Sonntag, 24. August 2008

Meereiskrimi am Nordpol

Derzeit läuft in der Arktis ein Krimi ab. Die bange Frage, die sich die Zuschauer stellen ist, ob die Schmelze des Meereises dieses Jahr in etwa so stark sein wird, wie die im letzten Jahr oder ob die minimale Eisbedeckung wieder zu den langjährigen Werten oder dem langjährigen Trend zurückkehren wird. (Das Bild zeigt die Abweichung der Ausdehnung der Meereisfläche in der Arktis aufgrund von Satellitenmessungen von einem Referenzwert in Prozent für einen bestimmten Monat eines jeden Jahres seit 1979 - gezeigt wird die Reihe für den jeweils letzten abgeschlossenen Monat.) Die Frage ist hier nicht so sehr, ob der Rekord des letzten Jahres gebrochen werden kann. Der Eisverlust im vergangenen Jahr war so gewaltig, daß es schon überraschend und auch erschreckend wäre, würde dieses Jahr gleich ein weiterer Rekord folgen. Zudem hatte die Analyse gezeigt, daß besondere Wetterverhältnisse in 2007 einen Beitrag zu der raschen Eisschmelze geleistet hatten. Es wäre extrem unwahrscheinlich, wenn sich solche Wetterverhältnisse in zwei aufeinander folgenden Jahren wiederholten. Aber wenn die Eisschmelze 2008 in die Nähe des Wertes von 2007 käme, dann wäre damit gezeigt, dass 2007 nicht etwa ein Ausreißer war, sondern daß wir hier möglicherweise gerade eine Verstärkung des langjährigen Trends zu weniger Eis im Sommer sehen. Dieser Trend deutete zwar schon so darauf hin, dass die Seeeisbedeckung zurückgeht, aber bis das Nordpolarmeer im Sommer eisfrei ist, hätten noch einige Jahrzehnte vergehen können. Sollte sich aber eine Beschleunigung der Eisschmelze auf der Basis des Jahres 2007 etablieren, dann könnten wir ein im Sommer weitgehend eisfreies Nordpolarmeer schon in wenigen Jahren, noch vor 2020, erleben. Ein starkes Argument dafür, dass sich 2007 etwas fundamental verändert hat, ist die Erkenntnis, daß das nach so einer starken Schmelze im Winter neu gebildete Eis viel schwächer ist als das mehrjährige Eis, das zuvor dort war. Einjähriges Eis ist dünner, enthält mehr Salz und ist dadurch strukturell schwächer und anfälliger für eine Schmelze. Es hat sogar eine geringere Albedo und leistet damit einen, wenn auch sehr schwachen, Verstärkungsbeitrag zur Erwärmung der Arktis.

Der Krimi wuchs sich zu einem Krieg aus zwischen den Verfechtern der Behauptung, das Minimum 2007 sei ein Ausreißer und es würde bald sogar wieder eine Zunahme der Eisbedeckung am Nordpol geben – gestützt zeitweise vom Wiederzufrieren des Nordpolarmeers im letzten Winter – und den Vertretern der Ansicht, daß 2008 schon allein wegen der nun ausgedehnten Bedeckung mit einjährigem Eis und wegen der anhaltenden Erwärmung der Ozeane Werte nahe beim Minimum 2007 zu erwarten sind. Mit welch harten Bandagen dabei gekämpft wird, belegt Prof. Rahmstorf in diesem Beitrag.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Eismenge auf den Meeren zu betrachten. Wichtige Größen sind die Ausdehnung der von Meereis bedeckten Fläche (extent), ein robuster Parameter, der aber wenig über die eigentliche Eismenge aussagt. Dann gibt es die von Eis bedeckte Wasserfläche (area), eine Größe, die allerdings fehlerbehaftet ist, weil sie zum Beispiel durch Schmelzwasser auf dem Eis verfälscht wird. Schließlich gibt es auch Schätzungen für das Eisvolumen auf dem Wasser, eine Größe, die jedoch durch die eingehenden Abschätzungen wenig robust ist. Unter anderem meldet das National Snow and Ice Data Center (NSIDC) die Seeeisausdehnung (Einzelheiten siehe hier.). Ende Juli wurde dort die letzte Vorhersage der Entwicklung der Seeeisausdehnung veröffentlicht, nach der der Rekord von 2007 deutlich verfehlt werden würde.
Diese Vorhersage sollte man vergleichen mit dem aktuellen Verlauf der Seeeisausdehnung. Man sieht direkt, trotz des anderen Maßstabs, dass die Entwicklung derzeit am Rand der letzten Voraussage verläuft – hin zu weniger Eis. Gerade im August ist das Eis deutlich schneller geschmolzen als zu erwarten war. Bedenkt man noch, daß der letzte Winter relativ kalt war und überdurchschnittlich viel neues Eis gebildet wurde (was bei einigen Leugnern des Klimawandels zu viel "Hallo" führte in dem Sinne, daß hier die Trendwende zu mehr Eis oder gar eine Kaltzeit wäre), ist die diesjährige Eisschmelze genauso groß wie in 2007.

