Sonntag, 31. Januar 2010

Betroffenheitstrolle

Überarbeitet am 4.2.2010 und weitere Korrektur am 27.2.2010:

Im englischen Internetjargon gibt es den Begriff des „concern troll“. Der Troll ist jemand, der Diskussionen stört, indem er andere provoziert. Ziel ist es, durch übertriebene, falsche, aggressive oder unsinnige Beiträge emotionale Reaktionen zu provozieren, die Diskussion vom Thema abzubringen oder Zweifel an eigentlich akzeptierten Vorstellungen zu erzeugen. Der „concern troll“, den ich mal als Betroffenheitstroll übersetze, ist eine besondere Variante. Er tut so, als akzeptierte er den Konsens in einer Gruppe, stellt diesen aber indirekt in Frage, indem er vorgibt, Probleme bei der eigenen Haltung zu finden und Grund zur Besorgnis zu haben, dass die eigene Haltung falsch ist. In Wahrheit teilt der Betroffenheitstroll durchaus nicht den Konsens, aber das versucht er zu verbergen.

Den Betroffenheitstroll findet man auch in der Klimadiskussion, wenn sich Menschen zu Wort melden, die sagen, daß sie selbst an die globale Erwärmung glauben und auch glauben, daß menschliche Treibhausgasemissionen daran schuld wären, aber bestimmte Dinge nicht verstehen. Und dann kommen so nach und nach die klassischen Einwände der Leugnerszene. Da man im Internet schwer die Motive von anderen feststellen kann, sondern sie aus der Art der Beiträge indirekt erschließen muß, kann es unter Umständen schwierig sein, einen echten Skeptiker, der nur einige Fragen loswerden will, vom „concern troll“ zu unterscheiden. Einen echten Skeptiker kann man mit Antworten befriedigen, einen „concern troll“ niemals. Für den gelegentlichen Leser mag es daher auch irritierend sein, wenn ein erfahrener Leser den „concern troll“ schon nach einem Beitrag erkennt und als solchen angreift, wenn er nach Meinung des unerfahrenen Lesers nur sehr berechtigte Zweifel vorgebracht hat, die man doch höflich beantworten könnte. Die höflichen Antworten stehlen natürlich letztlich Zeit, die produktiver verbracht werden könnte und auch das ist eines der Ziele des Betroffenheitstrolls.

Den „concern troll“ gibt es in Varianten auch in der öffentlichen Diskussion. Es kann ein Wissenschaftler sein, der vordergründig den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess vorantreiben will, indem er vorhandene Ergebnisse hinterfragt. Wenn aber die ganze Arbeit nur aus Hinterfragen besteht und niemals gesicherte Ergebnisse produziert werden, sondern immer nur Baustellen bleiben, ist hier wohl ein „concern troll“ an der Arbeit, der gar nicht will, daß man zu Ergebnissen kommt. Ein Beispiel dafür ist McIntyre und sein Blog Climate Audit, in dem er als selbst ernannter „Auditor“ Fehler in der Klimaforschung aufdecken will. Selbstredend findet er Fehler praktisch nur beim IPCC und bei der Forschung, die die globale Erwärmung aufgrund von Treibhausgasen feststellt. Und selbstredend ist das, was er als Fehler feststellt, letztlich in der Regel widerlegbar oder es sind Details ohne Effekt auf die eigentlichen Ergebnisse. Seine Feststellungen zusammen mit McKitrick über Fehler bei Temperaturrekonstruktionen durch Mann et al. 1998 haben z.B. an den eigentlichen Resultaten, der sogenannten Hockeyschlägerform der globalen Temperaturkurve der letzten 1000 oder 2000 Jahre nichts geändertdies ist von der Forschung seitdem immer wieder bestätigt worden. Auch ein Fehler in Temperaturaufzeichnungen der USA, wie sie von NOAA und GISS verwendet wurden, waren für die globale Temperaturkurve völlig bedeutungslos und änderten auch nicht die relative Reihenfolge der Jahre in den USA bei der mittleren Jahrestemperatur. Für das Nichts an erreichten Ergebnissen haben McIntyre und sein Blog allerdings den Betroffenen erhebliches an Zeit durch nervende Informationsanfragen gekostet. Kein Wunder, daß einige angefragte Stellen, wie die Climate Research Unit, diese Informationsanfragen als Versuch der Sabotage wahrnahmen und sich überlegten, wie sie McIntyre und andere seines Schlages, die Informationsnachfragen offensichtlich nur verwendeten, um Munition für weitere Angriffe zu finden, abwehren könnten.

