Samstag, 27. Februar 2010

Viele Leute schulden viele Entschuldigungen

Und schon wieder geht es um den Diebstahl von Emails der Climate Research Unit (CRU) der University of East Anglia. Dieser Diebstahl ist von Leugnern den Medien verkauft worden als die Aufdeckung der Verschwörung von Klimaforschern. Nach und nach stellte sich jede Anschuldigung als falsch heraus. Das richtige Wort ist, und hier sollten Journalisten gut zuhören, die Anschuldigungen waren erlogen. Es war gelogen, daß bei CRU ein Täuschungsmanöver bei den Temperaturrekonstruktionen erfolgte. Daß Baumringdaten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine abnehmende Korrelation mit den Temperaturen zeigen, ist immer offen angesprochen worden, ist bekannt und wird in der Fachwelt diskutiert, hat aber keine Bedeutung für die Gültigkeit der Temperaturrekonstruktionen. Insbesondere wissen wir, daß die globalen Temperaturen ansteigen, und kein vernünftiger Mensch würde auf die Idee kommen, daß die veränderte Korrelation der Baumringdichte mit der Temperatur etwa bedeutet, daß es derzeit global kühler würde. Wir wissen auch, daß keineswegs unangenehme Publikationen aus dem IPCC-Bericht herausgehalten wurde, obwohl der Wunsch dazu in einer Email ausgedrückt wurde, denn die Publikation z.B. von McKitrick und Michaels, 2004, steht nachweislich im 4. IPCC-Bericht. Auch Behauptungen dazu, es sei Einfluß auf das Peer Review-Verfahren bei bekannt mangelhaften Artikeln von Douglass et al. genommen worden bzw. verhindert worden, daß sie Stellung zu einem Artikel, der ihnen widerspricht, hätten nehmen können, sind nachweislich falsch. Hintergründe dazu findet man in epischer Breite bei RealClimate. Wichtig ist aber, daß die Darstellung dort nachvollziehbar ist. Man kann in den IPCC-Bericht hineinschauen und sich von den Referenzen dort überzeugen und man kann auch seinen Verstand benutzen. Wenn ein Artikel erscheint, kann man immer dazu Stellung nehmen.

Es hat auch Untersuchungen gegeben, die zum Beispiel bei Michael Mann zur Feststellung führten, daß keiner der Vorwürfe gegen ihn zutrifft. Und auch bei Phil Jones treffen Behauptungen nachweislich nicht zu, eine Arbeit von 1990 zusammen mit Wang sei fehlerhaft und es wäre versucht worden, das zu vertuschen. Auch hier gibt es dazu eine Antwort der Universität, die Fakten solcher Art liefert, die man selbst nachprüfen kann.

Schon hier sind wir an einem Punkt, daß nicht nur die gesamte britische Presse und Teile der amerikanischen Presse und auch einige deutsche Journalisten deutliche Korrekturen ihrer Berichte schreiben müßten. George Monbiot, sonst eigentlich eher bekannt als ein Verteidiger der Klimaforschung, war hier völlig umgeknickt und hatte tatsächlich den Rücktritt von Phil Jones gefordert, weil er angeblich Fehler bei dem Artikel mit Wang 1990 versucht hätte zu vertuschen. Fehler wie gesagt, die so gar nicht bestanden.

Ein Makel bestand aber. Jones hatte in Emails seine Frustration über McIntyre ausgedrückt, der in das Netzwerk der Leugner eingebunden ist, die von Lobby-Gruppen gesteuert werden, die Verbindungen zu Energieunternehmen und zu den Republikanern in den USA haben, darunter das Heartland-Institut, das George C. Marshall-Institut oder das Competitive Enterprise Institute. Das sind Lobbygruppen, von denen bekannt ist, daß sie Lügen verbreiten, daß sie dies auch schon im Interesse der Tabakindustrie getan hatten, um die Gefahren des Passivrauchens zu leugnen, und daß sie dabei die Strategie verfolgen, nicht gegen die Fakten anzugehen, weil dies aussichtslos ist, sondern die Personen anzugreifen, die die Fakten erarbeiten. McIntyre ist bekannt dafür, daß er permanent versucht, Belege zu fabrizieren, daß seriöse Klimaforschung fehlerhaft ist, um Zweifel an den Kernfeststellungen der Klimaforschung zu schüren. Daher ist jedem Wissenschaftler klar, daß er kein Interesse daran haben kann, Anfragen von McIntyre nach Daten nachzugeben, da er nur auf Sabotage ausgerichtet ist und zudem in seinen Anfragen versucht, möglichst viel Arbeit für die Wissenschaftler zu erzeugen und auch Daten nachfragt, die er bereits hat oder die er leicht aus anderen Quellen erhalten oder selbst erstellen könnte. Als also bevorstand, daß McIntyre nach dem Freedom of Information (FOI) Gesetz Daten und Emails abfragen könnte, schrieb Jones voll Frustration in einer Email, daß er lieber Emails löschen würde, als sie McIntyre auszuhändigen und fragte Kollegen, ob sie Emails löschen würden. Wie sich aber herausstellte, ist diesen Emails keine Maßnahme gefolgt. Es sind keine Emails gelöscht worden. Das Untersuchungsergebnis bei Michael Mann war, wie schon geschrieben, ein klarer Freispruch. Bei Jones aber wurde gestreut und von Journalisten nachlässig ungeprüft verbreitet, daß eine Untersuchung des Information Commissioner's Office (ICO) ergeben hätte, daß gegen das FOI-Gesetz verstoßen worden sei, dieser Verstoß aber durch eine 6-Monats-Frist verjährt sei. Gelogen, hier von der Sunday Times!

Das ICO erlaubte daher der University of East Anglia mit zuteilen, daß ICO keinen Verstoß bei FOI-Anfragen festgestellt hat. Es gibt eine laufende Untersuchung durch eine unabhängige Kommission unter Sir Muir Russel, aber niemand sollte seinen Atem anhalten, daß diese zu anderen Ergebnissen kommt als der Standardaussage, daß man irgendwo immer etwas noch besser machen kann.

Also, Zusammenfassung: in 1000 gestohlenen Emails von CRU ließ sich nicht feststellen, daß es irgendeine Verschwörung gab, daß irgendwelche Daten verfälscht worden wären, daß in irgendeiner Weise falsch gehandelt worden wäre. Alles, was irgendwie verdächtig aussah, ließ sich aufklären und wirkte nur so, weil es aus dem Zusammenhang gerissen worden war. Es gibt nur einen Skandal. Und das ist, daß Journalisten unkritisch fabrizierte Verdächtigungen verbreitet hatten. Ich denke, daß eine ganze Reihe Journalisten Entschuldigungen aussprechen sollten. Zum Beispiel Monbiot mit seiner Rücktrittsforderung gegen Jones. Aber auch andere Personen stehen zunehmend als böse Buben da. Auch Hans von Storch, der Phil Jones heftig verurteilt hatte, sollte Konsequenzen ziehen.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Nachtrag:...oder Wissenschaftler einsperren und mundtot machen

In meinem vorherigen Beitrag hatte ich darauf hingewiesen, daß in den USA Parlamente und Abgeordnete versuchen, per Abstimmung festzulegen, wie die Realität auszusehen habe, während bestimmte Unternehmen insbesondere der Kohle- und Ölförderung das gleiche über Zuwendungen zu Lobbygruppen versuchen. Diese Aktivitäten sind in einem Netzwerk eingebunden, in dem man sich bei Bedarf seine Alliierten zusammensucht und in dem verschiedene Blogs eingebunden sind. Unter anderem hatte ich dabei auf den "Bericht" der republikanischen Minderheit im amerikanischen Senat hingewiesen, unter der Leitung von Senator Inhofe, der gerne mit dem Instrument der Diffamierung und Lüge arbeitet, um den menschengemachten Klimawandel zu leugnen. In dem "Bericht" werden nicht nur zahlreiche absurde Behauptungen erhoben, mit denen man Wissenschaftlern Fälschung von Daten unterstellen will, sondern diese Wissenschaftler sollen auch kriminalisiert werden. Mir war beim flüchtigen Lesen des "Berichts" entgangen, daß hier den Wissenschaftlern ganz konkret Gesetzesverstöße vorgeworfen werden.

"The scientists involved in the CRU controversy violated fundamental ethical principles governing taxpayer-funded research and, in some cases, may have violated federal laws."
Hier wird Inhofe wohl auch Untersuchungen verlangen, was vor allem kritisch wird, wenn die Republikaner in den nächsten Wahlen wieder die Mehrheit im Senat erringen sollten. Das erinnert zunehmend an die Situation in den 50er Jahren, als ein Untersuchungsausschuß im Senat unter Leitung von JosephMcCarthy tatsächliche oder vermeintliche Kommunisten verfolgte und unter anderem eine schwarze Liste von linken Drehbuchautoren erstellt wurde, die die Karrieren der Verdächtigten Personen beendeten.

Inhofe strebt also an, Wissenschaftler mit erfundenen Anschuldigungen mundtot zu machen, darunter viele Personen, die zu den Besten in ihrem Fach gehören, Namen wie Susan Solomon, Michael Mann, Phil Jones, James Hansen oder Kevin Trenberth stehen auf der, man kann es ruhig schon so nennen, schwarzen Liste. Nicht nur die Tatsache an sich, sondern auch, wie sehr dies an den Medien vorbeigeht, die andererseits kritiklos die Lügen britischer Journalisten wie Leake verbreiteten, macht fassungslos. Hintergrund dazu gibt Climate Science Watch.

Solche Vorgänge sind ernstzunehmen, obwohl sie in erster Linie auf Fabrikationen und widerlegten Anschuldigungen aufbauen, wie Clive Hamilton bei der Australian Broadcasting Corporation im vierten Teil seiner Artikelreihe zu den Hintergründen der Angriffe auf Wissenschaftler darlegt.

