Donnerstag, 11. Februar 2010

Gesetz der Serie

Derzeit kommen so viele Nachrichten zu „Skandalen“ in der Klimaforschung, daß ich diesen Beitrag einfach nicht fertig schreiben kann – er ist gleich wieder überholt. Und genau das ist das Thema diesmal.

Die Medien haben ihre eigenen Gesetze. Sie haben das Gesetz der Serie. Danach ist eine einzelnes Ereignis weniger interessant als eine Serie von Ereignissen. Serien machen profane Ereignisse spannend, weil man nun fragt, wann das nächste Ereignis dieser Serie kommt. Journalisten versuchen solche Serien herzustellen, manchmal gewaltsam. Die gegenwärtigen Meldungen zu IPCC und Climate Research Unit geben Beispiele dafür.

In den Medien gibt es auch das Gesetz der Personalisierung von Ereignissen. Menschen sind vor allem an Klatsch interessiert. Daher versuchen Journalisten, alle Ereignisse immer dem Handeln, den Motiven und den Beziehungen von Personen zuzuordnen. Damit muß automatisch an jedem Fehler auch immer eine konkrete Person schuld sein. Sind viele Personen im Kollektiv an etwas beteiligt, versuchen Journalisten eine Person als verantwortlich herauszufiltern, und zwar möglichst die bekannteste Person aus einer Gruppe. Mehrere wenig bekannte Mitarbeiter einer Arbeitsgruppe machen in einem IPCC-Bericht Fehler, aber die Diskussion um die Verantwortung dafür konzentriert sich in den Medien auf Pachauri, der für diese Fehler gar nichts kann.

Ein weiteres Gesetz ist das der Suche nach den Feinden und moralischen Bewertung. Wenn verschiedene Personen diskutieren und am Ende alle etwas dazugelernt haben, ist das für das Publikum langweilig und bringt dem Journalisten keinen guten Artikel. Der Journalist braucht Gegner, die sich bekämpfen und arbeitet daher in seinen Artikel Polarisierungen heraus. Da muß es dann Gute und Böse geben, damit sich der Leser mit dem Kampf identifizieren kann. Wer der Gute und wer der Böse ist, ist eine pragmatische Entscheidung und kann sich schnell ändern. So braucht es einen nicht zu wundern, wenn Journalisten beim britischen Guardian, der politisch eher links steht und beim Thema Klimawandel eher gründe Positionen unterstützt, ziemlich brutal über die Climate Research Unit und ihren Direktor Professor Jones herzieht, wenn die Erzählung für das Publikum es erfordert. Ob die moralische Entrüstung über Fehler bei CRU angemessen ist, werde ich noch erläutern.

Und schließlich gibt es das Gesetz der Aktualität. Nichts ist so alt wie die Nachricht von gestern. Daher läuft in den Medien alles unter Zeitdruck ab. Und das heißt, daß Journalisten erwarten, daß eine Anschuldigung innerhalb von Stunden widerlegt wird, sonst behandeln sie die Anschuldigung als anhängig und wirksam. Kein Journalist wartet mit einer Meldung nur aufgrund des Hinweises, daß man erst mal alle relevanten Informationen sammeln sollte, bevor man die Meldung bringt. Wenn erst wesentlich später eine Reaktion kommt, selbst wenn sie dann fundiert ist, ist sie bereits veraltet und nicht mehr oder nur eingeschränkt berichtenswert. Der Skandal ist in der Welt und bleibt. Daher verstehen Journalisten unter einem guten Umgang mit Fehlern, daß man direkt nach dem Bekanntwerden entweder druckreif dementieren kann oder zumindest einen Schuldigen benennen und Konsequenzen verkünden kann, sonst gilt das Krisenmanagement als unangemessen. Auch hierfür liefert CRU ein Beispiel.

