Donnerstag, 28. Februar 2008

Ist die Kohlendioxidkonzentration zu klein, um etwas zu bewirken?

Im Beitrag waren Korrekturen nötig - siehe weiter unten.

Manche behaupten, Kohlendioxid könne den Klimawandel nicht beeinflussen, weil der atmosphärische Anteil von derzeit etwa 387 ppm zu gering sei, um den Strahlungshaushalt der Erde zu beeinflussen. Vergleiche, die dann kommen, sind etwa die von einem Regenschirm, der 0,0387 Prozent des Himmels bedecke. Solche Vergleiche funktionieren nur, weil viele Menschen keinen anschaulichen Begriff dafür haben, was eigentlich ein Mischungsverhältnis von 387 ppm bedeutet.

Spurengase wie CO2 sind in sehr geringen Anteilen in der Luft enthalten und werden in Teilen pro Millionen Teile Luft angegeben, auf englisch parts per million oder kurz ppm. Noch kleiner ist ppb für parts per billion oder Teile pro Milliarde Teile Luft. Die Eigenschaft, die in diesem Fall bei CO2 interessiert, ist die Strahlungseigenschaft. Wie dicht ist die Luft eigentlich durch CO2 für den Durchtritt von Licht in dem Bereich, in dem CO2 Strahlung aufnimmt und abgibt?

Einen Anhaltspunkt gibt es, wenn man sich die Farbe von Flüssigkeiten anschaut, bei der die Färbung durch Bestandteile im ppm-Bereich erzeugt wird. Dafür kann man Kaliumpermanganat nehmen. Das kann man für wenige Euro in der Apotheke kaufen. Wenn man sich 3,4 Gramm davon abwiegen lässt und das in 1 Liter Wasser auflöst, hat man eine Lösung mit 387 ppm Kaliumpermanganat. Die ist deutlich violett gefärbt. Man kann das Wasser in mehrere Wassergläser einfüllen. Schaut man durch ein Glas hindurch, ist es noch recht durchsichtig. Stellt man aber die Gläser hintereinander und schaut durch alle zusammen hindurch, wird die Wassersäule schnell undurchsichtig. Man kann sich so anschaulich machen, daß durch eine Wassersäule von einem Meter mit 387 ppm Kaliumpermanganat praktisch kein sichtbares Licht in dem Absorptionsbereich von Kaliumpermanganat dringt.

Luft ist natürlich nicht so dicht wie Wasser. Das Gasgesetz beschreibt die Dichte von Luft. Bei 0 Grad Celsius enthalten 1,245 Kubikmeter Luft bzw. 1245 Liter Luft so viele Moleküle wie 1 Liter Wasser. Wenn ich in Wasser mit 387 ppm Kaliumpermanganat nach einem Meter Schichtdicke nichts mehr sehe, dann muss ich das in der Luft auf die geringere Dichte umrechnen und daher mal 1245 nehmen. Dann brauche ich für den gleichen Effekt also 1245 Meter Schichtdicke. Wenn also nach 1 Meter die Lösung mit 387 ppm Kaliumpermanagnat völlig blickdicht ist, dann entspräche das auf die Luft umgerechnet einem Weg von 1,245 Kilometern bei Bodendruck. Der Luftdruck nimmt aber mit steigender Höhe ab. Dadurch habe ich eher mehr als 1,5 Kilometer Luft zu vergleichen. Das ändert aber an der grundsätzlichen Betrachtung nichts mehr.

Was man aus dieser Betrachtung ziehen sollte: Lassen Sie sich nicht erzählen, 280 ppm CO2 (vorindustrieller Wert) oder 387 ppm CO2 (aktuell) seien so geringe Mengen, dass die keinen Einfluss darauf haben könnten, wie stark die Luft Strahlung schluckt. Auf den ersten Kilometern ist die Luft für Infrarot (Wärme)-Strahlung in den Bereichen, in denen CO2 anspricht, undurchsichtig. Das Weltall sieht also nicht die Wärmeabstrahlung des Bodens, sondern die der Luft in einigen Kilometern Höhe. Deshalb können Menschen schon mit Änderungen des CO2 im Bereich von ppm einen Effekt auf den Strahlungshaushalt der Erde haben.

Während ich leider immer noch zu faul war, mal Lösungen anzusehen und das Ergebnis abzufotographieren, hat dies inzwischen ein Blogschreiber mit dem Namen chlorobium gemacht, was wiederum Georg Hoffmann veranlasste, dazu einen Blogbeitrag zu erstellen.