Dieses Schema "wir können an den Tatsachen nichts ändern, aber wir können die Wissenschaftler angreifen, die sie feststellen" findet man immer wieder. Danach gehen nicht nur Lobbygruppen vor und bestimmte Kreise der Republikaner in den USA, man findet das auch dort wieder, wo man es nicht erwartet. Auch Hans von Storch versucht nämlich, Kollegen erst zu diffamieren, um sie dann aus dem IPCC als Autoren herauszukicken. Das kulminiert in:

Die Beteiligten haben allerdings ein Kartell gebildet, zu dem auch maßgeblich die Autoren der Kopenhagen-Diagnose zählen - etwa Michael Mann oder Stefan Rahmstorf. Ein Kartell, um die eigenen Ansichten gegen andere durchzusetzen. (...) Entsprechende Forscher sollten aus diesen Gremien zurücktreten und nicht mehr über andere Arbeiten urteilen.
Das macht deutlich, worum es von Storch vielleicht gehen könnte, wenn er Kollegen diffamiert und sich selbst als "ehrlicher Makler", als Mann zwischen angeblichen "Alarmisten" und selbsternannten "Skeptikern" beweihräuchert: wenn man die besten Kollegen wegmobbt, wird Platz für die eigene mittelmäßige Forschung gemacht. Man kann Positionen beim IPCC besetzen, man kommt in das Expertengremium der Bundesregierung...das ist, wohlgemerkt, nur eine Unterstellung, eine Motivsuche - wer kann schon in das Gehirn eines anderen Menschen blicken? Wenn man jedenfalls die Antwort von Stefan Rahmstorf dazu liest, wird man schnell einen Unterschied merken: bei von Storch liest man vor allem Unterstellungen, zu denen man vergeblich nach Belegen sucht. Manches wird bewußt nur angedeutet und dann vage gelassen. In der Antwort von Rahmstorf hingegen werden die Gegendarstellungen nachvollziehbar belegt und sind sehr spezifisch. Wenn man sich gegen Unterstellungen wehren will, braucht man vor allem ein Publikum mit gutem Gedächtnis und dem Willen, für alle Behauptungen auch die Belege zu fordern und selbst zu suchen. Lobbyisten, Leugner und "ehrliche Makler" rechnen damit, daß es genau daran fehlt. Sie könnten kurzfristig recht behalten.

PS.: In einem langen Beitrag bei RealClimate beschreibt Ben Santer unter anderem die persönlichen Angriffe von McIntyre und die von ihm betriebene Treibjagd (unterer Teil). Die finanziellen Verbindungen zwischen McIntyre und verschiedenen Think Tanks, die wiederum zum Teil von Energiefirmen finanziert werden, werden bei DeepClimate erhellt.

Mittwoch, 24. Februar 2010

Fakten demokratisch ändern oder die Realität kaufen?

Vermutlich hat jeder schon mal davon gehört, daß ein Landesparlament der USA versucht hat, die Zahl Pi gleich 3,2 zu definieren. Eigentlich ging es um eine andere Entscheidung, aber das Repräsentantenhaus in Indiana hatte tatsächlich die Ergebnisse eines Hobby-Mathematikers zum Gesetz erheben lassen wollen, um das exklusive Nutzungsrecht der "Entdeckung" zur Quadrierung des Kreises zu erhalten. Und diese "Entdeckung" enthielt unter anderem auch widersprüchliche und falsche Werte für Pi. Damals allerdings konnte ein herbeigerufener Mathematiker noch verhindern, daß diese Entscheidung im Senat bestätigt wurde.

Dieses Jahr hingegen zeigten sich die Parlamente gleich in drei amerikanischen Staaten weniger einsichtsvoll und definierten mit demokratischen Mehrheitsbeschlüssen die Klimaforschung um. Klimawandel und die IPCC-Ergebnisse seien ein Schwindel, daher erheben sie Einspruch gegen die Feststellung der amerikanischen Umweltbehörde EPA, daß CO2 als Luftschadstoff zu behandeln sei. So hinterwälderisch geht es in Virginia und Texas zu.

Die Petition von Texas behauptet, daß die gehackten Emails der Climate Research Unit belegten, daß dieses Institut voreingenommen sei und bereit sei, Daten zu manipulieren. Die Temperaturdaten dort, wie auch bei NOAA würden durch Modellrechnungen manipuliert. Da außerdem Phil Jones im IPCC-Report 39mal zitiert würde, seien die IPCC-Berichte dadurch, durch gefälschte globale Temperaturzeitreihen und durch weitere Fehler diskreditiert. Da sich die EPA-Feststellung, daß CO2 ein Luftschadstoff sei, dessen Emissionen reguliert werden müßten, auf die IPCC-Berichte stützten, würde dies aufgrund der gehackten Emails und des Fehlers bei den Gletschern und weitere Fehler, die man aus irgendeinem Grund nicht spezifizieren könne, angefochten. Unter anderem stützt sich die Texas-Petition, die am 17.2.2010 angenommen wurde, auf Artikeln von Jonathan Leake, dessen Serie von Lügen vor allem bei Deltoid dokumentiert sind. Viele der Unterstellungen in der Petition sind bereits widerlegt und was bleibt, ist völlig irrelevant für die Weisungen der amerikanischen Umweltbehörde. Ähnlich sieht die Petition aus Virginia aus. In beiden Fällen fragte Eli Rabett: Ist das alles, was sie vorbringen können?

Der Blog Frischer Wind befaßte sich bereits mit dem Beschluß des Parlaments von Utah, das unter anderem mit überwältigender Mehrheit die globalen Temperaturdaten als manipuliert feststellte.

Warum machen die das? Es ist wohl nicht überraschend, daß die Argumente in allen drei Petitionen bzw. Beschlüssen der Staatenparlamente auf den Lügen basieren, die von den Lobby-Institutionen wie dem Heartland-Institut unterstützt und koordiniert werden, die von Leugnerblogs immer neu rezykliert werden und letztlich den Interessen einiger Industrieunternehmen etwa der Kohle- und Ölförderung entsprechen. Eine schmierige Ölspur verbindet den Emaildiebstahl bei der Climate Research Unit, das Verbreiten von Lügen in den Medien vor und nach der Kopenhagenkonferenz, die seltsame Häufung unterstellter Fehler in den IPCC-Berichten und schließlich die Beschlüsse in Texas, Utah und Virginia sowie die Vorstellung eines Berichtes der Republikaner im amerikanischen Senat unter dem berüchtigten Senator James Inhofe, den größten Verbreiter von Lügen zum Klimawandel in der amerikanischen Politik. Der Bericht stellt, natürlich, dann auch fest, daß der Klimawandel, die IPCC-Berichte und die globalen Temperaturmessungen nur ein Schwindel wären, weil...man kann die dauernde Wiederholung des immer gleichen Unsinns nicht mehr hören.

Passend dazu arbeitet ein Bericht des Reporters Clive Hamilton der Australian Broadcasting Corporation die Zusammenhänge zwischen Lobby-Geldern bestimmter Unternehmen, Think Tanks, Leugner-Blogs und bestimmten politischen Gruppen heraus, die dann zu der Strategie führen, Wissenschaftler zu diffamieren, um unangenehme Ergebnisse der Wissenschaft für die Öffentlichkeit zu diskreditieren. Diesen Link empfehle ich besonders, um sich zu informieren, wie mit subversiven Taktiken, mit Einbrüchen in Instituten und der Netzwerkbildung in Leugnerkreisen versucht wird, die Öffentlichkeit zu täuschen. Das geht über das hinaus, was ich dazu erwähnt hatte.

Dienstag, 23. Februar 2010

Und wenn man das Leugnen leugnet?

Als ich mit diesem Blog anfing, dachte ich zunächst, daß ich die Leugner und ihre Blogs einfach ignorieren sollte. Die Fakten sollten für sich sprechen, der Ansatz sollte positiv sein. Doch je länger ich mich mit dem Thema des globalen Klimawandels beschäftige, desto deutlicher wird, daß ich nicht umhinkomme, die Leugner als Teil des Problems zu verstehen. Wie in der Öffentlichkeit der Stand der Wissenschaft wahrgenommen wird, basiert ja nicht auf den publizierten Fachartikeln, sondern der Geschichte, die die Medien erzählen. Und diese Geschichte wird von Lobbyarbeit extrem stark geformt. Es sind Milliarden nötig, um Klimaforschung zu betreiben, um Meßnetze zu betreiben oder Satelliten zu entwickeln und in eine Erdumlaufbahn zu bringen. Aber nur einige 100.000 Euro, um einen sogenannten Think Tank zu finanzieren, der dann fabrizierte Meinungen in der Öffentlichkeit implantiert. Ich hatte daher einiges dazu zu sagen, wie in den Medien eine verfälschende Darstellung des IPCC und der Klimaforschung entsteht und um sich greift und wie korrekte Äußerungen von Phil Jones ins Gegenteil verdreht werden. Der Zeittakt der Medien und der Blogs ist zudem viel zu schnell für die üblichen Abläufe zur Ergebnissuche in den Naturwissenschaften. Im Blog The Benshi wird mit einer Zeitachse zu dem Hacking der Emails der Climate Research Unit und den Medienreaktionen gezeigt, wie schnell die betroffenen Wissenschaftler sich dazu hätten melden müssen. Alle Erklärungen, die in den letzten 2 Monaten gegeben wurden, kamen zu spät.

Die Angriffe der Leugner nehmen, wie ich dargelegt hatte, die Form von Sabotage an. Es ist klar, daß hier kein gepflegter Austausch von Argumenten stattfindet. Wie auch? Die Fakten können in der Fachliteratur diskutiert werden. Wer sich vornehmlich in Presse und Blogs äußert und die Meinungsäußerungen in Emails oder einzelne Fehler in IPCC-Berichten für relevanter hält als die Kernergebnisse der Forschung, wer auf Personen zielt statt auf die Argumente, der will offensichtlich nicht diskutieren. Das Ausmaß, in dem Forscher persönlich angegriffen werden und die Angriffe von bestimmten Kreisen gesteuert werden, zeigt derzeit am Beispiel Australiens Clive Hamilton von der Australian Broadcasting Corporation in einer Artikelserie auf.

Rabett Run hat einige Links und weitere Links zum Thema der Falschdarstellungen durch Leugner gesammelt, die man mal in Ruhe durchgehen sollte. Darunter noch eine weitere Darstellung zu McIntyres destruktiver Rolle, die sich kurz zusammenfassen läßt damit, daß jener das Korinthenkacken (Nitpicking), das pedantische Rumreiten auf (oft scheinbaren) Detailfehlern betreibt, ohne je an den wesentlichen wissenschaftlichen Ergebnissen etwas zu ändern.

