Die meisten Leugner des menschengemachten Klimawandels fallen dadurch auf, daß sie fachfremd sind, oft überhaupt keinen Zugang zu Naturwissenschaften haben oder zumindest über keine wissenschaftliche Erfahrung verfügen. Man kann dann leicht nachvollziehen, daß solche Menschen leicht Opfer von Mißverständnissen über den wissenschaftlichen Kenntnisstand werden. Wenn ihre politische Überzeugung die ist, daß der Mensch seiner Umwelt durch seine Lebensweise nicht entscheidend schaden kann, dann werden sie selektiv Informationen so sammeln, daß dabei herauskommt, daß kein Klimawandel geschieht oder er nur natürlichen Ursprungs sein kann.
Es gibt aber einige wenige Fälle, in denen solche Erklärungsmuster nicht greifen. Dazu gehören Richard Lindzen, Roy Spencer und John Christy. Bei diesen Männern handelt es sich um Meteorologen, die wissenschaftlich arbeiten (und Publikationen in Fachzeitschriften vorweisen können) und dies auf relevanten Gebieten zur Klimatologie. Richard Lindzen ist bekannt geworden dafür, daß er den Iris-Effekt formuliert hat. Danach sollten bei einer globalen Erwärmung bevorzugt hohe Wolken (Cirrus) verschwinden, die die Abkühlung der Erde durch Abstrahlung in den Weltraum blockieren. Das würde der globalen Erwärmung entgegenwirken, so wie die Iris des Auges sich bei höherer Strahlung zusammenzieht und die Netzhaut schützt. Dieser Effekt konnte nie bewiesen werden und gilt als widerlegt. John Christy und Roy Spencer wiederum sind dadurch bekannt geworden, daß sie Satellitenmessungen zur Bestimmung der Temperatur in der Atmosphäre nutzten. Diese Arbeit wurde wiederholt ausgezeichnet. Christy und Spencer behaupten jedoch auch, daß die globale Erwärmung nicht wesentlich menschengemacht sei und insbesondere nicht zu erwarten sei, daß die globale Erwärmung in Zukunft anhalten würde. Bei allen drei Wissenschaftlern fällt auf, daß sie sich in ihren wissenschaftlichen Publikationen nicht so äußern, wie in ihren Veröffentlichungen und Interviews für die Massenmedien und im Internet. Für die Öffentlichkeit nehmen sie klar Position für die Leugnung des menschengemachten Klimawandels und in Gegnerschaft zum IPCC – bei dem Lindzen und Christy zu anderer Zeit mitgearbeitet hatten.
Die Satellitenmessungen, die Christy und Spencer als UAH-Messungen veröffentlichen, waren einige Zeit lang von Leugnern als Beweis angesehen worden, daß die Bodenmessungen die z.B. von GISS oder Hadley Centre Climate Research Unit (HadCru3t-Temperaturdaten) ausgewertet und veröffentlicht werden, falsch oder gar gefälscht sein müssen. Z.B. wird der Wärmeinseleffekt der Städte angeführt. Durch zunehmende Bebauung wird es rund um die Temperaturmeßstellen im Laufe der Jahre wärmer. Dieser Effekt wird aus den Temperaturmessungen herausgerechnet. Nach Meinung von Gegnern jedoch nicht ausreichend, oder wenn sie keine Ahnung haben, behaupten sie, es geschähe gar nicht. Der Grund dafür, daß die Satellitenmessungen von den Bodenmessungen abwichen, ließ sich jedoch auf Fehler in der Interpretation der Satellitenmessung und die Kürze der Zeitreihe zurückführen. Unter anderem verlieren Satelliten im Laufe der Zeit an Höhe. Dies hat Einfluß auf die Temperaturmessungen – die Erde scheint kühler zu werden, wenn man diesen Effekt nicht berücksichtigt. Inzwischen stimmt der Erwärmungstrend in der UAH-Zeitreihe mit dem in den Zeitreihen der Bodenmessungen überein. Damit wird zugleich gezeigt, daß die Bodendaten im Vergleichszeitraum nicht vom Wärmeinseleffekt betroffen sein können.
Obwohl Christy, Spencer und Lindzen in ihren Hauptargumenten widerlegt wurden – die globale Erwärmung ist real, und auch Wolkeneffekte werden nach allem, was wir wissen, eher nicht in der Lage sein, die globale Erwärmung zu stoppen – bleiben sie doch dabei, daß die Schlußfolgerungen des IPCC falsch seien. Lindzen zumindest verbreitet sogar Verschwörungstheorien, daß wissenschaftliche Arbeiten, die belegen, daß es keine menschengemachte globale Erwärmung gibt oder geben wird, aktiv unterdrückt würden.
