Es ist schwer, sich unter dem Temperaturanstieg, den die Modelle für plausible Annahmen für das Ende des Jahrhunderts berechnen, etwas vorzustellen. Global soll die Temperatur um 2 bis 4,5 Grad ansteigen. Was heißt das eigentlich?
Zunächst mal ist dieser Temperaturanstieg die Folge des Anstiegs der Treibhausgase. Diese Treibhausgase behindern die Abstrahlung von Wärme in das Weltall. Dabei erwärmen sich die Landflächen weitaus schneller als die Wasserflächen. Der Grund dafür ist, daß Wasser eine größere Wärmekapazität hat als zum Beispiel das gleiche Volumen an Steinen, Erde und Pflanzen. Außerdem leitet Wasser eine Erwärmung durch die ständige Durchmischung in größere Tiefen ab, während Erde Wärme deutlich schlechter leitet. Auf eine Erwärmung reagiert das Land also schneller und stärker als das Meer. Im Zuge der Klimaerwärmung wird es also an Land zunächst wärmer als auf den Meeren. Sollte es also zum Ende des Jahrhunderts auf der Erde 3 Grad wärmer geworden sein, dann könnten das 2 Grad auf den Meeren sein und 5 Grad auf den Kontinenten. Da die Meere über 2/3 der Erdoberfläche ausmachen, ergibt die Mittelung gerade die 3 Grad für die gesamte Erdoberfläche an Erwärmung.
Diese Erwärmung verteilt sich aber nicht gleichmäßig über die Breitengrade. Zum einen konzentriert sich die Erwärmung auf der Nordhemisphäre, weil hier mehr Landmassen sind. Zum zweiten stellen die Gebiete einen Sonderfall dar, die dauernd oder zeitweilig von Schnee und Eis bedeckt sind. Schnee und Eis reflektieren sichtbares Licht viel besser als Wasser, Pflanzen und Erde. Eine geringfügige Erwärmung verkürzt die Zeit, in der Schnee und Eis Sonnenlicht gut reflektieren und so diese Region kühlen. Dadurch erwärmen sich alle die Gebiete wesentlich stärker als der Durchschnitt, in denen zumindest zeitweilig Schnee und Eis liegen. In den arktischen Regionen (Sibirien, Kanada, Skandinavien, Grönland) können die Temperaturänderungen das globale Mittel leicht um einen Faktor 3 oder 4 übertreffen. Aus 3 Grad für den globalen Mittel werden damit also 9 bis 12 Grad nördlich des Polarkreises und teilweise noch südlich davon. Auch in Ländern wie Deutschland können aus 3 Grad Temperaturänderung im globalen Mittel und 5 Grad im kontinentalen Mittel durch die Lage in gemäßigten Breiten eher 6 Grad Temperaturänderung werden. Allerdings sind solche Aussagen für einzelne Länder extrem unsicher, weil hier viele andere Effekte hereinspielen können. Z.B. kann die Abschwächung der nordatlantischen Strömung teilweise die globale Erwärmung für Teile Europas kompensieren.
Während also eine globale Erwärmung von 3 Grad Celsius sich vielleicht nicht so dramatisch anhört, beeindruckt es uns schon mehr, daß sich das in 5 Grad Celsius Erwärmung auf den Kontinenten und bis über 10 Grad Erwärmung in den Gebieten am und nördlich des Nordpolarkreises übersetzt. Doch damit haben wir immer noch kein realistisches Bild davon, was 3 Grad globale Erwärmung eigentlich bedeuten. Was es wirklich bedeutet, erfordert einen Blick auf die Extremwertstatistik der Temperatur. Ich will dabei nicht tief in die Mathematik einsteigen. Nehmen wir mal an, daß die mittleren Temperaturen an einzelnen Tag normalverteilt um das Jahresmittel der Temperatur sind. In Wahrheit ist die Verteilung schief und steiler, aber um das Prinzip zu verdeutlichen, ist die Näherung unschädlich. Ich möchte nun wissen, wie wahrscheinlich es ist, daß Tage mit extremer Hitze auftreten. Den Mittelwert nehme ich mit 10 Grad an, die Standardabweichung sei ebenfalls 10 Grad. Dann kann ich leicht ausrechnen, daß etwa 8% aller Tage Temperaturen über 24 Grad erreichen und 2,3 % der Tage Temperaturen über 30 Grad. Also 8,3 Tage im Jahr wären dann Tage mit extremer Hitze über 30 Grad. Ändere ich nun den Mittelwert nur um 3 Grad, das sind 1% der absoluten Temperatur, ändere ich die Zahl extrem heißer Tage mit Tagestemperaturen über 30 Grad um fast 100% - sie steigt auf 16,3 Tage. Die Zahl der Tage mit über 24 Grad Tagestemperatur steigt weniger stark um 67% von 29,5 auf 49,5 Tage. Obwohl ich also hier nichts als die Verteilung der Tagestemperaturen um ihren Mittelwert hineingesteckt habe, sehe ich sofort, daß eine Erhöhung der mittleren Temperatur vor allem den Anteil sehr heißer Tage steigert und die Dauer von Hitzewellen verlängert. Gerade solche Hitzewellen machen sich dann aber durch Ernteausfälle, steigende Sterberaten empfindlicher Menschen, Energieengpässe (Kraftwerke müssen abgeschaltet werden, weil kein Kühlwasser mehr verfügbar ist) und erhöhte Waldbrandgefahr bemerkbar. Also: 3 Grad mehr mittlere Temperatur werden zu 5 Grad mehr auf den Kontinenten und zu einer Steigerung der Wahrscheinlichkeit und Dauer extremer Hitzewellen um ein Vielfaches.