Man kann eigentlich jetzt schon zusammenfassen, egal wie die Entwicklung der nächsten 2 Monate aussieht, daß schon längst bestätigt wurde, daß 2007 kein Ausreißer ist, sondern sich der langjährige Trend zur Abnahme der Sommereisbedeckung verstärkt hat. Das ist besorgniserregend, insbesondere in Hinblick auf die Aussichten für das Auftauen des Permafrostbodens in der Arktis und der dadurch zu befürchtenden Verstärkung der globalen Erwärmung.

Donnerstag, 21. August 2008

Maßnahmen gegen den Klimawandel

Wenn man mit der Möglichkeit konfrontiert wird, daß Menschen das Klima verändern können, gibt es verschiedene Reaktionsmöglichkeiten. Man kann feststellen, daß man sein Verhalten so ändern muß, daß die Ursachen für eine weitere Klimaänderung entfallen. Man spricht hier von einer „kohlenstoffarmen Wirtschaft“, die weitgehend auf die Verbrennung von fossilen Brennstoffen verzichtet, den nassen Reisanbau und die Viehzucht (als wichtige Methanquellen) kontrolliert und bei der Landnutzung auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Das sind erhebliche Änderungen zu unserer heutigen Lebensweise.

Für manche Menschen heißt das, daß sie der Meinung sind, daß uns die Kur hier zu teuer kommt. Wenn es genauso vermittelt wird, wäre das ehrlich. Leider sind nicht alle, die so denken, auch so ehrlich, es so auszudrücken, sondern leugnen lieber, daß ein Klimawandel stattfindet, daß er menschengemacht ist und daß er zu Problemen führen kann. Im Extremfall findet man alle drei Einstellungen in einem Text.

Eine andere Möglichkeit, die Tatsache der menschengemachten Erwärmung anzuerkennen, aber zugleich die Konsequenz zu vermeiden, daß man sein Verhalten grundlegend verändern müßte, ist die Unterstützung von Konzepten, die Erde zu steuern. Im Englischen wird so etwas unter dem Begriff „Geoengineering“ diskutiert. Es gibt hier zwei Sorten von Maßnahmen:

  • CO2 aus der Atmosphäre zu holen oder von der Quelle wegzunehmen und irgendwo zu speichern.
  • Die Albedo der Erde zu erhöhen.
Im einzelnen wird die erste Maßnahme dadurch umgesetzt, daß man entweder biologische Senken für CO2 verstärkt, indem man die Meere mit Eisen düngt und so das Algenwachstum anregt, Wälder pflanzt, CO2 direkt bei den Kraftwerken auffängt und in unterirdische Lager leitet oder es mit chemischen Substanzen aus der Luft holt und dann lagert.

Die zweite Maßnahme wird dadurch umgesetzt, daß man Sulfataerosol in die Atmosphäre bläst, welches über eine Bildung hoher Wolken und durch seine Strahlungseigenschaften Sonnenlicht stärker zurückwirft. Eine andere Möglichkeit ist, große Spiegel im Weltall zwischen der Erde und der Sonne zu postieren, die die Erde abschatten.