Wenn man dann in Diskussionsforen mit Personen zu tun bekommt, die den wissenschaftlichen Sachstand leugnen, erlebt man gelegentlich, daß diese nicht nur hier leugnen, sondern zugleich auch das oben geschilderte abstreiten. Sabotage? Das sei nur eine Verschwörungstheorie. Nun, ich bin jemand, der empfindlich auf Verschwörungstheorien reagiert. Verschwörungstheorien zeichnet der Mangel an nachprüfbaren Fakten und eine Neigung zur Selbstimmunisierung aus - Verschwörungstheorien leben davon, so abgefaßt zu sein, daß sie nicht falsifizierbar sind. Im Falle von Leugnern wie McIntyre fiele aber der Sabotagevorwurf in sich zusammen, wenn man beispielsweise keine Belege beibringen könnte, worin die Sabotage bestand, wie sie durchgeführt wurde und welche Ergebnisse sie hatte. Genau das kann man aber bei den 40 FOI-Anfragen mit dem Musterformular bei McIntyres Blog zeigen. Die Existenz der ThinkTanks, die Desinformation zum Klimawandel betreiben, ist nachprüfbar, ihre Finanzierung teilweise durch Konzerne mit Interessen zu CO2-Emissionen sind auch nachprüfbar und die Vernetzung von Personen, die als Leugner bekannt sind, ist auch nicht geheim. Aber nicht nur die Tatsache der persönlichen Angriffe und der Sabotage wird geleugnet, sondern sogar das Leugnen. Hier wird die Strategie, Verzeihung, besonders hinterfotzig. Ein Beispiel ist folgende Ausschnitt aus einer Antwort in einer Diskussion:

Allein der Begriff Leugner ist ja nun der Schwachsinn per se, niemand leugnet einen Wandel des Klimas. Was der Zimmermann da unterstellt ist ja Verschwörungstheorie reinsten Wassers.
Was machen denn da wohl all die Menschen, die unter dem Thema Leugner bei mir diskutiert wurden? Zunächst mal wird da eine kleine Ablenkung gefahren. "Leugner" bezieht sich auf das Leugnen gefestigter wissenschaftlicher Feststellungen, wie zum Beispiel den Treibhauseffekt (Gerlich, Tscheuschner), des menschlichen Einflusses auf den CO2-Gehalt der Atmosphäre (Beck), die gemessene globale Erwärmung (Watts, Pielke sr., Pat Michaels, McKitrick), den Konsens zur Klimasensitivität (Lindzen) und daß die Sonne oder galaktische kosmische Strahlung als Verursacher der Temperatursteigerung der letzten Jahrzehnte ausgeschlossen werden kann (Svensmark), geschweige denn viele (weitere) Blogger zu dem Thema und die Menschen, die die Diskussionsforen bei Spiegel, FAZ oder Welt bevölkern, weil ihnen sonst nirgendwo jemand zuhören würde. Leugner gibt es, aber es ist klar, daß die es gar nicht mögen, als solche bezeichnet zu werden.

Und Steigerungen sind auch hier noch möglich. Zum Beispiel "geistig nicht gesund". Was wäre denn die Diagnose, wenn man mal die Schilderung des Herrn Monckton durchgeht? Oder was ist von diesem Beitrag zu halten, in dem nicht nur untersucht wird, wie ein Journalist (Akerman) einem früheren IPCC-Vorsitzenden (Sir Houghton) ein Zitat unterschob, das nie geäußert wurde, sondern auch noch, wie ein gewisser Lubos Motl seine Version des ganzen bloggte, die er damit übertitelte, Houghton sei ein Lügner, aus Gründen, die kein gesunder Mensch nachvollziehen kann. Auch bei Motl stellt sich nach Durchsicht seiner Beiträge die Frage nach seiner geistigen Gesundheit. Wie Monckton sieht auch Motl eine sozialistische (oder faschistische, wieso da einen Unterschied machen?) Verschwörung, über das IPCC die Weltherrschaft zu erringen, wofür man nur alle wissenschaftlichen Publikation eines Jahrhunderts zu steuern brauchte und...äh...keine Ahnung, wie das dann funktionieren soll. Vielleicht findet sich jemand, der unter Schizophrenie leidet und erzählen kann, wie dann daraus die Weltherrschaft resultiert.

Ich bedauere: Leugner gibt es, sie behaupten sehr viel, auch viel, das sich widerspricht, was für Leugner kein Problem zu sein scheint, und sie behaupten es aus sehr unterschiedlichen Motiven politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder persönlicher Natur. Und leider schaffe ich es nicht, sie zu ignorieren, denn sie sind das eigentliche Problem, der Grund, warum der Klimawandel auf absehbare Zeit nicht aufzuhalten ist.

Sonntag, 21. Februar 2010

Statistik - ein wenig Wissen ist ein gefährlich Ding

Auf Taminos Blog gibt es gerade einen sehr interessanten Beitrag, der die Gefahren des Auswählens von Abschnitten aus einer Datenreihe deutlich macht. Üblicherweise kann ich die Signifikanz eines Trends, den ich aus einer Zeitreihe bestimme, berechnen. Dabei mache ich einen Hypothesentest, ob der Trendparameter gleich Null sein könnte. Die Differenz zweier normalverteilter statistischer Größen folgt einer t-Statistik. Mit dem t-Test kann ich also untersuchen, ob der gefundene Trendparameter mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gleich Null sein könnte. Übersteigt das Ergebnis des t-Tests einen gewissen Wert, der von der Zahl der Freiheitsgrade (Zahl der unabhängigen Werte) abhängig ist, wird die Hypothese zurückgewiesen, daß der Trendparameter mit der zugehörigen Wahrscheinlichkeit gleich Null sein könnte.

Das ganze setzt voraus, daß der Trendparameter tatsächlich aus einer Normalverteilung stammt. Wähle ich mir nun Daten aus einer Grundgesamtheit aus, indem ich zusätzliche Bedingungen stelle, sind meine Trendparameter aber nicht länger normalverteilt. Ich muß meinen t-Test entsprechend anpassen oder mit einer anderen Statistik arbeiten. In der Realität kann das folgendermaßen aussehen.

Ich habe eine Zeitreihe und stelle fest, daß ich für einen Teil der Daten einen Trend berechnen kann. Hätte ich für alle Daten den Trend berechnet, hätte ich ihn aus einer zufälligen Verteilung entnommen. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, daß es 1000 Erden gibt. Das Klima auf jeder Erde ist gleich. Aber die Reihenfolge von Wetterereignissen ist auf jeder dieser Erden zufällig anders. Auf jeder dieser Erden kann in einer trendlosen Zeitreihe zufällig eine Folge von Jahren kommen, die zufällig einen scheinbaren Trend zeigen. Mein t-Test schließt ja nicht aus, daß ein signifikanter Trend doch nicht signifikant ist. Es ist nur extrem unwahrscheinlich. Schaue ich mir alle meine 1000 Erden an, sehe ich, daß mein scheinbarer Trend für diesen Zeitabschnitt nur auf einer Erde auftritt und auf allen anderen nicht. Ich kann die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhen, daß ich einen Scheintrend sehe, wenn ich meine Zeitreihe an einem ausgezeichneten Punkt, zum Beispiel einem Maximum oder Minimum beginnen lasse. Wenn ich also eine Auswahl vornehme, stimmen die Kriterien nicht mehr, um einen normalen Signifikanztest anzuwenden.

Diese 1000 Erden simuliert Tamino, um dann den wahren Vergleichswert für einen t-Test zu bestimmen, wenn man sich den Zeitraum seiner Zeitreihe auswählt. Das heißt andererseits natürlich, selbst wenn ich einen Trend über einen solchen Hypothesentest als signifikant bestimme, gibt es eine endliche Wahrscheinlichkeit, daß er trotzdem nicht signifikant ist, sondern zufällig. Bei statistischen Aussagen muß ich also mit Verständnis dafür umgehen, was dahintersteckt.

Buchbesprechung: große Ozeane, kleine Lebewesen

Wenn man das globale Klima verstehen will, kommt man an den Ozeanen nicht vorbei. Sie bedecken fast ¾ der Erde. Ein großer Teil der globalen Erwärmung besteht in dem Anstieg der Oberflächentemperaturen der Ozeane. Das ist auch ein Grund dafür, warum Behauptungen unseriös sind, der globale Temperaturanstieg sei nur ein Artefakt schlecht gewählter Temperaturmeßstationen . Über 90% des Klimaantriebs aus dem zusätzlichen Treibhauseffekt schlägt sich in einer Erwärmung des Meeres wieder und ist über die Ausdehnung des erwärmten Wassers in Form des Meeresspiegelanstiegs sichtbar.


Zugleich beeinflussen die Ozeane unser Leben massiv. Ein wichtiger Teil unserer Nahrung kommt aus den Meeren. Wären die Meere anders als sie jetzt sind, hätte das auch auf die Welternährung einen gravierenden Einfluß.


Daher fand ich in meiner Winterlektüre auch ein Buch von Stefan Rahmstorf und Katherine Richardson mit dem Titel „Wie bedroht sind die Ozeane?“ (Fischer Taschenbuch Verlag, 2. Auflage 2007, Frankfurt a.M., 9,95 Euro) sehr interessant. Das Buch ist schon länger auf dem Markt, also vermutlich werden viele, die das Thema interessiert, es schon gelesen haben. Wer das nicht getan hat, und ein Buch sucht, in dem er flott in die Thematik des globalen Wandels in den Ozeanen eingeführt wird, hat hier einen Tipp von mir. Ich will aber keine Inhaltsangabe machen, sondern einen subjektiven Eindruck wiedergeben. Das Buch beschreibt unter anderem die Geographie der Meere, die Meeresströmungen und die Kopplung mit dem Klima. Es beschreibt auch die großen Stoffkreisläufe für Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel, Silizium und Phosphor, in die die Ozeane eingebunden sind. Was ich aber besonders inspirierend fand, war die Beschreibung der Biologie der Weltmeere.

An Land fallen uns vor allem große Tiere und Pflanzen auf. Vermutlich haben wir dadurch ein verfälschtes Bild der Wichtigkeit der jeweiligen Arten für unser Überleben. Aber zumindest wenn es um die Biomasse geht, haben die Arten mit großen Exemplaren auch einen großen Anteil. Ein großer Teil der Biomasse an Land sind Bäume und große Landsäugetiere. Auf der natürlichen Erde sind auch große Teile der Landfläche bewachsen und von Tieren dicht besiedelt. In den Meeren sieht das völlig anders aus. Das typische Meereslebewesen, und das gilt sogar noch stärker für die Meerespflanzen, ist sehr klein. Wale, Robben, große Fische sind die Ausnahme. Sie umfassen nur einen kleinen Bruchteil der Biomasse der Meere. 95% der Photosynthese im Meer erfolgt durch Pflanzen, die mikroskopisch klein sind. Einzellige Algen haben einen dominanten Einfluß auf die Photosynthese in den Ozeanen und damit auf den Anfang der Nahrungskette, zugleich aber auch den Kohlenstoffkreislauf der ganzen Erde. Das hat aber dramatische Folgen auf die Produktivität der Ozeane für den Menschen.

Die Größen der Meerespflanzen verändern sich über viele Größenordnungen. Die kleineren Pflanzen können von Fischen nicht direkt verzehrt werden. Sie müssen selbst erst von größerem Plankton verzehrt werden und gelangen sogar erst über mehrere Stufen in den Größenbereich, der für Fische Futter bedeuten würde. Da auf jeder Stufe der Nahrungskette ein großer Teil der Energie verloren geht, weil er in Wärme, Fortbewegungsenergie, Antrieb des Stoffwechsels usw. umgesetzt werden muß und nur ein kleiner Teil dem Aufbau von Biomasse dient, sind große Teile der Ozeane für Fische Wüste. Nur in kleinen Bereichen der Ozeane ist ein nennenswerter Teil der Biomasse in Makroplankton gebunden, mit dem sich Fische gut ernähren können. Und nur hier entsteht dann die Nahrung im Ozean für uns Menschen, die unsere Fischerboote ernten können. Wenn wir in die Ozeane so eingreifen, daß sich die Verhältnisse ändern, in denen die Größenklassen vorliegen, beeinflussen wir ganz empfindlich unser Nahrungsangebot.

Warum aber sind kleine Lebewesen in den Ozeanen so bevorzugt? Das liegt auch daran, daß die Ozeane arm an Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor und Eisen sind. Kleine Lebewesen mit mehr Oberfläche relativ zu ihrem Volumen können die geringen Nährstoffkonzentrationen der Weltmeere besser ausnutzen. Gleiches gilt für die Lichtausbeute, denn nur einige Dutzend Meter unter der Wasseroberfläche wird es in den Ozeanen schnell sehr dunkel. In klaren, nährstoffarmen Meeren ist Photosynthese vielleicht in den oberen 100 Metern möglich, in nährstoffreichen Meeren kann auch schon nach weniger als 20 Metern Schluß damit sein. Die vertikale Durchmischung der Meeres ist dabei der entscheidende Vorgang, um für das Leben in den Meeren die Nährstoffe von unten und das Licht von oben zusammenzubringen. Mehrere Meter nach oben oder nach unten bedeuten aus Sicht der Meereslebewesen so verschiedene Lebensräume, wie an Land Wald, Steppe und Wüste. Veränderungen von pH-Wert, Sauerstoffgehalt und Temperatur können diese Lebensräume völlig verändern. Diese Veränderungen können zu Streß für die Lebensformen im Wasser führen, durch den kleine Lebensformen begünstigt werden. Das Nahrungsangebot für Fische bricht zusammen, selbst wenn die Biomasse insgesamt gar nicht besonders abnimmt. Genau deshalb ist eine globale Erwärmung, der dadurch bewirkte Klimawandel und die allgemeinen globalen Veränderungen so bedrohlich für unsere Versorgung mit Fisch aus den Ozeanen.

Wen solche Zusammenhänge interessieren, sollte das Buch lesen, um mehr darüber herauszufinden.

Mittwoch, 17. Februar 2010

2010 – es wird noch wärmer, wann merken es die Medien?

2010 hat das Potential, neue globale Wärmerekorde zu liefern. Die Voraussetzungen sind jedenfalls vielversprechend. Das letzte Jahrzehnt war das wärmste seit Beginn der Temperaturaufzeichungen und um 0,17 (HadCruT) bzw. 0,18 (GissTemp) Grad wärmer als das Jahrzehnt davor (Zeiträume 2000-2009 und 1990-1999). Auch das Nationale Klimadatenzentrum der USA NCDC meldet das abgelaufene Jahrzehnt 0,18 Grad wärmer als das vorherige Jahrzehnt und für 2009 eine Anomalie von 0,56 Grad. Nach HadCruT stand 2009 auf Platz 5 aller Jahre seit 1850, nach GissTemp auf Platz 2. Das abgelaufene Jahr ist im Rahmen des Fehlers der Auswertung gleichauf mit dem zweitwärmsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Auf der Südhalbkugel war 2009 laut GISS bereits das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Alle bekannten Temperaturrekonstruktionen weisen das abgelaufene Jahrzehnt als das wärmste Jahrzehnt der letzten 2000 Jahre auf, wobei man aufgrund der hohen Fehlermarge in früheren Jahrhunderten sagen muß, daß dies wahrscheinlich gilt. Sicher ist aber, daß wir auf dem Weg zu Temperaturen sind, die den Bereich der letzten 2000 Jahre und sogar der letzten 3 Millionen Jahre dauerhaft verlassen, sollten die globalen Temperaturen im Laufe dieses Jahrhunderts um mehr als 2 Grad ansteigen.

Aufgrund des laufenden moderaten El Nino werden noch die nächsten Monate mit Sicherheit rekordverdächtig und das könnte das laufende Jahr entscheidend prägen. Beide Satellitentemperaturreihen UAH und RSS, melden den wärmsten Januar seit Beginn der Zeitreihe. Aufgrund der laufenden globalen Erwärmung reicht schon ein moderater El Nino aus, um das Rekordjahr 1998 in den Schatten zu stellen. Der Februar ist bislang ebenfalls rekordverdächtig. Die Zusammenfassung dazu kann man bei Joe Romm nachlesen.

Wie es unter diesen Umständen möglich ist, daß laut Umfragen gerade jetzt eine wachsende Zahl von Menschen an der globalen Erwärmung zweifelt, läßt sich einfach beantworten. Die Medien versagen komplett. Sie sind zwar in der Lage, jede Lüge und Unterstellung aus Lobbykreisen sofort zu berichten, um die Serie angeblicher Skandale in der Klimaforschung zu bedienen. Sie sind aber nicht in der Lage, den Lesern und Zuschauern seriös und richtig gewichtet mitzuteilen, was derzeit der Stand der Klimaforschung ist und in welchem Zustand sich das globale Klima befindet. Journalisten mauern und behaupten, es sei Aufgabe der Wissenschaftler, ihnen die Wissenschaft so zu erklären, daß sie sie richtig berichten können. So ein Weiterschieben der Verantwortung sieht man zum Beispiel bei diesem Spiegel-Artikel. Dazu will ich gleich noch etwas Hintergrund geben. Der Schreiberling hat genau diese 10 Minuten nicht investiert, um sich diesen Hintergrund zu erarbeiten, und schiebt deshalb die Verantwortung für die Falschberichterstattung der Daily Mail auf Professor Phil Jones. Er meint, Jones, dessen Job es ist, daß die Climate Research Unit ihre wissenschaftliche Arbeit gut macht, hätte bessere Öffentlichkeitsarbeit betreiben müssen. „Jones kümmert sich zu wenig um die Frage, wie Kritiker seine Aussagen missinterpretieren könnten.“ meint Christoph Seidler, der Autor des Spiegelartikels. Liebe Journalisten, ihr werdet dafür bezahlt, zu recherchieren und Informationen verständlich zu berichten. Und investigativer Journalismus heißt, Lobbygruppen auf die Finger zu schauen, wenn sie die Wahrheit verdrehen wollen, nicht unbesehen jeden Müll genau dieser Lobbygruppen als eingebildete Skandale zu verkaufen. Und schließlich: neutrale Berichterstattung kann auch heißen, gezielt nur über die Meinung der Experten zu berichten und dem Kreis der Spinner, Verschwörungstheoretiker und Lobbyisten, die Außenseitertheorien vertreten, eben keine Zeilen zu widmen. Es ist keine neutrale Berichterstattung, seriösen Klimaforschern und Lobbyvertretern die gleiche Zeilenzahl in Artikeln zu geben und Spinnertheorien ohne Wertung neben wissenschaftliche Erkenntnisse zu setzen. Was ich tagtäglich als Journalismus sehe, ist schlampig, oberflächlich, fehlerhaft, faul. Und die Verantwortung dafür tragen die Wissenschaftsredaktionen der Medien, die anscheinend inkompetent besetzt sind.

Beim BBC-Interview hatte Jones korrekte Antworten gegeben, die durch einen kompetenten Journalisten auch richtig interpretiert werden könnten. (Es gibt auch ein qualitativ beseres Interview bei Nature.) Die Daily Mail hingegen hat einfach aus dem Hinweis, daß 15 Jahre ein zu kurzer Zeitraum sind, um einen signifikanten Trend zu berechnen, die Schlagzeile gemacht, daß Jones eine 180 Grad-Wendung gemacht hätte und für die letzten 15 Jahre keine globale Erwärmung sähe. Das ist das Gegenteil seiner Aussage und somit eine Lüge und im Widerspruch zu den Fakten, die ich in der Einleitung des Beitrags nenne. Wie konnte es dazu kommen?

Das Interview von Jones war ein teilweise gesprochenes und schriftlich ausgearbeitetes Interview, bei dem die Fragen vom BBC-Reporter Roger Harrabin gestellt wurden. Den ernennt Seidler kurzerhand zum Umweltexperten, was aber nur heißt, daß der Mann regelmäßig die Berichterstattung zu dem Thema macht. Harrabins Fragen stammen aber gar nicht alle von ihm, sondern teilweise von Leugnern des Standes der Wissenschaft bzw. Lobbyisten gegen CO2-Minderungen (hier irreführend Klimaskeptiker genannt – diese Menschheit treibt nicht Skepsis). Diesen Hinweis am Anfang hat Seidler irgendwie überlesen, dabei erklärt der Hinweis, warum einige der Fragen bereits Wertungen enthalten und Jones keine faire Chance geben, sie offen zu beantworten. Es gibt ja keinen Grund, danach zu fragen, ob ausgerechnet in den letzten 15 Jahren eine globale Erwärmung festzustellen ist, wenn wir das für jeden statistisch signifikanten, längeren Zeitraum feststellen können.

So richtig unrund wird das Interview, wenn der Interviewer scheinbar die vorherigen Antworten vergißt. Nachdem Jones erklärt hatte, daß natürliche Einflüsse in den letzten Jahrzehnten, wenn überhaupt und soweit bekannt, eher einen abkühlenden Trend verursacht haben könnten, kommt die gleiche Frage erneut:

H – Wenn Sie damit übereinstimmen, daß es ähnliche Temperaturanstiege wie heute seit 1850 gab und die mittelalterliche Erwärmung zu erwägen ist, was überzeugt sie, daß die aktuelle Erwärmung wesentlich vom Menschen gemacht ist?

I – Wäre es vernünftig, sich die gleichen wissenschaftlichen Belege mit der Haltung anzuschauen, daß die aktuelle Erwärmung nicht vom Menschen verursacht ist?

Beide Male verweist Jones auf Frage D.

Eine typische geladene Frage ist auch die Frage N.
N - Wenn Wissenschaftler sagen, “die Debatte über den Klimawandel ist vorüber”, was genau meinen sie damit und was nicht?
Jones hätte zurückfragen können, welcher Wissenschaftler denn das gesagt haben soll. Debatten sind in der Wissenschaft nie vorüber, sondern nur in der Politik, weil dort irgendwann gehandelt werden muß, auf der Basis dann vorliegender Informationen, egal wie unvollständig sie dann sind. Die Frage transportiert nach Meinung des Blogs gather.com eine Unterstellung im Sinne von „Haben Sie aufgehört, ihre Frau zu schlagen?“ Jede Antwort dient der anderen Seite. Entweder kann sie sagen, daß auch Jones behauptet, daß die Klimaforschung noch gar keine gesicherten Ergebnisse habe, denn die Debatte sei noch offen, oder unterstellen, daß auch Jones so tue, als gäbe es Dogmen in der Wissenschaft, die nicht mehr debattiert werden dürfen. Joe Romm regt sich in seinem Blog genau darüber ebenfalls auf und meint, Jones hätte nicht so defensiv antworten dürfen. Hier bin ich anderer Meinung. Ein Journalist wird dafür bezahlt, daß er die Öffentlichkeit mit seriösen Informationen versorgt und dazu gehört, daß er sinnvolle Fragen in Interviews stellt und die Antworten gegebenenfalls mit dem erforderlichen Kontext versieht. Vor allem aber ist Jones nicht verantwortlich dafür, daß in der Daily Mail dann seine Worte umgedreht wurden. Denn dafür ist es völlig egal, was er sagt, irgendwas findet man immer, wenn man es sucht.

