Sonntag, 26. Januar 2014

Treibhaus der Scheinwissenschaftler

Ab und an nutzt man eine Suchmaschine, um zu untersuchen, wie sichtbar man selbst ist. Auf diesem Wege erfahre ich manchmal, dass in Blogs, die ich freiwillig nicht lesen würde (wie EIKE) manchmal jemand über mich schimpft. Das ist nicht besonders anständig, denn ich kann mich ja nicht wehren, wenn ich den Blog nicht frequentiere. Ärgerlich ist es, wenn dabei ein Pseudonym, das ich in einem Board benutze, im Zusammenhang mit meinem richtigen Namen gern und oft gepostet wird. Diese Menschen tun das nicht zufällig, sondern weil sie denken, dass sie mir damit schaden können. Es ist ein Beleg dafür, dass sie ahnen, dass ihre Argumente schlecht sind – dann wird man persönlich. Es zeigt auch, welch schäbigen Charakter manche Leugner haben. Es ist der Geist, aus dem heraus Drohbriefe an Wissenschaftler gehen, Hackerangriffe auf Wissenschaftsinstitute erfolgen, Nazivergleiche erfolgen bis dahin, dass man unter Wattsupwiththis ein Foto von einem Blogger eingestellt hatte, dessen Gesicht mit Photoshop in die SS-Uniform von Himmler kopiert wurde. Ein Leugner, dem ich in seinem Blog erklärte, dass man aus 6 Jahren Temperaturdaten keinen klimatischen Trend berechnen kann, verbreitete dann sogar in einem anderen Blog, dass ich beruflich ein Versager wäre und wegen meiner Unfähigkeit meine Stelle verloren hätte - ein Stalker also. Und als ich den Unfug von Gerlich und Tscheuschner in einem Blogbeitrag kritisierte, was später zu einem Kommentar zur Widerlegung in dem entsprechenden Journal führte, musste Herr Tscheuschner mich sogar auf meine Privatnummer anrufen, als ich friedlich mit der Familie beim Teetrinken saß und wollte mich dazu nötigen, eine Debatte mit ihm aufzunehmen. Das läßt einen wundern, was im Kopf solcher Leugner eigentlich vor sich gehen muss. Nicht weniger heftig ist ein gewisser Gerhard Kramm, Meteorologe an der University of Alaska Fairbanks. Kramm ist wie Gerlich und Tscheuschner und zusammen mit einem gewissen Dlugi der Meinung, dass es einen Treibhauseffekt nicht gibt. Wir werden also wieder zurückgeworfen in die Zeit vor Arrhenius und über 100 Jahre Wissenschaft gehen hier den Abfluss runter. Dieser Herr Kramm hat ebenfalls an verschiedenen Stellen über mich geschimpft und dabei mit Freude meinen Namen und mein Pseudonym zusammen genannt, damit es über Suchmaschinen möglichst gut sichtbar ist. Er hat auch verschiedene Personen diffamiert, denen er verschiedene schlimme Dinge unterstellte, die nicht ganz der Wahrheit entsprachen. Also kein sympathischer Zeitgenosse. Faszinierend war aber, wo ich sein Geschimpfe noch fand – in einem Wissenschaftsartikel, publiziert in einem fachbegutachteten Journal. Wie geht das denn, fragte ich mich. Die Auflösung folgt unter den weiteren Informationen.

Kramm gehört also, zusammen mit Dlugi, Gerlich und Tscheuschner, zu der bedauernswerten Sorte von Menschen, die sich in etwas verrennen. Manche wollen ein Perpetuum Mobile gefunden haben, andere versuchen immer noch Einstein zu widerlegen, diese Herren also kommen 100 Jahre zu spät, um noch mit Arrhenius darüber zu debattieren, ob denn das von Menschen erzeugte Kohlendioxid geeignet wäre, das Klima zu verändern. Da die gesamte Klimaforschung ausdrücklich auf der Annahme aufgebaut ist, dass man den Wärmehaushalt der Erde nur unter Berücksichtigung des Treibhauseffektes erklären kann, wäre die Entdeckung, dass das alles falsch war und die gesamte Klimaforschung neu entwickelt werden muss, eine Wissenschaftssensation, mindestens nobelpreisverdächtig. Wenn man dafür sorgen will, dass eine große wissenschaftliche Entdeckung bekannt wird, publiziert man sie in den am besten sichtbaren Wissenschaftszeitschriften, mit hoher Ablehnungsquote, hohem Zitierungsindex, bestem Ruf. Also in Nature. Oder in Science. Das kann man doch nicht toppen, oder? Doch kann man. Natural Science ist doppelt so gut wie Nature und Science.

