Jeder kennt sie, die Wasserspartaste an Toiletten, die speziellen Köpfe an Duschen und Wasserhähnen, um den Wasserdurchfluß zu reduzieren und die Appelle, Wasser sei ein knappes Gut, die gerade in der internationalen Weltwasserwoche (17.-23.8.) wieder verbreitet werden.
Ein knappes Gut, global gesehen.
In erster Linie ist Wasser ein sehr ungleich verteiltes Gut. Der größere Teil Deutschlands ist Wasserüberschußgebiet, ausgenommen Teile Brandenburgs und von Mecklenburg-Vorpommern, wo der Klimawandel zu Wassermangel führen könnte. In Teilen Spaniens oder gar in Nordafrika ist Wasser natürlich ein knappes Gut. Aber mir fehlt die Fantasie, einen Zusammenhang zwischen weniger gespültem Wasser in meiner Toilette und Trinkwassermangel in Nordafrika herzustellen.
Doch angenommen, es wäre sinnvoll, in Deutschland Wasser zu sparen. Was wären denn dann angemessene Maßnahmen? Einen praktischen Zugang liefert ein Spielzeug, auf das man über das Internet zugreifen kann, um den Wasserfußabdruck zu bestimmen. Der Rechner, auf den man auch hier direkt kommt, erlaubt es, seinen Wasserverbrauch abzuschätzen oder Varianten dafür durchzuspielen. Wenn man den mal durchgeht, ist das Schaubild am Ende die wichtigste Botschaft. Grob 1/3 des Wasserverbrauchs werden da durch den allgemeinen Konsum bestimmt. Das ist der Wasserverbrauch bei der Stromproduktion und in der Industrie, um Stahl, Papier oder Plastik herzustellen. Mehr Konsum, mehr Wasserverbrauch. Wenn man versuchshalber vorgibt, daß man nicht in Deutschland lebt, sondern in den USA, erhöht sich dieser Anteil am Wasserverbrauch um fast die Hälfte. Global gesehen habe ich also schon einen gewaltigen Beitrag zum Wasserschutz geleistet, indem ich nicht in den USA lebe. (Der Satz ist nicht übermäßig ernst gemeint.) 2/3 meines Wasserverbrauchs bestimme ich über meine Ernährung. Die Landwirtschaft ist neben Industrie und Energiewirtschaft der wichtigste Verbraucher von Wasser. Wenn ich hier einen Effekt erreichen will, dann reduziere ich meinen Fleischkonsum. Der verbraucht nämlich besonders viel Wasser pro Kilogramm Nahrungsmittel.
Und jetzt zur Wasserspülung und zum Wasserreduzierer am Wasserhahn. Hier reden wir über einen kleinen Teil eines Anteils von vielleicht 4% am Gesamtverbrauch an Wasser. Wenn ich da 10% spare oder verschwende, geht also mein Gesamtverbrauch um ein atemberaubendes halbes Prozent rauf oder runter. Wie wäre das: ich reduziere meinen Konsum um 1% und dafür habe ich täglich eine Spaßspülung auf dem Klo frei? Oder ich verzichte auf 100 Gramm Fleisch pro Woche und habe dafür täglich über sechs Spaßspülungen am Klo frei. Es ist unpopulär, aber für die Umwelt ist wohl kaum etwas so überflüssig wie die Wasserspartaste an Toiletten in Deutschland. Der wesentliche Effekt des deutschen Wassersparens ist es, Wasser in Deutschland teuer zu machen, denn die Wasserwerke, die Wasserleitungen und die ganze Infrastruktur verschwinden ja nicht, sondern verursachen fixe Kosten, die auf den Wasserverbrauch umgelegt werden. Die Egoisten, die Wasser „sparen“, erhöhen allen anderen die Wasserrechnungen. Zugleich droht das Risiko verstopfter Rohre, weil das Verhältnis von Dreck zu durchfließendem Wasser ungünstiger wird. Alte Kanalisationsanlagen sind auf das überzogene Wassersparen nicht eingerichtet.
Auf den Punkt gebracht: sparsame Deutsche haben den täglichen Verbrauch an Wasser pro Kopf in 20 Jahren um 20 Liter vermindert. Kaufen sie sich nun eine einzige Jeans zusätzlich, ist die ganze Ersparnis futsch und der jährliche Verbrauch sogar um 1000 Liter gestiegen. 7 Steaks kann sich ein Deutscher von dieser Wasserersparnis leisten – so manche Wampe könnte ruhig weniger fressen und dafür öfter auf dem Klo spülen.
Ich finde diese Rechner im Internet, um seinen Fußabdruck in was auch immer abzuschätzen eine tolle Sache, wenn man die Beschränkungen solcher Programme im Hinterkopf behält. Sie geben einem vor allem einen Sinn für Proportionen und die Möglichkeit Alternativen durchzuspielen. Und hier ist die Botschaft eindeutig, daß mein Wasserverbrauch vor allem eine Frage meines Konsums und meiner Ernährung ist. Vielleicht spielt es auch noch eine Rolle, ob ich grundsätzlich dusche oder meine, ich müßte dauernd eine Badewanne mit Wasser füllen, um sauber zu werden. Aber viel wichtiger ist, was ich verbrauche, wie viel Wasser so manches Importgut im Ursprungsland verbraucht und welchen Einfluß ich auf den Landschaftsverbrauch nehme oder den globalen Wasserkreislauf (für den der Klimawandel eine erhebliche Rolle spielt).
Wie gesagt, mal abgesehen davon, daß Deutschland für Privatverbraucher über reichlich Wasser verfügt, und abgesehen davon, daß das Sparen von Wasser in Deutschland an der Wasserknappheit in Südspanien nichts ändert.
Dienstag, 18. August 2009
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