Als solche Überlegungen durch die gestohlenen Emails verbreitet wurden, war das für andere Betroffenheitstrolle Gelegenheit, die Politisierung der Wissenschaftler zu beklagen, als wäre die nicht etwa von den Angriffen auf die Wissenschaft erzeugt worden, sondern von den angegriffenen Wissenschaftlern. Unter denen, die sich da meldeten war, welche Überraschung, auch der „honest broker“ von Storch. In den USA gibt es andere, die den Begriff des „honest brokers“ für sich in Anspruch nehmen und damit trollen. Da ist es Roger Pielke junior, ein Soziologe und Umweltökonom, der in der Regel den Standpunkt vertritt, daß es zwar eine globale Erwärmung gibt, daß man aber nicht genau wisse, wie stark sie ausfallen könne. Da die Bekämpfung der globalen Erwärmung Geld kosten würde, sollte man Kosten für Schäden durch die globale Erwärmung und ihre Bekämpfung gegeneinander abwägen. Natürlich, wenn Pielke jr. sich mit dem Thema beschäftigt, kommen die Kosten der Erwärmung niedrig und die Kosten für die Bekämpfung hoch heraus und am billigsten wird es nach Meinung von Pielke jr., wenn man wartet, bis neue Technologien entwickelt wurden, die die Reduktion der Treibhausgasemissionen billiger machen würde. Bis dahin tut man besser gar nichts. Eine Haltung, die von 1979 (JASON-Report) bis 2007 (4. IPCC-Bericht) volkswirtschaftliche Schäden von vermutlich über 100 Milliarden Euro verursacht hat, denn um mindestens so viel könnte die Bekämpfung des Klimawandels billiger sein, hätte man schon um 1980 begonnen, die Emission von Treibhausgasen zu begrenzen. Pielke jr. ist nach Meinung von Umweltaktivisten wie Joe Romm eine Sonderform des Klimaleugners, ein sogenannter Verzögerer, der nicht den Klimawandel leugnet, aber Argumente dafür sammelt, jede Maßnahme dagegen zu verzögern – auch dies eine Taktik, um Gewinne z.B. bei Unternehmen der Energiebranche zu maximieren und Steuererhöhungen zu verhindern.

Roger Pielke jr. sollte man nicht mit seinem Vater Roger Pielke senior verwechseln. Pielke sr. ist Meteorologe, der in einigen Bereichen der Klimaforschung tätig ist. Und auch er ist ein „honest broker“, der vorgibt, zwischen Leugnern, die er Skeptiker nennen würde und den Wissenschaftlern, die er als eine Gruppe von ihnen bezeichnen würde, und dabei den Begriff „Alarmisten“ höflich umschreiben würde, vermitteln zu wollen. Neutral ist diese Vermittlung nicht. Er fragt, ganz Betroffenheitstroll, dann nach, ob wir den Messungen der Temperatur am Boden trauen können, oder sie nicht durch den Wärmeinseleffekt verfälscht seien. Als graue Eminenz steht er hinter dem Projekt surfacestations.org, dessen offizieller Frontmann der Wetternachrichtensprecher Watts ist, der auch den Leugnerblog Wattsupwiththat betreibt. Hier betont man als Problem neben dem eigentlichen Wärmeinseleffekt der sich ausbreitenden Städte vor allem sogenannte "micro site issues", kleinskalige Störungen der Messungen, weil zum Beispiel eine Klimaanlage am Meßort die Messungen stören könnte. Nach Meinung der Leute bei surfacestations.org ist anscheinend zu erwarten, daß solche Störungen den Stationen ausschließlich einen Erwärmungstrend aufzwingen könnten. Man muß halt sehr feste daran glauben... Allen ernstes versucht man hier, durch Fotographien von Wetterstationen in den USA (2% der globalen Beobachtungsfläche) zu beweisen, daß diese Stationen von so schlechter Qualität seien, daß keine belastbaren Aussagen zum globalen Temperaturanstieg möglich seien. Diese Unterstellung ist offensichtlich lächerlich. Selbst wenn die Messungen in den USA kontaminiert wären, wäre das für die globale Temperaturentwicklung nahezu bedeutungslos. Hier dominiert der Temperaturanstieg über den Meeren, wo ein Wärmeinseleffekt sicher keine Rolle spielt. Das zeigt auch der Vergleich mit den Satellitenmessungen, die ebenfalls vom Wärmeinseleffekt nicht betroffen sind. Das zeigte auch eine Studie von NOAA, die die Temperaturentwicklung guter und schlechter Messstationen laut Watts verglich und keine signifikanten Unterschiede fand. Auch eine erneute Analyse von Menne et al. 2010 zeigte, daß die Klassifizierung von Watts, die von Pielke sr. im Hintergrund gedeckt wurde, nahezu bedeutungslos für die Temperaturentwicklung ist.

