Freitag, 31. Dezember 2010

2010 - ein Jahresrückblick

2010 liegt, während ich das tippe, in seinen letzten Zügen. Für mich war es ein arbeitsreiches Jahr, auch aus familiären Gründen. Vieles, was ich gerne geschrieben hätte, ist dann doch liegen geblieben. Also wage ich mit dem Jahresrückblick noch mal einen Rundumschlag.
Temperaturanomalie 2000-2009 gegenüber 1951-1980 laut GISS, NASA. Von NASA Earth Observatory.

Das Jahr war reich an extremen Wetterereignissen, an neuen Rekorden. Es gab neue Erkenntnisse, die einem Trend folgten, der schon 2008 und 2009 bestand - der letzte IPCC-Bericht von 2007 hat die Gefahren des Klimawandels in den meisten Punkten untertrieben. Und die Öffentlichkeit und die Politik haben das nicht wirklich zur Kenntnis genommen. 2010 war das Jahr, in dem das sogenannte "Climategate" in sich zusammenfiel und die schmutzigen Hintergründe der erklärten sogenannten "Skeptiker", das heißt Leugner und Lügner, besonders offensichtlich wurden. 2010 schließlich war auch das Jahr der Folgekonferenzen zum Klimagipfel in Kopenhagen. Die Nachlese zum Gipfel in Cancun in Mexiko fällt gemischt aus - wenn man so will, ist das Glas halbvoll oder halbleer, je nach Sichtweise. Das 2-Grad-Ziel wurde als politisches Ziel akzeptiert. Aber bringt uns das weiter?

Sonntag, 21. November 2010

Der lebende Planet

Ich wollte ein neues Thema im Blog diskutieren, aber dazu muß ich erst einige Grundlagen legen. Und damit hier keine langen und langweiligen Vorträge stehen, gehe ich es indirekt an auf die Gefahr hin, daß ich neben Arbeit und Familie gar nicht mehr dazu komme, zum eigentlichen Punkt zu kommen. Sei es drum... Das Thema ist der lebendige Planet. Schaut man sich nämlich die Atmosphären verschiedener Planeten an, dann fällt bei der Erde auf, daß ihre Atmosphäre sich weit weg von einem chemischen Gleichgewicht befindet. Es ist ordentlich Sauerstoff vorhanden, der verschiedene andere Stoffe oxidieren könnte und auch nicht wenig Methan, das im Gleichgewicht eigentlich vollständig zu Kohlendioxid und Wasser abreagiert sein müßte. Anhand solcher Anzeiger (ein weiteres ist das vorhandene Lachgas) verrät die Erde, daß es hier Leben geht. Geologische Vorgänge könnten eine solche Atmosphäre nicht erzeugen, sondern würden uns entweder dem Mars oder der Venus ähnlich werden lassen. Schauen wir doch mal ein paar Milliarden Jahre in die Vergangenheit...

Mittwoch, 17. November 2010

Unbelehrbare Journalisten und die Spinner, die sie zitieren

Vor etwas über einem Jahr wurde der angebliche Climategate inszeniert. Damals hatten Unbekannte einen Server der Climate Research Unit an der East Anglia University gehackt und Emails gestohlen, aus denen dann Vorwürfe gegen Professor Phil Jones und seine Mitarbeiter konstruiert wurden. Nachfolgende Untersuchungen zeigten, daß diese Vorwürfe falsch waren. Die Drahtzieher dieser Straftat stammen wohl aus Klimawandelleugnerkreisen, aber polizeiliche Untersuchungen verliefen im Sande. Ungefähr zeitgleich wurde auch die angebliche Aufdeckung zahlreicher Fehler im IPCC-Bericht inszeniert. Auch hier ergab die nachfolgende Untersuchung, daß die angeblichen Fehler keine waren. Die zwei einzigen echten Fehler waren eine falsche Angabe der ungefähren Zeit, zu der die Gletscher im Himalaya weitgehend abgeschmolzen sein sollten und eine von den Niederlanden falsch übermittelte Zahl über den Anteil des Landes, der unterhalb der Meeresoberfläche liegt. Gerade der erste dieser Fehler war aber von IPCC-Autoren selbst entdeckt und korrigiert worden, während die Niederlande ihre falsch übermittelte Zahl korrigieren mußten und klarstellten, daß eher die Fläche damit beschrieben wird, die bei Hochwasser von Überschwemmung bedroht ist. Doch der Wahnsinn dieser Zeit ist nicht vorüber - einige Journalisten haben immer noch nichts begriffen. Ein Blick in die Thüringer Allgemeine.

Sonntag, 14. November 2010

Nicht typisch, aber erhellend

Ich schreibe selten darüber, was sich in den Hauptblogs der Leugnergemeinde tut, wie etwa Wattsupwiththat oder ClimateAudit. Inhaltlich bringt es nichts und ich sehe auch keinen Sinn darin, mich zu wiederholen - und darauf liefe es hinaus, wenn ich schon an Beispielen dargestellt habe, daß dort Unfug als Wissenschaftskritik verkauft wird. Dumme Beiträge, die man in der Kritik verreissen könnte, gibt es da fast täglich. Doch im Oktober waren Beispiele zu finden, die den Geist besonders gut darstellten, in dem diese Blogs verfaßt werden. Diese Beiträge waren vielleicht noch nicht mal typisch für diese Blogs, aber entlarvend und erhellend. Schauen wir uns das also einmal an...

Samstag, 13. November 2010

Klimaszenarien - realistisch oder brauchbar?

Klimaprojektionen basieren auf vorgegebenen Verläufen zukünftiger Emissionen der Treibhausgase. Diese Verläufe wiederum bauen auf eine gedachte Geschichte für die Zukunft auf. Mehr oder weniger erwartetes Wirtschaftswachstum kann genauso wie mehr oder weniger Bevölkerungswachstum bedeuten, daß die Emissionen von Treibhausgasen mehr oder weniger stark steigen oder vielleicht irgendwann auch sinken. Eine solche Geschichte der Zukunft mit einem solchen Verlauf der zukünftigen Emissionen und anderer Größen nennt man ein Szenario. Können wir darauf vertrauen, daß solche Szenarien für die Projektionen, die für das IPCC berechnet wurden, realistisch sind? Ich behaupte, nein. Das war auch nie Sinn der Übung. Überlegen wir einmal, warum.

Freitag, 29. Oktober 2010

Kann das IPCC den Nutzen des Klimawandels schönrechnen?

Professor Richard Tol hat zweimal in Beiträgen bei Roger Pielke junior und  später hier im Blog Klimazwiebel der Arbeitsgruppe 3 des IPCC implizit vorgeworfen, ihr Review hätte versagt, sie hätten vielleicht gar mit einer politischen Agenda gearbeitet und auf dieser Basis unangenehme Fachbeiträge unterdrückt oder die Analyse manipuliert. Das hätte die Ergebnisse des IPCC korrumpiert. Meiner Ansicht nach basiert der Vorwurf von Tol aber darauf, daß er zum einen aus Einzelentscheidungen der Arbeitsgruppe 3 auf die Gesamtergebnisse generalisiert, zum anderen läuft die Kritik oft darauf hinaus, daß Redakteure im IPCC zu anderen Ergebnissen bei der Berücksichtigung von Arbeiten kamen als Richard Tol und Tol daraus die Agenda des IPCC ableitet. Man könnte bei letzterem zurückfragen, ob nicht umgekehrt Richard Tol hier eine Agenda vertritt? Ich will noch mal zusammenfassen, warum ich in die Fachliteratur der Wirtschaftswissenschaften in Bezug auf den Klimawandel weniger Vertrauen habe als in die naturwissenschaftliche Literatur, warum deshalb das Heraushalten von fachbegutachteten ökonomischen Artikeln aus dem IPCC-Bericht kein Fehler sein muß und ich will nachfragen, ob Richard Tol beim IPCC und bei seinen eigenen Beiträgen mit zweierlei Maß mißt. Letzeres würde die Frage beantworten, ob Tol eine Agenda hat.

Montag, 27. September 2010

Wer die bösen Buben sind...

Für einen Europäer ist es eine sehr bequeme Sache, sich in den Lehnstuhl zu setzen und darüber zu philosophieren, wie der "american way of life" die Erde in die globale Erwärmung treibt. Doch kürzlich sah ich auf einer Webseite Illustrationen aus einem Buch von Prof. James Hansen ("Storms of my Grandchildren"). Und diese Graphiken zeigen ein alternatives Bild auf. Bei der Gelegenheit, auch ein Tip für eine Quelle im Internet. Unter dem Link Makiko's Page findet man weitere interessante Graphiken.

Montag, 20. September 2010

Spiegel schreibt schon wieder Blödsinn

Vor über 2 Wochen hatten Matthew Penn und William Livingston eine nicht-fachbegutachtete Studie auf arXiv geladen, laut der sie anhand einer Spektrallinie eine Abnahme des Magnetfeldes der Sonne und darüber der Sonnenfleckenzahl bestimmen konnten. Mit Hilfe einiger noch unbestätigter Annahmen und durch eine lineare Extrapolation meinten die Autoren, daraus ableiten zu können, das der gegenwärtige 11-jährige Sonnenfleckenzyklus nur halb so stark ausfällt wie der vorige und der nächste (25. in der internationalen Zählung) ganz ausfallen wird. Ob es so wird, geben die Autoren ehrlich zu, würde die Zukunft zeigen und empfehlen weitere Messungen.

Auf zur Geisterbahnfahrt beim Spiegel:

Sonntag, 19. September 2010

Currys italienische Flagge, postnormales Lagerdenken und Fehlerbalken

Prof. Judith Curry ist Leiterin des Instituts für Geo- und Atmosphärenwissenschaften am Georgia Institute for Technology. Sie ist zugleich auch eine Person, die es in Rekordzeit geschafft hat, ihre fachliche Reputation zu zerstören. Daneben entwickelt sie Ideen, die sich schwer mit ihrer Kompetenz in der Klimaforschung vereinen lassen. Aber vielleicht ist nicht die Kompetenz das Problem, sondern politischer Wille stellt wissenschaftlichem Verständnis ab und zu ein Bein. Jedenfalls hat Curry in ihrem Blog eine recht eigenwillige Ansicht entwickelt, wie unsicher unser Verständnis darüber ist, wie viel des aktuellen Klimawandels von Menschen verursacht wird. Diese Ansicht ist absurd, und das läßt sich einfach erklären. Aber ich fange besser beim Anfang an...

Samstag, 18. September 2010

Wundersame Welt der Wirtschaftswissenschaften 3 - das Lomborg-Dilemma

Stellen Sie sich vor, Ihr Haus brennt. Auf dem Tisch liegt eine Brieftasche mit Geld und Kreditkarten. Außerdem liegt dort ein Ordner mit ihren wichtigsten persönlichen Papieren. Was davon ist jetzt wichtiger? Was werden Sie retten? Wenn Sie anfangen, nachzudenken, heißen Sie vielleicht Björn Lomborg. Die meisten anderen würden sagen, daß sie beides mitnehmen. Lomborg hat die Kunst, Dilemmata zu konstruieren, extrem verfeinert, nur um irgendwie am Ende den Eindruck zu erwecken, daß die Vermeidung des Klimawandels kein wichtiges Problem sei. Neuerdings hat er seine Verwirrungstechnik noch verfeinert und es geschafft, den Eindruck zu erwecken, er halte den Klimawandel nun für ein wichtiges Problem. Dabei vermeidet er es jedoch, irgendetwas zu empfehlen, das geeignet wäre, den Klimawandel aufzuhalten - er ist zwar bereit, mehr Geld für das Problem des Klimawandels auszugeben, aber nach wie vor liegt dabei die Priorität nicht bei der Emissionsminderung.