Es wird dann oft der Verdacht geäußert, die Finanzierung durch die Ölindustrie würde dafür sorgen, daß diese Wissenschaftler gegen besseres eigenes Wissen den IPCC-Berichten in der Öffentlichkeit widersprechen. Als Begründung werden dann bei Lindzen Beraterverträge für Lobby-Institutionen herangezogen und allgemein Beziehungen zu dem Heartland-Institut oder dem George C. Marshall-Institut, bekannten Lobby-Organisationen, die auch Zuwendungen aus der Kohle- und Ölindustrie erhalten. Ich denke aber eher, daß es umgekehrt die bekannten Ansichten dieser Wissenschaftler sind, die sie dann in der Folge auch interessant machen für Lobby-Institutionen, die dem Klimawandel widersprechen wollen. Die Zuarbeit zum Heartland-Institut oder zu SEPP (von Fred Singer) ist dann nicht Ursache, sondern Folge der Ansichten der Wissenschaftler.
Im Fall von Christy und Spencer findet man ganz andere Zusammenhänge. Beide Wissenschaftler sind zugleich bekennende Anhänger einer fundamentalistischen christlichen Strömung, den Southern Baptists. Spencer vertritt zugleich den „Intelligent Design“-Ansatz, nach dem die Welt nicht auf Basis von Naturgesetzen entsteht und sich wandelt, sondern ein Gott alles regelt, wie z.B. die Evolution. Dahinter steht dann auch ein stark anthropisches Prinzip, auf deutsch: die Welt ist so wie sie ist, weil nur in einer solchen Welt Menschen leben können. Wäre die Welt anders aufgebaut, daß sie etwa durch äußeren Anstoß erheblich andere Lebensverhältnisse einstellen könnte, in denen sie kein guter Lebensort für Menschen wäre, dann wäre früher oder später auch wirklich so ein Ereignis eingetreten und es gäbe heute keine Menschen mehr auf der Erde. Weil es also jetzt Menschen gibt, muß die Erde von sich aus sich ständig auf gute Lebensverhältnisse für die Menschen einstellen, selbst wenn sie gestört wird. Egal ob es sich dabei um geänderte Sonneneinstrahlung, um eine Reihe von großen Vulkanausbrüchen oder eben um die Emission von Treibhausgasen durch die Menschen handelt. Der Iris-Effekt ist dabei ein typisches Beispiel für so einen stabilisierenden Effekt, der die Welt für menschliche Besiedlung stabil hält. Logischerweise sind christliche Fundamentalisten automatisch auch Anhänger des anthropischen Prinzips. Menschen können Gottes Schöpfung nicht zerstören, die menschengemachte Klimaänderung ist daher nicht möglich. Das gilt genauso übrigens für gläubige Muslime. Aber selbst, wenn man nicht religiöser Fundamentalist ist, kann man trotzdem auf Basis des anthropischen Prinzips die Erde für immun gegen einen anthropogenen Klimawandel halten. Ich denke daher, daß der Glaube an ein anthropisches Prinzip, und zwar meistens aufgrund einer fundamental christlichen Einstellung, der Grund dafür ist, daß Menschen, die es aufgrund ihrer Bildung und Arbeit besser wissen müßten, den menschengemachten Klimawandel als Problem leugnen.
Diese Einstellung hat aber einen logischen Fehler. Menschen gibt es im engeren Sinne kaum 200.000 Jahre auf der Erde. Alle Änderungen, die die Erde davor durchmachte, sind mögliche Zustände der Erde. Und nicht alle waren geeignet für eine menschliche Besiedlung. Temperaturänderungen von mehreren Grad in beide Richtungen hat die Erde durchgemacht, zuletzt die Eiszeiten. Treibhausgase sind nur eine weitere Größe, die die Temperatur der Erde beeinflußt, und es ist die Größe, die der Mensch kontrolliert. Daß es jetzt Menschen gibt, beweist nicht, daß das anthropische Prinzip gültig ist. Es beweist noch weniger, daß die Welt von sich aus einen Zustand beibehält, in dem Milliarden Menschen mit hohem Ressourcenverbrauch dauerhaft auf der Erde leben. Alle wissenschaftliche Erkenntnis deutet aber klar darauf hin, daß die Welt unbewohnbar werden würde, wenn zukünftig 10 Milliarden Menschen nach westlichem Standard leben wollten. Der Klimawandel ist dabei nur ein Punkt.
Freitag, 30. Mai 2008
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