Redet man jedoch über Geoengineering, meint man meistens Maßnahmen damit, einzelne Folgen des Klimawandels zu dämpfen, ohne an der Ursache des Problems etwas zu ändern. Künstliche Abkühlung der Erde durch Spiegel im All, Verstärkung der Albedo am Boden oder Sulfat-Aerosol in der Stratosphäre ändert zum Beispiel nichts am sinkenden pH-Wert der Meere - im Extremfall droht sogar (allerdings auf geologischer Zeitachse) eine vereiste Erde mit versauerten Meeren und hohem CO2-Gehalt in der Atmosphäre. Da ist es besorgniserregend, wenn in Fachkreisen die Verzweiflung über die erwartete Tatenlosigkeit bei Emissionsminderungen so groß ist, daß trotzdem ernsthaft über das Geoengineering geredet wird.
In diesem Sinne diskutiert diesen Monat die American Meteorological Society ein Positionspapier zum Geoengineering, obwohl eigentlich eine informierte Position nur sein kann: wenig effektiv, mit potentiell gefährlichen Nebenwirkungen und vermutlich kontraproduktiv, da die Diskussion von Ersatzmaßnahmen zu Emissionsminderungen dazu verführt, letztlich gar nichts zu tun. Um fair zu sein, dies deutet die AMS in der Einleitung zum Positionspapier auch an, was ich weiter unten darstellen werde. Das Extrem bei uninformierter Unterstützung des Geoengineerings und warnendes Beispiel ist Freeman Dyson, ein Physiker, der zugibt, auf dem Gebiet kein Experte zu sein, aber genau das für einen Vorteil hält und als wesentlichen Grund dafür angibt, daß man sich über die CO2-Emissionen keine Sorgen machen sollte, da man ja genetisch veränderte Bäume pflanzen könnte, die das überschüssige CO2 auffangen könnten. Zwar gibt es solche Bäume noch nicht, wird sie vielleicht auch nie geben und selbst wenn sie im Labor je gezüchtet würden, wer soll denn eigentlich zig Millionen Bäume wo und auf wessen Kosten pflanzen?
Im Positionspapier hält die AMS zunächst fest, daß es einen Klimawandel gibt, der in den letzten 50 Jahren sehr wahrscheinlich überwiegend von Menschen verursacht wurde, und daß es dagegen drei mögliche Maßnahmen gibt: Emissionsminderungen (Mitigation), Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel (Adaption) und Manipulierung des globalen Klimas (Geoengineering). Geoengineering könnte schnelle und zielgerichtete Möglichkeiten zur Klimakontrolle eröffnen, beinhaltet aber auch Risiken. Nach dem aktuellen Forschungsstand gibt es keine Maßnahme, bei der der erwartete Nutzen größer wäre als die vermuteten Risiken.
Danach werden verschiedene Möglichkeiten und ihre Risiken vorgestellt.
- Die Kontrolle der Treibhausgase z.B. durch Meeresdüngung oder das Einfangen und Einlagern von CO2 (Sequestration).
- Kühlung der Erde über Spiegel oder Albedo.
- Moderation einzelner Klimaeffekte (z.B. Lagerung von Wasser an Land als Maßnahme gegen den Anstieg des Meeresspiegels).
Die Risiken könnten z.B. darin bestehen, daß durch eine Kühlung der Erde bewirkte Zirkulationsänderungen in der Atmosphäre einzelne Länder klimatisch begünstigen oder benachteiligen könnten. Außerdem würden bei der Entwicklung des Geoengineerings Mittel von der Entwicklung von Mitigations- und Adaptionsmaßnahmen abgezogen, was kontraproduktiv wäre. Letztlich würden Maßnahmen, die das Klima kühlen, andere Wirkungen der Treibhausgase (sinkender pH-Wert der Ozeane) nicht auffangen.
Daher empfiehlt die AMS in dem Entwurf:
- Verstärkte Forschung in dem Gebiet, inklusive der Nebenwirkungen
- Zusätzliche Studien der historischen, ethischen, rechtlichen, politischen, usw. Aspekte
- Entwicklung und Analyse von Entscheidungsmöglichkeiten, um Transparenz und internationale Zusammenarbeit bei der Erforschung von Geoengineering-Möglichkeiten zu fördern zusammen mit Restriktionen rücksichtsloser Versuche, das Klimasystem zu beeinflussen.
Es wird sicher eine spannende Frage, wie das Papier Ende des Monats nach der Abstimmung aussehen wird. Doch auch hier läuft der politische Prozess schon längst den Experten davon. Die EU unterstützt die CO2-Abscheidung und –lagerung bei zukünftigen Kohlekraftwerken mit Pilotprojekten und in den USA redet der zuständige Minister für Energiefragen Chu von „sauberer“ Kohle bei solchen Kraftwerken mit CO2-Abscheidung. Möglicherweise passiert hier das gleiche, wie schon beim Biosprit – man legt sich politisch fest, bevor man sich über alle Nebenwirkungen einer Entscheidung informiert hat und vergißt dabei, daß wir noch viele kosteneffiziente Maßnahmen zum Energiesparen und zur Emissionsminderung wie auch zum Schutz von Wäldern erst mal beschließen sollten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen