Wir leben derzeit in einer Zwischeneiszeit. Das Klima im Wechsel von Eiszeiten und Zwischeneiszeiten ist im Grunde das Klima, das den Menschen hervorgebracht hat. Bedingung für dieses Klimaregime sind niedrige CO2-Mischungsverhältnisse unter 300 ppm.
Aus verschiedenen Gründen gab es aber in der Erdgeschichte seit der Zeit der Dinosaurier Phasen, in denen die CO2-Mischungsverhältnisse und die Temperatur anstiegen. Während die Eiszeiten eher eine Folge (vereinfacht ausgedrückt) wechselnder Neigungen der Erde zur Sonne waren und die dadurch verursachte wechselnder Stärke der effektiven Einstrahlung, und die CO2-Mischungsverhältnisse sich dann in der Folge als Rückkopplungsgröße mit 800 Jahren Verzögerung änderten, um den Wechsel zwischen Eiszeit und Zwischeneiszeit zu verstärken, gab es Ereignisse, in denen andere Antriebe wirkten, die weniger gut verstanden sind.
Über die relative Warmzeit im Mittelalter ist noch nicht mal bekannt, ob es wirklich ein globales Ereignis war oder zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Teile der Erde warm wurden. Insgesamt kann es kaum wärmer gewesen sein als zum Ende des 20. Jahrhunderts, und wahrscheinlich war es da gerade mal ein halbes Grad wärmer als zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Wesentlich ausgeprägter war eine Erwärmung vor 8.000 Jahren, das Klimaoptimum des Holozäns. Damals könnte es durchaus vorübergehend fast so warm gewesen sein wie heute, vielleicht aber liegen wir in diesem Jahrzehnt sogar über dem Maximum der laufenden Zwischeneiszeit. Doch vor den Eiszeiten gab es weitaus stärkere Warmzeiten. Vor 55 Millionen Jahren (55,5 oder 55,8 Millionen Jahre, je nach Quelle) war das Paläozän-Eozän Temperaturmaximum (PETM), das ca. 100.000-200.000 Jahre anhielt. In einem Artikel in Nature von Jason Head, Bloch, Hastings, Bourque, Cadena, Herrera, Polly und Jaramillo, Giant boid snake from the Paleocene neotropics reveals hotter past equatorial temperatures, Nature 457, 715 (2009) wird über eine Riesenboa, eine 13 Meter lange und über 1 Tonne schwere Riesenschlange berichtet, die vor über 58-60 Millionen Jahren gelebt hatte. Aus ihrer Größe leitet man ab, daß ihre Umgebungstemperatur mit einer Jahresmitteltemperatur über 30 Grad wärmer gewesen sein mußte, als es heute in den Tropen üblich ist. Beim PETM 3-5 Millionen Jahre später muß es noch wärmer gewesen sein. Die Tropen könnten Temperaturen um 38-40 Grad im Jahresmittel erreicht haben – für Menschen und viele andere Lebewesen unerträgliche Temperaturen. Laut einer anderen Studie in Nature lagen die Temperaturen in der Arktis über 20 bis 23 Grad, 5 Grad wärmer als vor dem PETM. (Sluijs et al,, Subtropical Arctic Ocean temperatures during the Paleocene/Eocene thermal maximum, Nature 441, 610 (2006).) Die Arktis war natürlich eisfrei. Es ist nicht klar, was das PETM erzeugt hat, aber es war möglicherweise begleitet von hohen Methan-Konzentrationen, einem besonders potenten Treibhausgas. Quelle für das Methan könnten Sümpfe oder ozeanische Methanhydrate, die aus tiefen Wasserschichten emporgesprudelt sind.
Dieses Ereignis zeigt zum einen, wie hoch Temperaturen auf der Erde steigen können, wenn es einen geeigneten Antrieb gibt. Es gibt, anders als vereinzelte Wissenschaftler behaupten, keinen tropischen „Thermostaten“, der zu starke Temperaturanstiege in den Tropen verhindern würde. Und ein an sich noch nicht katastrophaler Temperaturanstieg kann andere Rückkopplungen auslösen, die über eine Methanfreisetzung Klimaänderungen noch weiter verstärken.
Eine neue Studie verstärkt genau diesen Punkt, und verdeutlicht dabei, daß die vorhandenen Klimamodelle solche positiven Rückkopplungen vermutlich unterschätzen. Kürzlich gab es von Nature Geoscience ein Vorabinformation über Richard Zeebe, Zachos und Dickens, Carbon Dioxide forcing alone insufficient to explain Paleocene-Eocene Thermal Maximum warming, Nature Geoscience, 13. Juli 2009, doi:10.1038/ngeo578. Dort beschreiben die Autoren, daß sie die Klimaentwicklung in der PETM mit einem Modell für den Kohlenstoffkreislauf und gemessenen Daten über gelösten Kohlenstoff in den Ozeanen und Anteile der Kohlenstoffisotope nachvollzogen hatten. Ihr Ergebnis war, daß die freigesetzten Mengen an Kohlenstoff (deren Quellen unklar sind) mit den heute bekannten Klimasensitivitäten für CO2 eine Erwärmung um allenfalls 1 – 3,5 Grad erklären könnten, jedoch nicht von 5-9 Grad, wie man tatsächlich für das PETM annimmt. Daraus schließen die Autoren, daß es weitere positive Rückkopplungen auf größerer Zeitskala gibt, die damals in Gang gesetzt wurden, die uns aber in der Zukunft auch drohen könnten.
Diese Erkenntnisse bestätigen Hinweise von Hansen, die vor ca. einem Jahr sehr skeptisch aufgenommen wurden. Er hatte darauf hingewiesen, daß man die Klimaentwicklung seit der letzten Eiszeit schlüssiger erklären kann, wenn man neben den schnellen Rückkopplungen, die zu einem Temperaturanstieg um 2 – 4,5 Grad je Verdopplung des CO2-Mischungsverhältnisses führen, auch langsamere Rückkopplungsmechanismen berücksichtigt, die die Klimasensitivität auf ca. 6 Grad je Verdopplung von CO2 steigern. In diesem Fall wäre aber selbst die Absicht, das CO2-Mischungsverhältnis auf unter 450 ppm langfristig zu begrenzen nicht ausreichend, um katastrophale Klimaveränderungen zu verhindern. Hansens Ziel wären dann 350 ppm CO2 als langfristige Grenze. Das mag illusorisch erscheinen, da schon jetzt das globale CO2-Mischungsverhältnis bei ca. 387 ppm steht. Aber im Falle einer baldigen Einstellung der CO2-Emissionen würden die Ozeane gewaltige Mengen an CO2 aufnehmen und alleine dadurch die CO2-Konzentration der Atmosphäre wieder sinken. Das PETM ist eine klare Warnung, daß unsere Klimamodelle das langfristige CO2-Problem systematisch unterschätzen und daß es keinen „Erdthermostaten“ gibt, der katastrophale Klimaentwicklungen verhindert.
Sonntag, 19. Juli 2009
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