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Dienstag, 6. Juli 2010

Bestätigung der Klimaforscher - warum es nie genug sein wird

Vor 12 Jahren (Mann, M.E., R.S. Bradley, and M.K. Hughes, Global-scale temperature patterns and climate forcing over the past six centuries, Nature, 392, 779-787, 1998.) publizierten Michael Mann und seine Kollegen eine Temperaturrekonstruktion für die Nordhemisphäre und den gesamten Globus, bei der im wesentlichen festgestellt wurde:
  • es gibt inzwischen eine Reihe geeigneter Temperaturproxizeitreihen, aus denen sich eine Temperaturrekonstruktion für die letzten bis zu 1000 Jahre zumindest für die Nordhemisphäre herstellen läßt,
  • die Warmperiode im Mittelalter, die für Europa eine durchaus spürbare Erwärmung darstellte, war global ein untergeordnetes Ereignis, denn die Warmzeiten in jenem Zeitraum traten je nach Region der Erde zu unterschiedlichen Zeiten auf,
  • In den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts lag die Temperatur signifikant über allen vergleichbaren Zeiträumen der Temperaturrekonstruktion - wahrscheinlich war es also derzeit wärmer als je zuvor in den letzten 1000 Jahren und global auch wärmer als in der Warmzeit des Mittelalters.
Aus dieser Arbeit konnte man daher folgern, daß die Menschheit mit einer weiteren Klimaänderung den Bereich verlassen würde, den wir aus historischer Zeit kennen. Zudem hat die aktuelle Geschwindigkeit der Klimaänderungen keinen Präzedenzfall aus historischer Zeit. Und schließlich macht es die Temperaturrekonstruktion auch wahrscheinlich, daß die Klimasensitivität nicht all zu hoch ist, und der Bereich von ca. 2 bis 4,5 Grad je Verdopplung des CO2-Äquivalents ganz vernünftig ist.

Sonntag, 4. Oktober 2009

Warum sollte man fehlerhafte Daten aussortieren?

Steve McIntyre ist ein Statistiker, der dadurch berühmt (oder berüchtigt) wurde, daß er zusammen mit dem Geologen McKitrick öffentlichkeitswirksam über Details in einer wissenschaftlichen Arbeit von Michael Mann und seinen Kollegen gemeckert hat – ich kann es leider nicht schmeichelhafter ausdrücken. Michael Mann und seine Kollegen hatten zu einem frühen Zeitpunkt das Risiko gewagt, Aussagen zur Entwicklung der Temperaturen in den vergangenen 1000 Jahren zu machen (Mann, M.E., R.S. Bradley, and M.K. Hughes. 1998. Global-scale temperature patterns and climate forcing over the past 6 six centuries. Nature 392:779-787.). Bis dahin wußte man nichts bestimmtes über die Entwicklung globaler Temperaturen, denn es gibt ja erst seit kaum 400 Jahren, und dann auch nur für Europa, Thermometermessungen der Temperatur. Es gibt zwar indirekte Hinweise darauf, daß in Europa das Mittelalter eher warm war und die Neuzeit, insbesondere das 18. und 19. Jahrhundert, eher kühl, aber daraus kann man nicht ableiten, um wieviel warm oder kühl es war im Vergleich zu heute, oder in wie weit das eine Aussage zu globalen Temperaturen ist. Mann et al. haben 1998 daher zum ersten Mal eine halbwegs belastbare Temperaturrekonstruktion aus verschiedenen Quellen zusammengestellt, die es ihnen ermöglichte zu sagen, daß die Erwärmung im Mittelalter zwar global war, aber nicht besonders ausgeprägt relativ zur globalen Erwärmung der letzten Jahrzehnte. Sie lehnten sich insbesondere damit weit aus dem Fenster, daß sie behaupteten, daß die 90er Jahre sehr wahrscheinlich das wärmste Jahrzehnt der letzten 1000 Jahre waren. Damals war das eine ziemlich weit gehende Interpretation der Daten, aber es war eben der erste Versuch, eine quantitative Temperaturrekontruktion für die Welt so weit in die Vergangenheit zurück zu machen. Selbst wenn Teile der Daten sich hinterher als fehlerhaft herausgestellt hätten, wäre die Arbeit alleine schon für ihren Pioniercharakter und die Diskussion neuer Methoden in diesem Bereich bemerkenswert gewesen, und auf jeden Fall hatten wir damit zum ersten Mal eine Quantifizierung der globalen Temperatur bis zur Zeit des Mittelalters.