Das ist die Situation bei den Temperaturen. Wie sieht es mit den Niederschlägen aus?
Erwärmte Luft kann erheblich mehr Wasser aufnehmen. Die Menge an Wasser in der Luft (z.B. in Gramm Wasser je Kubikmeter Luft) ist die absolute Luftfeuchtigkeit. Die Menge an Wasser in der Luft relativ zu der größtmöglichen Menge an Wasser, die die Luft aufnehmen kann, ist die relative Luftfeuchtigkeit. Grob gerechnet steigt bei einer Temperaturänderung um 5 Grad die maximal mögliche absolute Luftfeuchtigkeit um etwa ein Drittel. (Es gibt verschiedene Seiten im Web, wo eine Umrechnung von relativer und absoluter Feuchte nach der Magnus-Formel angeboten wird.) Bei einem Anstieg der Lufttemperatur im Mittel um 5 Grad über den Kontinenten kann also die Wasserbeladung der Luft um ca. ein Drittel ansteigen. Für extreme Niederschläge gilt natürlich das gleiche wie schon oben für extreme Temperaturen geschriebene. Die Wahrscheinlichkeit für sie steigt gleich um ein Vielfaches und damit die Wahrscheinlichkeit von Überschwemmungen und Ernteverlusten. Aber steigt die Beladung der Luft mit Wasser tatsächlich, wenn die Temperatur steigt oder sinkt dann nicht einfach die relative Luftfeuchtigkeit?
Ist die relative Luftfeuchtigkeit größer als 100%, gibt die Luft Wasser ab, z.B. als Tau, Regen oder Schnee. Ist die relative Luftfeuchtigkeit niedriger als 100 %, nimmt die Luft, wo immer möglich, durch Verdunstung aus der Erde, von Pflanzen und aus Wasserflächen Wasser auf. Dadurch neigt die Atmosphäre tendenziell dazu, eine langfristig wenig veränderliche relative Luftfeuchtigkeit einzustellen – kurzfristig kann natürlich die Feuchtebladung der Temperaturänderung nicht folgen. Vor allem im Tagesverlauf ändert sich daher die relative Luftfeuchtigkeit deutlich – in der Mittagshitze ist die Luft trocken, am frühen Morgen hingegen setzt sich die überschüssige Luftfeuchtigkeit als Tau ab. Die absolute Luftfeuchtigkeit wird daher ansteigen, wenn die Temperatur steigt. Die Folge ist, daß es mehr Niederschläge gibt, wenn die Temperatur steigt. Mehr Niederschläge bedeuten aber nicht automatisch, daß auch die Erde feuchter wird, denn bei höheren Temperaturen verdunstet die Erde auch viel schneller das enthaltene Wasser. Wenn die Niederschläge von der Erde schlecht gespeichert werden, wie zum Beispiel bei Ackerland, das oft eine dünne und manchmal (nach der Erde bis zum nächsten Frühjahr) keine Pflanzendecke trägt, ist es wahrscheinlich, daß erhöhte Niederschläge schnell abfließen, ohne die durchschnittliche Wassermenge im Boden nachhaltig zu erhöhen. Die angestiegene Temperatur sorgt aber permanent für eine erhöhte Verdunstung. Insgesamt wird die Erde trockener. Teile des Ackerlandes müssen nun bewässert werden oder werden gänzlich ungeeignet für die Landwirtschaft. Man kann dabei sogar beides haben – zeitweilig Überschwemmungen und trotzdem im Schnitt einen trockeneren Boden.
Fazit: Eine Änderung der Temperatur um 3 Grad im Mittel ist bereits eine gewaltige Änderung, denn sie übersetzt sich in eine Steigerung extrem heißer Tage, Ausweitung von Dürre und von Überschwemmungen bedrohter Flächen um ein Vielfaches aufgrund der Statistik für extreme Werte und aufgrund der Verstärkung mittlere globaler Temperaturänderungen über den Kontinenten und speziell in den weiter nördlich gelegenen Breiten.
Freitag, 1. August 2008
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