Der Spiegel berichtet nicht über die Tatsache, daß mehrere britische Zeitungen beim Thema Klimawandel Lügen verbreiten, was ein Skandal erster Güte ist. Und auch in diesem Fall erhält der Leser nicht die vollständigen Informationen vom Spiegel. Wann zieht eigentlich der Spiegel mal Konsequenzen aus seiner fortgesetzt fehlerhaften Berichterstattung, die darauf angelegt ist, daß die Leser ein verzerrtes Bild der Realität erhalten? Dauerndes Mauern, daß Journalisten keine Fehler machen, sondern allenfalls die, von denen sie ihre Informationen erhalten, ist keine Entschuldigung mehr. In einer besseren Realität könnte man den Chefredakteur Rüdiger Ditz fragen, welche persönlichen Konsequenzen er zieht. Aber was schreibe ich da…?

P.S.: Das gleiche gilt leider auch für jede andere Zeitung, die ich lesen konnte, mit einem besonders hohen Müllfaktor in der Welt. Versuchen Sie mal, bei diesem Welt-Artikel zu erkennen, worum es überhaupt geht. Es ist nicht zu glauben, aber auch dieser Artikel bezieht sich auf das BBC-Interview. Das Geschreibsel ist Müll, völlig frei von Quellenangaben und Realitätsbezug und der Schreiberling Ulli Kulke hat hier bezahlte Lügen abgeliefert. Er sollte gefeuert werden und der Chefredakteur der Welt, Thomas Schmid, der seinen Sauhaufen nicht unter Kontrolle hat, gleich mit.

Und noch ein Postscriptum nach einem Blick auf andere Blogs (18.2.2010):
Auch Stefan Rahmstorf war von Kulkes Leistung bei der Welt nicht angetan. Den Spiegel-Artikel fand er vergleichsweise okay - man muß schlechte Leistungen relativ zu Katastrophen sehen, um sie noch loben zu können. Und so gibt es für jeden Hoffnung. Selbst der Weltartikel kann noch unterboten werden durch ein Gratisblättchen. Und ein österreichischer Professor namens Oberhummer gibt mit einem Blogeintrag ein weiteres erschütterndes Beispiel dafür, was man aus dem Jones-Interview machen kann.

Dienstag, 16. Februar 2010

Rajendra Pachauri - Sündenbock als Job

Rajendra Pachauri ist der Vorsitzende des IPCC. Er vertritt das IPCC nach außen und leitet die Tätigkeit der kaum 10 dort angestellten Menschen, die als Sekretariat die Arbeit wissenschaftlicher Arbeitsgruppen unterstützen. Pachauri erhält dafür genau so viel Geld wie die Autoren und Reviewer des IPCC: nix, gegebenenfalls Auslagen erstattet.

Als Frontmann des IPCC ist er das geeignete Ziel, ihn anzupinkeln, wenn man mit den wissenschaftlichen Ergebnissen des IPCC nicht einverstanden ist. Schafft man es irgendwie, so lange Dreck gegen ihn zu schleudern, bis etwas haften bleibt, ruiniert man mit Pachauris Ruf irgendwie auch den des IPCC. Lobbygruppen haben deshalb ein Interesse daran, Pachauris Ruf zu beschädigen, und mit unsauberen Methoden funktioniert es auch. Wie es mit Sabotage läuft, habe ich erläutert. Und die Kampagne erreicht auch die Medien, die dabei mitmachen, ob sie wollen oder nicht, weil das Gesetz der Serie dazu nötigt, nach dem ersten "Skandal" die folgenden zu suchen. Selbst, wenn man dabei die Skandale fabrizieren muß, was in der britischen Presse ein besonderes Problem zu sein scheint, wie Tim Lambert in Deltoid zeigt. Und hier. Und hier. Und hier. Und hier...und noch ein Beispiel von RealClimate...

Irgendwann beeindruckt das sogar Wissenschaftler, die eigentlich keinen Anlaß haben, sich vor den Karren von Lobbyinteressen spannen zu lassen, die auf Dauer auch den fähigsten und ehrenwertesten IPCC-Vorsitzenden angreifen würden, so lange im IPCC-Bericht steht, daß unbegrenzte CO2-Emissionen auf Dauer ein Problem sind. Mehr brauche ich nicht zu schreiben, weil Georg Hoffmann dazu einen so gelungenen Beitrag verfaßt hat, daß es für mich sinnlos wäre, noch eine Zeile dazu zu schreiben. Wer es noch nicht gelesen haben sollte, alles weitere dort.

Bei RealClimate hat man inzwischen die Fehlerstatistik des IPCC zusammengefaßt. Es bleibt dabei: zwei Fehler beim IPCC, WG 2, mit dem Abschmelzen der meisten Himalayagletscher bis 2035 - das IPCC hat den Fehler anerkannt - und dem Anteil der Niederlande, das unter der Meeresoberfläche liegt, wobei die Verantwortung für die Zumeldung einer falschen Zahl bei - den Niederlanden liegt. Die restlichen sogenannten Fehler waren keine, sondern eher Ausdruck der Inkompetenz oder Böswilligkeit der befaßten Journalisten - siehe oben.

Ich wiederhole daher, was ich schon in einem anderen Beitrag geschrieben hatte - es ist erstaunlich, daß über angebliche Skandale, die sich auf wenige Zeilen von drei zusammen weit über 2000 Seiten starken Berichten beziehen, mehr in den Medien erscheint als über die korrekten Kernaussagen der IPCC-Berichte. Die Medien versagen hier völlig bei der neutralen Berichterstattung und desinformieren die Öffentlichkeit, die immer mehr eine völlig andere Ansicht entwickelt als die Fachwelt. Und die Zeitungen in Deutschland sind noch Qualitätsmedien im Vergleich zu vielen Massenmedien in den USA, Kanada, Australien und Großbritannien.

Und da schließt sich der Kreis wieder. Eli Rabett wundert sich in seinem Blogbeitrag, warum man in den Medien fast nichts über ein aktuelles Interview von Pachauri erfährt, in dem er einiges vom Kopf auf die Füße stellt. Aber entlastende Äußerungen zu Pachauri passen nicht in die Serie, die derzeit heißt - IPCC und Klimaforschung allgemein unter Feuer.

Sonntag, 14. Februar 2010

Sabotage

In einigen Beiträgen habe ich diskutiert, daß Fehler in den IPCC-Berichten aufgetreten sind, wie es nun einmal in Berichten dieser Größe zu erwarten ist. Weitaus mehr sind allerdings die „Fehler“, die in den Medien diskutiert werden, eher Ausdruck von Gesetzmäßigkeiten der Medien und von einer konzertierten Aktion politischer und wirtschaftlicher Interessengruppen, ihre Lobbyarbeit zu machen. Ihr Ziel ist es, Regulierungsmöglichkeiten des (amerikanischen) Staates und internationaler Organisationen zu beschränken, Energiepreise niedrig zu halten, so lange es geht und den Einfluß des Menschen auf die Umwelt zu bestreiten, damit möglichst lange keine Klimaschutzmaßnahmen in Kraft treten.

Letztlich ist das Bestreben solcher Gruppe die Verhinderung politischer Maßnahmen und die Sabotage der dafür erforderlichen wissenschaftlichen Arbeit. Nicht unwichtig ist in dem Zusammenhang, daß wir solche Abläufe bereits von der Diskussion um die Gefahren des Rauchens kennen. Vor allem in den USA spielen Lobbygruppen, sogenannte Thinktanks, eine große Rolle, um die öffentliche Wahrnehmung entsprechend den Interessen politischer oder wirtschaftlicher Gruppen zu formen. Ein Beispiel dafür ist die Kampagne gegen die wissenschaftliche Darstellung der Gefahren des Rauchens. Die gewählte Strategie der Tabakindustrie war zum einen, die Kontroverse zu fördern. In der Öffentlichkeit wurde der Eindruck erweckt, es gäbe noch eine wissenschaftliche Diskussion über die Gefahren des Rauchens, als die Wissenschaft hier zu den Grundsatzfragen schon längst einen Konsens erzielt hatte. Diese Strategie wurde von den entsprechenden Instituten, wie George C. Marshall Institute, Heartland Institute usw. auf das Thema des menschengemachten Klimawandels übertragen. In Deutschland gibt es so etwas in dem Ausmaß nicht, obgleich zum Beispiel EIKE, ein Altherrenverein, der vortäuscht ein seriöses europäisches Institut zur Klimaforschung zu sein, in bescheidenerem Maßstab solche Strategien umsetzt. Ich vermute unter anderem, daß Mitarbeiter von EIKE dafür Sorge tragen, daß die Diskussionsforen der Zeitung, z.B. von Welt und FAZ, von Menschen dominiert werden, deren Freizeit anscheinend damit ausgefüllt ist, zu jedem Artikel zum Thema wissenschaftsfeindliche Beiträge zu bringen und die Bewertungen von Artikeln in ihrem Sinne zu manipulieren.

Ich finde daher auch nur im englischen Wikipedia den Begriff „artificial controversy“ „künstliche Kontroverse“, bei man weitere Informationen zu diesem Thema finden kann.

Eine weitere im Rahmen des Abwehrkampfes der Tabakindustrie entwickelten Strategien ist die, nicht die Sache, sondern die Personen anzugreifen. Die Gegner der Tabakindustrie sind die Wissenschaftler, die den Erkenntnisstand zu den Gefahren des Rauchens entwickelten. Billiger als aufwendige Gegenstudien ist es, die Wissenschaftler anzugreifen. Zum einen können die Entscheidungsträger den wissenschaftlichen Gehalt von Studien gar nicht beurteilen. Sie sind darauf angewiesen, den Wissenschaftlern zu vertrauen. Wird das Ansehen der Wissenschaftler durch erfundene Anschuldigungen beschädigt, worüber auch Klimaforscher klagen, kann man sehr effizient die Wirkung wissenschaftlicher Ergebnisse mindern. Zum anderen kann man Wissenschaftler von ihrer Arbeit abhalten, wenn man sich damit beschäftigt, Anschuldigungen abzuwehren und einen immer größeren Aufwand zu treiben, die eigene Arbeit abzusichern. Zumal Wissenschafler typischerweise gar nicht darauf vorbereitet sind, Öffentlichkeitsarbeit und insbesondere Imagekampagnen zu betreiben. Im Gegenssatz zur Industrie haben sie dafür gar keine Mittel. Milliarden für klinische Forschung kann man also gegenhebeln mit wenigen Millionen, um ein paar Pseudoinstitute Stimmung gegen Wissenschaftler machen zu lassen. Am Ende läuft es darauf hinaus, daß das günstigste simple Sabotage an der Wissenschaft ist.

Also reden wir mal über Sabotage gegen die Klimaforschung.

Einen Namen möchte ich dabei hervorheben. Es ist Steve McIntyre. McIntyre ist ein Statistiker, der 30 Jahre lang als Angestellter im Bergbaubereich gearbeitet hatte und nun im Ruhestand ist. Ich denke aber, daß er aus dieser Zeit eine für den (Kohle-)bergbau freundliche Haltung mitbringt und für ihn der Kohleabbau und somit CO2-Emissionen nicht schädlich sein können, da sie nicht schädlich sein dürfen. Er bezeichnet sich selbst, ohne spezielle Vorkenntnisse dafür, als Auditor wissenschaftlicher Arbeit in Verkennung der Bedeutung des Wortes. McIntyre hört keineswegs denen zu, die er angeblich auditiert. Was er macht, ist die Kritik von Arbeiten, soweit sich dadurch politisch wirksam das IPCC angreifen läßt. Er ist weder neutral, immerhin gehört er unter anderem zu den Mitarbeitern des George C. Marshall-Institutes, das zu den Lobbyorganistionen gehört, die unter anderem öffentlich Stimmung gegen die Wissenschaft machen sollen, noch hält er Grundsätze des Audits und des Auditors gemäß ISO 19011:2005 ein. Er ist kein Wissenschaftler und seine einzige Publikation in einer seriösen wissenschaftlichen Zeitschrift ist, abgesehen von Kommentaren oder Antworten auf Kommentaren, zusammen mit dem Ökonomen McKitrick eine Kritik an der Temperaturrekonstruktion von Mann et al 1998. Er hat in dieser Kritik Detailfehler in der Arbeit finden können. Daraus leiten er, seine Anhänger um seinen Blog ClimateAudit und die Leugner, die sich auf ihn beziehen, ab, daß die Arbeit von Mann et al. damit widerlegt sei. Das ist falsch. Warum?

An der Stelle muß ich einen Einschub machen:

Bei wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Geowissenschaften handelt es sich normalerweise um komplexe Bearbeitungen großer Datenquellen oft unterschiedlicher Quellen. Jeder, der in so einem Bereich gearbeitet hat, weiß, daß es praktisch unvermeidbar ist, daß sich immer wieder einzelne Fehler einschleichen. Gravierende Fehler können einem bei der Arbeit auffallen, und werden in der Regel beseitigt, bevor man in eine Publikation geht, aber Fehler, die sich auf das Ergebnis nicht auswirken, kann man unter Umständen übersehen. Entscheidend für die publizierte Arbeit ist, daß ihre Ergebnisse reproduzierbar sind und man auf ihr aufbauen kann. Stellt man Abweichungen im Detail fest, ist eine Korrektur erforderlich, aber niemand käme auf die Idee, zu behaupten, die ganze Arbeit sei dadurch wertlos.

Es geht sogar noch weiter. Wissenschaft ist keine Juristerei. Im Rechtswesen kann ein Urteil wegen eines Formfehlers ungültig werden. Wenn zum Beispiel Beweismittel nicht verwertet werden dürfen, kann das darauf ruhende Urteil angefochten werden, selbst wenn jeder weiß, daß der Verurteilte unwiderlegbar schuldig ist. Andererseits kann ein auf schwachem Beweismaterial beruhendes Urteil trotzdem voll gültig sein, weil es formal korrekt erteilt wurde. In den Naturwissenschaften ist es genau andersrum. Wissenschaftler würdigen das Beweismaterial und den Erfolg der Feststellungen. Stellt sich heraus, daß eine Feststellung auf teilweise falschen Daten beruht, die Feststellung selbst ist aber aufgrund seiner Vorhersagekraft erfolgreich eingeführt, wird sie nicht wieder aufgegeben. Ein Beispiel dafür sind die Mendelschen Regeln. Sie sind gültig und können inzwischen auf der Basis unserer Kenntnisse über die Genetik bestätigt werden. Aber die von Mendel angegebenen Daten, mit denen diese Gesetze einst bewiesen wurden, sind nach Hinweisen des Statistikers Ronald Fisher zu genau, um glaubwürdig zu sein. Hätte Mendel heutzutage publiziert, würden Nachprüfungen möglicherweise ergeben, daß die Daten geglättet wurden, um besser zu den Ergebnissen zu passen. Es gäbe einen Skandal. Aber an den Mendelschen Regeln würde das nichts ändern.

Das Beispiel zeigt, wo das erste Problem bei der Arbeit von McIntyre liegt. Fehler im Detail zu finden ist keine wissenschaftlich wertvolle Arbeit. Zwar sollten auch Fehler im Detail korrigiert werden, aber weitaus wichtiger ist, ob Feststellungen im Kern richtig sind. Man kann jetzt sehr lange dazu schreiben, ob Mann et al. Arbeit von 1998 richtig oder falsch ist. Es sind aber seitdem viele andere Temperaturrekonstruktionen veröffentlicht worden, aus denen diese Arbeit nicht heraussticht. Siehe Bild 6.10 in Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, 2007, Solomon, S., D. Qin, M. Manning, Z. Chen, M. Marquis, K.B. Averyt, M. Tignor and H.L. Miller (eds.), Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA. Keine Temperaturrekonstruktion sticht heraus.



Wenn Mann et al. 1998 falsch sein sollte, müßten ALLE Arbeiten falsch. Wahrscheinlicher ist, daß McIntyre zusammen mit McKitrick auf unwichtigen Details herumreitet. Daran könnte sich nur etwas ändern, wenn irgendeine revolutionäre Entdeckung gemacht wird, die die Grundlagen für ALLE Temperaturrekonstruktionen ändern. McIntyre unternimmt nichts, was in diese Richtung führen könnte. Da seine Arbeit also nur dazu führen kann, daß nach Fehlern im Detail gesucht wird, die an den Kernfeststellungen nichts ändern, ist seine Arbeit alleine auf Obstruktion ausgerichtet, auf das Schüren von Zweifeln an dem Stand der Wissenschaft, ohne selbst etwas konstruktiv dagegen zu setzen. McIntyre, so muß ich vor diesem Hintergrund schließen, hat das Ziel, den Eindruck zu erzeugen, die Temperaturrekonstruktion von Mann et al sei falsch, obwohl er weiß, daß sie im Grundsatz korrekt ist. Dahinter steckt nach meiner Meinung, daß McIntyre hier Lobbyarbeit macht.

Hinweise darauf gibt zum einen die Darstellung der Wegman-Anhörung, in der sich zeigt, daß diese Anhörung eine politische Schauveranstaltung war, in der Michael Mann vorgeführt werden sollte. Beraten wurden die angeblich unparteiischen Untersucher von MacIntyre, der seinerseits mit dem republikanischen Lager gut vernetzt war.

Zum anderen zeigt sich McIntyres Bestreben, Sabotage zu verüben, um mißliebige Wissenschaftler zu behindern oder gar auszuschalten und Zweifel an etablierten Forschungsergebnissen zu produzieren, in seinen Versuchen, mit Anfragen zu Daten Angriffe auszuüben. Fragen nach Daten bei verschiedenen Institutionen sind für McIntyres Agenda immer ein Gewinn. Werden die Daten geliefert, können sie nach Fehlern durchforstet werden. In komplexen Datenmengen findet man fast immer Fehler. Es ist egal, ob diese Fehler signifikant sind. Entscheidend ist das Signal an die Öffentlichkeit, daß wesentliche Daten fehlerhaft seien, auf denen Aussagen zum Klimawandel beruhten. Werden die Daten nicht geliefert, kann McIntyre hingegen die Geheimhaltung wichtiger Daten reklamieren und die Unterstellung nähren, die Klimaforschung hätte Datenmanipulationen zu verbergen. Immer neue Anfragen und Forderungen stören zudem die Wissenschaftler bei ihrer Arbeit.

In einem Beispiel erzeugte McIntyre über seine Schar gläubiger Leugner um seinen Blog ClimateAudit über 40 Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (FOI-Anfragen). Jede FOI-Anfrage muß nach gesetzlichen Regeln bearbeitet werden, auch wenn die Abfrage vermutlich missbräuchlich betrieben wird. Wenn die Anfrage nur gesichtet und dann die Ablehnung begründet wird, ist dies auch noch der harmloseste Fall. Gut 105 FOI-Anfragen in 5 Jahren waren alleine bei der Climate Research Unit zu bearbeiten. Die meisten Anfragen betrafen Daten, die im übrigen aus anderen Quellen hätten beschafft werden können. Klimadaten werden zum Beispiel vom Deutschen Wetterdienst verkauft. Würde McIntyre sie über FOI-Anfragen kostenlos von Forschungseinrichtungen beziehen, könnte der Deutsche Wetterdienst wie alle anderen nationalen Wetterdienste solche Daten nicht mehr kostenlos für Forschungszwecke zur Verfügung stellen. Es gehört nicht viel Intelligenz dazu, zu verstehen, daß McIntyre gar nicht in der Position ist, von allen Einrichtungen beliebig Daten einzufordern, die alleine zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt werden. McIntyre betreibt keine Forschung, er betreibt Lobbyarbeit, und sollte selbstverständlich die Arbeit, die er erzeugt und die Daten, die er abruft, bezahlen. Das macht er nicht.

Es bleibt der Schluß, daß die Anfragen von SteveMcIntyre einfach Mißbrauch waren. In einem Fall war einer der Versender einer FOI-Anfrage noch nicht mal in der Lage, in den Mustertext die Staaten einzusetzen, zu denen er angeblich Informationen wollte. Ein klarer Fall von Sabotage. Kein Wunder, daß man sich bei der Climate Research Unit von McIntyre angegriffen fühlte, und daß Phil Jones darüber nachdachte, Emails löschen zu lassen, die Ziel solcher Anfragen sein könnten. Anschuldigungen im Zusammenhang damit zielten auch auf Michael Mann an der Pennsylvania State University. Eine Untersuchung fand ihn allerdings unschuldig in Bezug auf alle Anschuldigungen (mit einer Ergänzung, die ich unten anbringe). Dazu gehört: keine Email ist tatsächlich gelöscht worden, wie Jones es in der Hitze der Emaildiskussion zunächst wünschte. In der öffentlichen Diskussion wurde aber so getan, als wären Daten versteckt und vernichtet worden, und McIntyre hatte über seinen Blog in aller Boshaftigkeit diesen Eindruck verstärkt. Auch dies ist ein übliches Muster. Hinter diesem Link wird geschildert, wie McIntyre den Eindruck zu erwecken versuchte, Keith Briffa hätte Daten zurückgehalten, bis dann herauskam, daß McIntyre diese Daten schon längst hatte - und Briffa hatte ihm auch gesagt, wie er an sie herankommen könnte. Hier weitere Beispiele dazu, wie McIntyre zu den gehackten Emails Unterstellungen produzierte.