Anmerkungen:

(Gunnar Ries hat darauf hingewiesen, daß ich mich beim Molekulargewicht von Kaliumpermanganat verrechnet habe - Murphys Gesetz. Ein Mol wiegt nicht 148, sondern 158 Gramm, wie man sehr leicht nachrechnen kann.)

Kaliumpermanganat hat ein Molekulargewicht von 158. D.h. 158 g KMnO4 sind gerade ein Mol (eine auf die Zahl der Moleküle bezogene Mengeneinteilung). Wasser hat das Molekulargewicht 18. Also sind 18 g Wasser gerade ein Mol. 1 Liter Wasser gleich 1000 Gramm enthalten 55,56 Mol Wasser. 3,4/148 Mol KMnO4 / 55,56 Mol Wasser ergeben gerade 0,000387 bzw. 387 ppm.

Das Gasgesetz lautet pV = nRT (p = Druck in Pascal, V = Volumen in m³, n = Menge des Gases in Mol, R = Gaskonstante = 8,313 J/K/Mol, T = absolute Temperatur in Kelvin). Löst man nach V auf und ist n=1, erhält man bei 273 Kelvin (=0 Grad Celsius) und 101300 Pascal (Bodendruck, stark gerundet) 0,0224 m³ als Volumen von einem Mol Gas.

11 Kommentare:

w3azl hat gesagt…

Wird die Co2 Konzentration in der Luft nicht mit ppmv angegeben, also in Anteilen des Volumens? Für ppm dürften dann 385 etwa 600 ppm ergeben, nach Molgewicht. Gruß

J. Zimmermann hat gesagt…

Mischungsverhältnisse (nicht Konzentrationen) werden bei Gasen üblicherweise als Volumenanteile angegeben. Das ist aber nichts anderes als Teile eines Gases je Teile der ganzen Gasmischung, da sich die Volumen zweier Gase wie die Anzahl ihrer Teile bzw. ihre Molmengen verhalten. Bei mir ist also, wie allgemein üblich, durchweg von ppmV oder ppbV die Rede. Die Alternative wäre die Angabe von Gewichtsanteilen. Das ist aber völlig unüblich, weil dann verschiedene Gewichtsmischungsverhältnisse für chemische Umsetzungen nicht mehr vergleichbar wären und die Einheit nun auch druckabhängig wäre. Volumen- bzw. Mol-Mischungsverhältnisse werden gerne verwendet, obwohl es sich dabei nicht um SI-Einheiten handelt und Puristen immer wieder die Abschaffung fordern, weil ein vertikal bewegtes Luftpaket z.B. zwar die Konzentrationen (mol/Volumen bzw. g/Volumen) ändert (weil sich mit dem Druck die Dichte ändert), aber nicht die Volumen- bzw. Mol-Mischungsverhältnisse.

385 ppm sind selbstverständlich nicht 600 ppm.

w3azl hat gesagt…

Also meiner Kenntnis nach hat Luft ein Gewicht von sagen wir 1,25kg/m³ und CO² ein Gewicht von 2kg/m³. Bei einem Volumenanteil von 385ppmv entspräche das einem Massenanteil von ca. 600ppm ? Nur so erklärten sich mir bisher einige Zahlen, welche die Gesamtmasse des CO2 in der Atmosphäre mit etwa 3 Gigatonnen angaben. Müsste man nun in dem Versuch nicht auch eine dem entsprechende Menge Kaliumpermanganat verwenden?
Ich hoffe ich bringe hier nicht alles durcheinander ;)

w3azl hat gesagt…

3 Teratonnen sollte das heissen.

J. Zimmermann hat gesagt…

Wie schon gesagt ist es nicht sinnvoll, sich auf Massenmischungsverhältnisse zu beziehen, weil diese druck- und temperaturabhängig sind und weil die Absorptionen von einzelnen Molekülen bzw. Ionen durchgeführt werden und nicht von willkürlichen Gewichtseinheiten. Daher kann man nur ein Mol Permanganat und ein Mol CO2 miteinander vergleichen, aber nicht ein Gramm des Anions mit einem Gramm des Gases.