In der Regel bringen diese Maßnahmen zur Erdsteuerung mehrere Probleme mit sich:

  • Sie sind sehr teuer, zum Beispiel das Raumfahrtprogramm zur Installation von Spiegeln im Weltall.
  • Sie führen selbst zu erhöhten Treibhausgasemissionen. Das gilt vor allem für Programme, CO2 unterirdisch zu lagern oder Weltraumprogramme durchzuführen.
  • Sie haben Nebenwirkungen, die zumindest schwer abzuschätzen sind, unter Umständen aber schlimmer sein können als die Folgen der globalen Erwärmung allein.

Speziell die Auswirkungen einer Ausbringung von Sulfataerosol wurden kürzlich wieder mit Modellrechnungen näher untersucht (siehe z.B. ein Artikel von Robock et al. 2008 hier). Übrigens findet man auf der Webseite von Prof. Robock eine Reihe interessanter Beiträge zu den Themen Geoengineering oder atomarer Winter. Seine und andere Arbeiten werden derzeit bei Realclimate diskutiert.

Die Auswirkungen der Sulfatinjektionen (immerhin mehrere Millionen Tonnen Schwefel pro Jahr), schaffen erhebliche Probleme. Zum einen führt die Reflektion der kurzwelligen Sonneneinstrahlung bei gleichzeitig bleibend hoher langwelliger Strahlung zu einer Verringerung der Niederschläge und zu größerer Trockenheit – zum Beispiel in Nordafrika in Gegenden, die schon jetzt von Dürreperioden geplagt sind. Zum zweiten bleibt die Abkühlung nur bestehen, so lange der Sulfateintrag andauert. Das Klima wird anfällig gegen Störungen dieses Eintrags und hoch variabel. Die Einbringung so gewaltiger Mengen an Sulfat in die Atmosphäre ist drittens zudem nur mit Raketen oder Flugzeugen zu bewerkstelligen, die den gegenwärtigen CO2-Eintrag des Luftverkehrs vervielfachen würden. Weitere mögliche Folgen sind eine Zerstörung der Ozonschicht und verstärkter saurer Regen, dadurch das Versauern von Seen und Böden, das Absterben von Süßwasserfischen und von Bäumen.


Man fragt sich, warum man jede Pein auf sich nehmen möchte, nur um den offensichtlichen Schritt nicht zu gehen: auf das Verbrennen fossiler Brennstoffe schrittweise zu verzichten durch Energiesparen und höhere Effizienz, durch den Einsatz von regenerativen Energieträgern und Atomkraft.

Sonntag, 10. August 2008

China auf der Kippe?