Um den Kontext herzustellen: seitdem haben andere Gruppen, mit teilweise oder gänzlich anderen Wissenschaftlern, teilweise mit den gleichen, teilweise aber auch mit ganz anderen Paläodaten und mit gleicher oder anderer Methodik, die gleichen Ergebnisse erzielt: die warme Zeit des Mittelalters war vielleicht eine globale warme Phase im 13./14. Jahrhundert, aber dieses Temperaturmaximum war nicht so ausgeprägt wie die Temperaturentwicklung bis zu den 90er Jahren. Die Arbeit von Mann et al 1998 selbst wurde von Wahl und Amann 2006 reproduziert. Die National Academy of Sciences hat 2006 wichtige Aussagen von Mann et al. 1998 bestätigen können, allerdings darauf hingewiesen, daß Aussagen zu einzelnen Jahren oder Jahrzehnten nur mit begrenzter Wahrscheinlichkeit gemacht werden können, wenn man alle Unsicherheiten berücksichtigt. Mann et al 2008 haben dann erneut eine globale Temperaturrekonstruktion erstellt und dabei auch gezeigt, daß auch ohne die von einigen angezweifelten Baumringdaten der gleiche Temperaturverlauf herauskommt. Selbst wenn in der Arbeit von 1998 kleine Fehler gewesen sein sollten, wäre die Hauptaussage trotzdem inzwischen so gut bestätigt, wie man es sich für viele wissenschaftliche Arbeiten nur wünschen könnte. Ein globaler Temperaturverlauf, aus dem der aktuelle Temperaturanstieg deutlich herausragt, ist von verschiedenster Seite aufgrund der verschiedensten Daten hervorragend bestätigt.
Und, das ist alles trotzdem Schnee von gestern, weil das aktuelle Jahrzehnt fast 0,2 Grad wärmer ist als die 90er Jahre. Selbst wenn im Mittelalter ein Jahrzehnt global doch so warm gewesen sein sollte, wie die 90er Jahre, was man im Rahmen der Fehlerbalken von Mann et al 1998 ja nicht völlig ausschließen konnte, ist das laufende Jahrzehnt definitiv wärmer als es je in 1000 Jahren in einem Jahrzehnt war. Inzwischen muß man sagen, als es in 2000 Jahren in einem Jahrzehnt war. Kommentare dazu habe ich bereits hier und hier geschrieben.

Das ist erst mal der Hintergrund für das, was man getrost „Meckern“ nennen kann. McIntyre und McKitrick hatten eine Arbeit herausgebracht (McIntyre, S., and R. McKitrick, 2005: Hockey sticks, principalcomponents, and spurious significance. Geophys. Res. Lett., 32(3),L03710, doi:10.1029/2004GL021750.), in der sie behaupteten, die Ergebnisse von Mann et al. wären teilweise falsch. Auf der Basis dieser Behauptung läuft unter Leugnern die Meinung um, die Temperaturrekonstruktion von Mann et al 1998 wäre widerlegt worden, daher sei es im Mittelalter wärmer gewesen als heute und daher wäre die globale Erwärmung gar kein Problem. Teilweise stimmt schon die logische Kette nicht – selbst wenn Mann et al. 1998 völlig daneben gelegen hätte, wäre die globale Erwärmung trotzdem ein Problem. Und wenn es im Mittelalter wärmer gewesen wäre als heute, würde das nur heißen, daß die Klimasensitivität größer ist als in Modellen unterstellt, und daß daher steigende Treibhausgasmischungsverhältnisse das Klima stärker ändern würden als alle Modelle zeigen. Aber davon abgesehen hatten auch McIntyre und McKittrick keineswegs die Arbeit von Mann et al widerlegt, sondern nur Detailfehler aufgezeigt, die an der Grundaussage nichts ändern. Sie hatten gezeigt, daß die Dokumentation der verwendeten Daten nicht vollständig war. Andere Behauptungen hielten der Kritik nicht stand. Wahl und Amann etwa widerlegten, daß die Methode von Mann et al nicht reproduzierbare Ergebnisse lieferten. Es wurde auch widerlegt, daß die Methode von Mann et al eine Hockeyschlägerform der Temperaturrekonstruktion erzwinge. Es konnte gezeigt werden, daß McIntyre und McKittrick selbst die Hauptkomponentenanalyse, die Mann et al zur Datenkomprimierung genutzt hatten, fehlerhaft durchgeführt und interpretiert hatten.
Aber wegen des einen Moments des Ruhms, als der mittelmäßige McIntyre an Details einer bahnbrechenden Arbeit gemäkelt hatte und dafür Applaus aus dem politischen Lager der Leugner bekam, beschäftigt sich der Mann nun schon seit Jahren mit nichts anderem als dem Meckern an den Arbeiten anderer Leute ohne selbst je etwas von wissenschaftlichem Wert beizutragen. Vergleichbar mit einem Literaturkritiker, der es selbst nie geschafft hat, ein Buch zu schrieben und deshalb mit besonderer Lust Werke verreißt, in denen er Druckfehler feststellt. Das macht er auch, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht über wissenschaftliche Publikationen, sondern in seinem Blog CimateAudit. Es ist absehbar, daß niemand besondere Lust hat, seinen selten besonders höflich geäußertern Aufforderungen nachzukommen, sämtliche Daten, Programme usw. an ihn herauszugeben, die für eine bestimmte Publikation benutzt wurden, damit McIntyre nun beharrlich suchen kann, ob es darin vielleicht wieder etwas gibt, über das man Meckern kann. McIntyre nennt seine Tätigkeit „Audit“ mit der unausgesprochenen Unterstellung, die von ihm ausgeguckten Wissenschaftler würden schlampig oder unfähig arbeiten, und müßten auf alles, was nach seiner Meinung ein Fehler sei, damit reagieren, ihre ganze Tätigkeit der Vergangenheit neu zu überarbeiten. Mit Verlaub, so funktioniert das nicht. Geschweige denn, daß McIntyre je bereit gewesen wäre, mal so auf die Fehler zu reagieren, die ihm nachgewiesen wurden.