Alle diese Anfragen, Anschuldigungen und provozierten Verteidigungen und Untersuchungen dienen gleichzeitig dazu, der Öffentlichkeit zu suggerieren, die Wissenschaft sei zerstritten und wichtige Wissenschaftler seien unseriös, und eben diese Wissenschaftler von ihrer eigentlichen Arbeit abzuhalten bis dahin, daß Phil Jones sogar dazu getrieben war, über Selbstmord nachzudenken. Wegen Morddrohungen steht er unter Polizeischutz - keine gute Umgebung für wissenschaftliche Arbeit.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welchen Zusammenhang es zwischen dem CRU-Hack gibt und interessierten Lobby-Gruppen, in die McIntyre eingebunden ist. Dies ist alles Spekulation, daher schreibe ich zu diesem Punkt nichts weiter, so lange es keine Ergebnisse der polizeilichen Untersuchungen gibt. Sicher ist bisher nur, daß der CRU-Hack für die genannten Lobbyinstitutionen nützlich war und intensiv ausgenutzt wird, um Stimmung gegen Wissenschaftler zu machen.

Donnerstag, 11. Februar 2010

Gesetz der Serie

Derzeit kommen so viele Nachrichten zu „Skandalen“ in der Klimaforschung, daß ich diesen Beitrag einfach nicht fertig schreiben kann – er ist gleich wieder überholt. Und genau das ist das Thema diesmal.

Die Medien haben ihre eigenen Gesetze. Sie haben das Gesetz der Serie. Danach ist eine einzelnes Ereignis weniger interessant als eine Serie von Ereignissen. Serien machen profane Ereignisse spannend, weil man nun fragt, wann das nächste Ereignis dieser Serie kommt. Journalisten versuchen solche Serien herzustellen, manchmal gewaltsam. Die gegenwärtigen Meldungen zu IPCC und Climate Research Unit geben Beispiele dafür.

In den Medien gibt es auch das Gesetz der Personalisierung von Ereignissen. Menschen sind vor allem an Klatsch interessiert. Daher versuchen Journalisten, alle Ereignisse immer dem Handeln, den Motiven und den Beziehungen von Personen zuzuordnen. Damit muß automatisch an jedem Fehler auch immer eine konkrete Person schuld sein. Sind viele Personen im Kollektiv an etwas beteiligt, versuchen Journalisten eine Person als verantwortlich herauszufiltern, und zwar möglichst die bekannteste Person aus einer Gruppe. Mehrere wenig bekannte Mitarbeiter einer Arbeitsgruppe machen in einem IPCC-Bericht Fehler, aber die Diskussion um die Verantwortung dafür konzentriert sich in den Medien auf Pachauri, der für diese Fehler gar nichts kann.

Ein weiteres Gesetz ist das der Suche nach den Feinden und moralischen Bewertung. Wenn verschiedene Personen diskutieren und am Ende alle etwas dazugelernt haben, ist das für das Publikum langweilig und bringt dem Journalisten keinen guten Artikel. Der Journalist braucht Gegner, die sich bekämpfen und arbeitet daher in seinen Artikel Polarisierungen heraus. Da muß es dann Gute und Böse geben, damit sich der Leser mit dem Kampf identifizieren kann. Wer der Gute und wer der Böse ist, ist eine pragmatische Entscheidung und kann sich schnell ändern. So braucht es einen nicht zu wundern, wenn Journalisten beim britischen Guardian, der politisch eher links steht und beim Thema Klimawandel eher gründe Positionen unterstützt, ziemlich brutal über die Climate Research Unit und ihren Direktor Professor Jones herzieht, wenn die Erzählung für das Publikum es erfordert. Ob die moralische Entrüstung über Fehler bei CRU angemessen ist, werde ich noch erläutern.

Und schließlich gibt es das Gesetz der Aktualität. Nichts ist so alt wie die Nachricht von gestern. Daher läuft in den Medien alles unter Zeitdruck ab. Und das heißt, daß Journalisten erwarten, daß eine Anschuldigung innerhalb von Stunden widerlegt wird, sonst behandeln sie die Anschuldigung als anhängig und wirksam. Kein Journalist wartet mit einer Meldung nur aufgrund des Hinweises, daß man erst mal alle relevanten Informationen sammeln sollte, bevor man die Meldung bringt. Wenn erst wesentlich später eine Reaktion kommt, selbst wenn sie dann fundiert ist, ist sie bereits veraltet und nicht mehr oder nur eingeschränkt berichtenswert. Der Skandal ist in der Welt und bleibt. Daher verstehen Journalisten unter einem guten Umgang mit Fehlern, daß man direkt nach dem Bekanntwerden entweder druckreif dementieren kann oder zumindest einen Schuldigen benennen und Konsequenzen verkünden kann, sonst gilt das Krisenmanagement als unangemessen. Auch hierfür liefert CRU ein Beispiel.

Nehmen wir als das Gesetz der Serie. Da war zuerst der Diebstahl von Emails der Climate Research Unit, die den Professor an der University of East Anglia Dr. Philip Jones ins Rampenlicht schob, womit zugleich die Ereignisse personalisiert werden konnten. Die Meldung, daß die Emails gehackt wurden und auf einer Webseite bereitstünden, hat verdächtig schnell nach dem Hack ein als Leugner bekannter Mitarbeiter bei der University of East Anglia, Paul Dennis, an Watts, McIntyre und andere Betreiber bekannter Leugnerblogs gesendet. Über die Blogs wurde dafür gesorgt, daß die gehackten Emails weite Verbreitung fanden und sorgfältig skandalisiert wurden. Die britische Zeitung The Guardian hat eine ganze Artikelserie dazu. Aber der wesentliche Teil ist hinter diesem Link.


Die gehackten Emails selber sind natürlich ergiebiges Futter für Skandale aus einem schlichten Grund: Emails sind ein Zwischending zwischen Brief und Gesprochenem. Man formuliert salopp, schickt manchmal ab, ohne Korrektur zu lesen und ohnehin schreibt man, wenn man sich unter vier Augen weiß so manches, das man bereits in der Gruppe unterlassen würde. Vor allen Dingen kotzt man sich in Emails auch mal aus, um dann danach, schon abreagiert, so manche angedrohte Tat doch zu unterlassen. Wenn dann solche Emails plötzlich in die Öffentlichkeit gezerrt werden, stehen die Schreiber mit runtergelassenen Hosen da. Niemand sieht in der Pose elegant aus. Und das trifft eine weitere Neigung der Medien: die Neigung zu skandalisieren. In diesem Fall, behandele Äußerungen in Emails so, als stünden sie irgendwo in Stein gemeißelt und durchforste sie auf den Verdacht auf Fehlverhalten. Das ist möglich, indem verfängliche Stellen aus dem Zusammenhang geschnitten und böswillig interpretiert werden. Etwa die elegante Methode, Paläotemperaturdaten und die globalen Messungen zusammenzufügen, wurde als Trick bezeichnet. Böswillige Interpretation macht daraus einen Trick, eine angebliche globale Abkühlung zu verbergen. In einer anderen Email ist Phil Jones so genervt von dem Mißbrauch von Anfragen auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes, daß er im Zorn schreibt, man solle alle Emails löschen, die dies betreffe. Untersuchungen haben gezeigt, daß keine Emails gelöscht wurden. Trotzdem wurde Jones unterstellt, er hätte illegal Informationen vernichten wollen. Rein rechtlich gesehen war das Vorhaben illegal, die Tat allerdings verjährt. Doch es bestehen Zweifel, ob der Ausbruch im Zorn ernst gemeint war, denn wie gesagt, wurde er nicht umgesetzt. Ein weiterer Vorwurf war, daß die Emails gezeigt hätten, daß Jones, Mann und andere Arbeiten unliebsamer Konkurrenten aus dem IPCC-Bericht der Arbeitsgruppe 1 heraushalten wollten, selbst wenn dabei umdefiniert werden müßte, was fachbegutachtete Literatur ist. Auch dies war eine Formulierung, die nachweislich so nicht umgesetzt wurde. Die dabei erwähnte Arbeit von McKitrick und Michaels 2004 zu Korrelationen zwischen Temperaturanstieg und ökonomischen Zentren wurde im IPCC-Bericht durchaus zitiert, wovon man sich hier leicht überzeugen kann. Bei über 1000 Emails läßt sich so eine Serie angeblicher Skandale produzieren, sehr zum Vergnügen der Presse, die das Gesetz der Serie liebt und zugleich personalisieren und skandalisieren kann. Umso besser, wenn es dabei nach Streit unter Wissenschaftlern aussieht. Und hier gehen wir von den CRU-Emails zum IPCC hinüber.

Journalisten wollen, daß ihre Werke Leser finden. Leser wiederum wollen nicht einfach Informationen haben, sie wollen spannende Informationen haben, im Zweifelsfall lieber spannendes als informatives. Spannend sind Kontroversen, nicht der Konsens. Wenn es irgend geht, sollte der Journalist die Kontroverse berichten. Deshalb bekommen Spinnertheorien, Leugner und Betroffenheitstrolle in den Medien ungefähr so viel Raum wie die gesamte seriöse Wissenschaft – und das ist schon ein gutes Verhältnis. Nur ein Beispiel: die Berichterstattung über die empfundenen IPCC-Pannen nimmt um über eine Größenordnung mehr Raum ein als die Tatsache, daß die abgelaufene Dekade die höchste mittlere Temperatur seit Beginn der globalen Messungen zeigte und zwar in etwa der Größe, wie von den Modellen erwartet. Die Behauptung, es gäbe in diesem Jahrzehnt eine globale Abkühlung oder Pause in der globalen Erwärmung, ist gründlich von den Messungen widerlegt. Aber eben, weil es nur ein Bestätigung dessen ist, was wir schon wissen, ist die Meldung langweilig und nicht berichtenswert. Daß die IPCC-Berichte nicht 100% fehlerfrei sind, ist hingegen für die Medien eine Überraschung. Da wird jetzt jedes Detail berichtet, egal wie unrepräsentativ und unbedeutend es ist. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, daß jetzt bereits mehr über die Fehler oder eingebildeten Fehler der IPCC-Berichte geschrieben wurde als 2007 über den Inhalt der Berichte bei ihrer Veröffentlichung. Für die Öffentlichkeit heißt das, daß sie eine ausführlichere Berichterstattung über einige fehlerhafte oder nicht ganz einwandfreie Absätze des Werkes erhält (weniger als 1% davon) als über den tatsächlichen Inhalt in den übrigen über 2000 Seiten und insbesondere über die Kerninhalte, die den tatsächlichen Konsens der Wissenschaft wiedergeben.