Nehmen wir als das Gesetz der Serie. Da war zuerst der Diebstahl von Emails der Climate Research Unit, die den Professor an der University of East Anglia Dr. Philip Jones ins Rampenlicht schob, womit zugleich die Ereignisse personalisiert werden konnten. Die Meldung, daß die Emails gehackt wurden und auf einer Webseite bereitstünden, hat verdächtig schnell nach dem Hack ein als Leugner bekannter Mitarbeiter bei der University of East Anglia, Paul Dennis, an Watts, McIntyre und andere Betreiber bekannter Leugnerblogs gesendet. Über die Blogs wurde dafür gesorgt, daß die gehackten Emails weite Verbreitung fanden und sorgfältig skandalisiert wurden. Die britische Zeitung The Guardian hat eine ganze Artikelserie dazu. Aber der wesentliche Teil ist hinter diesem Link.


Die gehackten Emails selber sind natürlich ergiebiges Futter für Skandale aus einem schlichten Grund: Emails sind ein Zwischending zwischen Brief und Gesprochenem. Man formuliert salopp, schickt manchmal ab, ohne Korrektur zu lesen und ohnehin schreibt man, wenn man sich unter vier Augen weiß so manches, das man bereits in der Gruppe unterlassen würde. Vor allen Dingen kotzt man sich in Emails auch mal aus, um dann danach, schon abreagiert, so manche angedrohte Tat doch zu unterlassen. Wenn dann solche Emails plötzlich in die Öffentlichkeit gezerrt werden, stehen die Schreiber mit runtergelassenen Hosen da. Niemand sieht in der Pose elegant aus. Und das trifft eine weitere Neigung der Medien: die Neigung zu skandalisieren. In diesem Fall, behandele Äußerungen in Emails so, als stünden sie irgendwo in Stein gemeißelt und durchforste sie auf den Verdacht auf Fehlverhalten. Das ist möglich, indem verfängliche Stellen aus dem Zusammenhang geschnitten und böswillig interpretiert werden. Etwa die elegante Methode, Paläotemperaturdaten und die globalen Messungen zusammenzufügen, wurde als Trick bezeichnet. Böswillige Interpretation macht daraus einen Trick, eine angebliche globale Abkühlung zu verbergen. In einer anderen Email ist Phil Jones so genervt von dem Mißbrauch von Anfragen auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes, daß er im Zorn schreibt, man solle alle Emails löschen, die dies betreffe. Untersuchungen haben gezeigt, daß keine Emails gelöscht wurden. Trotzdem wurde Jones unterstellt, er hätte illegal Informationen vernichten wollen. Rein rechtlich gesehen war das Vorhaben illegal, die Tat allerdings verjährt. Doch es bestehen Zweifel, ob der Ausbruch im Zorn ernst gemeint war, denn wie gesagt, wurde er nicht umgesetzt. Ein weiterer Vorwurf war, daß die Emails gezeigt hätten, daß Jones, Mann und andere Arbeiten unliebsamer Konkurrenten aus dem IPCC-Bericht der Arbeitsgruppe 1 heraushalten wollten, selbst wenn dabei umdefiniert werden müßte, was fachbegutachtete Literatur ist. Auch dies war eine Formulierung, die nachweislich so nicht umgesetzt wurde. Die dabei erwähnte Arbeit von McKitrick und Michaels 2004 zu Korrelationen zwischen Temperaturanstieg und ökonomischen Zentren wurde im IPCC-Bericht durchaus zitiert, wovon man sich hier leicht überzeugen kann. Bei über 1000 Emails läßt sich so eine Serie angeblicher Skandale produzieren, sehr zum Vergnügen der Presse, die das Gesetz der Serie liebt und zugleich personalisieren und skandalisieren kann. Umso besser, wenn es dabei nach Streit unter Wissenschaftlern aussieht. Und hier gehen wir von den CRU-Emails zum IPCC hinüber.