Okay, hier mache ich gerade einen Scherz. Natural Science gibt es wirklich, allerdings ist das Magazin die Antithese zu Nature und Science. Wer hier publiziert, der will nicht, dass irgendjemand sein Geschreibsel findet. Er will nur ein wissenschaftlich aussehendes Pamphlet haben, das man zitieren kann, als wäre es in einem Wissenschaftsmagazin erschienen, um damit auf eine Liste der "1000 fachbegutachtete Arbeiten, die das IPCC widerlegen" zu kommen. Die Taktik hatte ich schon im Beitrag Wissenschaftsbetrug angesprochen (außerdem als Punkt 4 in diesem Beitrag). Zu diesem Zweck existieren zum Beispiel Energy&Environment, The Journal of American Physicians and Surgeons oder Pattern Recognition in Physics. Keinen seriösen Wissenschaftler interessiert, was dort steht, daher ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass jemand widerspricht, wenn man dort etwas versteckt, wie etwa die Widerlegung von 100 Jahren Klimaforschung.

Im Fall von Natural Science handelt es sich um eine Zeitschrift, die Publikationen aus allen Gebieten der Naturwissenschaften zuläßt. Dazu ist eine Liste praktisch aller Naturwissenschaftsgebiete aufgeführt. Zusätzlich kann man aber auch über jedes andere naturwissenschaftliche Gebiet publizieren, selbst solche, die es noch nicht gibt. Dafür hätte der Herausgeber gerne 999 Dollar für die ersten 10 Seiten (noch nicht mal 1000, Hurra!) und gibt die Versicherung auf seiner Webseite, dass alle Publikationen strengster Fachbegutachtung unterworfen würden. Wie ein Journal mit so geringer Sichtbarkeit und Artikeln aus jedem Bereich der Naturwissenschaften an kompetente Gutachter kommen will, bleibt ein Geheimnis. Vermutlich läßt man sich die passenden Begutachter vorschlagen. Warum nicht auf die international renommierten Nobelpreisanwärter Tscheuschner und Gerlich zurückgreifen, schließlich hatte Kramm als Reviewer beim International Journal of Modern Physics seinerseits ihren Artikel durchgewunken und in der ersten Runde den Kommentar von Halpern et al., der den Unfug bloßstellte, als nicht publizierfähig abgelehnt. (Nach einem Protest hatte dann ein unabhängiger Redakteur echte Fachbegutachter an die Arbeit gesetzt, die dann den Kommentar von Halpern et al. freigaben, was Kramm bis heute furchtbar erbost.) Oder man könnte Akasofu nennen, eine Kapazität in der astrologischen Klimaforschung, und sicher nicht voreingenommen gegen Widerlegungen der Grundlagen der Klimaforschung. Oder einer der Redakteure hilft den aufstrebenden Genies, die umwälzende Entdeckung in die Fachwelt herauszuschreien. Ja, hier handelt es sich um ein Geschäftsmodell - bezahle, und Du wirst publiziert, wir helfen gerne nach. Im Blog Scholarly Open Access nennt man das Geschäftsmodell "Predatory Publishing" - Raubpublizieren. Und in der Liste der Raubherausgeber steht auch Scientific Research Publishing, die einen ganzen Zoo von wissenschaftlich aussehenden Zeitschriften zwecks Gelderwerbs halten. Und da fanden Kramm und Dlugi eine vorurteilsfreie Atmosphäre, um ihre Widerlegung der gesamten Klimaforschung ohne Störung durch Fachleute der ganzen Welt auf diskrete Art mitzuteilen. So diskret, dass ich noch nie von dem Papier gehört hatte und es erst nach über 2 Jahren entdeckt habe (Allerdings hat scienceofdoom bereits 2012 eine Besprechung gebracht, in deren Diskussionsteil Kramm noch kürzlich mit anderen Schreibern stritt.). Und nur, weil Kramm und Dlugi darin über mich schimpfen. Also, zum Artikel...

