Freitag, 16. Juli 2010

Moncktons Versuch, Kritik zu ersticken

In der Leugnerszene ist Christopher Monckton zu einem Flaggschiff ihrer Ansichten geworden. Das läßt in vielerlei Hinsicht tief blicken. Zum einen vertreten Leugner einander widersprechende Ansichten. Z.B. meinen einige von ihnen, Sonneneinstrahlung oder kosmische Strahlung würden das Klima steuern, was für eine hohe Klimasensitivität sprechen würde. Andere meinen, die Klimasensitivität wäre sehr gering und daher keine Klimaänderungen zu erwarten. Manche meinen, es gäbe natürliche Klimazyklen, die also von externen Größen gar nicht beeinflusst würden. Meistens ist aber gar nicht genau feststellbar, wie diese Menschen sich nun eigentlich Klimaänderungen vorstellen oder was sie überhaupt meinen. Trotzdem können sich alle darauf einigen, daß das IPCC falsch liegt, bei was auch immer und sich daher hinter einen Vertreter wie Monckton scharen.


Christopher Monckton ist tatsächlich ein Vertreter, ein Verkäufer von Meinungen. Über eine akademische Ausbildung in den Naturwissenschaften oder Erfahrung in wissenschaftlicher Arbeit verfügt er nicht. Nach eigenem Bekunden ist er aber Berater von Margaret Thatcher gewesen (woran sie sich in ihren Memoiren nicht erinnern kann), Mitglied des britischen Oberhauses (was das britische Oberhaus bestreitet), hat Heilmittel für eine Vielzahl von Krankheiten, darunter Aids, erfunden (wobei es bisher keinen Fall zu berichten gibt, nach dem seine Kur gewirkt hätte) und außerdem sagt man ihm nach, daß er von sich behauptet, Nobelpreisträger zu sein (weil er angibt, Briefe an das IPCC geschrieben zu haben, mehr war anscheinend nicht erforderlich, um mit Al Gore und dem IPCC den Friedensnobelpreis zu teilen). Dazu ist er Wissenschaftsberater der britischen Unabhängigkeitspartei, vielleicht einem englischen Pendant zu DVU oder NPD mit ähnlich hohem Wähleranteil, soweit überhaupt so ein Vergleich möglich ist. Kurzum, jemand der pompös bis zur Lächerlichkeit auftritt und es dabei mit Logik und der Wahrheit nicht genau nimmt, was seine Anhänger erstaunlicherweise nicht stört. Der Pomp wird noch durch die sinnfreie Miterwähnung eines Adelstitels gesteigert, der im 21. Jahrhundert so antiquiert wirkt wie eine Fuchshetze zu Pferde.

Zur Sache hat er auch nichts zu sagen, außer die lange Liste bekannter Leugnerversatzstücke zu verbreiten, deren ständige Wiederholung nach wiederholter Widerlegung auch den geduldigsten Menschen ermüden muß. Allenfalls hat es Unterhaltungswert, wenn er etwa über die Feststellungen von Dr. Rachel Pinker zu Änderungen der solaren Einstrahlung am Boden referiert, und dabei weder Vornamen noch Geschlecht der von ihm angeblich geschätzten Wissenschaftlerin richtig angeben kann und seine Interpretation ihrer Arbeit von ihr heftig widersprochen wird. Seine Folien beinhalten gelegentlich brutale Datenfälschungen. Kurzum, ein Lügner und Scharlatan, der keiner Erwähnung wert wäre, weshalb ich ihn bisher auch nicht erwähnt hatte. Es bleibt da, wie gesagt, daß er als geübter Vertreter in Leugnerkreisen über Ansehen verfügt und seine Lügen in öffentlichen Auftritten geschickt verkaufen kann. Das sagt auch einiges über die Leugner aus, deren Argumentation auch daran erkennbar nicht auf der Sachebene verläuft. Bei Deltoid gibt es eine ganze Kategorie Monckton, aus der ich aus Bequemlichkeit zahlreiche Links geholt habe, aber eine gute Zusammenfassung zu Monckton bieten zwei Filme aus der Climate Denial Crock-Reihe: Teil 1 und Teil 2.