Schauen wir uns also einmal das Lomborg-Dilemma an.

Donnerstag, 16. September 2010

Wundersame Welt der Wirtschaftswissenschaften 2 - was kostet ein Leben?

Eines der Merkmale des Klimawandels ist es, daß hier in starkem Maße Schäden auftreten, die nicht direkt in Geld umgerechnet werden können. Das Aussterben von Arten, das Absterben von Korallenriffen, die massive Umsiedlung von Menschen aus Gebieten, die durch Überschwemmungen und Dürren bedroht werden und mögliche Todesfälle durch Naturkatastrophen und Hungersnöte sind allesamt nicht in Geld zu bewerten.

Eines der Merkmale der Wirtschaftswissenschaften ist, daß man genau dieses dort versucht.

Montag, 13. September 2010

Wundersame Welt der Wirtschaftswissenschaften - Zinsen und Umverteilung

Als Naturwissenschaftler neigt man zur Naivität. Man weiß, daß unsere Lebensweise zu einer Veränderung des Klimas führt und man weiß, daß einige dieser Veränderungen das Potential haben, die Lebensgrundlage von Millionen Menschen zu zerstören. Man würde also annehmen, daß es nun darum geht, unsere Lebensweise so zu ändern, daß wir in überschaubarer Zeit aufhören, das Klima zu verändern. Dazu müssen wir auf eine kohlenstofffreie Energieerzeugung umstellen.

Doch von der Politik aus betrachtet ist das zu einfach. Zunächst muß man gründlich analysieren, was die wirtschaftlichen Kosten des Klimawandels bzw. von Maßnahmen zur Anpassung an ein verändertes Klima sind abzüglich des möglichen Nutzens, um das zu vergleichen mit den zu erwartenden Kosten von Maßnahmen zur Vermeidung des Klimawandels. Das klingt so, als bräuchte man viele Daten und würde dann eine Rechnung durchführen und am Ende steht ein Ergebnis: Klimaschutz rechnet sich oder Klimawandel und Anpassung daran sind billiger. Ich habe jedoch den Verdacht, daß das weder bisher durchgeführt wurde noch überhaupt möglich ist. Warum?

Mittwoch, 1. September 2010

Das kann man nicht erfinden...

Das Thema der Klimaveränderung ist in den USA eine Kontroverse zwischen den beiden großen Parteien - das ist schon seltsam genug. In Europa ist es undenkbar, daß es eine Frage der Parteizugehörigkeit sein könnte, ob man wissenschaftliche Erkenntnisse akzeptiert oder nicht. Aber die antiwissenschaftliche Haltung der politischen Rechten kann zu komischen Auswüchsen führen.


Dienstag, 31. August 2010

IPCC wurde begutachtet

Das Inter Academy Council, ein Begutachtungskomitee mit Mitgliedern der nationalen Wissenschaftsakademien und anderer Forschungsgremien hat eine Begutachtung des IPCC durchgeführt und nun einen Entwurf seines Abschlußberichts vorgelegt (Änderungen verschiedener Punkte sind noch möglich). Der Bericht sieht hilfreich aus, bietet aber keine Überraschungen. Ungefähr so hätte man sich das Ergebnis einer Begutachtung vorgestellt, denn im Grunde war schon vorher bekannt und andiskutiert, wo das IPCC eine bessere Managementstruktur braucht, wo die Transparenz verbessert werden muss und wo Mängel im Review-Prozess beobachtet worden waren.


Das Komitee stellt fest, daß das IPCC insgesamt erfolgreich gearbeitet hat. Durch veränderte Rahmenbedingungen und erhöhte wissenschaftliche Anforderungen sei aber eine Fortentwicklung des IPCC erforderlich. Also wurden einige Empfehlungen abgegeben:

Montag, 30. August 2010

Vertrauen wir den Journalisten?

Die Frage lautet eigentlich: Vertrauen wir den Wissenschaftlern? Und sie wird gestellt von Andrew Revkin, den früheren Wissenschaftsjournalisten der New York Times, der sich wacker bemüht, sein einstiges hohes Ansehen zum Teufel gehen zu lassen.

Sonntag, 29. August 2010

Der letzte Nagel zum Sarg der globalen Erwärmung...

In den meisten englischsprachigen Blogs, in denen oben mit unten und links mit rechts vertauscht wird und die globale Erwärmung nur eine Erfindung einer grün-kommunistisch-faschistischen Verschwörung der IPCC-Weltregierung ist, deren Steuern auf Energie uns alle ruinieren kann, wie man am Beispiel des völlig verarmten Deutschlands sehen kann, wo ein dreimal so hoher Preis von Energie im Vergleich zu den USA dazu führte, daß kein Mensch mehr deutsche Waren kaufen will und die USA uns beim Export um Längen geschlagen haben...Verzeihung, ich bin auf meiner Ironiespur ausgerutscht und habe einen Bandwurmsatz erzeugt. Wo war ich? Ach ja, es gibt Leute, für die ist der Konsens der Wissenschaft zur globalen Erwärmung ein Schwindel und Wissenschaftler wie Lindzen, Spencer, Christy, Michaels, McKitrick, Pielke sr. oder Singer oder eingebildete Wissenschaftler wie Monckton, Watts, d'Aleo oder McIntyre mit ihrer alternativen Realität definieren den akzeptierten Wissensstand. Und wann immer aus diesem erlauchten Kreis ein neuer Beitrag kommt, wird er als ultimativer Beweis gefeiert, daß die normalen Wissenschaftler sich geirrt hätten - der finale Nagel im Sarg der menschengemachten globalen Erwärmung. Nun hat die Standardtheorie die für Leugner unangenehme Eigenschaft, mit dem Gang der realen Welt übereinzustimmen - deshalb ja nenne ich diese Leute Leugner. Aber wie gut haben denn die Wissenschaftler abgeschnitten, die da dauernd diesen Sarg nageln, der dann, verflucht nochmal, einen Nagel nach dem anderen einfach so weggesteckt hat? Eine historische Nachlese:

Donnerstag, 26. August 2010

ENSO, Hochwasser und Klimawandel

Wird die Tiefenzirkulation des pazifischen Ozeans vor der äquatorialen Küste Südamerikas unterbunden, bildet sich eine erwärmte Schicht Oberflächenwassers in einem Band weit nach Westen. Dies kann dadurch geschehen, dass die starken Passatwinde, die normalerweise aus dem Osten kommen, Wasser von der Küste wegtreiben und kaltes Tiefenwasser aufsteigen lassen, sich zeitweise abschwächen und warmes Oberflächenwasser des Zentralpazifik bis zur südamerikanischen Küste vordringen lassen. Die dadurch erwärmte Luft sorgt dafür, daß die globale Temperatur bis zu 0,2 Grad wärmer ist als in Zeiten stärkerer Durchmischung im Pazifik. Diese zeitweilige zusätzliche Erwärmung von Oberflächenwasser und Luft zieht in den folgenden Monaten in viele andere Regionen , und trägt möglicherweise zu Hitzewellen an anderen Orten bei. Diese Konstellation heißt El Niño, weil sie üblicherweise im Winter auftritt, zur Zeit des Christkindes (el Niño=das Kind bzw. in dem Zusammenhang das Christkind im Spanischen). Das Gegenstück zum El Niño ist La Niña, wenn die Passatwinde besonders stark sind und kaltes Tiefenwasser vor Südamerika verstärkt aufsteigt und für kaltes Oberflächenwasser im äquatorialen Pazifik sorgt, gepaart mit starken Niederschlägen in Südostasien, aber auch Kältewellen in Südamerika (wie in den letzten Wochen). Zusammen sind dies die Phasen des ENSO-Zyklus, wobei dies in Wahrheit kein Zyklus ist, sondern eine chaotische Abfolge der Phasen, die jeweils stärker oder schwächer ausgeprägt sein können. Außerdem hängen an den ENSO-Phasen Wetterauswirkungen vielfältiger Art. Unter anderem bringt man die katastrophalen Niederschläge in Pakistan und derzeit in Indonesien und zerstörerische Hochwasser mit La Niña in Verbindung. Außerdem wird der ENSO-Zyklus anscheinend von der globalen Erwärmung beeinflußt. Und das nicht zum Guten. Es gibt einen neuen Bericht der NASA und der National Oceanic and Atmospheric Agency NOAA in den USA, der Anlaß zur Sorge gibt. Was steht da drin?
Abweichungen von der normalen Meeresoberflächentemperatur (links) und Höhe (rechts) 2009-2010 (Spitzenwerte) beim zentralpazifischen El Niño. Messung durch polarumlaufende Satelliten von NOAA bzw. Jason-1-Station von NASA. Maximalwerte im zentralen äquatorialen Pazifik. Quelle: NASA/JPL-NOAA


Mittwoch, 18. August 2010

Wann wissen wir, ob der Klimawandel mehr Menschen tötet?

Die Frage im Titel hat eine einfache Antwort: 2100, vielleicht auch schon einige Jahre vorher, wissen wir es. Wir können nämlich nur dann sicher sagen, wie viel Menschen der Klimawandel tötet, wenn er erfolgt ist. Und auch dann mit der Einschränkung, daß wir irgendwie feststellen müssen, wie der Vergleichszustand ohne Klimawandel aussieht. Das ist nicht immer einfach. Als 1917 die kommunistische Diktatur sich in Rußland an die Macht putschte und das Land mit Bürgerkrieg und die unbotmäßige Ukraine schließlich mit einer Hungersnot überzog, was nehmen wir als Verursacher der Millionen Hungertoten in der Ukraine: die politischen Verhältnisse, den Krieg, die Zwangskollektivierung und Beschlagnahmen in der Ukraine? Oder rechnen wir die Toten als Ergebnis einer Dürre, eines klimatischen oder meteorologischen Einflusses? Wenn Sie letzteres für plausibler halten, heißen Sie Indur Goklany und publizieren Sie im Interesse diverser Think Tanks Artikel, die "beweisen", daß der Klimawandel zu einer abnehmenden Zahl von Toten führt und die Toten durch den Klimawandel ohnehin gegenüber denen durch andere Ursachen vernachlässigt werden können. Gehen wir mal in die Einzelheiten.
Nach Meinung von Goklany beweist das, daß Klima und Wetter früher tödlicher waren. Nach meiner Meinung zeigt das, daß eine Ansammlung von Einzelereignissen keine belastbare Statistik gibt (Zahl der Toten pro Jahr und Todesfallraten pro Millionen Menschen für jeweils ein Jahrzehnt aufgrund von Ereignissen, die irgendwie mit Wetter und Klima zu tun haben könnten).

Sonntag, 15. August 2010

Rekordticker - nur eine Spielerei?

