Mittwoch, 18. Februar 2009

Sauerstoff messen

Derzeit läuft auf diesem Blog eine Reihe über das OH-Radikal, dessen Konzentration in der Atmosphäre im Bereich um 1 Million Radikale je Kubikzentimeter Luft liegt (Schwankungsbreite nach oben gut ein Faktor 10, nach unten gerne auch mehr, aber so tief liegt die Meßgrenze noch nicht) . Eine andere Substanz in der Luft ist der Sauerstoff, dessen Konzentration bei gut 10^19 Molekülen je Kubikzentimeter Luft liegt. Das ist 10 Millionen x Millionen mal mehr als die OH-Konzentration. So wenig OH gibt es, oder so viel Sauerstoff. Und sowohl eine so winzige Konzentration wie die von OH wie auch eine so riesige Konzentration wie die von Sauerstoff stellt diejenigen, die die atmosphärische Konzentration messen wollen, vor Probleme. Im Falle des Sauerstoffs ist das Problem, wie man so genau messen kann, daß man sinnvolle Aussagen zu Veränderungen der Sauerstoffkonzentration machen kann.

Das Mischungsverhältnis von Sauerstoff in der trockenen Luft liegt bei etwa 20,95 Volumenprozent. Und um Veränderungen von Jahr zu Jahr auszumachen, muss man diesen Wert auf mindestens 6 Stellen genau messen. Bei OH ist man froh, wenn man es überhaupt mißt und mit 20% Meßfehler kann man gut leben, auch wenn Physiker im allgemeinen gewohnt sind, auf mehrere Stellen genau zu messen. Beim Sauerstoff ist es nun wirklich nötig. Und es kommt noch hinzu, daß die reale Luft ja nicht trocken ist. Ihre Feuchte am Boden kann unter 1% liegen (trockene, insbesondere arktische Luft) oder über 3% (feuchte, insbesondere tropische Luft). Tatsächlich würde man, einfach abhängig von der Luftfeuchte, aus Messungen Werte für Sauerstoff erhalten, die irgendwo zwischen 20,0 und 20,9% schwanken. Und da soll man einen Trend finden, der sich auf der dritten und vierten Stelle nach dem Komma abspielt. Was macht man? Man bestimmt das Verhältnis der Konzentrationen von Sauerstoff und Stickstoff. Das bleibt nämlich gleich, egal wie feucht die Luft ist. Und damit man nicht dauernd die vielen Nachkommastellen mitschleppt, legt man auch noch einen Nullpunkt fest und betrachtet die Abweichung von diesem Nullpunkt, multipliziert mit 1 Million. Das ist dann Delta O2 per meg.

δ (O2/N2)= ( ( (O2/N2)Probe / (O2/N2)Vergleich ) - 1 )

Erläuterungen zur Meßmethode findet man zum Beispiel hier.

In der Tabelle 2 in dieser Quelle wird auch noch mal das Budget für Sauerstoff und CO2 aufgestellt. Um 1990 stieg CO2 in Einheiten von 10^14 Mol/Jahr um 2,3, Sauerstoff fiel um 6,7.

Der CO2 Anstieg setzt sich zusammen aus 4,85 aus fossilen Brennstoffen, 0,12 aus der Zementproduktion, -0,2 durch das Wachstum von Biomasse, -2,5 durch Lösung in Meerwasser.
4,85+0,12-0,2-2,5 = 2,27

Also: gemessen 2,3, berechnet 2,27 bei CO2.

Das Budget für Sauerstoff sieht so aus: gemessene Abnahme 6,7. Verlust durch Verbrennung fossiler Brennstoffe 4,85 für den Kohlenstoff, 2,01 für den Wasserstoff und andere Bestandteile, Zuwachs aus der Biomassenproduktion 0,2.
4,85+2,01-0,2=6,66

Also: gemessen 6,7, berechnet 6,66 bei O2.

Genau solche Zahlen machen deutlich, daß wir nicht nur sehen, daß CO2 zunimmt, sondern daß wir auch verstehen, warum es zunimmt. (In der Tabelle findet man natürlich auch Angaben zu den Meßfehlern, die ich hier zur Vereinfachung nicht angebe.)

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