Aber der Grund, warum ich Monckton erwähne, ist vor allem, daß er zwar gut gegen andere austeilen, viel über Klimaextremisten und grün-sozialistische Verschwörungen schwadronieren und Wissenschaftlern ihre Kompetenz absprechen kann, aber beim Einstecken extrem dünnhäutig ist und bei erkennbar kompetentem Widerspruch gerne das beleidigte Opfer gibt und mit Verleumdungsklagen droht. Es ist natürlich bequem, selbst Lügen verbreiten zu können und gleichzeitig durch übervorsichtige juristische Abteilungen von Universitäten zum Schweigen zu bringen, wer das öffentlichkeitswirksam aufdecken möchte. Daher war es wohl für Monckton ein Ärgernis, als Professor John Abraham von der St. Thomas University, Minnesota, einen Vortrag ins Web setzte, der sehr detailliert erläuterte, was für einen Stuß Monckton in einem seiner öffentlichen Vorträge verbreitet hatte. Monckton brachte nun weder Korrekturen an seinen Behauptungen an, noch lieferte er Belege für seine abstrusen Behauptungen nach, sondern variierte ein beliebtes Thema der professionellen Leugner: auf Kritik bringe man eine so große Zahl von unsortierten Punkten an, egal ob die einander widersprechen, ob sie überhaupt irgendein Argument darstellen oder ob sie bereits widerlegt wurden, daß man den Kritiker darin ertränkt. Monckton also antwortete mit einer Liste von 466 Fragen, die in der Unverschämtheit gipfelte, Abraham und die Universität hätten gefälligst ihre Behauptungen zurückzunehmen und eine Geldsumme an einen von Monckton benannten Zweck zu geben. Monckton tat dann noch erstaunt, daß Abraham sich weigerte, die Liste zu beantworten. Abrahams Antwort war die einzig angemessene: er bleibe bei den von ihm genannten Punkten und sehe keinen Grund darin, sich in Reaktion von Moncktons Liste zu wiederholen (Rabett Run hat die Briefe Abrahams und der Rechtsvertreter der Universität in diesem Blogbeitrag).

Viele der Fragen Moncktons basieren darauf, Haare zu spalten, um dann Abraham vorzuwerfen, er hätte angegriffen, was Monckton nicht gesagt hatte. Als Abraham etwa eine Folie angriff, auf der Monckton behauptete, seit 1998 gäbe es keine Erwärmung mehr und darauf hinwies, daß die globale Erwärmung in den Daten klar erkennbar sei, zog sich Monckton darauf zurück, er hätte nie behauptet, es gäbe keine globale Erwärmung – für das 20. Jahrhundert gäbe er sie ja zu. Ein kurzer Streifzug durch Moncktons 466 Dummheiten faßt gut zusammen, für welche Dampfplauderei der Mann steht.

Doch das Gift liegt in einem Aufruf, den Monckton über den Leugnerblog Wattsup… verbreiten läßt: darin fordert er seine Anhängerschar auf, ihren Beitrag zu leisten, um Abrahams mundtot zu machen. Das atmet den Geist der Sabotage, mit FOI-Anfragen den Betrieb bei wichtigen Forschungseinrichtungen lahmzulegen, schwarze Listen von Wissenschaftlern anzulegen oder mit staatsanwaltlichen Ermittlungen an einer Universität Politik gegen die Wissenschaft zu machen.

Zum Glück ist in diesem Fall die Universität von Abrahams entschlossen, sich diesem dreisten Versuch, die Meinungsfreiheit anzugreifen, nicht zu beugen. Außerdem werden auf einer Webseite Solidaritätsbekundungen für Abrahams gesammelt. Zwischen vielen hundert Bloglesern auf der Welt findet man auch bekannte Wissenschaftler und Vertreter renommierter Institute, die deutlich machen, daß die Strategie der Leugnerszene, Kritik mundtot zu machen, indem man die Personen dahinter angreift, nicht mehr länger zieht. Und ich mache daher auch hier Werbung dafür, sich in die Liste einzutragen, die innerhalb von 3 Tagen bereits um über 800 Einträge gewachsen ist.

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