Also: Betroffenheitstrolle geben vor, zu einer Gruppe zu gehören, betrachten diese Gruppe oder die in ihr gehaltenen Überzeugungen vorgeblich kritisch und betroffen, und versuchen so, Zweifel in dieser Gruppe zu erzeugen oder ihre eigene Agenda zu betreiben, wie zum Beispiel, Ansehen als kritischer und unabhängiger Kommentator zu gewinnen. Das kann dann auch helfen, zum Beispiel eigene Bücher zu vermarkten (wenn man unbedingt Motive suchen will).

Ein Beispiel für Betroffenheitstrollen geben zwei der vorgenannten Personen und eine dritte, nämlich von Storch, Pielke jr. und Roger Tol. In einem Artikel, der bei Spiegel Online heißt „Rettet den Weltklimarat“, zumindest für Pielke jr. wohl kaum etwas, was der Mann retten will, eher behindern, geht es im Grunde darum, daß in den über 2000 Seiten der drei Berichte der IPCC-Arbeitsgruppen bei Detailfragen in zwei Absätzen Fehler oder Fehlinterpretationen in die Berichte gelangt sein könnten. Fehler in so einem Bericht seien unvermeidbar, versichert von Storch hastig, um danach so zu argumentieren, als seien sie vermeidbar. Oder warum muß nach von Storchs Meinung deswegen der IPCC-Vorsitzende zurücktreten? Die Betroffenheitstrolle sehen mehrere Probleme. Zunächst mal sei dem IPCC anzulasten, daß jemand dem Climate Research Unit Emails geklaut und dann veröffentlicht hat. Eine aberwitzige Argumentationskette. Wenn überhaupt, zeigt der indiskrete Blick in diese Emails erstens, daß tatsächlich vom CRU keine Daten verfälscht wurden, was ihnen von Leugnern immer gerne unterstellt wurde. Zweitens kann auf Basis der Emails keine einzige wissenschaftliche Feststellung zum Klimawandel revidiert werden. Sonst wäre das nämlich inzwischen geschehen. Drittens geht aus den Emails hervor, daß man von Betroffenheitstrollen der Sorte McIntyre genervt war, und deshalb bestimmte Emails gerne gelöscht sähe. Der Zirkus nach der Veröffentlichung der gestohlenen Emails gibt den CRU-Wissenschaftlern sogar recht. Trotzdem sind sie formaljuristisch dazu verpflichtet, auch auf offensichtliche Sabotagenachfragen eines McIntyre entsprechende Informationen herauszurücken. Allerdings ergab eine Untersuchung des Vorfalls im Vereinigten Königreich kein Fehlverhalten der CRU-Wissenschaftler (im Gegensatz zu verbreiteten Unterstellungen). Vor allem bei dem Punkt sieht von Storch einen Skandal, der nach meiner Meinung allerdings im krassen Mißverhältnis zu seinem Betroffenheitstheater und seinen geforderten Maßnahmen steht. Wie auch immer, egal was man da dem CRU vorwerfen möchte, was hat das IPCC damit zu tun? Eine Frage, die die Logikschalteinheiten nicht nur bei von Storch, sondern auch bei vielen Journalisten überfordert. Viertens haben in den gestohlenen Emails zwar auch mehrere Wissenschaftler darüber geredet, wie man bestimmte Artikel aus den IPCC-Berichten heraushalten könne. Was dabei von den Kritikern aber nicht thematisisert wird, ist, daß es sich dabei um Artikel handelt, bei denen einzelne Wissenschaftler versuchen, Politik zu machen, indem sie fehlerhafte oder verfälschende Darstellungen in Fachzeitschriften hineingebracht haben, etwas, was die Fachbegutachtung oft verhindern kann, aber eben nicht immer. Ganz konkret ging es dabei unter anderem um Studien, in denen die globale Erwärmung mit Wärmeinseleffekten aufgrund fragwürdiger Korrelationen erklärt werden sollte (McKitrick und Michaels 2004), ein klares Beispiel dafür, wie Leugner über Pseudowissenschaft Politik machen wollen, denn zwar findet man die stärkste Erwärmung da, wo, wie diese Wissenschaftler feststellen, die sozioökonomischen Zentren sind,, aber die sozioökonomischen Zentren liegen nun einmal auf der Nordhalbkugel über Land, wo nach der Theorie auch die globale Erwärmung am stärksten ausgeprägt sein soll. Eine typische Scheinkorrelation, die durch schlechte Arbeit der Fachbegutachter in eine Fachzeitschrift rutschte. So etwas sollte bei einem Übersichtsartikel aussortiert werden. Darüber wurde in den Emails geredet. Und das ist für von Storch skandalös, der als „honest broker“ sicherstellen möchte, daß auch schlechte Artikel im IPCC-Bericht diskutiert werden, oder was ist es, was er da will?

