Ich habe Klimawandelleugner unterschätzt, denn in meinem Beitrag über das Rosinenpicken mit mittleren Monatstemperaturen hatte ich noch geschrieben, daß der Kreativität der Leugner hier noch Gelegenheiten entgangen seien. Ein Beitrag von Tim Lambert in seinem Blog Deltoid zeigt mir, daß ich mir nur zu selten die Tortur antue, in Leugnerbeiträge zu schauen. Wie er in seinem Blog zeigt, behauptet Bob Carter, einer der wenigen Leugner, die zugleich im relevanten Bereich wissenschaftliche Titel tragen, in einem Kommentar für die australische Zeitschrift "Quadrant" die Temperaturen seien jetzt auf dem Niveau von 1940 und damit könne man eigentlich nicht von einer menschengemachten Erwärmung reden, zumal in dem Zeitraum das CO2-Mischungsverhältnis um 20% gestiegen sei. Wie kommt denn Carter zu dieser Behauptung?
Den Gedankengang dahinter enthüllen Links in den Kommentaren zum Blogbeitrag, die auf einen gewissen Richard Courtney verweisen, von dem zwar keinerlei wissenschaftliche Publikationen vorliegen, der aber gerne in vielen Diskussionsboards präsent ist, um gegen den Stand der Wissenschaft anzureden und sich dabei auch mit Phantasietiteln schmückt, insbesondere des IPCC Expert Reviewers. So kann sich jeder nennen, der mal einen Brief an das IPCC zu einem der anstehenden Assessment Reports mit mehr oder weniger sinnvollem Inhalt geschrieben hat. Dieser Courtney meinte also, nachdem ihm die ersten 4 Monate mit Temperaturen in 2008 vorlagen, daß das Jahr nicht wärmer sei als 1940, denn das Mittel der ersten 4 Monate 2008 sei nur ca. 0,23 Grad wärmer als das Mittel von 1940, also weniger wärmer als die Unsicherheit der Daten von angeblich 0,2 Grad (das Hadley Centre gibt für seine Daten eine Unsicherheit im Bereich von derzeit etwa 0,05 Grad an). Schlimm genug, daß man von 4 Monaten schlecht auf das Jahresmittel schließen kann: das Jahresmittel 2008 lag über 0,1 Grad über dem Mittel der ersten 4 Monate und knapp 0,3 Grad über dem Mittel von 1940. 1940 wiederum gehörte zusammen mit 1939 und 1941 zu den wärmsten Jahren der Jahrzehnte vorher und nachher und war absolut untypisch, ebenso wie 2008 als am wenigsten warmes Jahr der laufenden Dekade auch untypisch in der anderen Richtung war. Gerade darum, was die typische Temperatur eines repräsentativen Zeitraums ist, geht es aber in der Klimatologie.
Courtney setzt aber noch einen drauf. 1940 und 2008 hätten seiner Meinung nach die selbe Temperatur, weil der wärmste Monat 1940 wärmer gewesen sei als der kälteste Monat 2008. Das ist technisch richtig, aber im klimatologischen Kontext Schwachsinn. Wie ich schon schrieb: "Februar 2009 lag die globale Temperaturanomalie bei 0,345 Grad und damit niedriger als vor genau 131 Jahren, als der Februar 1878 0,364 Grad anzeigte." Nach Courtneys Logik könnte man beweisen, daß die Temperaturen seit Beginn der Aufzeichnungen konstant waren, weil man für jedes Jahr einen Monat finden kann, dessen Temperatur sich mit einem gewählten Monat in irgendeinem anderen Jahr überschneidet. Ich bin nun absolut zuversichtlich, daß früher oder später dieses Argument ernsthaft von Leugnern vertreten wird, vielleicht sogar schon, von mir noch nicht bemerkt, irgendwo vertreten wurde.
Dienstag, 14. April 2009
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1 Kommentar:
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Ich gehe davon aus, daß jemand, der in meinem Text einen Fehler entdeckt hat, den mit eigenen Worten darstellen kann, indem er den falschen Punkt bezeichnet, sein Argument dagegen vorbringt und dann ggf. auf eine Publikation, auf eine Datenquelle oder, dann, auf einen spezifischen Link verweist.
Davon abgesehen: es wird viel Leugnermaterial verbreitet - ich habe nicht die Zeit, zu jedem Unfug Stellung zu nehmen, insbesondere wenn er, wie der Film "Der Klimaschwindel" schon wiederholt von anderen, auch Fachleuten, als voll von Lügen abqualifiziert wurde.
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