Rekordticker sind anscheinend dieses Jahr in. Immerhin spricht viel dafür, daß zumindest in einer, vielleicht in mehreren globalen Temperaturzeitreihen 2010 ein neuer Jahresrekord aufgestellt wird. Auf Basis eines gleitenden 12-Monate-Mittels gab es bereits Rekorde in den Zeitreihen von NASA-GISS und NOAA-NCDC und war das erste Halbjahr 2010 das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Von Zeit zu Zeit gibt zum Beispiel Georg Hoffmann auf seinem Blog PrimaKlima einen Rekordticker heraus. Spannender ist der Blick auf das Seeeis in der Arktis, obwohl wir 2010 ziemlich sicher keinen neuen Rekord bei der Eisausdehnung sehen werden, beim Eisvolumen hingegen schon.
Eisausdehnung (mindestens 15% Eisbedeckung) des Nordpolarmeers in Millionen Quadratkilometern nach NSIDC.

Donnerstag, 12. August 2010

Eiertanz um Wetterextreme

Im Rahmen des Klimawandels wird auch eine Häufung von Wetterextremen vorhergesagt. Das ist schlecht formuliert - wenn die Temperaturen steigen, muß es zwangsläufig einen relativen Anstieg der Häufigkeit von Temperatur- und Niederschlagsrekorden geben. Und da wir derzeit die wärmsten 12 Monate in der wärmsten Dekade im wärmsten 50-Jahreszeitraum seit Beginn der Wetteraufzeichnungen haben und möglicherweise auch der letzten 1000 Jahre und wahrscheinlich auch der letzten 2000 Jahre, kann es uns nicht verwundern, wenn wir mit Jahrhunderthitzewellen in einigen Erdregionen und Jahrzehnt- oder gar Jahrhundertüberflutungen in anderen oder den gleichen Erdregionen konfrontiert werden. Vor dem Hintergrund ist es geradezu verblüffend, wie ich schon früher erklärt hatte, wie Journalisten für Zeitungen und Fernsehnachrichten sich anstrengen, im Zusammenhang mit der Hitzewelle in Pakistan, Indien und Arabien im Frühjahr, im Sommer in Rußland und Umgebung und den Überschwemmungen in Pakistan und der historischen Häufung von Hitzerekorden in 17 Staaten und Territorien der Erde den Klimawandel nicht zu erwähnen. Ganz selten geschieht es dann doch einmal. Und dann steht anscheinend Joachim Müller-Jung, Wissenschaftsjournalist bei der FAZ bereit, das anzugreifen. Er irrt sich, und warum, das erzählt uns zugleich etwas über eine aktuelle Diskussion des Einflusses der Sonne auf das Wettergeschehen.

Mittwoch, 11. August 2010

Händler des Zweifels

Von Naomi Oreskes und Erik Conway gibt es das Buch „Merchants of Doubt“. Das bislang nur auf Englisch erhältliche Buch erzählt die Geschichte, wie einige Wissenschaftler im Interesse der Wirtschaft für die Öffentlichkeit den Anschein herstellen, es gäbe eine wissenschaftliche Debatte bei bereits entschiedenen Fragen. Es ist irritierend und frustrierend, wenn man miterleben muß, daß einzelne Wissenschaftler so tun, als wüßte man noch nicht, daß Rauchen oder Passivrauchen schädlich ist, daß FCKW der Ozonschicht schaden, daß Schwefel- und Stickoxidemissionen Wälder und Seen schädigen können oder daß Treibhausgase zu einer globalen Erwärmung führen – die Folgen sehen wir in Rußland und Pakistan. Unter diesen Wissenschaftlern und solchen Menschen, die dafür angesehen werden wollen, gibt es verschiedene Motivationen, und es wäre falsch, dies allein unter dem Stichwort der bezahlten Lobbyisten zu fassen. Es gibt auch andere Gründe dafür, überholte oder falsche Meinungen als Wissenschaftler zu vertreten. Es kann darum gehen, daß man politisch oder religiös einem Standpunkt verbunden ist, man kann genießen, daß man mit einer Außenseitermeinung erhöhte Aufmerksamkeit und Zuspruch einer eigenen Anhängerschaft genießt oder man kann sich einfach in eine Ansicht verrannt haben und davon nicht mehr loskommen. Doch Oreskes und Conway nehmen sich eine bestimmte Gruppe von Wissenschaftlern heraus und erzählen, wie sie zur Leugnung des Standes der Wissenschaft kamen. Kürzlich gab es dazu einen Gastbeitrag bei Joe Romms Blog und aus dem möchte ich einige Punkte herausziehen und kommentieren. Es gibt übrigens auch ein kurzes Interview dazu in der Schweizer Sonntagszeitung.

Dienstag, 10. August 2010

Klimamodelle auf dem Prüfstand

James Annan macht auf seinem Blog Werbung für ein neues Journal und dabei auch für einen Artikel von Julia C. Hargreaves, Skill and uncertainty in climate models, Wiley Interdisciplinary Reviews: Climate Change, 1 556 (2010). Am Beispiel der Modellrechnungen von Hansen und Mitarbeitern, mit denen 1988 drei Szenarien für eine globale Erwärmung vorgestellt wurden (Hansen J, Fung I, Lacis A, Rind D, Lebedeff S, Ruedy R, Russell G, P Stone. Global climate changes as forecast by Goddard Institute for Space Studies three-dimensional model. J Geophys Res-Atmos 1988, 93(D8):9341–9364.), zeigt sie, wie man den Skill einer Modellvorhersage untersuchen kann. Skill bezeichnet die Fähigkeit einer Vorhersage, die Beobachtungen besser zutreffen als eine Referenz. Man betrachtet das Verhältnis des Modellfehlers zum Fehler der Referenz. Zieht man von 1 dieses Verhältnis ab, erhält man den Skill. Sind Modell und Referenz gleich gut, ist das Verhältnis 1 und der Skill 0. Ist andererseits das Modell zehnmal besser als die Referenz und daher der Modellfehler ein Zehntel, ist das Verhältnis 0,1 und der Skill 0,9. Ein Skill über Null sagt also aus, daß das Modell eine bessere Arbeit leistet als eine Referenz. Hansens Modell hat für den Zeitraum 1989 – 2008 einen Skill von 0,56. Das ist recht gut, wenn man bedenkt, daß es ein recht frühes Modell war, mit Szenarien, die inzwischen deutlich überholt sind. Es gibt noch mehr dazu zu schreiben.
Globale Temperaturdaten (monatlich) HadCRUT3 (schwarz) gegen Modellprojektion
Szenario B aus Hansen et al. 1988 (blau) und Persistenz als Vergleich (rot),
durchgezogene Linien geben Trend über 20 Jahre. Aus Hargreaves 2010.

Montag, 9. August 2010

Too little, too late

Es tröpfelt langsam herein, die Entschuldigungen von Zeitungen und Sendern für ihre Falschberichterstattung zum Klimawandel. Die Frankfurter Rundschau hat es getan, die britische Sunday Times und nun auch die BBC. Die Zeitungen hatten fälschlich behauptet, der IPCC-Bericht von 2007 hätte einen Fehler zu dem möglichen Absterben von Teilen des Amazonas-Regenwaldes enthalten. Die Sunday Times mußte zugeben, allerdings erst auf Druck von Dr. Simon Lewis, daß sie ihn falsch zitiert hatte und er zwar kritisiert hatte, daß World Wildlife Fund und IPCC jeweils in Berichten die Originalquelle in Nature zu dem möglichen Rückgang des Regenwaldes nicht angegeben hatten, daß er aber zugleich darauf hingewiesen hatte, daß die Quelle inhaltlich korrekt zitiert wurde. Die Angabe im IPCC-Bericht, daß bis zu 40% des Amazonas-Regenwaldes von Trockenheit bedroht seien bei einem Fortschreiten der globalen Erwärmung, war korrekt. Die Rundschau hatte ihre Falschdarstellung schon früher zurückgezogen. Sie hatte mit Bezug auf eine Falschdarstellung in der Sunday Times ungeprüft die Behauptung übernommen, der IPCC-Bericht hätte die Ausdehnung von möglichen zukünftigen Dürrezonen in Afrika übertrieben. Auch diese Behauptung war falsch.

Inzwischen gibt auch die BBC zu, fälschlich den Eindruck erweckt zu haben, mit dem Diebstahl der Emails von der Climate Research Unit unter Professor Phil Jones durch nach wie vor unbekannte Hacker sei der Verdacht aufgekommen, Forscher des Instituts hätten die Debatte über die globale Erwärmung manipuliert, um die Bedrohung ernster erscheinen zu lassen, als sie selbst glaubten.

Sonntag, 8. August 2010

Am Rand der Verteilung

Die Normalverteilung ist recht oft eine gute erste Annäherung, um die zufällige Verteilung einer Eigenschaft um einen Mittelwert zu beschreiben aus Gründen, die zu langatmig wären, um das hier zu beschreiben. Eine kurze Erinnerung ist, daß zum einen die Summe mehrerer Verteilungen sich einer Normalverteilung annähert, zum anderen, daß wir, wenn wir nur eine begrenzte Zahl an Werten haben, auch nur grob genähert sehen können, welche Verteilung wir vor uns haben. Selbstverständlich gibt es auch Eigenschaften, zum Beispiel die Lebensdauer einer wiederholt hin und her gebogenen Büroklammer, bei denen wir mit einer Normalverteilung überhaupt nicht hinkämen. Im letzten Blogbeitrag habe ich geschrieben, daß die extremen Wetterereignisse dieses Jahres uns zwei Lehren bieten. Zum einen sind sie in ihrer Häufung ein Beleg für die globale Erwärmung - ohne die globale Erwärmung würden wir zwar auch Wetterextreme erwarten, aber nicht so viele in dieser Kombination. Zum anderen zeigen uns die extremen Wetterereignisse, was wir als den Normalfall zu erwarten haben, nachdem die globale Erwärmung vorangeschritten ist. Es bleibt immer noch die Frage, wann wir denn bei einem Wetterextrem sagen können, daß es durch die globale Erwärmung verursacht wurde? Diese Frage ist so trickreich, weil im Grunde die Wahrscheinlichkeit für ein beliebiges Wetterextrem nie gleich Null ist.
Vergleich der Temperaturanomalien August 2003 (links) und Juli 2010 (rechts) nach Daten von NOAA/ESRL via WeatherUnderground.

Mittwoch, 4. August 2010

Was das Wetter über den Klimawandel sagt

Wetter ist nicht Klima. Die Wetterparameter (Temperatur, Feuchte, Wind) zeigen eine erhebliche Variabilität um ihre Mittelwerte. Das gleiche gilt für Witterungen und jahreszeitliche Gänge in einzelnen Jahren. Weder ein einzelner heißer Sommer noch ein einzelner relativ kalter Winter beweisen eine Klimaänderung oder einen Trendwechsel. Das kann man allerdings mißverstehen. Es gibt nicht nur das eine Extrem, daß weniger kundige oder an einem bestimmten Klimatrend interessierte Menschen ein Einzelereignis als Zeugnis für ihre Meinung anführen, wie etwa ein Teil der Leugner, die mit einem recht kalten und schneereichen Winter in Teilen Europas eine globale Abkühlung beweisen wollten. Das andere Extrem ist das Mißverständnis, das einzelne extreme Wetterlagen keine Aussagen zum Klimawandel zuließen. Das ist ein Irrtum, denn eine Häufung extremer Wetterereignisse ist durchaus signifikant. Und zwar taugen sie für zwei Aussagen. Zum einen zu Aussagen bezüglich eines bestehenden Kliamwandels. Zum anderen dazu, was wir von diesem Klimawandel zu erwarten haben.

Verhältnis von hohen zu niedrigen Rekordtemperaturen an 1800 Wetterstationen in den USA ohne Alaska und Hawaii (©UCAR, graphic by Mike Shibao.)

Donnerstag, 29. Juli 2010

Stunde der Wahrheit in der Hockeyschlägerdiskussion

Der Artikel bei Real Climate, in dem Tamino die Fehler im Buch von Montford über den angeblichen Hockeyschläger-Schwindel erläutert, wurde von Kommentatoren als einer der besten überhaupt in dem Blog beschrieben. Ursache dafür ist nicht nur Taminos (unter seinem realen Namen ein anerkannter Statistiker) zwingende, ausführliche Analyse, sondern vielleicht mehr noch die Diskussion, die auf diesen Beitrag folgte. Sie entlarvte unter anderem eine Wissenschaftlerin, die mit dem Anspruch angetreten war, das Stammesdenken in der Klimaforschung aufzubrechen, am Ende aber nur zeigte, wie sehr sie selbst das Denken eines bestimmten Stammes verinnerlicht hatte und wie sehr sie das als Wissenschaftlerin kompromittiert. Und die Diskussion schlug Wellen in anderen Blogs. Die bange Frage ist, wie man nun mit dieser Diskussion umgehen soll. Wie packt man den Inhalt von mehreren Blogartikeln und über 700 Blogkommentaren (alleine bei Real Climate und bei Joe Romms Climate Progress) in einen übersichtlichen Artikel? Und wie geht man damit um, daß hier über technische Details gestritten wird, die eigentlich sauber nur Menschen verstehen können, die zum einen vertraut mit den ganzen verwendeten Datensätzen und zum anderen erfahren mit der Anwendung verschiedener statistischer Verfahren, darunter der Hauptkomponentenanalyse (oder Principal component analyses PCA) sind?

Donnerstag, 22. Juli 2010

Leugner ist das falsche Wort

Im Nachgang zum sogenannten Climategate wurde unter den betroffenen Wissenschaftlern das Bewußtsein geschärft, mit was sie es eigentlich zu tun haben. Gerade wurde bekannt, daß der Energiekonzern Exxon Mobile wieder 1,5 Millionen US-Dollar an Think Tanks und Organisationen ausgeteilt hatte, deren Aufgabe es ist, Zweifel an dem Stand der Wissenschaft zum Klimawandel zu erzeugen. Dabei hatte Exxon Mobile noch 2007 zugesichert, daß man die Finanzierung von Leugnergruppen in Zukunft unterlassen würde. Unter anderem gingen 50.000 US-Dollar an The Media Research Centre. Diese Einrichtung behauptete unter anderem, daß die Reihe von Untersuchungen zu Professor Michael Mann, Professor Phil Jones und die Climate Research Unit im Nachgang von Climategate, die diese Personen von den Vorwürfen entlasten konnten, nur Alibiveranstaltungen seien, die diese Personen reinwaschen sollten. Diese Propaganda machte genau so die Runde in den Leugnerblogs. Der Meteorologe Kerry Emmanuel, bekannt unter anderem durch seine Arbeiten zur Hurrican-Forschung, fand nun sehr deutliche Worte für Leugner unter den Wissenschaftlern, darunter auch Richard Lindzen und Fred Singer, die 2009 behauptet hatten, es gäbe keinen wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel.

Dienstag, 20. Juli 2010

Stephen H. Schneider 1945 - 2010

Am 19. Juli 2010 ist Stephen Schneider im Alter von 65 Jahren durch Herzversagen nach einem Schlaganfall in London gestorben. Stephen Schneider war einer der profiliertesten Klimaforscher (siehe auch der Nachruf durch Ben Santer auf Real Climate). Mir war er besonders als Redakteur und Gründer der Fachzeitschrift Climatic Change bekannt. Er war aber außerdem ein Wissenschaftler mit über 350 Publikationen als Erst- oder Mitautor und war mit großem Engagement als Experte zum Klimwandel für zahlreiche amerikanische Regierungen tätig. Außerdem war er Redakteur und Autor in der Arbeitsgruppe 2 des 4. Berichts des IPCC und Autor in den früheren Berichten des IPCC sowie Redakteur der zusammenfassenden Berichte für Entscheidungsträger und gehört damit auch zu den Personen, die mit dem Friedensnobelpreis 2007 geehrt wurden.

Homöopathie - auch ein Lehrstück für die Klimadebatte?

Homöopathie ist ein Testfall. Ein Testfall dafür, ob Politiker faktenbasierte Entscheidungen treffen, ein Testfall dafür, wie verbreitet Aberglaube in der Bevölkerung ist, ein Testfall für die Abwehrmechanismen von Pseudowissenschaften.

Die Geschichte dazu ist schnell erzählt. Obwohl Homöopathen in gut 200 Jahren den Nachweis schuldig geblieben sind, daß ihre Tradition der Medizin sich naturwissenschaftlich einordnen läßt und wirksam ist auf dem Niveau, das wir bei medizinischen Behandlungen sonst immer fordern, leisten wir uns den Luxus, über einige Krankenkassen homöopathische Behandlungen zu subventionieren. Der fatale Eindruck beim Patienten ist, daß das Medizin sei wie andere auch. Immerhin gäbe es ja auch bei bestimmten Krankheitsbildern, üblicherweise eher psychosomatisch angelegte Krankheitsbilder subjektiv beim Patienten den Eindruck von Verbesserungen während einer homöopathischen Behandlung. Einen solchen subjektiven Eindruck haben allerdings auch Patienten von afrikanischen Medizinmännern oder von Schamanen in Nordasien, wenn sie ausreichend besprochen, umtanzt und Naturgeistern entsprechende Opfer gebracht wurden. Auch das Opfern einiger kleiner Mädchen beim Höhepunkt einer Epidemie einer Infektionskrankheit ist in fernerer Vergangenheit schon von vielen als wirksame Maßnahme empfunden worden. Zwischen diesen Methoden und der Homöopathie besteht nur der Unterschied, daß man für das Opfern kleiner Mädchen keine Krankenkasse findet, die es finanziert. Warum ist das so? Wie gesagt, der objektive Wirksamkeitsnachweis ist nicht die Ursache – für die Homöopathie gibt es keinen. Und als Chemiker weiß ich, obwohl ich keine Ahnung von Medizin habe, daß der Homöopathie die naturwissenschaftliche Basis fehlt. Es gibt kein Gedächtnis des Wassers und hochpotenzierte Mittel können keine andere Wirkung haben als die des verwendeten Zuckers oder Wassers. Und an dem Punkt ist bereits jede sinnvolle Diskussion zu Ende, was danach kommt, ist sinnloses Predigen eines Aberglaubens, und beherrscht in seiner Langatmigkeit die Internetforen zu dem Thema. Dabei war schon seit 1835 die Position der Homöopathen nicht mehr haltbar. Dazu im Blog Science based medicine der Beitrag Homeopathy: failing randomized controlled trials since 1835.

Freitag, 16. Juli 2010

Moncktons Versuch, Kritik zu ersticken

In der Leugnerszene ist Christopher Monckton zu einem Flaggschiff ihrer Ansichten geworden. Das läßt in vielerlei Hinsicht tief blicken. Zum einen vertreten Leugner einander widersprechende Ansichten. Z.B. meinen einige von ihnen, Sonneneinstrahlung oder kosmische Strahlung würden das Klima steuern, was für eine hohe Klimasensitivität sprechen würde. Andere meinen, die Klimasensitivität wäre sehr gering und daher keine Klimaänderungen zu erwarten. Manche meinen, es gäbe natürliche Klimazyklen, die also von externen Größen gar nicht beeinflusst würden. Meistens ist aber gar nicht genau feststellbar, wie diese Menschen sich nun eigentlich Klimaänderungen vorstellen oder was sie überhaupt meinen. Trotzdem können sich alle darauf einigen, daß das IPCC falsch liegt, bei was auch immer und sich daher hinter einen Vertreter wie Monckton scharen.

Dienstag, 13. Juli 2010

Nachtrag zu: Erbsenzählen ist keine Wissenschaft

Ich hatte darauf hingewiesen, daß es keine Wissenschaft ist, redaktionelle Fehler oder Fehler in Details zu suchen oder gar zu erfinden. Und daß außerdem eine große Zahl von Untersuchungen bestägt, daß das IPCC oder vielfach angegriffene Wissenschaftler wie Michael Mann, James Hansen oder Phil Jones gute Arbeit leisten. Es ist aber auch klar, daß solche objektive Feststellungen die Gemeinde der Leugner gar nicht interessieren. Und daß es der Job der Medien wäre, dies den Menschen auf der Straße klar zu machen - doch die Medien tun es nicht.

Sie tun es auch nicht, weil es hier ein grundsätzliches Verständnisproblem auf Seiten der Journalisten gibt.

Sonntag, 11. Juli 2010

Erbsenzählen ist keine Wissenschaft

Angriffe gegen das IPCC oder gegen ausgewählte Feindbilder wie die Professoren Michael Mann, Phil Jones oder James Hansen wurden notorisch oft geführt und waren notorisch erfolglos. Man sieht das an der Serie von Entlastungen von Vorwürfen, die im Fall von Jones und der Climate Research Unit durch einen Parlamentsausschuß, durch den Oxburgh-Ausschuß und den Muir-Russell-Ausschuß ausgesprochen wurden oder über die Ergebnisse und den Abschlußbericht der Untersuchung bei Michael Mann erteilt wurden. Man sieht es auch daran, daß die angegriffenen Ergebnisse von anderer Seite reproduziert wurden, zuletzt beispielsweise wurden die Ergebnisse des 4. Berichts des IPCC vom Niederländischen Amt für Umweltanalysen PBL bestätigt. Man denke auch an die Bestätigung von Michael Manns "Hockeyschlägerkurve" durch ein Komitee des National Research Council der USA. Einige Zeitungen, die Falschmeldungen über angebliche Fehler im IPCC-Bericht verbreitet hatten, haben dies inzwischen zurückgezogen, zum Beispiel die britische Times einen angeblichen Fehler des IPCCs zur Bedrohung des Amazonas-Regenwaldes durch den Klimawandel. Die meisten Medien lassen jedoch über ihre Falschberichterstattung lieber Gras wachsen, wie zum Beispiel die völlig uneinsichtigen, arroganten und sturen Journalisten des Spiegels, deren Falschberichterstattung ich hier zum Thema gemacht hatte, wie das Versagen des Journalismus überhaupt. Einer der wichtigsten Aussagen im Muir-Russell-Report war im übrigen, daß dort bestätigt wurde, daß es möglich war, in zwei Tagen die Temperaturzeitreihe der Climate Research Unit auf Basis der Publikationen und frei verfügbarer Daten zu reproduzieren - etwas, was Steve McIntyre und seiner Climate Audit-Gemeinde trotz vorgeblich heftigster Anstrengungen ohne Anfragen nach dem Freedom of Information-Gesetz und selbst mit ihnen über mehrere Jahre angeblich nicht möglich war, was entweder schlimmste Unfähigkeit oder sehr bösen Willen ausdrückt.

