Samstag, 19. April 2008

Warum nimmt man 30-Jahreszeiträume zur Bestimmung von Klimatrends?

Ich hatte zuvor schon auf den Unterschied zwischen Wetter und Klima hingewiesen und erläutert, daß es nicht sinnvoll ist, auf Klimatrends aus zu kurzen Zeitreihen zu schließen (siehe auch hier). In diesem Zusammenhang fällt oft der Hinweis, daß man klimatologische Trends "üblicherweise" auf der Basis von 30 Jahren bestimmt. Diese 30 Jahre sind nicht etwa eine Naturkonstante, die man exakt bestimmen könnte. Das kann auch schon deshalb nicht gehen, weil in der Klimatologie so unterschiedliche Größen betrachtet werden wie eine mittlere Temepratur oder ein mittlerer Wind, der mittlere Jahresgang einer Größe oder die mittlere Varianz von Windrichtung und -geschwindigkeit oder die mittlere Häufigkeit für Schwachwindlagen. Letzteres sind sogar ökonomisch wichtige Größe, wenn man z.B. bestimmen will, ob sich an einem Standort eine Windkraftanlage lohnt.

Der Klimatologe steht vor einem Dilemma. Einerseits muß er so lange Daten sammeln und mitteln, bis alle statistischen Größen nur noch einen geringen Fehler haben. Je mehr Daten, desto kleiner der Fehler (die Konfidenzintervalle) von Mittelwerten, Standardabweichungen usw. Andererseits wird aber, je länger Daten gesammelt werden, desto deutlicher, daß auch ein Trend unterliegt, weil das Klima nicht, wie man noch im 19. Jahrhundert glaubte, über einige Jahrzehnte als konstant angenommen werden kann.

30 Jahre als Zeitraum, über dem man Daten zusammenfassen muß, um klimatologisch belastbare Aussagen machen zu können, die einerseits frei sind von der Betrachtung des Wetters, andererseits nicht vom unterliegenden Trend dominiert werden, ist daher ein reiner Erfahrungswert. Man kann auch sagen, eine pragmatisch begründete Konvention, insoweit zwar nicht herleitbar, aber auch nicht willkürlich. In diesem Sinne legt auch die WMO 30-jährige klimatologische Bezugszeiträume fest, die jeweils von 1901 bis 1930, 1931-1960 und 1961-1990 reichen (Klimanormalperioden). Auch in fast jeder Einführung zur Klimatologie wird auf diesen Zeitraum verwiesen.

Wenn nun dieser 30-Jahreszeitraum ein pragmatischer Wert ist, heißt das natürlich im Umkehrschluß, daß ich für jede spezifische Frage mir auch überlegen kann, ob ein anderer Wert sinnvoll ist. Speziell wenn ich die globalen Temperaturen am Boden betrachte, und wenn ich dabei Monats- oder gar Jahresmittelwerte betrachte, könnte ich ja Größen haben, die statistisch gesehen stabiler sind als die einzelnen Mittelwerte (10-minütlich, stündlich oder täglich) an einer Meßstation. Ich weiß allerdings schon, daß es wohl nicht so ist, wenn ich nur einen ersten Blick auf die Daten werfe. Wenn ich die Temperaturzeitreihe des Hadley Centres nehme, kann ich für z.B. die 30 Jahre von 1978 bis 2007 statistische Größen bestimmen. Insbesondere eine lineare Regression durchführen und den Trend herausnehmen. Die Geradensteigung für die Jahresmittel ist a=0,0164, der Achsenabschnitt b=-32,45. Die Funktion der mittleren Trendtemperatur T als Funktion der Jahreszahl j lautet also:

T=a*j+b

Ziehe ich diese Trendtemperatur von den tatsächlichen Jahresmitteln t ab, bleiben Residuen, die die Streuung der Temperaturenmittel um den Trend darstellen. Ich lasse hier jetzt mal aus, daß diese Residuen autokorreliert sind, und schaue mir deren Standardabweichung an. Sie errechnet sich zu 0,089. Das heißt, 68,3% der Werte lägen bei einer Normalverteilung innerhalb des Bereichs von Trend plus/minus Standardabweichung. Will ich die Streuung besser erfassen (95,4% der Werte), nehme ich gleich die 2-Sigma-Grenze, verdoppele also die Standardabweichung auf 0,18. Das heißt, wenn ich einen Klimatrend bestimmen will, muß dieser groß sein gegen den Wert 0,18 Grad für den betrachteten Zeitraum. Nun habe ich bereits für diesen Zeitraum von 30 Jahren einen Trend von 0,016 bestimmt. Um also auch nur vergleichbar groß zu sein wie das Rauschen, sollte ich mindestens über 11 Jahre den Trend beobachten. Um ein Signal deutlich über dem Rauschen zu haben, sollte der akkumulierte Trend doppelt so groß sein wie die doppelte Standardabweichung. Dazu würde ich 22 Jahre brauchen (22*0,0164=0,36). Damit komme ich den 30 Jahren bereits nahe.