Journalisten wollen, daß ihre Werke Leser finden. Leser wiederum wollen nicht einfach Informationen haben, sie wollen spannende Informationen haben, im Zweifelsfall lieber spannendes als informatives. Spannend sind Kontroversen, nicht der Konsens. Wenn es irgend geht, sollte der Journalist die Kontroverse berichten. Deshalb bekommen Spinnertheorien, Leugner und Betroffenheitstrolle in den Medien ungefähr so viel Raum wie die gesamte seriöse Wissenschaft – und das ist schon ein gutes Verhältnis. Nur ein Beispiel: die Berichterstattung über die empfundenen IPCC-Pannen nimmt um über eine Größenordnung mehr Raum ein als die Tatsache, daß die abgelaufene Dekade die höchste mittlere Temperatur seit Beginn der globalen Messungen zeigte und zwar in etwa der Größe, wie von den Modellen erwartet. Die Behauptung, es gäbe in diesem Jahrzehnt eine globale Abkühlung oder Pause in der globalen Erwärmung, ist gründlich von den Messungen widerlegt. Aber eben, weil es nur ein Bestätigung dessen ist, was wir schon wissen, ist die Meldung langweilig und nicht berichtenswert. Daß die IPCC-Berichte nicht 100% fehlerfrei sind, ist hingegen für die Medien eine Überraschung. Da wird jetzt jedes Detail berichtet, egal wie unrepräsentativ und unbedeutend es ist. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, daß jetzt bereits mehr über die Fehler oder eingebildeten Fehler der IPCC-Berichte geschrieben wurde als 2007 über den Inhalt der Berichte bei ihrer Veröffentlichung. Für die Öffentlichkeit heißt das, daß sie eine ausführlichere Berichterstattung über einige fehlerhafte oder nicht ganz einwandfreie Absätze des Werkes erhält (weniger als 1% davon) als über den tatsächlichen Inhalt in den übrigen über 2000 Seiten und insbesondere über die Kerninhalte, die den tatsächlichen Konsens der Wissenschaft wiedergeben.

Nachdem mit den fehlerhaften Angaben zum Abschmelzen der Himalaya-Gletscher das Eis gebrochen war, folgte ein echter oder angeblicher Fehler dem anderen. In fast allen Fällen hielt der Fehler nicht, was die Skandalankündigung versprach. In Amzonasgate ging es darum, daß Angaben zum Anteil des durch die Erwärmung gefährdeten Regenwaldes falsch seien und von der Literatur nicht gedeckt würden, wie James Delingpole in der britischen Zeitung auf Toilettenpapierstatus Daily Telegraph behauptete. Es stellte sich heraus, daß die Angaben auf einen Artikel in Nature zurückgingen und korrekt waren, nur hätte man besser auch Nature zitiert, statt einem WWF-Bericht, der wiederum den Nature-Artikel zitierte (Soares-Filho, B. S., D. C. Nepstad, L. M. Curran, G. C. Cerqueira, R. A.Garcia, C. A. Ramos, E. Voll, A. McDonald, P. Lefebvre, and P.Schlesinger (2006), Modelling conservation in the Amazon basin, Nature, 440(7083), 520-523.). Allerdings war dabei ein Problem, daß der Artikel nicht mehr innerhalb des Redaktionsschlusses des IPCC-Berichts publiziert wurde.

Dann stellte sich heraus, daß an einer Stelle des IPCC-Berichts eine falsche Prozentangabe zum Anteil der Niederlande gegeben wurde, die unter dem Meeresspiegel lägen. Der Fehler ist vor allem peinlich, da so etwas in einem beliebigen Geographiebuch über die Niederlande nachgeschlagen werden könnte, ist aber alles andere als ein Skandal

Im IPCC-Bericht erläutert die Arbeitsgruppe 2, daß ein Drittel der Bevölkerung Afrikas in dürregefährdeten Regionen lebten. Sie beziehen sich auf Seite 11 eines Berichts des World Water Forum, aus dem aber nicht klar wird, welche Region damit eigentlich gemeint wird. Auch hier wieder gibt es keinen echten Skandal, wenn man sich im Original anschaut, daß es hier um einen einzigen Satz geht, bei dem über ein unsauberes Zitat von einer Region auf den Kontinent generalisiert wurde.