China ist in besonderer Weise ein Schicksalsland für die globale Umwelt. Das liegt zum einen daran, daß es das bevölkerungsreichste Land der Erde ist, in dem über 20% der Weltbevölkerung wohnen. Es liegt weiterhin an dem Nachholbedarf und unbedingten Aufstiegswillen des Landes, was auch dazu führt, daß China in besonders starkem Maß über die nächsten Jahrzehnte bestimmt, ob Klimaschutzziele erreicht werden können. Es liegt schließlich daran, daß die chinesische Umwelt ganz besonders empfindlich ist – in unserem Modell von robusten/labilen Gesellschaften und stabilen/variablen Abhängigkeiten stellt China eine zugleich labile Gesellschaft dar (bezüglich ökologischer Gefahren wie Wüstenausbreitung und Wassermangel), die auch besonders für Variabilität unter seinen Abhängigkeiten sorgt. Nimmt man die Bevölkerung und den Nachholbedarf bis zur Erreichung des westlichen Wohlstandsniveaus, könnte man Afrika so zählen wie China – ähnliche Bevölkerungsstärke, großer Abstand im Wohlstandsniveau... Aber etwas ist anders: China ist dabei, zum Westen aufzuholen, Afrika nicht. Bei normalen Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes seit Jahren von 10% konzentriert sich der weitere Zuwachs von CO2-Emissionen zunehmend in China. Fatal ist dabei, daß die CO2-Emissionen je Wirtschaftsleistung sehr hoch sind. Es wäre, rein theoretisch, für die Umwelt besser, die Wirtschaft würde entsprechend in Europa wachsen und die erzielten Überschüsse würden China geschenkt. Dies liegt unter anderem daran, daß China in so starkem Maß auf einheimische Braunkohle setzt, die sehr ineffizient gefördert, sehr ineffizient verbrannt wird und die ohnehin je erzeugter Wärmeeinheit relativ viel CO2 erzeugt. Wir müssen darauf hoffen, daß es chinesische Entscheidungsträger für erstrebenswert halten, ihre Kohleverbrennung möglichst schnell durch Wind- und Solarenergie zu ersetzen, außerdem aber Energieverschwendung energisch zu bekämpfen. Eine Hürde dahin sind die künstlich niedrig gehaltenen Energiepreise in China (vor den olympischen Spielen kostete der Liter Benzin ca. 0,66 Euro, die Kilowattstunde Strom ca. 4,5 Cent – alles keine Anreize zum Energiesparen. Hohe Ölpreise helfen zwar dabei, es den chinesischen Behörden auf Dauer zu teuer zu machen, z.B. weiterhin Benzin zu subventionieren. Leider sorgen hohe Ölpreise aber auch dafür, daß China noch mehr auf die besonders schmutzige Verbrennung heimischer Braunkohle setzt. Eine mögliche Lösung ist z.B., daß im Westen alternative Energieträger als prestigeträchtig gelten und sich dieses auch in China herumspricht. Das beste, größte und neueste von etwas zu haben, ist in China ein wichtiger Motivator.

Die Empfindlichkeit Chinas besteht sowohl bezogen auf seine Umwelt als auch seine politischen Verhältnisse. China dürfte zu den Verlierern des Klimawandels gehören, denn bereits heute sind Trockenheit, Bodenversalzung und Verlust des Bodens durch trockene und nasse Erosion überwältigende Probleme. Ohnehin schätzt man laut der Zeitschrift Euro 08/2008 bereits, daß derzeit jährlich 750.000 Chinesen durch Umweltschäden sterben und ca. 8-12 Prozent der Wirtschaftsleistung dadurch verloren gehen (Jared Diamond gibt noch höhere Zahlen für den Verlust an Wirtschaftsleistung an). Der Norden Chinas ist bereits jetzt relativ trocken und Wassermangel in den Flüssen bis hin zur Austrocknung ist schon heute der Grund für gelegentliche Produktionseinschränkungen bei vielen nordchinesischen Fabriken. In China liegen fast alle der schmutzigsten Städte der Welt und die Mehrzahl der Flüsse kann bereits nicht mehr zur Trinkwassergewinnung genutzt werden. China stellt Langfristpläne für Wirtschaftsleistung und Umweltbelastung sowie Energieverbrauch auf. Während die Wirtschaftsleistung etwas schneller wächst als geplant, werden die Ziele zum Energiesparen und Umweltschutz bisher deutlich verfehlt. Natürlich hat dies auch mit der Diktatur in China zu tun: das Regime muß mit populistischen Maßnahmen die Bevölkerung ruhigstellen. So lange die Wirtschaft wächst, hat China überwältigend viele patriotische, zufriedene Bürger, für die Demokratisierung nur ein Randthema ist. Gerader lokaler Umweltschutz ist in diesem Klima der Unterdrückung nicht möglich und womöglich erhält auch die Führung des Landes gar keine ehrlichen Rückmeldungen über die Lage der Umweltprobleme. Gelegentliche Hinweise auf eine Liberalisierung Chinas sind nach Meinung von Chinakennern, wie z.B. James Mann (früher Korrespondent der Los Angeles Times in Peking) reines Wunschdenken von Politikern und investitionsfreudigen Unternehmern.