Kürzlich gab es beim Erzeugen von Stürmen in Wassergläsern bei McIntyre eine neue Steigerung. Unter den vielen Daten, mit denen man Temperaturrekonstruktionen erstellen kann, gibt es auch Daten von Baumringen. Das Wachstum von Bäumen kann schneller oder langsamer sein in Reaktion auf Umweltbedingungen, was man an der Dicke der Baumringe erkennen kann. Umweltbedingungen können sein: wie warm ist es in der Wachstumszeit; wie feucht ist es in der Wachstumszeit; wie ist das Nährstoffangebot; wie stark setzen Schädlinge dem Baum zu... Will man aus Baumringen Rückschlüsse darauf ziehen, welche Temperatur vor Ort vorherrschte, muß man logischerweise eine Auswahl von den Bäumen treffen, bei denen vor allem die Temperatur das Wachstum beeinflußte, weil z.B. Wasser und Nährstoffe jederzeit ausreichend zur Verfügung standen. Aus vielen Baumringdaten, die an verschiedenen Orten der Erde gesammelt wurden, wird man also eine Auswahl treffen.

Ich denke, daß McIntyre das wissen muß. Deshalb ist es wenig glaubwürdig, wenn er nun Rohdaten aus Sibirien findet und dann feststellt, daß man aus diesen Daten einen Satz konstruieren kann, der einen anderen zeitlichen Verlauf der Dicke der Baumringe zeigt als die Daten, die von Briffa und anderen (die auch mit Michael Mann zusammengearbeitet haben) für Temperaturrekonstruktionen verwendet wurden. Das ist so eine Meldung wie „Ein Sack Reis in China ist umgefallen“. Infam ist aber, daß McIntyre nun diese Daten nimmt, die nicht mit der Temperatur korrelieren, daraus einen synthetischen Temperaturverlauf erzeugt, der anzeigt, daß die Temperaturen seit dem 2. Weltkrieg gefallen seien, was, wie wir aus Messungen wissen, ja falsch ist und dann dies auf seinem Blog so präsentiert, daß jeder Leser den Eindruck erhält, Briffa und seine Kollegen hätten Baumringdaten danach ausgewählt, daß sie zu ihrer vorgefaßten These von einer Hockeyschlägerform paßten, also unrepräsentative Daten genommen und somit ihre Ergebnisse gefälscht. Da wird etwas so präsentiert, daß suggeriert wird, hier wäre gelogen worden. Nach 254 Blogkommentaren stellt McIntyre dies halbherzig im Nebensatz scheinbar richtig, indem er meint, Briffa hätte nicht grob Daten nach Gusto selektiert („cherry picked“). Statt grob also subtil? Oder was? Briffa hat natürlich selektiert bzw. eine Selektion der russischen Kollegen übernommen. Nämlich die Baumringdaten ausgewählt, die eine Korrelation mit der Temperatur zeigen. Welche denn sonst? Und McIntyre hat eine Datenauswahl dargestellt, die genau zeigt, warum man sie verwerfen sollte – weil sie einen anderen Temperaturverlauf zeigt, als wir gemessen haben!