Das ist aber immer noch nur eine oberflächliche Betrachtung. Wenn der Trend stärker wäre (und das wird für die Zukunft erwartet), brauche ich natürlich weniger Jahre, um ihn festzustellen. Umgekehrt aber brauche ich mehr Jahre, wenn der Trend schwächer ist. Genau das ist dann das Problem, wenn man einen Trendwechsel feststellen will, und dieser uns nicht den Gefallen tut, schlagartig zu wechseln, so daß ein deutlich sichtbarer Bruch in der Zeitreihe auftritt. Wenn tatsächlich wahr wäre, daß die globale Erwärmung zum Stillstand gekommen wäre, dann würden 10 Jahre an Daten definitiv nicht ausreichen, dieses zu belegen. Selbst 20 Jahre wären nach den sehr vereinfachten hier vorgebrachten Überlegungen nicht ausreichend. Mit den klimatologisch üblichen 30 Jahren hätten wir auch hier den richtigen Maßstab.

In einem Folgebeitrag möchte ich diese Frage noch vertiefen.

13 Kommentare:

Ohne Worte hat gesagt…

Sie gehen davon aus, dass es sich um einen linearen Trend handelt. Schon diese Annahme ist falsch. 30 Jahresintervalle zu linearisieren ist absurd. Das Met Office verwendet nicht ohne Grund eine binomische Glättung per anno. Der Trend zeigt die letzten Jahre nach unten. Die Datensäte der 4 bzw. 5 Institute, welche eine Globaltemperatur veröffentlichen, zeigen einen übereinstimmenden Verlauf (Bodenmessungen & Satellitenmessungen sind übereinstimmend). Die Temperaturen steigen die letzten Jahre nicht mehr an.

Ohne Worte hat gesagt…

Nachtrag:

