Das Thema der Klimaveränderung ist in den USA eine Kontroverse zwischen den beiden großen Parteien - das ist schon seltsam genug. In Europa ist es undenkbar, daß es eine Frage der Parteizugehörigkeit sein könnte, ob man wissenschaftliche Erkenntnisse akzeptiert oder nicht. Aber die antiwissenschaftliche Haltung der politischen Rechten kann zu komischen Auswüchsen führen.
Die antiwissenschaftliche Einstellung der amerikanischen Republikaner hat verschiedene Ursachen. Einerseits vertritt diese Partei die Interessen kapitalkräftiger Bürger und großer Unternehmen, speziell solche, für die Regulierungen durch Umwelt- und Gesundheitsbehörden ein Problem wären. Andererseits sammeln sich in der Partei religiöse Fundamentalisten und Extremisten, die in den USA eine große Wählergruppe darstellen. Nicht zuletzt ist für viele Amerikaner eine leistungsfähige Bundesregierung, das Erheben von Steuern und das Anbieten von Sozialleistungen etwas, was vehement abgelehnt wird, und Wissenschaftler werden dabei auch nur als staatsfinanzierte Schmarotzer gesehen.
Die Abneigung gegen Steuererhöhungen bzw. die Forderung von Steuersenkungen hat bei Teilen der Amerikaner etwas religiöses an sich, das Europäer kaum nachvollziehen können. Alle drei Gruppen überschneiden sich. Und da die USA bereits in den vergangenen 30 Jahren eine Bewegung nach rechts gemacht haben, ist die Erwartungshaltung da, daß das so weitergeht - man gewöhnt sich daran, daß das Land religiöser wird, die soziale Infrastruktur schwächer wird und die Forderung nach weiteren Steuersenkungen ständig gesteigert werden muß, damit man als wirtschaftsliberale Partei noch wahrgenommen wird. Die Folge ist, daß von Zeit zu Zeit in der erzkonservativen republikanischen Partei sich Untergruppen bilden, die die Partei rechts überholen, um dann den Konsens in der Partei noch mehr nach rechts zu ziehen. In dem Sinne wirkt die Tea Party, eine Bewegung der religiös fundamentalistischen, marktradikalen, staatsfeindlichen, übernationalistischen Menschen, die versuchen, die Kandidatenaufstellung bei den Republikanern zu beeinflussen, um die Partei noch ein Stück weiter nach rechts zu ziehen. Die Tea-Bagger, die Anhänger der Tea Party, sind nicht nur rechts, sie glauben auch alles, was ihnen rechte Medien vorsetzen, insbesondere die Verdächtigungen zwischen den Zeilen und die Haßpredigten von Kommentatoren wie Rush Limbaugh oder Glenn Beck. Sie sind, kurz gesagt, vor allem extrem - hirnlos. Kein Grund, sie deswegen zu unterschätzen.
Derzeit läuft die Kandidatenauswahl für die Zwischenwahlen 2010. Und eine lokale Tea Party-Gruppe, die The Freedom Institute of Erie County in Ohio, hat dabei an Kandidaten eine Reihe von Fragen geschickt, um zu untersuchen, ob sie hinreichend staatsverdroßen, marktradikal, religiös-fundamentalistisch und wissenschaftsfeindlich sind. Frage oder vielmehr zu unterstützende Position Nummer 2 kann man nicht erfinden (Fettung von mir):
Die Kontrolle von Kohlendioxid in unserer Atmosphäre muß Gott überlassen bleiben und nicht dem Staat und ich lehne alle Maßnahmen des Emissionshandels ab, wie auch das Lehren der Lehre von der globalen Erwärmung an den Schulen.
(The regulation of Carbon Dioxide in our atmosphere should be left to God and not government and I oppose all measures of Cap and Trade as well as the teaching of global warming theory in our schools.)
Selbstredend, daß niemand auf die Idee kommt, daß wir schon mit der Emission von Kohlendioxid aus fossilen Brennstoffen Gott spielen. Interessant wäre aber auch, Kohlendioxid in dieser Position durch anderes zu ersetzen - zum Beispiel durch Asbest, Quecksilber, Dioxin und andere üble Giftstoffe. Aber man sollte es nicht beschreiben - vielleicht schwebt genau diese Verallgemeinerung dieser Gruppe vor. Immerhin haben sie Verbindung zu bekannten Think Tanks, wie dem Heartland Institute und dem Cato Institute, die wiederum von Industriekonglomeraten wie Koch Industries mitfinanziert werden. Und denen wäre es ganz recht, wenn sie Abgase und Abfälle nur mit Gott abzumachen hätten und nicht mit irgendwelchen Umweltbehörden.
Mittwoch, 1. September 2010
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1 Kommentar:
Ich würde nicht so Nichtzutreffend auf die USA blicken, das wurde schon beim Affenprozeß gesagt http://www.wdr.de/themen/kultur/stichtag/2010/07/21.jhtml "Wir in Europa fassen es nicht, daß ein Prozess wie der in Dayton überhaupt möglich ist" - aber heute werden in Deutschland 15 % der Bevölkerung so eingestuft ( http://www.planet-wissen.de/sendungen/2010/08/31_darwin.jsp ).
Der Mainstream der Wirtschaftswissenschaft erzählt auch Märchen ( http://www.nachdenkseiten.de/?p=3662 ): "'Lesezeit ist knapp, man sollte sie nicht an zeitgenössische Spinner und Fanatiker verschwenden', riet einst ein Ökonom den Lesern seines Blogs, als er nach empfehlenswerter Fachliteratur gefragt wurde." oder http://www.mv-buchshop.de/catalog/product_info.php/products_id/1316
MfG
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