Es sind solche Darbietungen, die erhellen, warum McIntyre ein getreuer Ritter der Leugnerszene ist – er selbst macht seine „Audits“, in denen er eine Kulisse angeblicher Datenfälschung aufbaut, und läßt dann die Kommentatoren seines Blogs die Schmutzarbeit tun, die er vermeidet, um den seriösen Wissenschaftler zu geben. Seine Kommentatoren formulieren dann nämlich das aus, was McIntyre nur suggeriert: die Wissenschaftler, die die globale Erwärmung nachweisen, würden dies nur auf der Basis falscher Daten tun, und wenn man diese Fälschungen wegnimmt, gäbe es keine globale Erwärmung durch Treibhausgase. McIntyre weiß, daß dies falsch ist – es gibt Kommentare dazu von ihm – aber hier geht es auch nicht um wissenschaftliche Wahrhaftigkeit, sondern – für McIntyre – um Politik.

Also: McIntyre zeigt, warum die von Briffa nicht verwendeten Daten nicht verwendbar waren. Und tut dann so, als hätte er ihn überführt. Und der Teil der Presse, der politisch entsprechend aufgestellt ist, macht daraus die Meldung, die Hockeyschlägerform des Temperaturverlaufs, wie von Mann et al. 1998 erstmals festgestellt und seitdem dutzende Male mit zum Teil anderer Methode oder Daten bestätigt, sei widerlegt. Falsch. Widerlegt wurde nur, daß McIntyre irgendetwas macht, was mit seriöser Wissenschaft zu tun hätte.

Eine schon fast sarkastische Reaktion gibt RealClimate. Lesen sollte man dazu Deltoid. Und die dort jeweils angegebenen Links.

Ergänzung: Hier noch mehr zu dem Thema, wie jemand wie McIntyre sagt, daß jemand wie Briffa nicht Daten verfälschend selektiert hat, indem er wiederholt genau unterstellt, daß er Daten verfälschend selektiert hat ("cherry picked") und weitere Details.

Dienstag, 13. Januar 2009

Ein Blick in neue Veröffentlichungen - was treibt die Temperaturen?

Es erscheint in den Fachzeitschriften so viel zum Thema Klimawandel, daß es schwer ist, auf dem aktuellen Stand zu bleiben oder gar, die interessanten Artikel zu kommentieren. Bei mir fallen regelmäßig angefangene Texte unter den Tisch, weil ich die Zeit nicht finde, das hier in den Blog zu hacken. Und eigentlich schade, daß mir auch meistens die Zeit fehlt, schöne Bilder einzubinden, ohne dabei Urheberrechte zu verletzten. Also mache ich heute einen etwas unsortierten Rundgang durch ein paar Fachartikel der jüngeren Zeit.

Zuvor hatte ich schon darauf hingewiesen, daß die Variabilität der globalen Temperaturzeitreihe in einer statistischen Untersuchung (Zorita, E., T. F. Stocker, and H. von Storch (2008), How unusual is the recent series of warm years?, Geophys. Res. Lett., 35, L24706, doi:10.1029/2008GL036228) auf ihre Wahrscheinlichkeit überprüft wurde, Produkt interner Variabilität zu sein. Die Antwort war, das ist extrem unwahrscheinlich. Zufälligerweise gab es ebenfalls in den Geophysical Research Letters, einer Fachzeitschrift, in der man relativ schnell knappe Artikel unterbringen kann und die ein recht hohes Ansehen hat, auch einen Artikel dazu, was denn nun die globalen Temperaturen antreibt. Um genau zu sein, es ging darum, was eigentlich der Antrieb für die mittleren Temperaturen an Land seit 1880 war. Auf der einen Seite könnten externe Antriebe die Zeitreihe bestimmt haben, wie etwa der Treibhauseffekt von Menschen produzierter Gase oder solare Einstrahlungsänderungen, auf der anderen Seite könnten aber auch interne Antriebe wichtig gewesen sein, wie etwa Änderungen der Meeresströmungen, die vielleicht unregelmäßig aber nach bestimmten Mustern wie El Nino erfolgen.