http://www.oekologismus.de/?p=942

J. Zimmermann hat gesagt…

Wenn ich eine lineare Regression durchführe, muß das nicht bedeuten, daß ich tatsächlich annehme, daß den untersuchten Daten eine lineare Funktion zugrunde liegt. Es reicht aus, daß die Daten in einem hinreichend eingeschränkten Gebiet betrachtet werden, in dem nichtlineare Funktion noch nicht stark von der Linearität abweichen. Die Behauptung, die Annahme sei falsch, daß es sich hier um eine (quasi-)lineare Funktion in dem betrachteten Zeitraum handelt, erfordert außerdem den Nachweis. Welche nicht-lineare Funktion ist denn für den betrachteten Zeitraum anzunehmen? Angesichts der Streuung wäre es unangemessen, hier eine höherparametrische Regression vorzunehmen. Tatsächlich gibt es sogar einen physikalischen Grund, anzunehmen, daß den Daten eine lineare Funktion unterliegt, wenn ich alle anderen Einflüsse als Rauschen betrachte: die CO2-Konzentration steigt exponentiell an, der daraus resultierende Strahlungsantrieb steigt logarithmisch, und die Faltung ergibt somit eine lineare Funktion der Temperatur. Ich muß also sogar eine lineare Fuktion erwarten, speziell über einen so kurzen Zeitraum wie 30 Jahre. Die Behauptung, eine Linearisierung für einen 30-Jahreszeitraum sei absurd, ist daher aus einer ganzen Reihe von Gründen widerlegt.
Was das UK Met Office mit seinen Daten macht, ist für mich unerheblich. Wenn Sie ihre klimatologischen Zeitreihen in einem bestimmten Zusammenhang einer binomischen Glättung unterziehen, dann hat das sicher dort seine Gründe, die müßte man dort in dem Zusammenhang anschauen. Das sagt aber nicht im geringsten etwas darüber aus, ob die Kollegen beim UK Met Office die Daten für linearisierbar halten. Und ich wäre auch sehr, sehr verwundert, wenn die da eine andere Meinung verträten als ich ;).
Der Trend der letzten Jahre zeigt nicht nach unten. Ich habe ja auch mit diesem Beitrag erläutert, warum eine solche Aussage an sich schon nicht gemacht werden kann. Ich kann aus so einer Behauptung nur schließen, daß sie sich gar nicht die Mühe gemacht haben, den Beitrag hier inhaltlich nachzuvollziehen. Ob eine Trend sich ändert, erfordert, daß dazu ein Signal vorhanden ist, das das Rauschen übersteigt. Sie können an dem von mir dargestellten Beispiel nachvollziehen, daß man nach wenigen Jahren definitiv keine Ausage über eine Trendänderung machen kann, es sei denn, mehrere Jahre würden schlagartig um mehr als 2 Standardabweichungen vom bisherigen Trend abweichen. Das wurde nicht beobachtet.
Die verschiedenen globalen Temperaturzeitreihen von GISS, HADCRU, NCDC und die satellitengestützten Zeitreihen von RSS und UAH zeigen selbstverständlich übereinstimmende Trends mit geringen Abweichungen, weil sie ja praktisch das gleiche anzeigen - bodennahe globale Temperaturanomalien. Die Zeitreihen sind also hochkorreliert, und zwar insbesondere auch in dem Anteil, der nach der linearen Regression übrig bleiben soll, dem "Wetter" bzw. Rauschen - der Beitrag des Wetters ist größer als das Rauschen durch Unterschiede im Interpolationsverfahren, in den Datensätzen usw. Man kann sich davon überzeugen, indem man für alle Zeitreihen die lineare Regression durchführt, den linearen Trend abzieht und dann nur die Residuen der verschiedenen Zeitreihen korreliert. Die Residuenzeitreihen sind weiter stark korreliert. Durch diese starke Korrelation ist es nicht möglich, daß durch eine Mittelung der verschiedenen Zeitreihen das Signal-Rausch-Verhältnis verbessert wird. Daher kann eine solche Mittelung nicht dazu dienen, mit weniger Punkten bereits einen signifikanten Trend zu bestimmen.

J. Zimmermann hat gesagt…

Zu dem Link auf oekologismus: selten so einen Unsinn gelesen. Die Begründung habe ich im oberen Kommentar bereits gegeben. Der Autor des Beitrags auf oekologismus offenbart eine grundlegende Unkenntnis dessen, was eigentlich hinter einer Geradenanpassung steht. Dahinter steht ja das Modell Y= aX +b + e. e ist die als normalverteilt angenommene Größe, die das Rauschen repräsentiert. Was im Sinne der linearen Regression als Rauschen betrachtet wird, kann aber durchaus eine physikalisch interpretierbare Funktion enthalten. Im Falle der globalen Zeitreihe ist das sogar zu erwarten. Dahinter stecken z.B. die Einflüsse von Vulkanausbrüchen, ENSO-Zyklen und andere größere Variationen des globalen Wetters. Weiterhin ist dem Autor nicht klar, daß um einen hinreichend kleinen Raum dx um einen Wert x0 die Funktion Y(x) (x=x0+dx) durch eine Linearisierung approximiert werden kann. In einem Lehrbuch zur Infinitesimalrechnung kann man sich den Beweis anschauen. Und man kann sich ja leicht durch die Arbeit mit den hier betrachteten Zeitreihen davon überzeugen, daß die Linearisierung hier für einen 30-Jahreszeitraum eine brauchbare Approximation ist, was sich z.B. in der Stabilität des so bestimmten Trends zeigt, wenn man Verschiebungen des betrachteten Zeitfensters durchführt.

Ohne Worte hat gesagt…

Unseriöse Diskussions/-desinformationstaktiken

http://www.infokrieg.tv/desinfo.htm

J. Zimmermann hat gesagt…

Sieht so aus, als fehlten Ihnen die Argumente. Als Reaktion auf Sachbeiträge ist der letzte Beitrag jedenfalls sehr unangemessen.

Ohne Worte hat gesagt…

Ihr Problem. Die Kurvendiskussion endet nicht bei der Graden. Erst behaupten Sie, bei kurzen Zeitintervallen (unter 30 Jahren) wären die Unsicherheiten zu groß. Dann sind Sie der Meinung, dass man durch hinreichend kleine Abschnitte Graden (als Näherung) legen kann. Sie widersprechen sich hier.