Samstag, 10. Juli 2010

Auch Krake Paul kann sich irren...


Gerade geht die Fußball-WM ihrem Ende zu. Ein schönes Ereignis, bei dem die deutsche Mannschaft gute Laune verbreitet hat, wenn es auch für das Finale nicht gereicht hatte. Den Ausgang der ersten sechs Spiele der deutschen Mannschaft hatte ein Krake namens Paul im Sea Life Centre Oberhausen korrekt vorhergesagt. Das hat international mittlerweile zu einer Krakenhysterie geführt. Millionen Menschen weltweit glauben bereits an der Unfehlbarkeit des Kraken. Andererseits führen die Vorhersagen des Tieres auch dazu, daß die Anhänger der nicht begünstigten Mannschaften gereizt auf das Tier reagierten, die Anhänger der begünstigten Mannschaften hingegen dem Kraken größte Begeisterung entgegenbringen. Dabei sagt das arme Tier natürlich nicht voraus, wie die jeweiligen Spiele ausgehen, sondern wählt nur von zwei Boxen die eine aus, in der vermutlich das leckerste Futter wartet oder die das attraktivste Aussehen hat, zum Beispiel das hellste oder prägnanteste Streifenmuster (wie die spanische oder die deutsche Flagge im Gegensatz zur britischen oder argentinischen Flagge). Es sind Menschen, die aus dem Verhalten des Tieres Spielvorhersagen machen. Und diese Vorhersagen sind zufällig falsch oder richtig. Bei einer Serie von Spielvorhersagen ist die Wahrscheinlichkeit für eine komplett richtige Serie 1/2n (wenn man das Unentschieden hier ausblendet, was ich der Einfachheit halber im folgenden tue, für Paul gibt es auch kein Unentschieden). Bei 6 Spielen also 0,0156. Eine geringe Wahrscheinlichkeit, aber angesichts der Tatsache, daß es noch eine Reihe anderer Tierorakel gibt, war es doch zu erwarten, daß darunter eines ist, das eine solche korrekte Serie hinbekommt. Eigentlich unglaublich, daß es inzwischen viele Menschen gibt, die tatsächlich fragen, wie der Krake das macht oder ihm zutrauen, daß er Vorhersagen machen kann. Schon bei der durch Grippe dezimierten deutschen Mannschaft im Spiel gegen Uruguay sieht es für das Krakenorakel nicht so gut aus.

Dienstag, 6. Juli 2010

Bestätigung der Klimaforscher - warum es nie genug sein wird

Vor 12 Jahren (Mann, M.E., R.S. Bradley, and M.K. Hughes, Global-scale temperature patterns and climate forcing over the past six centuries, Nature, 392, 779-787, 1998.) publizierten Michael Mann und seine Kollegen eine Temperaturrekonstruktion für die Nordhemisphäre und den gesamten Globus, bei der im wesentlichen festgestellt wurde:
  • es gibt inzwischen eine Reihe geeigneter Temperaturproxizeitreihen, aus denen sich eine Temperaturrekonstruktion für die letzten bis zu 1000 Jahre zumindest für die Nordhemisphäre herstellen läßt,
  • die Warmperiode im Mittelalter, die für Europa eine durchaus spürbare Erwärmung darstellte, war global ein untergeordnetes Ereignis, denn die Warmzeiten in jenem Zeitraum traten je nach Region der Erde zu unterschiedlichen Zeiten auf,
  • In den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts lag die Temperatur signifikant über allen vergleichbaren Zeiträumen der Temperaturrekonstruktion - wahrscheinlich war es also derzeit wärmer als je zuvor in den letzten 1000 Jahren und global auch wärmer als in der Warmzeit des Mittelalters.
Aus dieser Arbeit konnte man daher folgern, daß die Menschheit mit einer weiteren Klimaänderung den Bereich verlassen würde, den wir aus historischer Zeit kennen. Zudem hat die aktuelle Geschwindigkeit der Klimaänderungen keinen Präzedenzfall aus historischer Zeit. Und schließlich macht es die Temperaturrekonstruktion auch wahrscheinlich, daß die Klimasensitivität nicht all zu hoch ist, und der Bereich von ca. 2 bis 4,5 Grad je Verdopplung des CO2-Äquivalents ganz vernünftig ist.

Dienstag, 22. Juni 2010

Konsenswissenschaft ist gute Wissenschaft

Journalisten leiden unter der "berichte von beiden Seiten der Kontroverse"-Krankheit, bei der sie so tun, als könne man nicht erkennen, ob eine Seite definitiv falsch liegt. Daß der IPCC-Bericht an sich schon als Übersichtsartikel über die wissenschaftliche Literatur einen Konsens zum Klimawandel definiert, den man als Lackmustest nutzen kann, ob jemand Unsinn redet, hat Teile des Journalismus nicht erreicht. Daß es eindeutige Stellungnahmen aller großen Wissenschaftsvereinigungen zum Klimawandel gibt, ging auch an bestimmten Journalisten vorbei. Nun zeigt ein Artikel in den Proceedings of the National Academy of Sciences, daß es einen weiteren Ansatz gibt, mit dem man zeigen kann, daß die Wissenschaftler, die den Konsens zum Klimawandel vertreten, die qualitativ bessere Ansicht vertreten. Das Maß der Dinge ist hier die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten und wie oft diese zitiert werden. Letzteres ist ein Maß für Qualität, denn schlechte Arbeiten werden nur selten oder gar nicht zitiert, gute Arbeiten hingegen oft. Es mußte also nur jemand die Fleißarbeit leisten, für möglichst viele Wissenschaftler nachzuschauen, wie sie zum Konsens zum Klimawandel stehen und wie oft ihre Arbeiten zitiert werden, und wie viel ihrer Arbeiten zum Thema Klimawandel ist. Der Kanadier James Prall hatte diese Arbeit auf sich genommen und schon seit langem auf einer Webseite verbreitet. Zusammen mit anderen hat er die Ergebnisse der Anayse dieser Daten publiziert: William Anderegg, James Prall, Jacob Harold und Stephen Schneider, Expert credibility in climate change, PNAS 21. Juni 2010, doi:

Sonntag, 13. Juni 2010

Wenn das Mittelmaß die Wissenschaft beherrscht

Vor einer Woche hatte ich einen Beitrag schreiben wollen, der sich mit einer Reihe von Beiträgen auf der Klimazwiebel auseinandersetzen sollte. facepalm hatte darauf hingewiesen, daß dort gleich eine Serie von Beiträgen war, in denen Klimaforschern unterstellt wurde, sie seien Sympathisanten totalitärer Ansichten (hier durch Dennis Bray) oder man könnte ihre Arbeiten mit Tendenzen im Stalinismus vergleichen. Nun war ich wegen Audits auf Reisen und konnte das nicht mehr fertigschreiben. Ich hatte dazu schon mal etwas geschrieben, und in Randbemerkungen nimmt auch Stefan Rahmstorf in der Klimalounge zur Kenntnis, was da mit Billigung von Hans von Storch abläuft. Es gibt eine etwas andere Wendung, indem nun der Lysenko-Vergleich mißbraucht wird. Nicht zum ersten Mal übrigens, wie dieser Beitrag von Hans von Storch zeigt. Trofim Denisowitsch Lysenko war jemand, der nur ein rudimentäres wissenschaftliches Training hatte, aber aufgrund der politischen Verhältnisse zum dominierenden Wissenschaftler in der Agrarbiologie unter Stalin aufsteigen konnte und dadurch die Möglichkeit hatte, in seinem Bereich anderen vorzuschreiben, was man gefälligst als Stand der Wissenschaft zu akzeptieren habe. Wir haben nun zur Kenntnis nehmen dürfen, daß nach Meinung von Autoren des Blogs die Klimazwiebel inklusive Hans von Storch dies eine Parabel der Klimaforschung sei. Klimaforscher schicken also Kollegen mit anderer Meinung dank politischer Rückendeckung ins Lager. Aber halt, so hat es Hans von Storch nicht gemeint. Oder?

Donnerstag, 3. Juni 2010

Wenn die Hitze tötet

In Indien herrscht zur Zeit eine Hitzewelle von ungewöhnlichem Ausmaß. Eine unbekannte Zahl von Menschen sind ihr bereits zum Opfer gefallen. Die Zeit vor den Monsunregen im April und Mai ist die heißeste Zeit in Indien. Die Hitze ist vor allem deshalb unerträglich, weil im Gegensatz zur Wüste auch die Luftfeuchtigkeit hoch ist. Vor 7 Jahren meldeten Zeitungen, alleine in der Provinz Andhra Pradesh seien bis zum 2. Juni 900 Menschen an Hitzschlag gestorben. Die Zahlen für den gesamten Subkontinent sind natürlich mehrfach höher. Aber die Zahl der Menschen, die direkt und indirekt durch die große Hitze umgekommen war, ist wohl kaum zu ermitteln. In den vergangenen zwei Monaten herrschte erneut eine Hitzewelle, die über das übliche Maß hinausging. Am 2./3. Juni war die Minimumtemperatur in Dehli 34,7 Grad Celsius, ein 40-Jahres-Rekord. Es wird berichtet, daß schon über 1000 Menschen an Hitzschlag gestorben seien, vor allem alte Menschen und Kinder, während die Temperaturen tagsüber bis auf 50 Grad Celsius steigen. Die Monate März und April waren die heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Indien und auch der Mai wies Temperaturen bis zu 7 Grad über dem saisonalen Mittel auf.

Die hohe Zahl an Toten ist nicht etwa einzigartig - es gab auch andere Jahre, in denen Hitzschlag und durch die Hitze verdorbenes Essen zu zahlreichen Toten vor der Monsunzeit führten. Das Problem tritt immer dann auf, wenn die Hitze so groß ist, daß die Körperwärme nicht mehr abgeführt werden kann und die Körpertemperatur längere Zeit über 40 Grad steigt. Hitze kann abgeführt werden, wenn verdunstender Schweiß die Haut auf etwa 35 Grad kühlen kann. Ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch und gleichzeitig die Lufttemperatur hoch, ist dies nicht mehr möglich - die Haut bleibt wärmer als 35 Grad und kann die Körperwärme nicht mehr abführen. Die entscheidende Temperatur ist also nicht die Lufttemperatur, sondern die Verdunstungstemperatur auf der Haut. Bei gleicher Lufttemperatur steigt diese mit zunehmender Luftfeuchtigkeit deutlich an. Daher ist die gefühlte Temperatur bzw. der Wärmeindex abhängig von relativer Luftfeuchtigkeit und Lufttemperatur. In Indien lag und liegt die gefühlte Temperatur in weiten Landesteilen in dieser Trockenzeit im Tagesmaximum weit über 60 Grad Celsius.