Hoerling, Kumar, Eischeid und Jha haben sich im Artikel: What is causing the variability in global mean land temperature?, dieser Frage angenommen (Hoerling, M., A. Kumar, J. Eischeid, and B. Jha (2008), What is causing the variability in global mean land temperature?, Geophys. Res. Lett., 35, L23712, doi:10.1029/2008GL035984.) Dabei verglichen sie die Temperaturdaten von NOAA, NASA-GISS und dem Hadley Centre mit Rechnungen mit verschiedenen Modellen.
Dabei wurde festgestellt, daß Änderungen der Oberflächentemperaturen der Ozeane zu 76% Antrieb für die Landtemperaturen sind. Die Meere wiederum reagieren meist auf externe Antriebe (Korrelation 88%): Treibhausgase und Aerosol, Vulkanausbrüche und solare Strahlungsänderungen, wobei von 1880 bis ca. 1900 und etwas darüber hinaus eine Serie von Vulkanausbrüchen dominierende Ursache für Variationen waren (hier eine Abkühlung) und nach 1950 die Treibhausgase bestimmende Größe waren. Die Erwärmung um 1940 wird hingegen auf die interne Variabilität der Kopplung von Meeres- und Landtemperaturen zurückgeführt und scheint weniger extern angetrieben zu sein. Ein anderer Ansatz gegenüber Zorita et al. (2008), aber trotzdem eine ähnliche Antwort. Beide Artikel bestätigen erneut Grundaussagen der IPCC-Berichte.

Daß eine Reihe von Vulkanausbrüchen für die recht kühlen Temperaturen im 19. Jahrhundert gesorgt haben könnte, ist nicht unbedingt neu. Interessanterweise gibt es aber gerade derzeit weitere Untersuchungen, die sich tiefer mit dem Klimaeffekt von Vulkanen beschäftigen. In
Nature Geoscience 2, 51 - 56 (2009) schreiben Rosanne D'Arrigo, Rob Wilson und Alexander Tudhope über "The impact of volcanic forcing on tropical temperatures during the past four centuries" Die Autoren interessierten sich also vor allem dafür, was Vulkanausbrüche in tropischen Breiten bewirkten. Dafür hatten sie keine direkten Temperaturmessungen zur Verfügung, sondern mußten auf Proxydaten zurückgreifen, wie etwa Baumringe, Eiskernohrungen oder das Korallenwachstum, um die Temperaturen der letzten 400 Jahre zu rekonstruieren. Unter anderem fanden sie erneut bestätigt, daß vor allem im frühen 19. Jahrhundert Vulkanausbrüche, wie der Tambora, aber auch bisher unidentifizierte Vulkane, für deutliche Abkühlungsperioden gesorgt hatten.

Eine andere Gruppe ging gleich 1500 Jahre zurück, um Vulkanausbrüche zu untersuchen. Die Arbeit ist von Gao, C., A. Robock, and C. Ammann (2008), Volcanic forcing of climate over the past 1500 years: An improved ice core-based index for climate models, J. Geophys. Res., 113, D23111, doi:10.1029/2008JD010239. Der Vorzug dieser Arbeit ist, wie die Autoren herausstellen, daß sie mit 54 Eiskernbohrungen aus der Antarktis und Grönland eine besonders hohe Datendichte erzielen, die ihnen relativ genaue Aussagen zu der Temperaturentwicklung erlauben. Natürlich folgt ihr Temepraturproxy recht gut der bekannten Hockeyschlägerkurve, die verschiedene Forschergruppen für die Temperaturentwicklung der letzten 1000 oder 2000 Jahre gefunden hatten. Die Analyse der Sulfatablagerungen erlaubte dann eine gute Zuordnung von Vulkanausbrüchen in Raum und Zeit, ein Datensatz, der damit der Forschung für weitere Arbeiten zur Verfügung steht, insbesondere um Modellläufe für die vergangenen Jahrhunderte durchzuführen, um ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und die vergangene Klimaentwicklung zu untersuchen. In einem Diagramm, das im Artikel abgebildet ist, und das ich aus urheberrechtlichen Gründen nicht einfach kopieren kann, fällt vor allem auf, daß einzelne besonders starke Abkühlungsereignisse in der Vergangenheit, z.B. im 13. Jahrhundert, in den Temepraturproxys anderer Gruppen nicht auftauchen. Möglicherweise liegt es an der zu geringen Zahl vorhandener Proxydaten, daß nicht alle starken Vulkanausbrüche in den Temperaturproxydaten wiedergefunden werden. Sicherlich Stoff, um weiter darüber nachzudenken.