Wie sieht also die Zukunft des Landes aus? Es ist gut möglich, daß China eines der ersten Länder ist, die durch den Klimawandel ökologisch kippen. Möglicherweise würde ein Verlust der meisten Gletscher im Himalaya die selbstverschuldete Wasserkrise durch die Verschmutzung der Flüsse so verschärfen, daß die Wirtschaftstätigkeit in China aufgrund von Wassermangel eingeschränkt werden müßte. Die wachsende Trockenheit der Böden im Inland und der Bodenverlust durch weiter wachsende Erosion könnte dazu führen, daß die landwirtschaftliche Produktion in China zurückgeht. Auch das würde durch einen Mangel an nutzbarem Flußwasser weiter verschärft werden. Die heimische Produktion an Süßwasserfischen bricht schon jetzt zusammen und auch die Versorgung mit Meeresfischen wird durch die Verschmutzung der Meere und Überfischung gerade vor China bedroht. China wäre so abhängig von Nahrungsmittelimporten, daß die restliche Welt das Land gar nicht mehr versorgen könnte – denn der weltweite Bedarf von Nahrungsmitteln wächst ebenfalls. Zugleich läuft die Zeit auch demographisch gegen China. Durch die Ein-Kind-Politik rechnet man damit, daß schon ab 2015 die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter sinken wird. Nach 2020 könnte Altersarmut zum wichtigsten sozialen Problem in China werden, wo die staatliche Altersvorsorge erst noch aufgebaut werden muß und nur eine Minderheit privat vorsorgen kann. Nach 2020 könnten also mehrere Krisen gleichzeitig China treffen: Wassermangel, Nahrungsmittelmangel, ein Überschuß an Versorgungsempfängern und Altersarmen. Die chinesische Gesellschaft könnte dann ökonomisch zusammenbrechen. Eine Möglichkeit ist dabei, daß China dann agressiv seine Probleme durch die Ausbeutung anderer Staaten in der Welt und durch eine Erpressung der Weltgemeinschaft zu lösen versucht. Solche Krisen werden inzwischen als theoretische Planspiele erörtert (siehe zum Beispiel Welt im Wandel – Sicherheitsrisiko Klimawandel, Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen), und China kommt dabei besonders häufig vor, aber die Politik könnte von dem tatsächlichen Eintreten der Krise trotzdem völlig überrollt werden – wie geht man damit um, wenn eine Volkswirtschaft von 1,3 Milliarden Menschen zusammenbricht? Was hier auf uns zukommt, ist völlig offen.

Freitag, 1. August 2008

Was bedeuten 2 bis 4,5 Grad globaler Temperaturanstieg eigentlich?

Es ist schwer, sich unter dem Temperaturanstieg, den die Modelle für plausible Annahmen für das Ende des Jahrhunderts berechnen, etwas vorzustellen. Global soll die Temperatur um 2 bis 4,5 Grad ansteigen. Was heißt das eigentlich?

Zunächst mal ist dieser Temperaturanstieg die Folge des Anstiegs der Treibhausgase. Diese Treibhausgase behindern die Abstrahlung von Wärme in das Weltall. Dabei erwärmen sich die Landflächen weitaus schneller als die Wasserflächen. Der Grund dafür ist, daß Wasser eine größere Wärmekapazität hat als zum Beispiel das gleiche Volumen an Steinen, Erde und Pflanzen. Außerdem leitet Wasser eine Erwärmung durch die ständige Durchmischung in größere Tiefen ab, während Erde Wärme deutlich schlechter leitet. Auf eine Erwärmung reagiert das Land also schneller und stärker als das Meer. Im Zuge der Klimaerwärmung wird es also an Land zunächst wärmer als auf den Meeren. Sollte es also zum Ende des Jahrhunderts auf der Erde 3 Grad wärmer geworden sein, dann könnten das 2 Grad auf den Meeren sein und 5 Grad auf den Kontinenten. Da die Meere über 2/3 der Erdoberfläche ausmachen, ergibt die Mittelung gerade die 3 Grad für die gesamte Erdoberfläche an Erwärmung.

