8.4.2009: Ich habe jetzt den gesamten Datensatz von 1850 - 2008 genommen - es ändert sich bei den Zahlenwerten etwas, aber die Aussage bleibt gleich.
Es ist eine Trivialität, aber trotzdem ein kurzer Blick auf etwas, was jeder ganz leicht nachrechnen kann. Wenn man Datensätze wie den des Hadley Centres nimmt, kann man leicht mittlere globale Temperaturanomalien für ein Jahrzehnt berechnen. Das Jahrzehnt von 1991 – 2000 lag z.B. bei 0,23 Grad, davor waren es 0,10 Grad, die 70er brachten -0,06 Grad, die 60er -0,12 Grad und die 50er -0,15 Grad in dieser Rechnung. Das laufende Jahrzehnt ist noch nicht abgeschlossen. Selbst wenn es 2009 und 2010 etwas kühler wäre als im Mittel des Jahrzehnts, wäre die mittlere Temperatur dieses Jahrzehnt 0,42 Grad. Der Unterschied zum vorherigen Jahrzehnt wäre größer als für jedes andere Jahrzehnt der letzten 100 Jahre, bzw. sogar seitdem es solche Aufzeichnungen gibt.
Trotzdem verbreiten Leugner des Klimawandels munter weiter, daß es seit 1998 oder seit 2003 einen Abkühlungstrend gäbe. Wenn man das ernst nehmen wollte, was müsste eigentlich geschehen, damit dieses Jahrzehnt nicht wärmer wird als das vorhergehende? Eine einfache Rechnung ergibt, daß dieses Jahr die Temperatur um volle 0,85 Grad sinken müsste (was in den Wetteraufzeichnungen bisher noch nie vorkam) und auf dem Niveau auch 2010 bleiben müßte. Erst dann wäre dieses Jahrzehnt nicht wärmer als das vorhergehende. Noch schlimmer, da die ersten zwei Monate dieses Jahres bereits eine höhere Temperatur zeigten als das Vorjahr insgesamt, müsste die Temperatur für das Restjahr bereits um über 1,1 Grad absinken. Das laufende Jahrzehnt ist bereits dazu verurteilt, erheblich wärmer zu sein als das Vorjahrzehnt.
Auch das folgende Jahrzehnt hat nicht viel Spielraum, denn der unterliegende Trend einer Erwärmung von 0,014 – 0,018 Grad pro Jahr ist ja sehr robust. Dagegen steht die natürliche Variabilität. Eine Häufung von La-Nina- oder El-Nino-Ereignissen oder eine Ausprägung anderer Fluktuationen des Wärmeaustausches der Erde könnte die Temperatur eines Jahrzehntes nach oben oder nach unten schieben. Auch Vulkanausbrüche mit ausreichendem Ausstoß von Schwefeldioxid und einer Lage in niederen Breiten könnten ein Jahrzehnt kühler machen. Der Einfluß der Sonne ist klein, aber nicht zu vernachlässigen. Das alles sind unvorhersagbare Einflüsse. Wie bekommt man die in den Griff?
Es gibt viele Methoden, alle haben Stärken und Schwächen und mit einigen bin ich nicht vertraut. Eine Möglichkeit wäre es, die Variation zwischen den Jahrzehnttemperaturen als Standardabweichung zu berechnen, und diese als Unsicherheitsbereich auf das Ergebnis meiner Trendschätzung aufzuschlagen. Die Schwäche ist, daß der aktuelle Trend in der Standardabweichung drinsteckt. Der Trend vergrößert die mittlere Abweichung zwischen den Jahrzehnten. Ich könnte vorher den Trend abziehen. Aber welchen? Tatsächlich gibt es in den letzten über 100 Jahren mindestens 3 zu berücksichtigende Trends. In der ersten Jahrhunderthälfte stiegen die globalen Temperaturen wegen fehlender Vulkanausbrüche und einer steigenden Aktivität der Sonne. Diesen Trend können wir in der Analyse behalten, weil wir ja nicht wissen, wie sich die Sonne in der Zukunft entwickelt und welche Vulkanausbrüche in der Zukunft erfolgen oder ausbleiben. In der Mitte des Jahrhunderts ergibt sich kein signifikanter Trend. Und ab ca. 1970, vielleicht auch früher, steigt die globale Temperatur. Das aber auch nicht linear. Diesen Trend aber würden wir gerne herausnehmen, weil wir den bereits dazurechnen wollen. Nehme ich nur den Trend der gesamten Daten seit 1850 heraus, erhalte ich für die Jahrzehnttemperaturen eine Standardabweichung von ca. 0,12 Grad (ohne die Berücksichtigung des Trends wären es 0,24 Grad). In 68% der Fälle schwankt die Temperatur nicht stärker von Jahrzehnt zu Jahrzehnt als um diesen Betrag. Geht es mir um den Bereich mit 90% Wahrscheinlichkeit, nehme ich die doppelte Standardabweichung. Damit erhalte ich 0,32 – 0,84 Grad als wahrscheinlichen Bereich der nächsten Jahrzehntstemperatur (0,42 +(0,14 bis 0,18) + oder – 0,24). Das ist mir zu grob. Nehme ich dann doch sowohl den Trend bis 1940 als auch den ab 1970 heraus, sinkt die Standardabweichung der Residuen auf 0,08 Grad. Damit reduziert sich die Spanne auf 0,40 – 0,76 Grad.
Eine weitere Möglichkeit wäre, die Verteilung der Differenzen der Temperatur von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zu betrachten. Wegen der geringen Wertezahl ist die Verteilung nicht besonders aussagekräftig. Doch was bei fast jeder Klasseneinteilung auffällt, ist eine Struktur der Verteilung mit zwei Maxima. Entweder liegt das nächste Jahrzehnt nahe beim vorherigen oder einen deutlichen Schritt entfernt. Das liegt an der oben angegebenen Dreiteilung der letzten 158 Jahre mit entweder deutlichem oder praktisch fehlendem Trend. Da wir den Trend ja zu kennen glauben, schätze ich die restliche Variabilität im Datensatz besser ab, wenn ich den kleinen Schritt wähle. Wie groß der ist, sehe ich in der Verteilung natürlich nur sehr, sehr grob, nehme aber etwa 0,05 Grad als Standardabweichung an. Ich komme auf den Schätzbereich für das nächste Jahrzehnt von 0,46 – 0,7 Grad. Kann ich behaupten, daß mit 90% Wahrscheinlichkeit die mittlere Temperatur des kommenden Jahrzehnts in diesem Bereich liegt? Leider nicht. Meine Schätzungen sind allesamt statistisch unsauber und berücksichtigen weder Änderungen im Erwärmungstrend noch die wahre Variabilität beim Auftreten von Vulkanausbrüchen oder der solaren Aktivität. Leider helfen uns auch die Modelle nicht weiter. Seriöse „Wettervorhersagen“ für die Erde über 12 Jahre hinweg sind derzeit noch nicht möglich. Trotzdem bekomme ich ein Gefühl dafür, was möglich ist, was extrem unwahrscheinlich und wie sehr doch die interne Variabilität des Systems den vermuteten Trend überlagern kann, wenn ich einen so kurzen Zeitraum wie ein Jahrzehnt betrachte.
Beispiele für Histogramme der Temperaturdifferenzen zwischen Jahrzehnten seit den 1850er Jahren im HadCRUT-Datensatz
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.05 .10 .15 .20 .25
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.04 .08 .12 .16 .20
Montag, 6. April 2009
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