„Welche nicht-lineare Funktion ist denn für den betrachteten Zeitraum anzunehmen?“

Keine. Man kann höchstens die Daten glätten. Bei Gezeitenkurven wendet man z.B. die harmonische Analyse an, um der Natur nahe zu kommen. Die Eigenschwingungen und Konstanten im System sind hier einigermaßen bekannt. Im Klimasystem ist das nicht der Fall. Es gibt zu viele Unbekannte, aus diesem Grund kann man die Eigenschwingungen nicht durch eine Funktion annähern, schon gar nicht durch eine lineare.

„Tatsächlich gibt es sogar einen physikalischen Grund, anzunehmen, daß den Daten eine lineare Funktion unterliegt, wenn ich alle anderen Einflüsse als Rauschen betrachte: die CO2-Konzentration steigt exponentiell an, der daraus resultierende Strahlungsantrieb steigt logarithmisch, und die Faltung ergibt somit eine lineare Funktion der Temperatur.“

Die CO2-Konzentration steigt nicht exponentiell, sondern quadratisch. Legen Sie ein Fit durch die CO2-Daten (Mauna Loa), dann sehen Sie das. Der Zusammenhang zwischen CO2-Anstieg, Stahlungsantrieb und Temperaturanstieg wird aus den Strahlungstransfermodellen abgeleitet. Die Formel stammt nicht aus Direktmessungen. Ein rein theoretischer Zusammenhang. Es handelt sich zudem um Näherungslösungen, da sich die Gleichungen nicht analytisch lösen lassen. Direktmessungen mit Pyrgeometern und Interferrometern zeigen ähnliche Ergebnisse, allerdings wird das Signal idR per WMO-Formel aus der ins Gerät einfallenden Strahlung herausgerechnet. Auch die WMO-Formel wurde theoretisch abgeleitet. Theoretisch abgeleitete Messungen sollen also eine theoretisch hergeleitete Formel bestätigen.

„Was das UK Met Office mit seinen Daten macht, ist für mich unerheblich... Das sagt aber nicht im geringsten etwas darüber aus, ob die Kollegen beim UK Met Office die Daten für linearisierbar halten. Und ich wäre auch sehr, sehr verwundert, wenn die da eine andere Meinung verträten als ich ;).“

Ihre Kollegen? Was die machen ist für Sie unerheblich? Nun, diese zeigen einen Graphen, der nach unter zeigt. Sie sagen aber es geht weiter nach oben. Wo ist da die gleiche Meinung?

„Die Zeitreihen (GISS, HADCRU, NCDC, RSS, UAH) sind also hochkorreliert, und zwar insbesondere auch in dem Anteil, der nach der linearen Regression übrig bleiben soll, dem "Wetter" bzw. Rauschen - der Beitrag des Wetters ist größer als das Rauschen“

Wetter und Rauschen? Wir hatten also in den letzten 6,7... Jahren Wetter und Rauschen, welches stärker war als das lineare Signal des CO2? Eine ziemlich lange Zeit wie ich meine. Ein merkwürdiger Zufall, dass das Wetter der letzten Jahre sich ausgerechnet in diese Richtung entwickelt hat, dass es das CO2-Signal negativ ausgleicht. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür?

„Was im Sinne der linearen Regression als Rauschen betrachtet wird, kann aber durchaus eine physikalisch interpretierbare Funktion enthalten. Im Falle der globalen Zeitreihe ist das sogar zu erwarten. Dahinter stecken z.B. die Einflüsse von Vulkanausbrüchen, ENSO-Zyklen und andere größere Variationen des globalen Wetters.“

Größere Vulkanausbrüche hatten wir in den letzten Jahren nicht. ENSO, PDO, NAO, AMO, AO, AAO (Wettersysteme) und dergleichen bilden sich als Temperaturstörung der Region ab. Diese kann man aus der Globaltemperatur herausrechnen. Macht man das, dann bleibt aber kein linearer Temperaturanstieg übrig, wie ihn das CO2-Signal zeigen sollte. Die Albedo ist gleichzeitig zurückgegangen (z.B. Rückgang des Eises, Die Wolkenbedeckung hat sich seit ‘76 beträchtlich verringert) und CO2 hat sich stark erhöht. Damit sollte sich ein deutlicher Temperaturanstieg zeigen, trotz Wetter und Rauschen.