Nachdem mit den fehlerhaften Angaben zum Abschmelzen der Himalaya-Gletscher das Eis gebrochen war, folgte ein echter oder angeblicher Fehler dem anderen. In fast allen Fällen hielt der Fehler nicht, was die Skandalankündigung versprach. In Amzonasgate ging es darum, daß Angaben zum Anteil des durch die Erwärmung gefährdeten Regenwaldes falsch seien und von der Literatur nicht gedeckt würden, wie James Delingpole in der britischen Zeitung auf Toilettenpapierstatus Daily Telegraph behauptete. Es stellte sich heraus, daß die Angaben auf einen Artikel in Nature zurückgingen und korrekt waren, nur hätte man besser auch Nature zitiert, statt einem WWF-Bericht, der wiederum den Nature-Artikel zitierte (Soares-Filho, B. S., D. C. Nepstad, L. M. Curran, G. C. Cerqueira, R. A.Garcia, C. A. Ramos, E. Voll, A. McDonald, P. Lefebvre, and P.Schlesinger (2006), Modelling conservation in the Amazon basin, Nature, 440(7083), 520-523.). Allerdings war dabei ein Problem, daß der Artikel nicht mehr innerhalb des Redaktionsschlusses des IPCC-Berichts publiziert wurde.

Dann stellte sich heraus, daß an einer Stelle des IPCC-Berichts eine falsche Prozentangabe zum Anteil der Niederlande gegeben wurde, die unter dem Meeresspiegel lägen. Der Fehler ist vor allem peinlich, da so etwas in einem beliebigen Geographiebuch über die Niederlande nachgeschlagen werden könnte, ist aber alles andere als ein Skandal

Im IPCC-Bericht erläutert die Arbeitsgruppe 2, daß ein Drittel der Bevölkerung Afrikas in dürregefährdeten Regionen lebten. Sie beziehen sich auf Seite 11 eines Berichts des World Water Forum, aus dem aber nicht klar wird, welche Region damit eigentlich gemeint wird. Auch hier wieder gibt es keinen echten Skandal, wenn man sich im Original anschaut, daß es hier um einen einzigen Satz geht, bei dem über ein unsauberes Zitat von einer Region auf den Kontinent generalisiert wurde.

Angereichert wird die Liste der Fehler bzw. „Fehler“ im IPCC-Bericht durch Enthüllungen über Pachauri. Da ist die TERI-Geschichte, bei der Pielke jr. Unterstellungen gesät hatte, die er nicht belegen kann. TERI ist eine Non-profit-Organisation, von der Pachauri ein fixes Gehalt bezieht. Der Vorsitz beim IPCC selbst ist ein unbezahltes Ehrenamt. Einflußnahme von Pachauri auf den Inhalt des Asienkapitels der Arbeitsgruppe 2 ist eine absurde Behauptung und durch nichts belegt, daher auch eine reine Unterstellung, daß hier TERI unterstützt werden sollte.

Es geht aber noch absurder. Das britische Toilettenpapier Daily Telegraph schreibt hier, daß Pachauri einen Roman geschrieben hätte und nutzt das, um die Seriosität Pachauris anzuzweifeln. Da die Skandalserie erst mal aufgebaut ist, kann sogar ein solches Nichts einer Meldung plaziert werden, um dabei zu skandalisieren und zu personalisieren. Man greift Pachauri an, um damit das IPCC zu erledigen, womit wiederum die Aussagen des IPCC erledigt werden sollen. Die globale Erwärmung verschwindet damit zwar nicht, aber Umfragen zeigen, daß der Zweifel an den Aussagen des IPCC bei der Bevölkerung wächst. Und nur darum geht es. Daß einige Wissenschaftler nun auch Pachauris Abgang fordern, paßt gut in die Serie und wird in den Medien gerne aufgegriffen. Vielleicht sind diese Wissenschaftler aber naiv, denn im Grunde hält keiner der Vorwürfe gegen Pachauri der näheren Untersuchung stand. Daß Pachauri Industriekontakte hat und kein Klimawissenschaftler ist, war bei seiner Berufung bekannt und damals sogar der Grund seiner Berufung. Seine Abberufung wäre reine Symbolpolitik. Verbesserungen bei der Erstellung der IPCC-Berichte sind eher eine Frage der Organisation des Zeitplans für die Veröffentlichung und der Einführung einer Fachbegutachtung der Arbeitsgruppen 2 und 3 durch die Arbeitsgruppe 1, Das kann mit oder ohne Pachauri eingeführt werden.


Am Ende führt das Gesetz der Serie dazu, daß selbst Journalisten, die bisher eher ausgewogen oder IPCC-freundlich berichteten, plötzlich auf den rollenden Zug aufspringen. Da wäre Monbiot, der sich mit dem „Skandal“ der verlorengegangenen chinesischen Stationsorte befaßt und Revkin, der einen Kommentar zum IPCC-Bericht im Entwurfsstadium fälschlich auf die Endfassung bezieht und noch einen draufsetzt.

Der britische Guardian hatte anhand der CRU-Emails Hinweise gefunden, daß Jones bei einem 1990 zusammen mit Wang veröffentlichten Artikel zum Wärmeinseleffekt in chinesischen Temperaturdaten Probleme hatte, die Stationsmetadaten wiederzufinden. Diese waren verloren gegangen. Damit war aber die Arbeit von 1990 erst mal nicht reproduzierbar, was nicht sein darf. Zudem kam der Verdacht auf, Wang hätte schlampig gearbeitet und daher wäre nicht auszuschließen, daß durch Verlegungen von Stationen deren Zeitreihen inhomogen seien. Dann könnte man daraus keine Aussagen ableiten, wie stark sich der Wärmeinseleffekt bei ihnen ausgewirkt hat. 1990 ist aber lange her. Wie ich schon schrieb, gibt es inzwischen eine Reihe anderer Arbeiten zum Thema. Noch wichtiger aber ist, daß man die alten Zeitreihen mit aktuellen Zeitreihen für die damals gewählten Stationen vergleichen kann, indem man halt die chinesischen Daten neu auswertet. So kann man schauen, ob die damals hergestellten Temperaturzeitreihen korrekt waren. Wahrheitsfindung nach Journalistenart sieht hingegen folgendermaßen aus. Der Guardian schreibt einen Artikel, in dem verbreitet wird, daß es hier einen neuen Skandal gäbe: der Leiter der Climate Research Unit Phil Jones hätte Fehler in den alten Daten vertuschen wollen. Wie gesagt, waren die Stationsmetadaten verloren gegangen und mußten neu beschafft werden. Für die Journalisten ist das eine über 20 Jahre gehende Vertuschung, daher wird natürlich Jones Kopf gefordert, Verzeihung, sein Rücktritt. Die zeitliche Dynamik findet sich dann im Blog des Guardian-Journalisten Monbiot. Weil die University of East Anglia bis zum nächsten Morgen nach dem Artikel noch keine Stellungnahme liefern konnte, sollte nach seiner Meinung auch gleich noch die PR-Sekretärin abtreten. Tatsächlich lieferte die Universität aber an diesem Tag eine Stellungnahme ab, in der man nachlesen konnte:
1. Die in einer Anfrage geforderten Daten und Stationsmetadaten waren zwischenzeitlich beschafft und veröffentlicht worden.
2. In einer Publikation von 2007 konnte man die Zeitreihen reproduzieren (siehe Graphik hinter dem Link).
3. Weitere Publikationen seit 1990 von verschiedenen Autoren brachten vergleichbare Ergebnisse, die als Bestätigung der Arbeit von Jones und Wang 1990 dienen können.
An sich ein Freispruch erster Klasse. Aber nicht für Monbiot, der nun einmal in Jones den Bösen dieser Geschichte identifiziert hat und ihn nicht mehr laufen lassen kann. An der Diskussion zum Blogartikel fällt einem jedenfalls auf, daß sämtliche Argumente an dem Mann abperlen, den ich sonst als eher gutwillig und kompetent kennengelernt hatte.

Der andere Fall bezieht sich auf Andrew Revkin, einen früheren Journalisten der New York Times, der relativ zu vielen seiner Kollegen einen anständigen Wissenschaftsjournalismus zustande brachte. Doch im Sog der ganzen sogenannten Skandale ist auch er schließlich auf den Zug aufgesprungen (oder eher darunter). Er hat ein Machwerk aus dem Blog eines gewissen Bishop Hill zum Anlaß genommen, einen völlig absurden Angriff auf den Bericht der 1. Arbeitsgruppe beim IPCC zu starten. Jener Blogger hatte eine Kritik eines Wissenschaftlers zu einem Rohentwurf der Zusammenfassung des 9. Kapitels so gepostet und kommentiert, als hätte sich der Wissenschaftler Dr. Lacis auf den fertigen Bericht bezogen. Der Bericht wurde aber danach überarbeitet. Lacis hat selbst erklärt, daß er mit dem Bericht inzwischen einverstanden ist. Eine klassische Nichtmeldung also. Aber da wir schon die Serie haben, muß da doch ein Skandal zu holen sein? Den fabriziert Revkin zunächst mal, indem er fleißig Leugnerblogs zitiert, statt seriöse Quellen, obwohl eigentlich jeder weiß, was er z.B. von Watts Up With That als Quelle zu halten hat. Und weil Lacis, wie gesagt, einfach den Skandal wegwischte, indem er darauf hinwies, daß der überabeitete Artikel nun seiner Meinung nach ok sei, suchte Revkin halt nach seinem eigenen Skandal. Und fand dann heraus, daß, wenn man zwei Sätze einfach aus dem Zusammenhang reißt und mal ganz schnell vergißt, daß rund herum lauter Hinweise darauf stehen, daß man immer gewisse Restunsicherheiten berücksichtigen müsse, man in diese Sätze hineinlesen könnte, daß hier behauptet würde, die anthropogene Erwärmung sei in Temperaturmessungen sicher nachgewiesen worden. Also, einfach etwas aus dem Zusammenhang reißen und schon hat man dem IPCC wieder einen Skandal nachgewiesen. Und die nachfolgende Diskussion zeigt dann die völlige Beratungsresistenz des Journalisten, sobald er sich in eine Ansicht verbissen hat.

Das Gesetz der Serie sorgt dafür, daß inzwischen viele Menschen davon überzeugt wurden, das IPCC sei eine völlig desolate Institution, bei der Köpfe rollen müßten und alles geändert werden müßte. Und natürlich finden sich inzwischen auch Wissenschaftler, die Änderungen fordern. Von der ganzen Medienkampagne bleibt wohl keiner unberührt. Irgendwie geht aber dabei unter, daß die IPCC-Berichte zu 99,9% unbeanstandet geblieben sind und sich die meisten Anschuldigungen als heiße Luft erwiesen haben. Das Thema Hurrican-Gate überlasse ich dann mal folgenden Quellen (hier bei Klimakrise und hier bei Rabett Run) und verweise außerdem für wichtige Hintergründe hierhin (inklusive der weiteren Links dort), denn ich habe keine Lust noch mehr dazu zu schreiben...