Diese Erwärmung verteilt sich aber nicht gleichmäßig über die Breitengrade. Zum einen konzentriert sich die Erwärmung auf der Nordhemisphäre, weil hier mehr Landmassen sind. Zum zweiten stellen die Gebiete einen Sonderfall dar, die dauernd oder zeitweilig von Schnee und Eis bedeckt sind. Schnee und Eis reflektieren sichtbares Licht viel besser als Wasser, Pflanzen und Erde. Eine geringfügige Erwärmung verkürzt die Zeit, in der Schnee und Eis Sonnenlicht gut reflektieren und so diese Region kühlen. Dadurch erwärmen sich alle die Gebiete wesentlich stärker als der Durchschnitt, in denen zumindest zeitweilig Schnee und Eis liegen. In den arktischen Regionen (Sibirien, Kanada, Skandinavien, Grönland) können die Temperaturänderungen das globale Mittel leicht um einen Faktor 3 oder 4 übertreffen. Aus 3 Grad für den globalen Mittel werden damit also 9 bis 12 Grad nördlich des Polarkreises und teilweise noch südlich davon. Auch in Ländern wie Deutschland können aus 3 Grad Temperaturänderung im globalen Mittel und 5 Grad im kontinentalen Mittel durch die Lage in gemäßigten Breiten eher 6 Grad Temperaturänderung werden. Allerdings sind solche Aussagen für einzelne Länder extrem unsicher, weil hier viele andere Effekte hereinspielen können. Z.B. kann die Abschwächung der nordatlantischen Strömung teilweise die globale Erwärmung für Teile Europas kompensieren.

Während also eine globale Erwärmung von 3 Grad Celsius sich vielleicht nicht so dramatisch anhört, beeindruckt es uns schon mehr, daß sich das in 5 Grad Celsius Erwärmung auf den Kontinenten und bis über 10 Grad Erwärmung in den Gebieten am und nördlich des Nordpolarkreises übersetzt. Doch damit haben wir immer noch kein realistisches Bild davon, was 3 Grad globale Erwärmung eigentlich bedeuten. Was es wirklich bedeutet, erfordert einen Blick auf die Extremwertstatistik der Temperatur. Ich will dabei nicht tief in die Mathematik einsteigen. Nehmen wir mal an, daß die mittleren Temperaturen an einzelnen Tag normalverteilt um das Jahresmittel der Temperatur sind. In Wahrheit ist die Verteilung schief und steiler, aber um das Prinzip zu verdeutlichen, ist die Näherung unschädlich. Ich möchte nun wissen, wie wahrscheinlich es ist, daß Tage mit extremer Hitze auftreten. Den Mittelwert nehme ich mit 10 Grad an, die Standardabweichung sei ebenfalls 10 Grad. Dann kann ich leicht ausrechnen, daß etwa 8% aller Tage Temperaturen über 24 Grad erreichen und 2,3 % der Tage Temperaturen über 30 Grad. Also 8,3 Tage im Jahr wären dann Tage mit extremer Hitze über 30 Grad. Ändere ich nun den Mittelwert nur um 3 Grad, das sind 1% der absoluten Temperatur, ändere ich die Zahl extrem heißer Tage mit Tagestemperaturen über 30 Grad um fast 100% - sie steigt auf 16,3 Tage. Die Zahl der Tage mit über 24 Grad Tagestemperatur steigt weniger stark um 67% von 29,5 auf 49,5 Tage. Obwohl ich also hier nichts als die Verteilung der Tagestemperaturen um ihren Mittelwert hineingesteckt habe, sehe ich sofort, daß eine Erhöhung der mittleren Temperatur vor allem den Anteil sehr heißer Tage steigert und die Dauer von Hitzewellen verlängert. Gerade solche Hitzewellen machen sich dann aber durch Ernteausfälle, steigende Sterberaten empfindlicher Menschen, Energieengpässe (Kraftwerke müssen abgeschaltet werden, weil kein Kühlwasser mehr verfügbar ist) und erhöhte Waldbrandgefahr bemerkbar. Also: 3 Grad mehr mittlere Temperatur werden zu 5 Grad mehr auf den Kontinenten und zu einer Steigerung der Wahrscheinlichkeit und Dauer extremer Hitzewellen um ein Vielfaches.