Das Machwerk heißt "Scrutinizing the atmospheric greenhouse effect and its climatic impact", also eine Generalrevision der gesamten Klimaforschung, geschrieben von Gerhard Kramm und Ralph Dlugi, aus Heft 12 im Jahrgang 3 des Journals. Der Artikel enthält viele, viele sehr wissenschaftlich aussehende Gleichungen, und wenn man Zeit zuviel hat, beginnt man damit, diese Gleichungen nach Fehlern abzusuchen und sich in Details zu verstricken. Das ist so ziemlich, was Kramm und Dlugi gerne hätten, das ist die Methode. Was der Artikel wert ist, zeigt sich auf viel einfachere Weise. Kapitel 1, die Einführung, erklärt nochmal, was in Gerlich und Tscheuschners Machwerk steht und das ist so ziemlich auch, worüber Kramm und Dlugi schreiben. Im nächsten Absatz stellen sie dann entsetzt fest, das man Gerlich und Tscheuschner in Blogs widersprochen hatte, dass man sie beleidigt hätte (jaja, Kritik ist eine Beleidigung bei solchen Genies) und dass die Kritik sogar unter Pseudonymen erfolgte, und dann nennen die Autoren die Klarnamen dazu. Nun, in meinem Blog steht ein Impressum, daher hatte ich mich hier gar nicht unter Pseudonym gemeldet, wie Kramm und Dlugi unrichtig behaupten. Das Pseudonym verwende ich woanders, ist da aber auch nichts mehr wert. Sie geben eine eigenwillige Darstellung, dass zwei Gutachter den Kommentar von Halpern et al. zu Gerlich und Tscheuschner zurückgewiesen hätten. Die Wahrheit ist aber, dass der eine Gutachter sich fachlich gar nicht geäußert hatte. Der andere Gutachter war dafür umso langatmiger und wiederholte unter dem Namen Kramm das ganze in diversen Blogdiskussionen. Genausogut hätte der anonyme ablehnende Gutachter mit Kramm unterschreiben können. Dass dann andere Gutachter plötzlich den Beitrag von Halpern et al. in Ordnung fanden, können Kramm und Dlugi überhaupt nicht verstehen, steht doch noch alles im Kommentar drin, was laut Kramm falsch ist. Die anderen Gutachter kamen aber nach dem Protest über die Kumpelbegutachtung für Gerlich und Tscheuschner dazu und die konnten die angeblichen Fehler, die Kramm da gesehen hatte, absolut nicht nachvollziehen. Die Einleitung des "wissenschaftlichen Papiers" wäscht also erst einmal schmutzige Wäsche, mit dazu unrichtigen Unterstellungen, was allein schon von jedem seriösen Journal zurückgewiesen worden wäre.

Da Gerlich und Tscheuschner laut Kramm und Dlugi alles so richtig beschrieben hatten, wollen sie also das gleiche noch einmal beweisen. Ich hätte zwar gesagt, wenn Gerlich und Tscheuschner recht gehabt hätten, bräuchten Kramm und Dlugi das nicht zu wiederholen, aber in der schillernden Welt der über 3800 Open Access Magazine ist zwar alles geschrieben worden, aber noch nicht von jedem. Und damit sie den Treibhauseffekt widerlegen können, müssen sie erst mal die Begriffe so definieren und den Treibhauseffekt so erklären, dass am Ende zwangsläufig das "richtige" Ergebnis herauskommen muss. Wir sehen also die Taktik des Aufbaus eines Strohmannes. Dazu wird im Kapitel 2 erst mal die Klimaforschung erklärt.