„Und man kann sich ja leicht durch die Arbeit mit den hier betrachteten Zeitreihen davon überzeugen, daß die Linearisierung hier für einen 30-Jahreszeitraum eine brauchbare Approximation ist, was sich z.B. in der Stabilität des so bestimmten Trends zeigt, wenn man Verschiebungen des betrachteten Zeitfensters durchführt.“

Machen Sie das bitte. 30 Jahresintervalle, die Sie jeweils in Jahresschritten verschieben. Ich bin sehr auf die Fehlergrenzen gespannt.

J. Zimmermann hat gesagt…

Schön, daß Sie wieder zur Sache schreiben. Schade aber auch, daß Sie mit diesem Beitrag erneut bei mir den Eindruck erwecken, daß Sie den Artikel eigentlich nicht richtig gelesen haben.
Sinn des Artikels ist es, die Frage zu beantworten, ab wann man eigentlich einen klimatologischen Trend feststellen kann. Diese Fragestellung erfordert es, zwischen Trend und aufliegenden anderen Variationen zu unterscheiden. Es spielt keine Rolle, welcher Art diese Variationen sind, obwohl natürlich mit dem Ansatz, über eine lineare Regression den Trend festzustellen, diese Variationen nicht zu verschieden von einer Normalverteilung um den Trend sein sollte. Für eine nullte Näherung ist der Ansatz aber robust genug.
Sie meinten, ein linearer Ansatz sei nicht angemessen. Sie können aber keine nachvollziehbaren Gründe dafür angeben. Sie können keine andere Funktion angeben, die besser anzupassen wäre. Ich könnte auch keine andere Funktion nennen, denn der Datensatz gibt auch nichts anderes her.
Wenn ich den Trend bestimmt habe, kann ich automatisch auch Aussagen darüber treffen, wann der Trend gegenüber anderen Variationen in der Zeitreihe signifikant wird. Und die Antwort ist eindeutig: weder 6 noch 10 Jahre reichen aus, den Trend zu bestimmen. Sie können dazu keine andere Antwort geben, weil es keinen Weg gibt, einen signifikanten Trend zu bestimmen, wenn das aufliegende Rauschen größer ist, als die Trendkomponente.
Sie reden hier über Glättungen und abschnittsweise Linearisierungen. Sie könnten auch über Splines und andere mehrparametrische Anpassungen reden. Die haben alle einen Sinn in einem bestimmten Zusammenhang. Deshalb auch meine ironische Bemerkung zu der Präsentation des Hadley Centres. Für das, was dort gemacht wird, ist es sinnvoll. Für genau die Frage, die ich hier behandele, nicht. Auch, ob z.B. Rahmstorf in igrnedeinem Zusammenhang die Kurve mit 11-Jahresdurchschnitten glättet, mag für seine Anwendung sinnvoll sein - hier ist es das ncht. Man wendet immer das statistische Verfahren an, das für die Frage sinnvoll ist, die man behandeln möchte. Und hier ist es eben die lineare Regression.
Ich sehe bei Ihnen auch das Problem, daß Ihnen nicht klar ist, wann ich über eine allgemeine Sache rede und wann über eine spezielle Anwendung. Wenn ich darauf hinweise, daß in einer gewissen Umgebung um einen Punkt jeder funktionelle Zusammenhang mit gegebener Genauigkeit linearisierbar ist, dann ist das eine ganz allgemein gültige Feststellung aus der Infinitesimalrechnung. Das Verfahren der Differenzierung beruht auch darauf. Näheres könnte ein Mathematiker erklären, meine Vorlesung dazu liegt schon 20 Jahre zurück. Was "gegebene Genauigkeit" und "gewisse Umgebung" im Einzelfall heißt, hängt vom Einzelfall ab. Im vorliegenden Fall ist wohl offensichtlich, daß ich davon ausgehe, daß 30 Jahre diese gewisse Umgebung bedeuten, und diese Annahme wird durch die statistischen Eigenschaften der Zeitreihe gerechtfertigt. Sie können die Zeitreihe um 10% oder 20% der Zeit verschieben, ohne daß sich die Steigung um mehr als 10% ändert. Bei so stark verrauschten Daten ist das für den Zweck genau genug. Sie erzählen mir hier auch, die CO2-Kurve wäre durch eine quadratische Kurve besser anzupassen. Ich bezweifele nicht, daß sie dies tun können. Allerdings können Sie über den fraglichen Zeitraum mit kaum anderem Fehler auch eine exponentielle Anpassung vornehmen und über mehrere Jahrzehnte können Sie mit vertretbarem Fehler den CO2-Anstieg auch linear anpassen, weil nämlich CO2 in den letzten 10 Jahren um ca. 2 ppm pro Jahr, also ca. 0,6% pro Jahr angestiegen ist. Bei solchen Steigerungsraten können Sie die Kurve von 300 auf 400 ppm steigen lassen und dabei könnten Sie einen exponetiellen, einen quadratischen und einen linearen Anstieg jeweils so anpassen, daß alle drei Kurven an keiner Stelle um mehr als 1% voneinander abweichen. Probieren Sie es mal aus, in einer Exceltabelle ist das eine Sache von Minuten.
Sie finden, 6 oder 7 Jahre wären ein langer Zeitraum für Wetter bzw. Rauschen? Wie lange dauern denn z.B. ENSO-Zyklen? Sie dauern 3 bis 7 Jahren. Mindestens 2 von ihnen sollten ablaufen, bevor Sie diese einigermaßen herausmitteln können. In den 90er Jahren hatten wir den Ausbruch des Mt. Pinatubo. Der lieferte 2 Jahre lang ein Signal in der Temperaturzeitreihe. Wenn Sie sich mit langen Klimazeitreihen auseinandersetzen, gewinnen Sie zunehmend ein Gefühl dafür, welchen Fluktuationen diese unterliegen, und wie lange es dauert, bis Trendkomponenten hervortreten.
Sie schlagen vor, man könnte die verschiedenen langzeitlichen Wettererscheinungen wie ENSO oder Nordatlantische Oszillation usw. herausrechnen. Natürlich kann man das. Genau dann rechnet man aber genau diesen Temperaturabfall heraus, den Sie für gegeben halten. Das, so meine Erfahrung aus mehreren Diskussionen, wollen ja die Vertreter der Ansicht, der Klimawandel hätte gestoppt, nicht geleten lassen. Weder der Hinweis, daß 1998 ein besonders starker El Nino in der Zeitreihe steckt, noch der Hinweis, daß 2007/2008 ein La Nina wirkt, wurde als störend empfunden, um vorschnell lineare Anpassungen zu rechnen oder gar einfach durch zwei Endpunkte eine Gerade zu legen, die "beweisen" sollten, daß die globale Erwärmung beendet sei. In so einem Fall kann man ja nur mit dem robustesten Verfahren kommen, mit dem man alles, was nicht zum Trend gehört, als Rauschen betrachtet.
Egal, welches Verfahren Sie anwenden, es gibt keines, daß ein Signal liefert, daß der Klimawandel in den letzten 10 oder 6 oder wieviel auch immer Jahren den Trend geändert hätte. Entweder ist das Rauschen größer als das gesuchte Signal oder man rechnet genau den Wetteranteil heraus, der dafür sorgt, daß die letzten Monate relativ zu denen davor etwas kälter waren bzw. die letzten Jahre noch nicht (nach HADCRUT3) bzw. wenig wärmer waren (GISS) als 1998.