Das Beispiel verdeutlicht, daß schon heute in den Tropen, wenn die relative Luftfeuchtigkeit nicht zu niedrig ist, die Lufttemperatur den Grenzbereich erreicht, bei dem menschliches Leben im Freien möglich ist. Sollte die Temperatur in diesen Regionen nur um wenige Grad ansteigen, wäre menschliches Leben dort kaum noch möglich. Auch für viele Tiere und sogar Pflanzen wäre ein Leben dort nicht mehr möglich. Die Frage ist daher, ob die globale Erwärmung den Bereich erreichen könnte, in dem Teile der Tropen zu Todeszonen würden? Im allgemeinen erfolgt die globale Erwärmung ungleichmäßig. Die Tropen erwärmen sich deutlich langsamer als die gemäßigten und die polaren Zonen. Die Treibhausgase unterdrücken vor allem die Auskühlung der Regionen, in denen die Strahlungsbilanz durch die Sonne negativ ist, etwa in der Nacht oder im Winter. In den polaren und gemäßigten Zonen wirkt zudem eine positive Rückkopplung durch eine verringerte Schnee- und Eisbedeckung bei einer Erwärmung. Eine globale Erwärmung von 3 Grad kann in den polaren Zonen zu einer mehr als doppelt so hohen mittleren Temperatursteigerung führen. In den Tropen andererseits steigt die mittlere Temperatur nur um 2 Grad oder weniger. Rekordhitze, wie jetzt in Indien, würde bei einer globalen Erwärmung um 3 Grad wahrscheinlicher, aber nicht unbedingt zum Regelfall. Noch höhere Temperaturen würden durch eine negative Rückkopplung aufgrund der verstärkten Abstrahlung proportional zur vierten Potenz der Temperatur und durch verstärkten Wärmetransport in die gemäßigten Zonen weitgehend unterdrückt.

Doch sollte die globale Temperatur um mehr als 11 Grad ansteigen, würde es in weiten Gebieten der Erde heiß genug werden, um sie für Menschen im Freien zu Todeszonen zu machen. Schon bei einem Anstieg der globalen Temperatur um 7 Grad würden in den Tropen Zonen entstehen, in denen die Verdunstungstemperatur über 35 Grad steigt und menschliches Leben im Freien nicht mehr möglich ist. Dies sind die Ergebnisse von Steven Sherwood und Matthew Huber in An adaptability limit to climate change due to heat stress, PNAS, 3. Mai 2010, die zum Beispiel hier bei Skeptical Science erläutert werden. Diese Ergebnisse verdeutlichen, daß wir es mit einer ganzen Serie von Grenzwerten zu tun haben, die die menschliche Besiedlung der Erde in Frage stellen. Bei 2 bis 3 Grad erfolgt die irreversible Schmelze von Eisschilden in Grönland und der Westantarktis, die im Laufe von vielleicht unter 3 Jahrhunderten zu einem mittleren Anstieg der Meeresspiegel von über 10 Metern führen können und dadurch zum Verlust sämtlicher bisher intensiv genutzter Küsten- und Tieflandregionen. Danach droht der Verlust vieler Ökogebiete wie etwa der tropischen Regenwälder und der Korallenriffe. Darüber oder darunter setzt der Verlust der Permafrostböden und die Ausgasung gewaltiger Mengen bisher im Boden gebundenen Kohlenstoffs ein, was den Anstieg von Treibhausgaskonzentrationen auf ein Vielfaches des heutigen Wertes irreversibel machen würde, also unabhängig von Emissionsminderungsmaßnahmen. Bei 7 Grad fangen wir an, Teile der Tropen als Siedlungsflächen zu verlieren. Bei 11 Grad wird der größte Teil der Erde lebensfeindlich.

Wenn wir über das 2 Grad-Ziel reden, haben wir im Hinterkopf, daß wir bei einem Scheitern mit größerer Dringlichkeit das 3 Grad-Ziel erreichen müssen und mit noch größerer Dringlichkeit unter einem globalen Temperaturanstieg von 4 Grad bleiben müssen. Denn durch das Einsetzen zusätzlicher positiver Rückkopplung würde über 4 Grad Temperatursteigerung nicht etwa die 5-Grad-Grenze in den Blick kommen, sondern es würde sich die Frage stellen, ob wir danach überhaupt noch die Kontrolle über die Erde gewinnen können, um nicht die 7-Grad-Grenze zu erreichen. Ich erinnere daran, daß wir bei jedem Ziel zur Emissionsbegrenzung aufgrund der Unsicherheit der Modellergebnisse immer über einen Temperaturbereich reden, bei dem es eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür gibt, daß wir am oberen Rand der Temperaturverteilung landen. Ohne Emissionsminderungsmaßnahmen sind Temperatursteigerungen um mehr als 7 Grad zu 10% wahrscheinlich - das ist viel! In den IPCC-Berichten gibt es keine Szenarien ohne Emissionsminderungsmaßnahmen, doch selbst hier liegen im A1F1-Szenario im oberen Bereich noch globale Temperatursteigerungen je nach Modell bis 6 Grad bis 2100 und mehr danach.

Zu der Wahrscheinlichkeitsverteilung von globalen Temperaturen abhängig von unseren Emissionen kommt ein zweites Risiko hinzu - die Trägheit unseres Klimasystems. Wenn die Treibhausgaskonzentrationen nicht mehr ansteigen, dauert es einige Zeit, bis die neue Gleichgewichtstemperatur erreicht wird. Innerhalb von 30 Jahren können derzeit ca. 0,5 bis 1 Grad globale Erwärmung hinzukommen, wenn wir augenblicklich die Treibhausgaskonzentrationen einfrieren können. Wenn wir erst abwarten, bis die globale Temperatur um 2 Grad gestiegen ist, würde ein dramatisches Handeln dann immer noch einen weiteren globalen Temperaturanstieg von mehr als einem Grad nicht mehr verhindern können. Wie viel mehr, hängt an langsamen Rückkopplungen wie die Kohlenstoffbilanz der Permafrostböden, die wir noch nicht ausreichend verstehen. Es ist bedauerlich, daß diese Zusammenhänge für die meisten Menschen und viele Entscheidungsträger zu komplex sind, um ein Gefühl für Dringlichkeit des Problems zu wecken.

Mittwoch, 2. Juni 2010

Anscheinend unwiderlegbar

Leugner sind anscheinend unwiderlegbar. Vor kurzem wieder hatte ein Besucher dieses Blogs damit argumentieren wollen, dass es seit 1995 keine signifikante Erwärmung gäbe, ein Blödsinn, der von der Leugnerszene im Rahmen ihre politischen Kampagne gestreut wird. Andere reden sogar immer noch von Abkühlung oder fehlender Erwärmung der Meere. Und in einer britischen Zeitung wird behauptet, die britische Royal Society wolle ihre Stellungnahme zum Klimawandel nach Kritik von "Skeptikern" (das heißt, Leugnern) überarbeiten. Egal wovon die Rede ist, die Realität sieht genau anders herum aus. Nicht nur ist eine globale Temperaturzeitreihe seit 1995 grundsätzlich nicht signifikant, weshalb man nur längere Zeitreihen betrachtet und die, das ist auch allgemein bekannt, zeigen eine globale Erwärmung in dem Umfang an, wie sie sich auch nach Modellrechnungen ergibt. Mehr noch, das laufende Jahr verspricht in mindestens einer der großen Temperaturzeitreihen einen neuen Rekord zu ergeben. Im laufenden Mittel der letzten 12 oder 13 Monate hat die GISS-Zeitreihe bereits einen neuen Rekord erreicht und in den Satellitenmessungen sind wir nicht mehr weit von einem neuen Temperaturrekord. Leugner sollte man daher immer wieder fragen: wo ist denn die globale Abkühlung, von der ihr 2008 und 2009 permanent geredet habt? Selbst die inkompetente Wissenschaftsredaktion des Spiegels hat ja der Abkühlungslüge der Leugner das Wort geredet.

Inzwischen konnten auch die Temperaturmessungen in den Ozeanen, mit denen die Wärme in den Meeren bestimmt wird, von Lyman und seinen Kollegen überarbeitet und korrigiert werden und zeigen nun über lange Zeiträume im Rahmen der Ungenauigkeit die erwartete Erwärmungsrate. Wissenschaftler wie Trenberth weisen darauf hin, daß die Messungen der Strahlungsdifferenz am Oberrand der Atmosphäre aufgrund des Treibhauseffektes und die gemessene Erwärmungsrate der oberen 700 Meter der Ozeane für kurze Zeiträume noch nicht zusammenpassen. Die Erwärmung war in den letzten Jahren zu langsam. Es fehlt nicht an Mutmaßungen, wie man die Daten in Übereinstimmung bringen kann. Die mittlere Tiefe der Ozeane liegt bei ca. 3700 Metern, und die Abdeckung der Ozeane durch Messsonden ist möglicherweise noch nicht ausreichend, um den räumlichen Fehler der Messungen genügend zu reduzieren. Schon bei einer Erfassung von einer 2000 Meter tiefen Schicht der Ozeane erhält man in den letzten Jahren eine stärkere Erwärmung als bei Betrachtung nur der oberen 700 Meter. Vielleicht geht mehr Wärme in tiefere Meeresschichten, als wir vermuten. Natürlich gibt es auch einen Fehler bei der Strahlungsdifferenz zwischen eingehender und abgehender Strahlung am Oberrand der Atmosphäre. Immerhin konnte eine Arbeitsgruppe um Susan Solomon feststellen, daß eine schwankende Konzentration von Wasser in der Stratosphäre die Erwärmungsraten vor der Jahrtausendwende beschleunigt und nach der Jahrtausendwende verzögert haben könnte. Den Effekt hat Georg Hoffmann in seinem Blog näher erläutert. Auch der Effekt der Aerosole kann zu einer Ungenauigkeit in der Strahlungsbilanz beitragen. Diese ganze Diskussion geht aber nicht über den langfristigen Trend, sondern nur darum, wie gut wir kurzzeitige Schwankungen der globalen Erwärmung und der globalen Temperatur verstehen.

Wenn man angestrengt nicht verstehen will, bieten die Feinheiten der Diskussion der globalen Erwärmung Leugnern viel Stoff, aber die für sie unangenehme Wahrheit ist, daß es global in erwarteter Weise wärmer wird und keine der Vorhersagen der Leugner über eine geringere Klimasensitivität oder globale Abkühlung eingetroffen ist.

Nun versuchen die Leugner, wo sie bei den Fakten nur Nieten ziehen, doch zumindest über Skandalisierungen und eingebildete Kontroversen in der Wissenschaft zu punkten. Immer kräftig unterstützt von inkompetenten Journalisten, wie z.B. die völlig unfähige Wissenschaftsredaktion des Spiegels oder ganz oben zitiert, die Times. Was die Times da aber schreibt, ist das exakte Gegenteil dessen, was wirklich passiert. Kurz gesagt, wenn der Leser maximal desinformiert sein möchte, muß er nur Artikel bevorzugt angelsächsischer Medien lesen - oder, ich muß leider immer wieder in die Kerbe hauen, die Ergüsse der naturwissenschaftlich unbeleckten Wissenschaftsjournalisten beim Spiegel (bei allen Ungenauigkeiten habe ich bei der FAZ, beim Fokus und, mit Ausnahme des Kommentarteils, bei der Welt eine deutlich bessere Trefferquote ausmachen können). Die Times streut also, die Royal Society wolle ihren Standpunkt zum Klimawandel überarbeiten? Das will sie wirklich, aber nicht in dem Sinne, daß man den sogenannten "Skeptiker"-Standpunkt einarbeiten möchte, sondern im Gegenteil in dem Sinne, daß man die Ergebnisse der Wissenschaft in den letzten drei Jahren berücksichtigen und einige Punkte klarer fassen möchte. Was soll denn in den letzten drei Jahren passiert sein, was irgendetwas an der Einschätzung geändert haben könnte, daß die Klimasensitivität für eine Verdopplung des CO2-Äquivalents bei 3 Grad liegt und ohne Gegenmaßnahmen die Summe der Klimaantriebe der Treibhausgase deutlich mehr als diese Verdopplung betragen wird? Im Gegenteil kamen ja in der publizierten Literatur nur Bestätigungen der Theorie und Widerlegungen der Leugner.