Angereichert wird die Liste der Fehler bzw. „Fehler“ im IPCC-Bericht durch Enthüllungen über Pachauri. Da ist die TERI-Geschichte, bei der Pielke jr. Unterstellungen gesät hatte, die er nicht belegen kann. TERI ist eine Non-profit-Organisation, von der Pachauri ein fixes Gehalt bezieht. Der Vorsitz beim IPCC selbst ist ein unbezahltes Ehrenamt. Einflußnahme von Pachauri auf den Inhalt des Asienkapitels der Arbeitsgruppe 2 ist eine absurde Behauptung und durch nichts belegt, daher auch eine reine Unterstellung, daß hier TERI unterstützt werden sollte.

Es geht aber noch absurder. Das britische Toilettenpapier Daily Telegraph schreibt hier, daß Pachauri einen Roman geschrieben hätte und nutzt das, um die Seriosität Pachauris anzuzweifeln. Da die Skandalserie erst mal aufgebaut ist, kann sogar ein solches Nichts einer Meldung plaziert werden, um dabei zu skandalisieren und zu personalisieren. Man greift Pachauri an, um damit das IPCC zu erledigen, womit wiederum die Aussagen des IPCC erledigt werden sollen. Die globale Erwärmung verschwindet damit zwar nicht, aber Umfragen zeigen, daß der Zweifel an den Aussagen des IPCC bei der Bevölkerung wächst. Und nur darum geht es. Daß einige Wissenschaftler nun auch Pachauris Abgang fordern, paßt gut in die Serie und wird in den Medien gerne aufgegriffen. Vielleicht sind diese Wissenschaftler aber naiv, denn im Grunde hält keiner der Vorwürfe gegen Pachauri der näheren Untersuchung stand. Daß Pachauri Industriekontakte hat und kein Klimawissenschaftler ist, war bei seiner Berufung bekannt und damals sogar der Grund seiner Berufung. Seine Abberufung wäre reine Symbolpolitik. Verbesserungen bei der Erstellung der IPCC-Berichte sind eher eine Frage der Organisation des Zeitplans für die Veröffentlichung und der Einführung einer Fachbegutachtung der Arbeitsgruppen 2 und 3 durch die Arbeitsgruppe 1, Das kann mit oder ohne Pachauri eingeführt werden.


Am Ende führt das Gesetz der Serie dazu, daß selbst Journalisten, die bisher eher ausgewogen oder IPCC-freundlich berichteten, plötzlich auf den rollenden Zug aufspringen. Da wäre Monbiot, der sich mit dem „Skandal“ der verlorengegangenen chinesischen Stationsorte befaßt und Revkin, der einen Kommentar zum IPCC-Bericht im Entwurfsstadium fälschlich auf die Endfassung bezieht und noch einen draufsetzt.