Bevor ich Schluß mache, noch etwas zum Thema Modellunsicherheit. Die verschiedenen globalen Transportmodelle oder gekoppelten Ozean-Atmosphärenmodelle zeigen Abweichungen zwischen ihren Ergebnissen und ihrer Sensitivität bezüglich einer Änderung der Treibhausgaskonzentrationen. Der unsichere Parameter, der das bewirkt, ist wohl die Behandlung der Aerosole. Aber was genau ist es? Aerosol kann als Kondensationskerne für Wassertröpfchen bzw. Wolkentröpfchen dienen. Und das Verhältnis zwischen Aerosolmasse und der Zahl der dadurch erzeugten Tröpfchen ist anscheinend der eigentliche Parameter, der im wesentlichen die Unterschiede zwischen den Antrieben der Modelle im kurzwelligen Bereich (also salopp die solare Einstrahlung) erzeugt. Wenn so genau der Finger in die Wunde gelegt wird, sollte es doch hoffentlich möglich sein, daß die Modeller hier ihre Parametrisierungen verbessern, denn es ist ein betrüblicher Zustand, daß nach wie vor die Antwort auf die Frage, welche Temperatursteigerung denn eine Verdopplung von CO2-Konzentrationen bewirkt, die Antwort ist: so etwa 1,5 bis 4,5 Grad, vielleicht auch mehr, mit dem wahrscheinlichsten Wert um 3 Grad. Und das schon seit 20 Jahren, obwohl wir inzwischen 3 Modellgenerationen weiter sind. (Siehe Storelvmo, T., U. Lohmann, and R. Bennartz (2009), What governs the spread in shortwave forcings in the transient IPCC AR4 models?, Geophys. Res. Lett., 36, L01806, doi:10.1029/2008GL036069.)

In allen Fällen sind Links auf die Artikel für die meisten Leser weniger hilfreich, weil in allen Fällen dahinter kostenpflichtige Zugänge stehen. Aber mit ein bißchen Suchen findet sich früher oder später auf einer Seite einer der Autoren der Artikel gratis. Wenn mir so etwas auffällt, trage ich den Link nach.

Donnerstag, 4. September 2008

Hockeyschlägerkurve erneut bestätigt und was das bedeutet

Temperaturrekonstruktionen geben einen Eindruck davon, wie sich die Temperatur global und in bestimmten Regionen in der Vergangenheit entwickelt hatte. Der wesentliche Zweck dieser Rekonstruktionen ist es, zu verstehen, wie sich das Klima abhängig von verschiedenen Einflußgrößen wandeln kann und wie variabel es ist. Hat es früher starke Veränderungen gezeigt, müssen wir befürchten, daß es auch auf den CO2-Konzentrationsanstieg stark reagiert. In Verbindung mit Informationen über andere Einflüsse, zum Beispiel Vulkanausbrüche oder Änderungen der Sonneneinstrahlung kann man daraus ableiten, wie das Klima auf diese Veränderungen reagiert. Außerdem kann man darüber auch Modelle validieren, Schwächen aufzeigen und Klimamodelle verbessern.
Deshalb war die frühe Temperaturrekonstruktion von Mann, M.E., R.S. Bradley, and M.K. Hughes. 1998. Global-scale temperature patterns and climate forcing over the past 6 six centuries. Nature 392:779-787. so wichtig, da hier erstmals in diesem Umfang eine Temperaturrekonstruktion vorgelegt wurde.

Was eine solche Temperaturrekonstruktion ausdrücklich nicht kann und nicht soll, ist irgendeinen Beweis dafür zu erbringen, was die Ursachen für den Temperaturanstieg seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind. Eine Korrelation zwischen CO2-Anstieg und Temperaturanstieg war nie ein Argument in der Klimadebatte. Menschen, die die Klimaforschung nicht verstehen, unterstellen dies aber und haben daher den falschen Eindruck, die Tatsache, daß die Temperaturentwicklung in den letzten 1000 und sogar fast 2000 Jahren vor unserer Zeit nie einen solchen Temperaturanstieg zeigte wie in den letzten 100 Jahren, wäre der Beleg dafür, daß Menschen über Treibhausgase das Klima ändern. Nein, wenn man soviel CO2 in die Luft bläst (und andere Treibhausgase), wie es seit über 100 Jahren nun der Fall war, dann ist ein erhöhter Strahlungsantrieb und damit ein Temperaturanstieg zwingend. Um das zu beweisen, benötigt man keine Temperaturrekonstruktionen und keine CO2-T-Korrelationen.

Durch diesen falschen Eindruck der Aufgabe von Temperaturrekonstruktionen kam es dazu, daß die Hockeyschlägerkurve von Mann et al. so stark angegriffen wurde, wie kaum ein anderer Beitrag zur Klimaforschung. Man könnte darüber reden, welche Fehler bei dieser immerhin frühen und ambitionierten Arbeit gemacht wurden und wie signifikant sie sind. Das ist aber eine Expertendiskussion, die man sich mit einer sehr einfachen Betrachtung ersparen kann. Kommen andere Gruppen mit anderen Daten und anderen Methoden prinzipiell zum gleichen Ergebnis wie Mann et al. 1998 ? Ja. Ich hatte darüber bereits an dieser Stelle berichtet. Man kann sich bei dem vierten Bericht des IPCC von 2007 die Temperaturrekonstruktionen anschauen und sieht, daß man auf den ersten Blick Mann et al. 1998 von anderen Temperaturkurven nicht unterscheiden kann. Man kann auch einen unabhängigen Bericht des National Research Council in den USA von 2006 anschauen (Surface Temperature Reconstructions for the Last 2,000 Years), der ebenfalls zwar einige Probleme anmerkte, aber im Grundsatz auch zum gleichen Resultat kam.