Und dies alles ist ja der Grund, warum ich das Wort "Leugner" immer ausschreibe. Diese Menschen mögen jeweils sehr verschieden argumentieren. Das reicht von Verschwörungstheorien über die Clownphysik nach dem Muster von Gerlich, Tscheuschner und Kramm, bei der der Treibhauseffekt geleugnet wird, über absurde Thesen einer exklusiven Steuerung des Erdklimas durch die Sonne bis zu der Behauptung einer geringen Klimasensitivität, wie es z.B. Lindzen behauptet. Gemeinsam ist ihnen allen nur eines: sie nehmen den Stand der publizierten Wissenschaft nicht zur Kenntnis und tun so, als wären sie nicht in den vergangenen Jahrzehnten widerlegt worden. Das erinnert an den schwarzen Ritter bei Monty Python, der selbst nach dem Verlust aller Gliedmaßen seine Niederlage nicht eingestehen wollte.



Leugner finden es beleidigend, "Leugner" genannt zu werden. Diese Bezeichnung ist genauso hart und unbarmherzig wie die Realität der globalen Erwärmung, aber auch genauso zutreffend. Und genau deshalb tut sie den Leugnern so weh.

Dienstag, 18. Mai 2010

Postnormale Wissenschaft - ein idealer Begriff für Schmierattacken

Als Chemiker habe ich keine Ahnung von Philosophie, Soziologie oder Wirtschaftswissenschaften. Wenn ich also etwas darüber schreiben möchte, wandele ich auf dünnem Eis - Dunning-Kruger winkt schon. Aber zum Glück gibt es schnell den Bullshit-Alarm, wenn jemand aus den Gefilden der Philosophie versucht, zu erklären, wie Naturwissenschaftler eigentlich Naturwissenschaften machen.

Gestern habe ich vom Hartwell-Papier geschrieben. Das hatte gleich den Bullshit-Alarm ausgelöst. Natürlich ist es möglich, daß Ökonomen schlaue Dinge zu ökonomischen Zusammenhängen beim Klimawandel herausfinden, die ich nicht beurteilen kann. Aber wenn sie erzählen wollen, es sei ökonomisch sinnvoller, die CO2-Reduktion hintenan zu stellen, weil es einfachere Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels gäbe, dann ist klar, daß es hier in Wahrheit darum geht, effektive Maßnahmen zu vermeiden.

1. Reduktionen anderer Treibhausgase werden bereits vorgenommen.
2. Aufgrund der Langlebigkeit von CO2 und der Stellung als wichtigstes Treibhausgas muß die Reduktion der CO2-Emissionen Priorität Nummer 1 sein.

Es gibt nämlich auch von den Wissenschaftlern am Scripps Institut einen aktuellen Plan zur Bekämpfung des Klimawandels, der in Teilen ähnlich aussieht, wie das Hartwell-Papier. Aber im Gegensatz zum Hartwell-Papier geht es ohne Decarbonisierung nicht. Die Scripps-Forscher empfehlen 3 Schritte:
  • Stabilisierung der CO2-Konzentration.
  • Ausbalanzierung der Verschmutzungsgesetzgebung, um zugleich mit kühlendem Aerosol auch wärmenden Ruß und Ozon aus der Atmosphäre zu entfernen.
  • Reduzierung der Emissionen von fluorierten Kohlenwasserstoffen, Methan und anderen Treibhausgasen, die eher kurzlebig sind.
Was das Hartwell-Papier noch verdächtig macht, ist eine Charakterisierung des Klimawandelproblems als "tückisches" (wicked) Problem. Darunter werden Probleme verstanden, die so formuliert werden, als hätten sie eine Lösung, sind aber in Wahrheit bezogen auf offene, komplexe Systeme, für die sich ein anzustrebender Zustand gar nicht formulieren läßt. Damit schwingt mit, daß Ziele wie das 2 Grad-Ziel für den Klimawandel gar nicht angestrebt werden könnten. Das verwechselt aber die Tatsache, daß wir nicht genau wissen, wo die Kippunkte des Systems Erde liegen, mit der Tatsache, daß wir sehr genau wissen, daß wir uns bereits in einen kritischen Bereich hineinbewegen und daß kein Weg an einer sehr schnellen Reduktion von Treibhausgasemissionen unter Einschluß von CO2 vorbeiführt. Diese Analyse ist nämlich möglich, weil wir z.B. wissen, wie hoch die CO2-Konzentrationen in den letzten 3 Millionen Jahren in Phasen waren, als der Meeresspiegel deutlich höher stand als heute. Demnach sind wir bereits am Rande eines Kippunktes zum Abschmelzen von Festlandseis.

Noch stärker Verschwurbeln kann man die Erkenntnisse zum Klimawandel mit dem Begriff der "postnormalen Wissenschaft". Das wird von von Storch auf der Klimazwiebel vorgeführt. Da fällt zunächst eines auf. Es wird von der Klimaforschung als "postnormale Wissenschaft" geschrieben. Dann "überlegt" von Storch, welche großen Beispiele für "postnormale Wissenschaft" ihm aus der Geschichte einfallen. Da fallen ihm nur die "arische Physik" im Dritten Reich und der Lysenkoismus ein. Und schon ist die Abqualifizierung durch Assoziation fertig, ohne auch nur einmal erläutern zu müssen, was denn konkret in der Klimaforschung falsch sein soll, weil es in einem ideologischen Rahmen formuliert wurde. Schaut man den Blogbeitrag weiter durch, fällt einem auch auf, daß absichtsvoll die Begriffe Klimapolitik und Klimawissenschaft austauschbar verwendet werden. Dabei kann es durchaus sein, daß wir noch nicht wissen, welches ökonomische Modell denn am besten geeignet ist, Emissionsziele umzusetzen. Die Grundfeststellungen der Klimaforschung andererseits sind trotzdem so fundiert, daß sie ohne besonderen Grund nicht mehr neu diskutiert werden müssen.

Fragt man ganz konkret danach, welche Erkenntnisse der naturwissenschaftlichen Klimaforschung denn nun "postnormal" seien, wird man vergebens auf Antworten warten. Die naturwissenschaftliche Klimaforschung entspricht nämlich überhaupt nicht der Definition einer "postnormalen Wissenschaft", sondern findet ganz normal über fachbegutachtete Publikationen, auf der Basis von Experimenten, Beobachtungen und Modellrechnungen statt und keineswegs unter der Einbeziehung einer erweiterten Begutachtung durch Nicht-Experten. "Postnormale Wissenschaft" ist einfach nur ein neuer Strohmann, der leicht abzufackeln ist, aber mit der Klimaforschung gar nichts zu tun hat. Klimapolitik andererseits ist sowieso keine Wissenschaft, egal ob normal, revolutionär oder postnormal. Deshalb findet man den deutschen Begriff "postnormale Wissenschaft" praktisch nur in Leugnerblogs, wie auch das Hartwell-Papier über google mit Ausnahme meines Blogs zur Auflistung von Leugnerblogs führt. Und der Begriff "postnormale Wissenschaft" als Schmierattacke der Leugner gegen die Klimawissenschaft ist ohnehin ironisch, denn was Watts mit seinen Photographien von Wetterstationen und McIntyre mit seiner absurden Definition von Wissenschaftsaudits und die vielen Blog"wissenschaftler" betreiben, ist genau die Erweiterung der "Peers", die "postnormale Wissenschaft" kennzeichnen soll, und die von anderen Leugnern den Klimaforschern unterstellt wird.

Wenn man es sauber machen will, nimmt man zunächst eine größere Zahl von Publikationen aus definierten Bereichen der Klimaforschung, weist hier nach, daß komplexe Probleme mit schlimmen Folgen und hohem Entscheidungsbedarf behandelt wurden und dabei eine Begutachtung von Nicht-Fachleuten genutzt wurde, und stellt dann fest, daß man einen Bereich der Klimaforschung identifizieren konnte, der "postnormal" gemäß der Theorie von Silvio Funtowicz and Jerome Ravetz ist. Was hingegen offensichtlich nur eine Schmierattacke ist, ist erst anhand abstrakter Merkmale "der" (nicht definierten) Klimaforschung zu unterstellen, daß sie "postnormale Wissenschaft" sei, und dann Vergleiche mit der politisierten Pseudowissenschaft unter Stalin anzustellen.

Sonntag, 16. Mai 2010

Das Hartwell-Papier - was die Leugnerlobby möchte

Gwyn Prins, Isabel Galiana, Christopher Green, Reiner Grundmann, Mike Hulme, Atte Korhola, Frank Laird, Ted Nordhaus, Roger Pielke jr., Steve Rainer, Daniel Sarewitz, Michael Shellenberger, Nico Stehr und Hiroyuki Tezuka haben im Februar das im Mai publizierte Hartwell-Papier erstellt. Es ist das Ergebnis einer Konferenz von Ökonomen, Soziologen und anderen Wissenschaftlern, die von der London School of Economics einberufen wurde. Zwei der Autoren sind vom The Breakthrough-Institute, das dafür bezahlt wird, Lobbyinteressen umzusetzen, andere Autoren sind bekannt dafür, den bestehenden wissenschaftlichen Wissensstand zum Klimawandel durch indirekte Methoden in den Zweifel zu ziehen, beispielsweise Stehr und Pielke jr., Tezuka vertritt als Manager die Japanische Eisen und Stahl Vereinigung (Japan Iron and Steel Federation), und zwei Autoren haben zwar andere Arbeitgeber, sind aber außerdem auch Fellows des Breakthrough-Instituts (Laird und Pielke jr.).

Im Sinne der Geldgeber oder der politischen Vorstellungen der Autoren ist es, zu folgendem Resultat zu kommen:

  • Die wissenschaftliche Basis zum Klimawandel ist unsicher
  • Die Klimaforscher sind politisch beeinflußt und ihre Aussagen daher ideologisch zu bewerten
  • Umweltbewegungen und Umweltpolitik der Regierungen sind auf dem Rückzug
  • Gravierende Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen sind nicht wünschenswert
  • Maßnahmen zur CO2-Reduktion sind potentiell schädlich und daher gegen die unsicheren, im politischen Raum stehenden Risiken des Klimawandels abzuwägen
  • Alternative Maßnahmen, die die Energiewirtschaft nicht treffen, sind beim Klimawandel vorzuziehen
  • Maßnahmen gegen den Klimawandel sollten nationale Maßnahmen sein, die es Unternehmen erlauben, Staaten gegeneinander auszuspielen und bei Bedarf die chinesische oder die amerikanische Karte zu spielen
  • Wir haben Zeit und sollten erst Technologien zur CO2-Reduktion entwickeln und dann erst Maßnahmen dagegen treffen

Und, wer hätte es gedacht, all das kann man in dem Bericht wiederfinden. Na, so ein Zufall...

