ präsentiert, um ein Problem zu leugnen, kann man ungeübte Menschen damit beeindrucken. Das Märchen der angeblichen Temperaturpause hat die Diskussionen zum Klimawandel seit mindestens 2006 immer stärker beeinflusst. Im Laufe der Zeit wurde dieses Märchen als sogenannter "Hiatus", den es zu erklären gilt, in die Klimaforschung eingeschmuggelt. Statistisch gesehen gab es nie eine Trendänderung, insofern muss ich hier einigen Forschern vorwerfen, dass sie schlampig mit den Begriffen umgingen. Noch interessanter ist aber, wie die Leugner nun mit der Tatsache umgehen, dass unter Betrachtung der letzten Jahre die von ihnen behauptete Pause verschwunden ist. Die Leugner lenken ab. Eigentlich müsste sie durchweg alle jetzt Erklärungen der Art machen: "Ich habe mich geirrt. Es gab keine Erwärmungspause." Das ist aber nicht, was wir sehen. Im gleichen Sinne müsste das Ergebnis des 5. IPCC-Bericht (2013) alle Kritiker des 4. IPCC-Berichts (2007) in Erklärungsnot bringen. Wenn der 4. Bericht angeblich so falsch war, warum bestätigt der 5. Bericht diesen in allen wesentlichen Punkten? Und der Vertrag von Paris müsste ebenfalls alle Gegner einer Klimaschutzpolitik ins Grübeln treiben. Wenn sich 195 Staaten einig sind, das der Klimawandel ein Problem ist und man etwas tun muss, dann stehen doch die Gegner als extremistische Sektierer da. Es sind jedenfalls nicht radikale Umweltschützer, die im Klimawandel ein Problem sehen, es sind alle Staaten, Demokratien wie Diktaturen, rechte wie linke Regime, die die Gefahr für die Menschheit erkennen.
Wie das Thema der angeblichen Erwärmungspause in die Diskussion gebracht wurde, zeigen Leugnerblogs wie Klimakatastrophe. In dem hier verlinkten Beispiel wird sogar aus den Daten 2002 bis 2007, also nur 6 Jahren, geschlossen, dass ein hierfür berechneter Trend bei Null bedeutet, dass die globale Temperatur nicht mehr steigt und dass dies eine Erscheinung ist, die Klimamodelle nicht vorhergesagt hätten. Wenn man sich die Diskussion ab dem Eintrag zum 15. April, 21:17 Uhr von mir (for4zim) anschaut, erkennt man zum einen die Beratungsresistenz des Blogbetreibers. Er wird immer wieder darauf hingewiesen wird, dass sein Trend nicht signifikant ist, da bei einem so kurzen Betrachtungszeitraum sich ein so großer Unsicherheitsbereich des Trends ergibt (Konfidenzintervall), dass auch der bekannte langfristige Trend in diese 6 Jahre hineinpasst. Schaut man in späteren Jahren in den Blog, sieht man häufig Bilder vom Winter in Deutschland, die anscheinend den Eindruck vermitteln sollen, dass die schiere Existenz eines Winters die globale Erwärmung widerlegt, aber nie eine Korrektur der falschen Behauptung, der Temperaturanstieg wäre gestoppt. Zugleich sieht man, dass wiederholt auf unangenehme Fakten mit Ablenkungen reagiert wurde. Das Thema wurde gewechselt, erweitert, irrelevante Fakten eingestreut oder man wurde persönlich. Verleumdungen gegen mich mußte ich sogar aus einem dritten Blog löschen lassen. Nur das eigentliche Problem, der zu kurze Betrachtungszeitraum, wurde nie in Arbeit genommen, bis heute nicht.
Der Vertrag von Paris basiert nun darauf, dass der Klimawandel als menschengemachtes Problem anerkannt wird, wie schon aus der Präambel hervorgeht. Der Vertragstext ist hier in Englisch als Anhang zu den Konferenzergebnissen (ab Seite 21) zugänglich. Besonders wichtig und Grund für die Einstufung des Vertrags als historisch ist der Artikel 2. In ihm wird das Ziel festgelegt, den globalen Temperaturanstieg auf 2 Grad seit Beginn der Industrialisierung und somit ca. 1,1 Grad ab letztem Jahrzehnt zu begrenzen und sogar anzustreben, Anstrengungen zu unternehmen, auch ein 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Als Weichmacher wird in dem Artikel aber auch darauf hingewiesen, dass das Abkommen unter Berücksichtigungen nationaler Eigenheiten und Umstände umgesetzt wird, worunter sich viele Ausnahmen begründen lassen. Beide Ziele sind in der Weltwirtschaft, wie wir sie kennen, nicht mehr umsetzbar, weil es bereits zu spät ist. Die CO2-Emissionen für das 1,5-Grad-Ziel wurden bereits wahrscheinlich aufgebraucht und für das 2-Grad-Ziel müßte man ab sofort die Emissionen stetig deutlich senken. Bedenkt man, dass der Vertrag erst im Laufe der nächsten 2 Jahre von ausreichend vielen Staaten mit ausreichend großen CO2-Emissionen ratifiziert werden muss und auch dann freiwillige, national unterschiedliche Emissionsbegrenzungspläne vorgelegt werden müssen, die Entwicklungsländern längere Anpassungsräume ermöglichen werden, erkennt man, dass auch das Kohlenstoffbudget für das 2-Grad-Ziel wahrscheinlich überschritten wird. Die Umsetzung der Emissionsbeschränkungen und die möglichen Ausnahmen werden in Artikel 4 festgelegt. Hierbei sollte man wissen, dass mit "should" unverbindliche Empfehlungen beschrieben werden, die man umsetzen "sollte", mit "shall" hingegen die verbindlichen Anforderungen angesprochen werden, die man umsetzen "muß".
Es besteht die Hoffnung, dass auch nach Überschreiten des Kohlenstoffbudgets durch die Ausdehnung von Wäldern CO2 aus der Atmosphäre gezogen werden kann. Dies wird in Artikel 5 behandelt. Diese Möglichkeit wird in der Praxis aber nur sehr begrenzt sein - gegenwärtig gehen immer noch Waldflächen in den Tropen verloren. Artikel 6 geht auf Anstrengungen von Staatengruppen ein, wie etwa der EU und soll auch vorbeugen, dass Staaten durch Hin- und Herschieben von Emissionsanteilen scheinbare Eissionsminderungen erzeugen. Gleichzeitig werden Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel nötig sein, bei denen die Entwicklungsländer zusätzliche Unterstützung brauchen werden. Das ist Thema von Artikel 7. In Artikel 8 geht es um Maßnahmen zum Umgang mit Klimafolgen wie Extremwetter, in Artikel 9 darum, dass entwickelte Länder die Entwicklungsländer finanziell unterstützen, bei Anpassungs- und Emissionsvermeidungsmaßnahmen. Danach wird es zunehmend technisch. Artikel 11 beschreibt die Unterstützung der Entwicklung von Fähigkeiten Entwicklungsländer, Artikel 13 die Offenheit in der Darstellung von Emissionen und Maßnahmen im Rahmen des Vertrags. Wichtig ist, dass nach Artikel 21 gewisse Voraussetzungen bestehen, damit der Vertrag in Kraft tritt: 55 Staaten mit 55% der Emissionen müssen den Vertrag ratifiziert haben.
Der Vertrag zeigt klar: der menschengemachte Klimawandel ist ein allgemein akzeptiertes Faktum und die Staaten sind sich einig, dass das ein Problem ist, dass staatliche Maßnahmen erfordert. Das hat, in der Tat, die Welt verändert.
Sonntag, 3. Januar 2016
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