Und man kann sich nun die Ergebnisse der neuesten Temperaturrekonstruktion in den Proceedings of the National Academy of Sciences (Proxy-based reconstructions of hemispheric and global surface temperature variations over the past two millennia, Mann et al. 2008) bei Real Climate hier anschauen (siehe auch den Kommentar von Joe Romm hier), bei der man viermal so viele Datensätze zur Verfügung hatte, bei der man auch Rekonstruktionen zeigt, die nicht auf Hauptkomponentenanalysen und nicht auf Baumringdaten basieren (die beiden beliebtesten Einwände gegen Mann et al.) und man sieht: die grundsätzliche Aussage von Mann et al. ist robust gegen Datenquellen und Methodik der Auswertung von Proxydaten. Egal wie man die Daten behandelt und welche Daten man nimmt, das Mittelalteroptimum war vielleicht so warm wie die Mitte des 20. Jahrhunderts, aber seitdem ist es ca. 0,5 Grad wärmer auf der Erde geworden. Damit haben wir das schmale Band klimatischer Verhältnisse verlassen, in dem sich menschliche Zivilisationen entwickelten und die Menschen die heutige Bevölkerungsdichte aufbauten, worauf Joe Romm gerne hinweist. Das Unbehagliche an dieser Betrachtung ist, daß wir ja den größeren Teil der globalen Erwärmung nach allen Prognosen noch vor uns haben.
Die neue Arbeit von Mann et al 2008 hat den Vorzug, daß nun zum einen die Datenabdeckung auf der Südhemisphäre besser ist und besser abgeschätzt werden kann, wie stark das Mittelalteroptimum auf der Südhemisphäre war (nämlich merklich schwächer ausgeprägt als in unseren Breiten), zum anderen werden zeitliche Strukturen deutlicher, aus denen man schließen kann, daß das Klima empfindlicher reagiert als es in früheren Arbeiten erkennbar war. Es könnte ein weiterer Hinweis darauf sein, daß die gegenwärtig angenommene Klimasensitivität von 3 Grad je Verdopplung der CO2-Konzentration eher den Treibhauseffekt unterschätzt als überschätzt.


Falls jemand meint, hier würde nur einer von vielen natürlichen Temperaturzyklen abgearbeitet, dem sei noch ein Blick hierher anzuraten. Der gegenwärtige Temperaturanstieg beginnt nicht etwa am Ende einer Kaltzeit, sondern startet von einer relativen Warmzeit. Zudem ist der Temperaturanstieg 3 bis 10 mal schneller als bei den starken Temperaturänderungen zwischen Eiszeiten und Zwischeneiszeiten in der Vergangenheit. Am Ende der Entwicklung der Gegenwart stehen globale Temperaturen, bei denen sich die Dinosaurier auf der Erde wohl fühlten. Unsere Spezies entwickelte sich bei kühlerem Klima und an dieses ist unsere gegenwärtige globale Landnutzung angepaßt.

Mittwoch, 12. März 2008

Sind die gegenwärtigen globalen Temperaturen ungewöhnlich?

In den vergangenen Jahrzehnten ist die mittlere globale Temperatur am Boden relativ rasch angestiegen. Zwar kann man diesen Temperaturanstieg rechnerisch zum größten Teil auf den Anstieg des Treibhauseffektes zurückführen. Daher ist es nicht nötig, den Temperaturanstieg selbst als Beweis dafür zu nehmen, daß der weitere Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen zu einem globalen Klimawandel führen muß. Aber es gibt zwei Dinge, die einen an diesem Temperaturanstieg interessieren könnten.

1. Hat die globale Temperatur in der Vergangenheit stark geschwankt? Wenn ja, bedeutet das, daß das Erdklima sehr empfindlich auf störende Einflüsse reagiert. Wir müßten damit rechnen, daß auch der jetzige Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen einen eher starken Einfluß auf das Weltklima hätte. Weiterhin kommen ja die menschlichen Einflüsse zu den natürlichen dazu. Wenn es eine starke natürliche Variabilität gibt, und das Erdklima jetzt stark erwärmen, müssen wir befürchten, daß eine zusätzliche natürliche Erwärmung in der Art des mittelalterlichen Klimaoptimums sehr viel schneller zu einem Überschreiten kritischer Schwellen bei der Temperatur führt, ab dem der Klimawandel für die Menschheit krisenhaft wird.