In dem Bericht meinen die Ökonomen und Soziologen, das Kyoto-Abkommen sei gescheitert, weil es zu keinen nennenswerten Rückgängen der CO2-Emissionen gekommen sei. Das ist sehr großzügig festgestellt, da mit den USA immerhin der wichtigste Verschmutzer gar nicht mitgemacht hatte. Das dürfte wohl eher eine Rolle gespielen als strukturelle Schwachstellen, die die Autzoren als Grund angeben. Auch das Scheitern der Klimakonferenz in Kopenhagen sehen sie als strukturelles Problem in dem gewählten Ansatz, CO2-Emissionen zu begrenzen statt als politisches Problem, nach dem USA, China und Indien einfach gar kein Interesse an einer globalen Politik zur Reduktion der Treibhausgasemissionen haben. Noch schlimmer ist, daß die Autoren unterstellen, daß diese Krise zugleich im Zusammenhang mit einem Scheitern der Klimaforschung stünde, was absurd ist. Das politische Scheitern ist genau das und unabhängig von der Entwicklung im wissenschaftlichen Raum und die Wissenschaft zum Klimawandel steht überhaupt nicht in Frage - die angeblichen Skandale sind Fabrikationen, unterstützt von diversen anderen Think Tanks, die genauso ihre Rolle für ihre Auftraggeber spielen wie das Breakthrough Institut.

In der Analyse findet man ein Spiel, das in der Politik ganz wichtig ist, aber in der Wissenschaft nichts zu suchen hat. Das Spiel lautet, seien Schwächen und Fehler festzustellen und sie dann dem politischen Gegener vorzuwerfen, um damit möglichen Angriffen zuvorzukommen. Die Leugnerbewegung wird über Think Tanks vernetzt, die ihrerseits über Lobbyinteressen finanziert werden? Na, da wird doch erst mal Klimaforschern vorgeworfen, sie seien alle dafür bezahlt, daß sie eine "Klimakatastrophe" feststellen. Ein absurder Vorwurf vor allem, wenn man bedenkt, daß ein großer Teil der Forschung zum Klimawandel von US-Wissenschaftlern betrieben wurde unter US-Präsidenten, die auf engem Kuschelkurs zu US-Energieunternehmen waren. Die Leugner argumentieren vor allem politisch, oft mit dem Streben, sich gegen Steuern auf Energie und gegen staatliche Regulierung im Umweltbereich einzusetzen? Na, da wird doch erst mal den Klimaforschern vorgeworfen, daß sie Ökoideologen seien und ihre Forschung ideologisch motiviert sei. Leugner fälschen Statistiken, argumentieren abseits einer vernünftigen Datengrundlage oder können sich kaum auf fachbegutachtete Literatur berufen? Na, dann wirft man doch der Klimaforschung Datenfälschung vor, zieht die wichtigsten Einrichtungen und Forscher in dem Bereich in den Schmutz und unterstellt, daß die Fachbegutachtung nicht funktioniere, sondern nur Kumpanei unter "Parteifreunden" sei. Einiges von diesem vorsorglichen Angreifens eigener Fehler bei anderen findet man auch im Hartwell-Papier, wenn im Abschnitt II, Teil C, von der mißverstandenen Natur der Wissenschaft von Erdsystemen die Rede ist. Hier und an anderen Stellen wird ein Bild entworfen, nachdem die Klimaforschung zu ihren Urteilen käme, weil sie von einer ideologischen Basis aus arbeite. Es werde eine falsche Sicherheit zu Urteilen entworfen, die man so gar nicht bieten könne, weil das System Klima zu wenig verstanden sei. Das alles ist ein riesiger Strohmann, der dadurch aufgebaut werden kann, weil man den Vorwurf kein einziges Mal konkretisiert. In Wahrheit weiß man ja sehr genau, daß die Wirkungskette von Treibhausgasen zu globaler Erwärmung etabliert ist und auch die Klimasensitivität von 3 Grad/Verdopplung CO2-Äquivalent (+1,5/-1) inzwischen belastbar ist. Es wird eine Krise des IPCC entworfen, die so gar nicht existiert, sondern nur von Think Tanks fabriziert wird. Und wenn das IPCC als politischer Verein beschrieben wird, beschreibt man in Wahrheit Think Tanks, wie zum Beispiel das The Breaktrough Institute.

Damit haben wir bereits drei Punkte der obigen Aufzählung gefunden. Im Kapitel III finden wir den Rest. Im Zirkelschluß wird festgestellt, daß die Reduktion von CO2 als vorrangiges Ziel falsch sei, weil dieser Ansatz keine Resultate gebracht hätte. Der Ansatz hat allerdings keine Resultate gebracht, weil er von den maßgeblichen Seiten gar nicht verfolgt wurde. Diese Stellen, insbesondere die USA, haben es nicht verfolgt, weil Lobbyeinrichtungen der Energieunternehmen erfolgreich die US-Politik darauf einschwören konnten, daß ernsthafte CO2-Reduktionsmaßnahmen der US-Wirtschaft schaden würden. Wie wir alle wissen, ist ja wegen der niedrigen Steuern auf Energie die USA heute der weltweit führende Exporteur und Deutschland wegen hoher Steuern auf Energie als Exportnation gescheitert, Netto-Importeur und im Ausland hoch verschuldet. (Ironie Ende.) Soviel zum Sachverstand der Ökonomen, die ihr System so wenig verstehen, daß ich vermute, daß ihre Unterstellung, die Klimaforschung verstünde das Erdklima nicht, auch nur eine Projektion ist.

Und dank des Zirkelschlusses kommen die Ökonomen dann zu dem "überraschenden" Ergebnis, daß es falsch sei, sich als primäres Ziel CO2-Reduktionen zu setzen, sondern man erst mal andere Kliamtreiber reduzieren solle, die das IPCC - angeblich - übersehen habe. Man könnte natürlich in den Bericht der WG 1 in Kapitel 2 nachschauen, um dort eine Aufzählung der Klimatreiber zu sehen, die die Ökonomen erwähnen: FCKW und andere fluorierte Kohlenstoffverbindungen, Ozon und Rußaerosol. Alle diese Substanzen leisten in der Tat auch einen Beitrag zum Klimawandel. Aber wenn die Ökonomen behaupten, es sei eine sinnvolle Strategie, auf die Reduktion dieser Substanzen zu setzen, um den Klimawandel zu bekämpfen, dann lassen sie wichtige Fakten außer Acht:

  • Die Beiträge dieser Substanzen insgesamt sind klein im Vergleich zum Klimaantrieb von CO2.
  • Die Emissionen der FCKW und anderer fluorierter Kohlenwasserstoffe werden im Rahmen des Montreal-Protokolls sowieso reduziert. Klar sollte man das forcieren, aber das ersetzt keine der anderen Maßnahmen zum Klimaschutz.
  • Troposphärisches Ozon kann man nur begrenzt reduzieren, da global gesehen die Hälfte der Ozonkonzentration als natürlicher Hintergrundwert anzusehen ist. Reduziert wird es über die Reduktion der Emissionen der Vorläufer, und in vielen Fällen geschieht das über die Reduktion von Stickoxiden, da oft Kohlenwasserstoffe aus natürlichen Quellen im Überschuß vorhanden sind. Die Reduktion der Stickoxide erfolgte im übrigen bereits im Rahmen der Bekämpfung des sauren Regens, etwa durch die Einführung des Katalysators für Autos. Na, und jetzt dürfen alle raten, wer mal gegen die Maßnahmen gegen den sauren Regen opponierte oder heute verbreitet, das Waldsterben sei nie ein potentielles Problem gewesen, gegen das man etwas tun müsse - Beweis, der Wald sei ja nicht gestorben (weil man politisch gehandelt hatte - Großfeuerungsanlagenverordnung, TA Luft, Einführung des Katalysators, wird immer vergessen).
  • Ruß, wie auch die Vorläufer troposphärischen Ozons, sind in der Atmosphäre vergleichsweise kurzlebig. Ist erst mal der politische Wille da, diese Substanzen auf ihre natürlichen Hintergrundwerte zu reduzieren, geht das recht schnell. CO2 hingegen, einmal emittiert, kreist über 1000 Jahre zwischen Biosphäre, Atmosphäre und oberen Schichten des Meeres hin und her, und nimmt dabei nur langsam ab. Deshalb ist es Priorität Nummer 1, CO2-Emissionen zurückzufahren. Einmal emittiert, werden wir es dauerhaft nicht mehr los.
  • Nicht zuletzt entstehen Stickoxide als Ozonvorläufer und Ruß bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Das heißt, die Reduktion der CO2-Emissionen reduzieren automatisch auch die Emissionen von Stickoxiden und Ruß. Stattdessen wollen die Ökonomen umständlich Technologien finden, um Stickoxide und Ruß zu bekämpfen, während weiterhin Kohle, Öl und Gas verbrannt werden.
Nachdem man viele Pseudoargumente entwickelt hat, um Maßnahmen zur Reduktion von CO2-Emissionen zu verzögern, baut man genau diesem Vorwurf vor, indem man behauptet, daß man genau das nicht wolle. Man vertrete ja eine CO2-Steuer - aber bitte nur eine geringfügige - aus der dann Forschung für energiesparende Technologien finanziert werden solle. Und wenn dann in ferner, ferner Zukunft Technologien entwickelt sind, wie Energieunetrnehmen den gleichen Profit ohne fossile Brennstoffe erzielen können, dann, ja dann, könne dies auch zum Tragen kommen - nicht über billionenschwere staatliche Förderungen, sondern als Aktivitäten privater Unternehmen, weil es ja jetzt profitabel sei. Das sei im Interesse der vielen armen Menschen, die ja sonst über ihre Abgaben die ganze Subventionspolitik für nicht-fossile Energieträger schultern müßten. Da hatte ich dann schwerste Verständnisprobleme, weil ich als Nicht-Ökonom die anscheinend irrige Vorstellung hatte, Steuern und Abgaben würden hauptsächlich von den oberen Einkommensgruppen geleistet. Und weil die Ökonomen das halt anders sehen, stellen sie dann auch mit Pathos fest, daß ihre Politik sich an der Menschenwürde orientiere im Gegensatz zur alten Klimapolitik, die einseitig auf die Emissionsreduktion ausgerichtet sei. Anscheinend ist die Feststellung, daß der Klimawandel vor allem durch Treibhausgase bewirkt wird, daß der Klimawandel im Extremfall unsere Lebensgrundlagen zerstören wird und daher grundsätzlich eine absolute Grenze bei den Treibhausgasen besteht, die wir insgesamt emittieren können, der Menschenwürde nicht zuträglich. Man muß wohl Ökonom sein, am besten im Umfeld von Breakthrough-Institut, Heartland Institut, Cato Institut, Competitive Enterprise Institut, und so weiter, um das überzeugend zu finden.

Ich hingegen kann nur "Bingo" rufen - im Hartwell-Papier habe ich jeden Punkt gefunden, der im Interesse der Lobby der Kohle- und Ölindustrie und anderer energieintensiver Branchen war. Daher, gleich in die Altpapiertonne mit dem Papier.