Der britische Guardian hatte anhand der CRU-Emails Hinweise gefunden, daß Jones bei einem 1990 zusammen mit Wang veröffentlichten Artikel zum Wärmeinseleffekt in chinesischen Temperaturdaten Probleme hatte, die Stationsmetadaten wiederzufinden. Diese waren verloren gegangen. Damit war aber die Arbeit von 1990 erst mal nicht reproduzierbar, was nicht sein darf. Zudem kam der Verdacht auf, Wang hätte schlampig gearbeitet und daher wäre nicht auszuschließen, daß durch Verlegungen von Stationen deren Zeitreihen inhomogen seien. Dann könnte man daraus keine Aussagen ableiten, wie stark sich der Wärmeinseleffekt bei ihnen ausgewirkt hat. 1990 ist aber lange her. Wie ich schon schrieb, gibt es inzwischen eine Reihe anderer Arbeiten zum Thema. Noch wichtiger aber ist, daß man die alten Zeitreihen mit aktuellen Zeitreihen für die damals gewählten Stationen vergleichen kann, indem man halt die chinesischen Daten neu auswertet. So kann man schauen, ob die damals hergestellten Temperaturzeitreihen korrekt waren. Wahrheitsfindung nach Journalistenart sieht hingegen folgendermaßen aus. Der Guardian schreibt einen Artikel, in dem verbreitet wird, daß es hier einen neuen Skandal gäbe: der Leiter der Climate Research Unit Phil Jones hätte Fehler in den alten Daten vertuschen wollen. Wie gesagt, waren die Stationsmetadaten verloren gegangen und mußten neu beschafft werden. Für die Journalisten ist das eine über 20 Jahre gehende Vertuschung, daher wird natürlich Jones Kopf gefordert, Verzeihung, sein Rücktritt. Die zeitliche Dynamik findet sich dann im Blog des Guardian-Journalisten Monbiot. Weil die University of East Anglia bis zum nächsten Morgen nach dem Artikel noch keine Stellungnahme liefern konnte, sollte nach seiner Meinung auch gleich noch die PR-Sekretärin abtreten. Tatsächlich lieferte die Universität aber an diesem Tag eine Stellungnahme ab, in der man nachlesen konnte:
1. Die in einer Anfrage geforderten Daten und Stationsmetadaten waren zwischenzeitlich beschafft und veröffentlicht worden.
2. In einer Publikation von 2007 konnte man die Zeitreihen reproduzieren (siehe Graphik hinter dem Link).
3. Weitere Publikationen seit 1990 von verschiedenen Autoren brachten vergleichbare Ergebnisse, die als Bestätigung der Arbeit von Jones und Wang 1990 dienen können.
An sich ein Freispruch erster Klasse. Aber nicht für Monbiot, der nun einmal in Jones den Bösen dieser Geschichte identifiziert hat und ihn nicht mehr laufen lassen kann. An der Diskussion zum Blogartikel fällt einem jedenfalls auf, daß sämtliche Argumente an dem Mann abperlen, den ich sonst als eher gutwillig und kompetent kennengelernt hatte.

Der andere Fall bezieht sich auf Andrew Revkin, einen früheren Journalisten der New York Times, der relativ zu vielen seiner Kollegen einen anständigen Wissenschaftsjournalismus zustande brachte. Doch im Sog der ganzen sogenannten Skandale ist auch er schließlich auf den Zug aufgesprungen (oder eher darunter). Er hat ein Machwerk aus dem Blog eines gewissen Bishop Hill zum Anlaß genommen, einen völlig absurden Angriff auf den Bericht der 1. Arbeitsgruppe beim IPCC zu starten. Jener Blogger hatte eine Kritik eines Wissenschaftlers zu einem Rohentwurf der Zusammenfassung des 9. Kapitels so gepostet und kommentiert, als hätte sich der Wissenschaftler Dr. Lacis auf den fertigen Bericht bezogen. Der Bericht wurde aber danach überarbeitet. Lacis hat selbst erklärt, daß er mit dem Bericht inzwischen einverstanden ist. Eine klassische Nichtmeldung also. Aber da wir schon die Serie haben, muß da doch ein Skandal zu holen sein? Den fabriziert Revkin zunächst mal, indem er fleißig Leugnerblogs zitiert, statt seriöse Quellen, obwohl eigentlich jeder weiß, was er z.B. von Watts Up With That als Quelle zu halten hat. Und weil Lacis, wie gesagt, einfach den Skandal wegwischte, indem er darauf hinwies, daß der überabeitete Artikel nun seiner Meinung nach ok sei, suchte Revkin halt nach seinem eigenen Skandal. Und fand dann heraus, daß, wenn man zwei Sätze einfach aus dem Zusammenhang reißt und mal ganz schnell vergißt, daß rund herum lauter Hinweise darauf stehen, daß man immer gewisse Restunsicherheiten berücksichtigen müsse, man in diese Sätze hineinlesen könnte, daß hier behauptet würde, die anthropogene Erwärmung sei in Temperaturmessungen sicher nachgewiesen worden. Also, einfach etwas aus dem Zusammenhang reißen und schon hat man dem IPCC wieder einen Skandal nachgewiesen. Und die nachfolgende Diskussion zeigt dann die völlige Beratungsresistenz des Journalisten, sobald er sich in eine Ansicht verbissen hat.