Das ist die Situation bei den Temperaturen. Wie sieht es mit den Niederschlägen aus?

Erwärmte Luft kann erheblich mehr Wasser aufnehmen. Die Menge an Wasser in der Luft (z.B. in Gramm Wasser je Kubikmeter Luft) ist die absolute Luftfeuchtigkeit. Die Menge an Wasser in der Luft relativ zu der größtmöglichen Menge an Wasser, die die Luft aufnehmen kann, ist die relative Luftfeuchtigkeit. Grob gerechnet steigt bei einer Temperaturänderung um 5 Grad die maximal mögliche absolute Luftfeuchtigkeit um etwa ein Drittel. (Es gibt verschiedene Seiten im Web, wo eine Umrechnung von relativer und absoluter Feuchte nach der Magnus-Formel angeboten wird.) Bei einem Anstieg der Lufttemperatur im Mittel um 5 Grad über den Kontinenten kann also die Wasserbeladung der Luft um ca. ein Drittel ansteigen. Für extreme Niederschläge gilt natürlich das gleiche wie schon oben für extreme Temperaturen geschriebene. Die Wahrscheinlichkeit für sie steigt gleich um ein Vielfaches und damit die Wahrscheinlichkeit von Überschwemmungen und Ernteverlusten. Aber steigt die Beladung der Luft mit Wasser tatsächlich, wenn die Temperatur steigt oder sinkt dann nicht einfach die relative Luftfeuchtigkeit?

Ist die relative Luftfeuchtigkeit größer als 100%, gibt die Luft Wasser ab, z.B. als Tau, Regen oder Schnee. Ist die relative Luftfeuchtigkeit niedriger als 100 %, nimmt die Luft, wo immer möglich, durch Verdunstung aus der Erde, von Pflanzen und aus Wasserflächen Wasser auf. Dadurch neigt die Atmosphäre tendenziell dazu, eine langfristig wenig veränderliche relative Luftfeuchtigkeit einzustellen – kurzfristig kann natürlich die Feuchtebladung der Temperaturänderung nicht folgen. Vor allem im Tagesverlauf ändert sich daher die relative Luftfeuchtigkeit deutlich – in der Mittagshitze ist die Luft trocken, am frühen Morgen hingegen setzt sich die überschüssige Luftfeuchtigkeit als Tau ab. Die absolute Luftfeuchtigkeit wird daher ansteigen, wenn die Temperatur steigt. Die Folge ist, daß es mehr Niederschläge gibt, wenn die Temperatur steigt. Mehr Niederschläge bedeuten aber nicht automatisch, daß auch die Erde feuchter wird, denn bei höheren Temperaturen verdunstet die Erde auch viel schneller das enthaltene Wasser. Wenn die Niederschläge von der Erde schlecht gespeichert werden, wie zum Beispiel bei Ackerland, das oft eine dünne und manchmal (nach der Erde bis zum nächsten Frühjahr) keine Pflanzendecke trägt, ist es wahrscheinlich, daß erhöhte Niederschläge schnell abfließen, ohne die durchschnittliche Wassermenge im Boden nachhaltig zu erhöhen. Die angestiegene Temperatur sorgt aber permanent für eine erhöhte Verdunstung. Insgesamt wird die Erde trockener. Teile des Ackerlandes müssen nun bewässert werden oder werden gänzlich ungeeignet für die Landwirtschaft. Man kann dabei sogar beides haben – zeitweilig Überschwemmungen und trotzdem im Schnitt einen trockeneren Boden.

Fazit: Eine Änderung der Temperatur um 3 Grad im Mittel ist bereits eine gewaltige Änderung, denn sie übersetzt sich in eine Steigerung extrem heißer Tage, Ausweitung von Dürre und von Überschwemmungen bedrohter Flächen um ein Vielfaches aufgrund der Statistik für extreme Werte und aufgrund der Verstärkung mittlere globaler Temperaturänderungen über den Kontinenten und speziell in den weiter nördlich gelegenen Breiten.