Klima ist demnach bezüglich der Neigung der Erde durch die Regionen unterschiedlicher Bestrahlung durch die Sonne gegeben, womit ein globales Klima ein Widerspruch in sich wäre. Dass der Begriff sich seit der Antike und seit Alexander von Humboldt sich weiterentwickelt hat, stört jetzt hier. Möglichst umständlich wird, durchsetzt mit viel Erklärungen aus Lehrbüchern, nun entwickelt, dass die Erde sich um die Sonne dreht, denn man kann ja nicht einfach so etwas voraussetzen. Bahnparameter müssen erklärt werden, Keplers Gesetze nachgewiesen werden (wir befinden uns also gerade Anfang des 17. Jahrhunderts), und darüber kommt man schließlich zur Berechnung des einfallenden Strahlungsflusses von der Sonne auf der Erde abhängig von Jahreszeit und Breite. Man hätte vielleicht auch einfach auf entsprechende Lehrbücher verweisen können, denn die ganze Herleitung ist für den Artikel nicht wirklich notwendig. Aber die Gleichungen sehen herrlich komplex aus und lassen den Artikel wissenschaftlich wirken. Danach ergeht man sich langatmig über die Bahnabweichungen, Präzession, Exzentrizität und so weiter, die im Rahmen der Milankowich-Theorie zur Erklärung von Eiszeiten und Zwischeneiszeiten dienen. Das mag alles richtig sein, aber nichts davon ist essentiell für den angestrebten Beweis, sondern es sind Seitenfüller, die man aus Lehrbüchern abschreiben kann. Anders betrachtet, von 19 Abbildungen in der Arbeit sind 19 aus anderen Publikationen übernommen. Da bleibt wenig Raum für originäre eigene Forschungsergebnisse. Es ist zwar alles als Zitat gekennzeichnet, aber letztlich wird hier erst mal durch Abschreiben ein Papiermonstrum geschaffen, damit man vor lauter Lehrbuchzitaten den roten Faden nicht mehr findet. Und das ist der zweite Kritikpunkt an dem Papier: es steht fast nur Abgeschriebenes darin. In seriösen Fachzeitschriften verlangt man aber, dass ein Artikel, der publiziert werden soll, korrekt und auch beachtenswert sein soll. Daher muss er zu einem wesentlichen Teil neue Ergebnisse enthalten.

Was aber sehen denn Kramm und Dlugi als neue Ergebnisse? Der ganze Vorspann des Abschreibens aus Lehrbüchern dient dazu, bestimmte Definitionen festzulegen, dann der Klimaforschung bestimmte Aussagen zu unterstellen und mit Hilfe der festgelegten Definitionen diese Aussagen zu widerlegen. Das ist also das klassische Bekämpfen eines Strohmanns. Die Aussage, die letztlich widerlegt werden soll, ist die Definition des Treibhauseffektes. Aber nicht die wissenschaftliche Definition des Treibhauseffektes nach zum Beispiel Arrhenius, in aktualisierter Form, sondern herausgepickte Definitionen, von denen man weiß, dass sie wohl nicht besonders korrekt sind. Eine Definition wurde von einer Internetseite der WMO geholt, wo für das allgemeine Publikum ein FAQ zum Klimawandel angelegt wurde. Für das breite Publikum, das heisst, nicht wissenschaftlich, sondern stark vereinfacht. Eine andere vom Glossar der American Meteorological Society, das als Wiki angelegt ist, ebenfalls auf das breite Publikum ausgerichtet. Beide Definitionen sind, wie eben ein Lexikoneintrag, ohne Gleichungen und sehr kompakt. Das der WMO ist dazu nicht ganz korrekt - es spricht von Reflektion der von der Erde ausgehenden Strahlung, aber tatsächlich ist es eine Emission. Als Strohmann perfekt. Was ein Treibhauseffekt ist, ist aber in der Fachliteratur weitaus ausführlicher abgehandelt worden und hat im Laufe der Zeit eine Reihe von Bedeutungen erhalten. Letztlich ist der Treibhauseffekt die Differenz zwischen der Abstrahlung einer Erde mit IR-aktiven Gasen in der Atmosphäre und der Abstrahlung ohne IR-aktive Gase, wenn ansonsten alles andere konstant gehalten wird, insbesondere die Albedo, der Anteil der Strahlung, die reflektiert wird. Nun beruht ein großer Teil der Erdalbedo auf Wolken, die aus Wasser bestehen und Wasser ist ein Treibhausgas. Um den Treibhauseffekt also zu bestimmen, müsste man künstlich die Albedo erhöhen, damit Treibhauseffekt und Albedoeffekt trennt. Den zusätzlichen Treibhauseffekt durch die Emission von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen kann man tatsächlich sehen, als die aktuelle Differenz zwischen eintreffender und von der Erde ausgehender Strahlung, wie sie von Satelliten gemessen wird. Die Differenz bedeutet nämlich, dass die Erde Energie gewinnt, daher wärmer wird und daher die Temperatur steigt. Das alles ignorieren die Autoren. Wenn zum Beispiel die Erde ihre Treibhausgase verliert, berechnen die Autoren zunächst korrekt, dass sie dann erheblich kälter würde. Dann bemerken die Autoren aber, dass die Albedo dann abnehmen würde. Dadurch berechnen sie eine Erwärmung der Erde. Und stellen dann fest, der Treibhauseffekt sei dadurch entsprechend kleiner. Das war aber nicht der Punkt, den sie untersuchen wollten, denn der Albedoeffekt ist ja separat zu betrachten, wenn man speziell den Treibhauseffekt berechnen will.