Das Gewicht von CO2 in der Atmosphäre kann man natürlich überschlagsmäßig berechnen, wenn man will, aber auch hier wird man zunächst über die Mole Luft gehen: die Atmosphäre enthält ca. 380 ppm CO2. Das Gewicht der Atmosphäre ist Fläche des Erdbodens mal Druck am Boden durch Erdbeschleunigung. Einsetzen der Zahlen ergibt 5*10^21 g Luft. Bei einem durchschnittlichen Atomgewicht von 29 sind das 1,8*10^20 mol. 387 ppm CO2 ergeben 7*10^16 mol CO2. Das sind (mal 12) 8,4*10^17 g C bzw. 3,1*10^18 g (Teratonnen) CO2.

Daß man das Gewicht von CO2 in der Atmosphäre berechnen kann, ändert nichts daran, daß die Wirkungen (etwa Absorptionen) sich auf die Zahl der Moleküle beziehen. Bei Kaliumpermanganat ist es ebenso.

Merlin hat gesagt…

Ein gravierender Fehler ist die Annahme Wasser habe im flüssigen Zustand die Molmasse 18. Wäre dem so, dann müsste Wasser bereits bei ca. 73 K (-200 °C) sieden. Da dies nicht so ist, muss das Wasser im flüssigen und festen Zustand als Clustermoleküle vorliegen.

Man kann die Molmasse des flüssigen und festen Wasser also nicht genau angeben.

http://www.lbl.gov/Science-Articles/Archive/PBD-water-controversy.html

Außerdem, in der wissenschaftlichen Literatur verwendet man die Begriffe ppm usw. nicht. Selbst in der Spurenanalytik werden die SI-Einheiten entweder mit entsprechenden Präfixen oder in der Exponential-Schreibweise verwendet.

J. Zimmermann hat gesagt…

Merlin:
Ihr Einwand ist nicht relevant. In Gasen bilden sich keine entsprechenden Cluster. Wenn ich mit der Lösung eine Analogie zu Gasen machen möchte, muß ich für die Rechnung die Wassermoleküle einzeln zählen, auch wenn ich weiß, daß sie Cluster bilden. In stöchiometrischen Rechnungen geht man auch üblicherweise bei Wasser von der Molmasse 18 aus. Anders würde man nur vorgehen, wenn es dafür einen besonderen Grund gäbe. Bei der Siedetemperatur des Wassers und vielen anderen Eigenschaften spielt die Wasserstoffbrückenbildung natürlich eine große Rolle.

Ich habe schon darauf hingewiesen, daß ppm bzw. ppmV keine SI-Einheit ist und die Verwendung nicht empfohlen wird. Aber jeder, der sich mit atmosphärischer Chemie beschäftigt, weiß auch, daß es eine sehr nützliche Einheit ist, weil sie konservativ bezüglich der Druckänderung in Vertikalrichtung ist. Die Konzentration von CO2 ändert sich mit der Höhe um Größenordnungen, das Mischungsverhältnis hingegen um kaum 20%, und auch nur, weil es am Boden emittiert wird und von dort her das Mischungsverhältnis steigt. Es gibt zahlreiche Artikel in der atmosphärischen Chemie, in denen ppm, ppb, ppt usw. verwendet wird, vor allem, wenn es um die Kopplung mit dynamischen Vorgängen geht. Ich könnte natürlich auch z.B. statt ppm micromol/mol schreiben. Das wäre korrekter, aber auch länger und ich müßte mir merken, wie ich das griechische mü in HTML einbinde. Ich weiß nicht, was das an den Aussagen ändern würde.

Jorge hat gesagt…

Ich möchte die Diskussion noch um einen weiteren, womöglich interessanten Aspekt erweitern:

Die Radioastronomen können ja bekanntlich im IR-Spektralbereich von ca. 14µm bis sagen wir 100µm keinerlei Strahlung aus dem Weltraum empfangen.

Das bedeutet doch, dass die Atmosphäre dort völlig intransparent ist, dabei ist der Hauptanteil der Intransparenz durch H2O, CO2 und CH4 verursacht.

Nun sagen diese Radioastronomen das schon seit etwa 1960. Will sagen, dass der Anteil an CO2 in der Atmosphäre damals damals bei ca. 300 ppm lag.

Eine Steigerung der Konzentration von CO2 - die ja tatsächlich gemessen wird (im Moment - 2010 - bei ca. 380 ppm) - würde also in Bezug auf die Intransparenz keine Auswirkung haben. Ich nenne das mal den "optischen Sättigungsbereich" der Atmosphäre.