Das Gesetz der Serie sorgt dafür, daß inzwischen viele Menschen davon überzeugt wurden, das IPCC sei eine völlig desolate Institution, bei der Köpfe rollen müßten und alles geändert werden müßte. Und natürlich finden sich inzwischen auch Wissenschaftler, die Änderungen fordern. Von der ganzen Medienkampagne bleibt wohl keiner unberührt. Irgendwie geht aber dabei unter, daß die IPCC-Berichte zu 99,9% unbeanstandet geblieben sind und sich die meisten Anschuldigungen als heiße Luft erwiesen haben. Das Thema Hurrican-Gate überlasse ich dann mal folgenden Quellen (hier bei Klimakrise und hier bei Rabett Run) und verweise außerdem für wichtige Hintergründe hierhin (inklusive der weiteren Links dort), denn ich habe keine Lust noch mehr dazu zu schreiben...

4 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Ach nein, nicht Revkin, den fand ich echt gut...bislang. Watts Up With That? zitieren/verlinken, das ist das absolute Ausschlusskriterium!

J. Zimmermann hat gesagt…

Fatal ist, daß ich Andrew Revkins eigentlich immer noch gut finde - im Vergleich zu dem was da sonst den Wissenschaftsjournalismus unsicher macht. Der Mann ist einfach den Gesetzmäßigkeiten des Journalismus erlegen. Er hat eine laufende Serie aufgeschnappt und er hat versucht, nach seiner Ansicht "guten" Journalismus zu betreiben, indem er "beide Seiten" in einer Auseinandersetzung gleichgewichtig zu Wort kommen läßt. Dummerweise stehen auf der einen Seite vereinigt Lobbyinteressen und einige Spinner und auf der anderen Seite die Wissenschaft. Und er hat jede Seite nach ihren Maßstäben messen wollen. Also verlangt er vom IPCC in jedem einzelnen Satz perfekte, unmißverständliche Formulierungen und findet andererseits die neueste Verschwörungstheorie bei Watts Up With That "interessant", obwohl ihm klar ist, daß der Blog unterirdisch ist, passend zum jeweiligen Niveau. Ich denke, manchmal muss der Journalist auch für seine Leser eine Entscheidung treffen. Da bin ich wohl zu "deutsch".

Ebel hat gesagt…

Unter Journalisten gilt "Eine schlechte Meldung ist eine gute Meldung".

Wie man Leute abschießt ist auch bekannt
- der "Fall" Kiesling ( http://www.focus.de/politik/deutschland/guenter-kiessling-einst-gedemuetigter-bundeswehr-general-gestorben_aid_430529.html )
- Carola Braun ( http://www.welt.de/print-welt/article692571/Die_gute_Seite_der_Figaro_Affaere.html )
- Werner Höfer ( http://www.steffi-line.de/archiv_text/nost_buehne2/01tv_hoefer.htm )
- Lafontaine
- Gysi
Die Liste ist beliebig verlängerbar.

MfG

J. Zimmermann hat gesagt…

In meinem neuen Beitrag habe ich das in einen neuen Zusammenhang gestellt. Leute anzugreifen, statt der vertretenen Inhalte, ist eine bekannte Strategie der Lobby-Arbeit.