Der volle Treibhauseffekt ergibt sich nur aus einem Gedankenexperiment, da die reale Erde ja Treibhausgase in der Atmosphäre hat. Man entfernt die Strahlungswirkung dieser Gase, läßt aber künstlich alles andere konstant, auch wenn in der Realität dann Meere und Wolken verschwinden und damit sich auch andere Eigenschaften der Erde ändern. Dieses Konzept eines Gedankenexperiments geht an Kramm und Dlugi völlig vorbei. Vielmehr kritisieren sie die Erde ohne Treibhausgase aber mit der höheren Albedo durch Wolken, Eis und Schnee als völlig unrealistisch. Aber ein Modell braucht ja gar nicht realistisch zu sein. Indem nun Kramm und Dlugi auf diesen Punkten herumhacken, füllen sie den Rest ihres Artikels und zerreden den Treibhauseffekt zur Unkenntlichkeit. Ein weiterer Punkt ist die Kritik, dass die Oberflächentemperatur der Erde nicht konstant auf der ganzen Erdoberfläche sei. Dadurch sei die wahre Abstrahlung der Erde, die von der vierten Potenz der Temperatur an jedem Punkt abhängt, eine andere, als die für eine mittlere Temperatur der Erde berechnete Abstrahlung. Das ist richtig, aber der Effekt ist sehr einfach: eine Erde, auf der es unterschiedliche Temperaturen gibt, hat durch die Abhängigkeit von der vierten Potenz immer eine höhere Abstrahlung, wird also kälter als eine Erde mit gleichmäßiger Temperaturverteilung. Der berechnete Treibhauseffekt aus dem Gedankenexperiment ist also in Wahrheit eine untere Grenze - ungleichmäßige Temperaturverteilungen machen den Treibhauseffekt größer. Es kommt aber ein weiteres Problem dazu. In weiten Teilen des Infrarotspektrums, das für die Abstrahlung der Erde relevant ist, sieht man den Erdboden nicht, sondern hohe Atmosphärenschichten, aus denen endlich der ungehinderte Austritt der Abstrahlung der Erde ins Weltal gelingt. Die Frage ist dann, wie ungleichmäßig die Temperaturverteilung der oberen Luftschichten ist, die das Strahlungsgleichgewicht mit dem All herstellen. Dabei ergibt sich auch eine andere Betrachtung des Treibhauseffektes. Er bewirkt, dass nicht mehr der wärmere Boden, sondern kältere Atmosphärenschichten darüber vom All aus als Abstrahler gesehen werden. Je mehr Treibhausgase vorhanden sind, desto höher reicht die Schicht der Atmosphäre, die effektiv nicht ins All abstrahlen kann und desto kühler ist diese Schicht im Vergleich zum Boden. Die Temperaturdifferenz zwischen Erde mit und ohne Treibhausgase erkennen wir also an der Temperaturdifferenz zwischen Boden und der effektiven Schicht, aus der ins All abgestrahlt und die Erde gekühlt wird. Diesen Punkt ignorieren Kramm und Dlugi bei ihren Rechnungen gewissenhaft. Die Rechnungen sind für sich genommen korrekt, aber ohne physikalisches Verständnis des untersuchten Phänomens.