Was für die Strahlung aus dem Weltraum gilt, gilt natürlich auch für die Strahlung von der Erdoberfläche.

Das würde also bedeuten, dass der Erwärmungseffekt durch die Treibhausgase derzeit unabhängig von der CO2-Konzentration ist.

Wer irrt sich hier? die Meteorologen oder die Radioastronomen, oder habe ich da etwas übersehen?

Oder andersherum gefragt: Sollten die Radioastronomen sich geirrt haben, hätte ich gern die spektrale Abhängigkeit der Intransparenz in Bezug auf Konzentration und Wellenlänge des IR-Lichtes.

J. Zimmermann hat gesagt…

Jorge, weder Radioastronomen noch Meteorologen irren sich hier. Beim Treibhauseffekt resultiert der Wärmegewinn für die Erde daraus, daß die Atmosphäre geschichtet ist. In der Troposphäre, den unteren ca. 9-16 Kilometern der Atmosphäre nimmt die Temperatur mit steigender Höhe ab. Je dichter die Atmosphäre für IR-Strahlung wird, desto größer wird der Höhenunterschied zwischen der Schicht, die im Mittel in einem bestimmten Spektralbereich von der Erde "gesehen" werden kann und der Schicht, die aus dem Weltall gesehen werden kann. Je mehr Treibhausgase, desto stärker die Absorption, desto niedriger und wärmer die Schicht, die effektiv zum Erdboden strahlen kann und desto höher und kälter die Schicht, die effektiv in das Weltall abstrahlen kann. Je größer diese Differenz ist, desto weniger effizient gibt die Erde Wärme in das Weltall ab und desto höher steigt die Temepratur auf der Erde. Genau dieser Effekt ist der Treibhauseffekt. Wenn also Radioastronomen sagen würden, daß in einem bestimmten Frequenzbereich die Atmosphäre vom Boden aus für sie dicht ist, glaube ich das gern, ohne das jetzt nachgeprüft zu haben, es ist aber für den Treibhauseffekt nicht von entscheidender Bedeutung, denn der Treibhauseffekt funktioniert gerade dann auch, wenn am Boden bereits die entsprechenden Banden gesättigt wären - es reicht, wenn sie am oberen Rand der Troposphäre noch nicht gesättigt sind. Und daß das der Fall ist, kann nachgemessen werden und auch mit Strahlungsflußmodellen berechnet werden.Die mittlere Höhe, die man aus dem Weltall im Infraroten sehen kann, liegt meines Wissens in ungefähr 6 Kilometern Höhe, wobei je nach Frequenzband die Höhenunterschiede erheblich sind. Entsprechend hat die Erde aus dem All betrachtet über das gesamte Spektrum hinweg eine mittlere Temperatur von ca. -18 Grad Celsius. Und das ist auch in etwa die mittlere Temperatur in dieser Höhe. Das ist aber auch in etwa die Temepratur, bei der die Erde im Strahlungsgleichgewicht mit Sonne und Weltall ist, was sich recht einfach berechnen läßt. Es ist Menschen die sich damit nicht näher befaßt haben, vielleicht nicht so klar, aber der Treibhauseffekt ist so eingebunden in elementare Gleichungen der Physik und in Beobachtungen, die wir am Boden und im Weltraum machen, daß jede Behauptung, es gäbe diesen Treibhauseffekt nicht, an zig verschiedenen Stellen Revisionen der Meteorologie, Klimatologie, Astrophysik und Geophysik erforderlich machte und wir eine Vielzahl von Beobachtungen nicht mehr erklären könnten.

Jorge hat gesagt…

Ich würde in diesem Blog gern auch Zeichnungen etc. hinterlassen, denn ich habe nicht alles verstanden..

Vielleicht kann mir der Autor des Blogs (for4zim) auf Facebook oder ähnlichem einen webspace öffnen, wo ich pdf's und grafiken hinladen kann.

das sollte dann zu diesem Blog verlinkt werden können

J. Zimmermann hat gesagt…

Ich verstehe das nicht so ganz. In die Diskussion kann man meines Wissens keine Bilder einbinden. Das geht nur, wenn ich es als Artikel poste.

Ich schlage vor, auf eigene Bilder oder Graphiken über einen Link aus der Diskussion zu verweisen - ich würde mir das dann schon anschauen.