J. Zimmermann hat gesagt…

Noch als Ergänzung, ich werde das ein andermal genauer behandeln:
Steigung der Zeitreihe HADCRUT3 (Jahresmittel) 1978-2007:0,0164
1975-2004: 0,0173
1972-2001: 0,0152
Ich habe noch nicht die Konfidenzintervalle bestimmt, aber die letzte Stelle ist definitiv nicht signifikant.
1998-2007: 0,0086
1997-2006: 0,0116
1996-2005: 0,0254
Hier kann der Fehler größer sein als die bestimmte Steigung.
Das gibt schon ein Hinweis darauf, wie wenig signifikant die Steigungen sind, die für 10-Jahreszeiträume bestimmt werden und wie robust diese statistische Größe wird, wenn man 30 Jahre betrachtet.
Nimmt man monatliche Mittel, ist das Rauschen noch deutlich größer, der Autokorrelationsanteil in der Kurve auch, und entsprechend geringer ist die Signifikanz berechneter Steigungen über einen 10-Jahreszeitraum. Konfidenzintervalle liefere ich nach, wenn ich Zeit dafür habe.

Ohne Worte hat gesagt…

Schwache Vorstellung.

Pinatubo war 1991 und nicht in den letzten 10 Jahren.

Der ENSO-Index war die letzten Jahre positiv, also verstärkend. Ebenso der NAO-Index.

Die letzten Jahre hatten wir weniger reflektierenden Eis/Schnee, weniger reflektierende Wolken, global weniger reflektierende Aerosole, ...

Also alles verstärkende Effekte zum CO2. Die Glabaltemperatur zeigt aber keine Erwärmung. Da hilft Ihnen Ihr Langzeittrend nicht :)

Ohne Worte hat gesagt…

P.S.:

Ich hätte gerne 30 Jahres Intervalle mit linearem Trend und Fehlergrenzen zwischen 1940 und 1980.

J. Zimmermann hat gesagt…

Daß Mt. Pinatubo in den letzten 10 Jahren eine Rolle spielt, habe ich nirgendwo behauptet, schließlich kann man nachschlagen, wann das Ereignis war. Aber solche Ereignisse, die aufgezählten Oszillationen und globales Wetter anderer Art tragen zu dem bei, was den Trend verdeckt. Sie zählen Punkte auf, die Ihrer Meinung nach in den letzten Jahren zu einer zusätzlichen Erwärmung geführt haben sollen. Das kann so sein. Der ENSO-Index ist allerdings derzeit negativ (siehe z.B. hier , die Einflüsse von Wolken und Aerosol auf dieser Zeitskala wären spekulativ, weil hier verschiedene Effekte ausgelöst werden und die Liste zu beachtender Einflüsse ist definitiv nicht vollständig - es gibt sehr viele und einige von ihnen sind kaum quantifizierbar.

Ich denke, der Punkt ist ausdiskutiert, denn es kommen keine neuen Argumente. Den Wunsch nach Steigungen mit Konfidenzintervallen von 1940 bis 1980 werden Sie sich sicher erfüllen können, die Rechnungen sind nicht schwierig, man muß es nur einmal aufsetzen und sich die Daten aus bekannten Quellen übertragen. Aber auch hier gilt wieder: was will man mit der Analyse bezwecken? Man kann sich die Strahlungsantriebserme für diese Zeit anschauen und wird erkennen, daß genau in diese Zeit der Moment fällt, an dem der CO2-Antriebsterm von einem unter vielen zum dominaten Term aufwuchs. Wenn ich irgendwo erwarte, daß sich der langfristige Trend ändert, dann in genau diesem Zeitraum. Ich würde also erwarten, daß genau in diesem Zeitraum die Steigung bei Verschiebung des 30-Jahreszeitraums Veränderungen zeigt. Wenn es meine Absicht wäre, einen Zeitraum vorzuführen, in dem der Trend der globalen Temperatur variiert, dann würde ich wohl diesen wählen. Außerdem hätte ich mit Temperaturdaten davor das zusätzliche Problem, daß hier der Fehler zunimmt. Das Hadley Centre gibt für die Zeit nach 1950 einen ungefähren Fehler der globalen Temperaturanomalie von 0,05 Grad an. Davor wächst der Fehler auf 0,2 Grad bis 1900. Bei Trendanalysen, die vor 1950 reichen, müßte ich das zusätzlich berücksichtigen.

Ohne Worte hat gesagt…

"Ich denke, der Punkt ist ausdiskutiert, denn es kommen keine neuen Argumente."

D.h. Sie drücken sich.

ENSO-, PDO-, NOA-, AMO-Index, ... waren die letzten Jahre (insbesondere seit 2002)überwiegend positiv, also verstärkend. Der ENSO-Index war lediglich die letzten Monate negativ, steigt aber seit Feb. wieder an.

Das die Albedo der Erde bis 2001 geringer wurde, wurde auch gemessen. Ebenso, dass die Sulfataerosole seit den 80er Jahren global stark abgenommen haben. Selbes gilt für die Wolkenbedeckung. Alles verstärkende Effekte, die sich direkt auf den Strahlungsantrieb und die Temperatur auswirken.

Die Globaltemperatur steigt aber die letzten 6,7,... Jahre nicht mehr an. Nennen Sie mir bitte abschwächende Faktoren (Wetter, Rauschen).

Das können Sie nicht? Schade :)