Neben den Glossareinträgen bei AMS und WMO haben Kramm und Dlugi sich noch eine andere Quelle ausgesucht, um zu klären, was der Treibhauseffekt ist. Das ist ein Übersichtsartikel von Ramanathan, Callis, Cess, Hansen, Isaksen, Kuhn, Lacis, Luther, Mahlman, Reck und Schlesinger, Climate-chemical interactions and effects of changing atmospheric trace gases. Reviews of Geophysics, 25, 1441-1482 (1987). In den vergangenen 26 Jahren scheint dieser an prominenter Stelle publizierte Artikel nicht zu Kontroversen geführt zu haben. Nach Kramm und Dlugi ist er aber falsch. Und dazu reichen sie nicht etwa einen Kommentar bei diesem Journal ein, sondern sie verstecken es im gekauften Open Access Artikel einer Zeitschrift, die kein seriöser Wissenschaftler liest. Ramanathan et al. haben auf der Basis von Satellietnmessungen und mit Bezug auf eine Reihe anderer Arbeiten unter anderem ein Strahlungs- und Energiebudget der Erde erstellt, aus dem hervorgeht, dass die Erde am Boden fast 2/3 mehr Strahlung als Infrarotstrahlung abgibt als vom Oberrand der Atmosphäre ins All hinausgeht. Die Abstrahlung vom Rand der Atmosphäre entspricht fast der Einstrahlung von der Sonne (das war 1987, seitdem wurden die Messungen genauer). Die Differenz zwischen Bodenabstrahlung und Abstrahlung am oberen Rand der Atmosphäre entspricht dem Treibhauseffekt und erklärt, warum die Erde am Boden eine Temperatur von ca. 288 Kelvin und nicht um ca. 34 Kelvin niedrigere Temperaturen zeigt. Kramm und Dlugi legen nun nicht etwa eigene Messungen oder Rechnungen vor, die diese Aussage widerlegen würde. Sie sagen nur, dass wegen der Abhängigkeit der Abstrahlung von der vierten Potenz der Temperatur und  der Tatsache, dass die Temperatur über die Erde hinweg ungleich verteilt ist, der Ansatz von Ramanathan et al unphysikalisch sei. So einfach geht das. Die Differenz in der Strahlung zwischen Boden und oberen Rand der Atmosphäre ist aber immer noch da. Das stört Kramm und Dlugi nicht, denn weil ihrer Meinung nach der Treibhauseffekt unphysikalisch ist, gibt es hier auch nichts sehen - bitte weitergehen und nicht auf den Elefanten schauen, der ist gar nicht da. Und dass danach Ramanathan et al noch darauf hinweisen, dass hinter der Rechnung Modellrechnungen stehen, bei denen ja genau das gemacht wird, was Kramm und Dlugi fordern, nämlich zu berücksichtigen, dass es eine ungleichmäßige Temperaturverteilung gibt, wird auch ignoriert. Das ist wie Pokerspielen gegen sich selbst: es ist schwierig, dabei zu verlieren. Man kann hier noch weiter in die Details gehen, aber es ändert nichts daran, was Kramm und Dlugi hier eigentlich veranstalten. Sie argumentieren innerhalb eines engen, hermetisch abgeschlossenen Formalismus, in dem sie die Realität wegdefinieren können. Sinnlos auf der Basis argumentieren zu wollen und der dritte Grund, warum der Artikel in einer seriösen Zeitschrift nicht publizierfähig gewesen wäre.