2. Gab es in historischer Zeit Temperaturen, die so warm oder wärmer waren wie unsere heutigen? Wenn ja, wäre das insoweit beruhigend, als die Erde solche warmen Zustände in Zeiten überstanden hätte, als bereits Menschen Landwirtschaft betrieben.

Seltsamerweise sehen Menschen, die den Menschen als Verursacher des Klimawandels ausschließen wollen, nur den Punkt 2, und argumentieren deshalb, daß in der Vergangenheit das Klima sehr stark geschwankt hätte und auch schon wärmer gewesen wäre als heute. Daß sie damit aber zugleich bezüglich Punkt 1 aussagen, daß das Klima sehr empfindlich auf Einflüsse reagiert wie zum Beispiel den Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen, sehen sie nivht.

Temperaturmessungen im Rahmen eines zuverlässigen Meßnetzes gibt es nur bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts bzw. wenn man es strenger betrachtet nur seit etwa 1880. Wollen wir etwas über Temperaturen vorher aussagen, benötigen wir meßbare Größen, die sich ähnlich verhalten wie die Lufttemperatur am Ort, sogenannte Proxies. Das können z.B. Baumringe sein - je wärmer es ist, desto schneller wachsen Bäume und desto breiter werden ihre Jahresringe.

Der Vorteil der Jahresringe als Proxie ist, daß man hier einzelne Jahre zuordnen kann. Andere Größen, z.B. das Wachstum von Stalaktiten oder bestimmte Isotopenverhältnisse in Sedimenten, geben nur mittlere Temperaturen über größere Zeiträume wieder. Der Nachteil der Jahresringe ist, daß sie nur für einen sehr begrenzten Raum um einen betrachteten Baum repräsentativ sind und daß sie auch von anderen Faktoren beeinflußt werden, etwa dem CO2 -Gehalt der Luft.

Zeitreihen der globalen Lufttemperatur am Boden aus Proxies gibt es nun durch eine ganze Reihe von Arbeiten, und die Ergebnisse der verschiedenen Arbeiten bestätigen sich gegenseitig. Das kann man sich hier ansehen (Seite 467). Die erste Arbeit dazu wurde von
Mann et al (1999) erstellt. Diese Analyse war damals sehr innovativ, weshalb sie auch kleinere Fehler enthielt, die dann von einigen (z.B. McIntyre and McKitrick, 2005) angegriffen wurden. Allerdings machen kleinere Fehler in einer Arbeit nicht die ganze Arbeit wertlos, denn es wurden in den folgenden Jahren die Ergebnisse von Mann et al. von anderen Wissenschaftlern reproduziert und eine Untersuchung der Amerikanischen Akademie der Wissenschaften (NRC, 2006) ergab ebenfalls, daß die grundsätzlichen Schlußfolgerungen von Mann et al. von Bestand seien.

Alle Analysen der Temperatur der vergangenen 1000 bzw. 2000 Jahre kommen zum Ergebnis, daß der Temperaturanstieg der letzten 100 Jahre von ca. 0,7 Grad aus der Klimavariabilität der Vergangenheit herausragt und es wahrscheinlich noch nie in diesen 2000 Jahren so warm war wie nun zur Jahrtausendwende. Aufgrund der Art der Proxieanalysen kann man aber nicht sicher ausschließen, daß es in diesem Zeitraum einzelne Jahre gegeben hat, die ähnlich warm waren, wie die aktuellen, auch wenn das nicht plausibel wäre. Die Behauptung, daß es z.B. während des mittelalterlichen Klimaoptimums wärmer gewesen wäre als heute, kann man aufgrund dieser Temperaturrekonstruktionen ausschließen.

Weiterführende Diskussionen dazu (auf englisch) findet man z.B. hier in einer Diskussion der Methodik von Mann et al.


Mann, M.E., R.S. Bradley, and M.K. Hughes, 1999: Northern hemisphere
temperatures during the past millennium: Inferences, uncertainties, and
limitations. Geophys. Res. Lett., 26(6), 759–762.


McIntyre, S., and R. McKitrick, 2005a: Hockey sticks, principal
components, and spurious signifi cance. Geophys. Res. Lett., 32(3),
L03710, doi:10.1029/2004GL021750.


NRC (National Research Council), 2006: Surface Temperature
Reconstructions for the Last 2,000 Years. National Academies Press,
Washington, DC, 196 pp.