8 Kommentare:

Treverer hat gesagt…

hallo herr zimmermann,

wieviele artikel in den letzten wochen. respekt!

ich denke, sie benötigen mehr werbung für ihre site.

aber eigentlich - und das ist der grund, warum ich schreibe - wollte ich mal fragen, warum sie nicht anfangen ein buch über die leugnerszene zu schreiben? würde sicher nicht so ein renner, wie kalte sonne, aber m.e. wäre es schon wichtig, mal die ganze thematik in zwei buchdeckel zu pressen, anstatt in gesplittete artikel.

grüße
rl

J. Zimmermann hat gesagt…

Hallo,

vielen Dank für die Ermutigung. Leider fehlt mir die Zeit, ein Buch zu schreiben. Außerdem ist mein Material zum großen Teil eine Zusammenstellung von Arbeiten anderer - der eigene Anteil ist vor allem Meinung. Ich glaube, das wäre kein originelles Buch.

Anonym hat gesagt…

Wer sich wunderte, warum die USA 2009 in Kopenhagen nicht wirklich verhandelt hat, hier der Grund:

http://www.huffingtonpost.com/2014/01/29/snowden-nsa-surveillance-_n_4681362.html

So schadet die NSA also nicht nur Bürgerrechten und Freiheit, sondern auch noch dem Klima.

J. Zimmermann hat gesagt…

Recht interessant, der Artikel bei der Huffington Post. Das unterscheidet sich in einigen wichtigen Details von der Version, die ich vorher beim Spiegel gelesen hatte. Ich vermute mal, dass die NSA-Beteiligung beim Kopenhagengipfel ein unappetitliches Detail ist, aber am Ergebnis nichts ändert. Die USA waren von vornherein nicht bereit, sich zu irgendetwas zu verpflichten, weil die Nation strategisch auf billiges Öl aus eigenen Quellen, und das heißt, Teersand und Fracking, ausgerichtet ist, unabhängig davon, wer Präsident ist. Das ist übrigens lose vergleichbar mit der Position Deutschlands, die auf die Ausbeutung ihrer Braunkohle nicht verzichten will, unabhängig davon, wer regiert, obwohl das umweltpolitisch alle Klimaziele unterläuft.

Unknown hat gesagt…

Gratulation! Bitte bleiben Sie weiter am Thema dran!

Schöne Grüße aus Wien

Mario Sedlak

J. Zimmermann hat gesagt…

Vielen Dank für die Ermutigung, Herr Sedlak.

Andreas Neuthe hat gesagt…

"...nun beruht ein großer Teil der Erdalbedo auf Wolken, die aus Wasser bestehen und Wasser ist ein Treibhausgas."
Bitte, wie??
"Das ist übrigens lose vergleichbar mit der Position Deutschlands, die auf die Ausbeutung ihrer Braunkohle nicht verzichten will, unabhängig davon, wer regiert, obwohl das umweltpolitisch alle Klimaziele unterläuft."
Hä???
Was haben Sie, zum Teufel, gegen die Braunkohle? Wer soll denn die E-Autos aufladen?

J. Zimmermann hat gesagt…

Ich wollte damit sagen, dass man einerseits die Wirkung von Wasser als Treibhausgas betrachten kann und andererseits den Einfluss des Wassers auf die Erdalbedo, also die Rückstrahlung des einfallenden Sonnenlichts, zum Beispiel durch Schnee oder eben Wolken. Wenn jemand nur den Treibhauseffekt bestimmen will, darf er nicht den Albedoeffekt von Wasser dagegenrechnen. Wen jemand das mit Absicht doch macht, hat er ein Interesse daran, den Treibhauseffekt künstlich kleinzurechnen.

Was Braunkohle angeht, wird für die gleiche verwertbare Energiemenge hier mehr CO2 emittiert als bei Steinkohle, sie ist also etwas stärker klimawirksam. Letztlich bedeuten aber alel fossilen Energieträger, dass für die Erzeugung verwertbarer Energie CO2 emittiert wird. So lange diese Quellen für den Strom relevant sind, macht es übrigens auch den Einsatz von E-Autos fragwürdig. Die haben ja erst dann einen Sinn, wenn der Strom ohne CO2-Emissionen gewonnen wird. Hinter die Ökobilanz von E-Autos unter den aktuellen Bedingungen möchte ich mal ein Fragezeichen stellen.