Der nächste Vorwurf der drei Leute, die vorgeblich das IPCC durch Säuberung retten wollen, betrifft angebliche Interessenkonflikte. IPCC-Vorsitzender Pachauri habe persönlich davon profitiert, daß im IPCC-Bericht der zweiten Arbeitsgruppe zu sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgen des Klimawandels gestanden habe, daß die Himalaya-Gletscher bis zum Jahr 2035 zum größten Teil abgeschmolzen sein könnten, falls der Klimawandel dramatisch voranschreite, denn eine Gesellschaft, in der Pachauri involviert sei, TERI (Energy and Resources Institute), habe auf Basis des falschen Absatzes im IPCC-Bericht einen Forschungsauftrag erhalten. Daran ist nur wahr, daß Pachauri Vorsitzender des Institutes ist und dieses Institut einen großen Forschungsauftrag zu den Folgen eines Abschmelzens der Himalaya-Gletscher erhalten hat. Roger Pielke jr. reine Vermutung ist aber, daß TERI nicht mit dem Forschungsauftrag bedacht worden wäre, wenn es den besagten Absatz im IPCC-Bericht nicht gegeben hätte. Tatsächlich ist es so, daß wir definitiv wissen, daß die Gletscher im Himalaya, wie weltweit, in der Mehrzahl (bis auf einige Ausnahmen), deutlich zurückgehen und daß dies langfristig Folgen für den lokalen Wasserhaushalt hat. Auch wenn die Himalayagletscher bis 2035 nur zu einem Teil zurückgehen, bis 2100 sind Folgen für die Wasserversorgung in Teilen Asiens denkbar und eine Erforschung dieser Folgen ist ein relevantes Thema für Indien. Pielke jr.'s Unterstellung basiert aber auf einer Annahme, die noch viel schwankenderen Grund bietet: Pachauri wird nämlich keine Gelegenheit gehabt haben, den Wissenschaftlern, die am Kapitel 10 des Berichts der zweiten Arbeitsgruppe des IPCC geschrieben hatten, die Weisung zu geben, sie sollten die Risiken bei den Himalaya-Gletschern übertreiben. Pielke jr. macht sich auch keine Mühe, diese üble Nachrede plausibel zu machen. Das überläßt er der Phantasie des überraschten Publikums, dem die Hintergründe nicht so ganz klar sind. Es ist in dem Zusammenhang wohl auch sinnlos, wenn Pachauri darauf hinweist, daß er persönlich keinerlei Einnahmen aus TERI erhält und daher auch im Sinne der IPCC-Regeln kein Interessenkonflikt vorliegt.

Überhaupt Skandal über Skandal, die alle die Glaubwürdigkeit der tausenden Klimaforscher, des IPCC und seiner tausenden Seiten an Berichten erschüttern – wenn man den „honest brokers“ glauben wollte. Angeblich gäbe es keine Mechanismen, mit Fehlern im IPCC-Bericht umzugehen, als fänden die Korrekturrunden, die Fachbegutachtungen im IPCC-Bericht nicht statt. Allenfalls könnte man für die Zukunft fordern, daß die Wissenschaftler, die den Teil 1 des IPCC-Berichts bearbeiten, den Autoren beim Teil 2 stärker auf die Finger schauen, was den Fehler bei den Himalaya-Gletschern nachweislich verhindert hätte. Genau diese Reform ist aber auch schon ohne das Dreigestirn der „honest brokers“ auf dem Radar des IPCC.

Unterdessen läuft etwas ab, was typisch ist für die Medien: das Gesetz der Serie. Wenn schon mal ein Fehler in den IPCC-Berichten auftaucht, dann wird die Leser noch mehr eine Serie von Fehlern interessieren. Deshalb berichten schlechte Journalisten (der Regelfall) immer gerne von den Himalaya-Gletschern als der zweiten Panne der Klimaforschung (hier nur IPCC zu schreiben ist wohl zu langweilig, besser: Pauschalisieren) nach den gestohlenen Emails der Climate Research Unit, obwohl beides nichts miteinander zu tun hat. Seltsam, wenn beklaut zu werden als ein Skandal des Beklauten bezeichnet wird, und seltsam, wenn Journalisten CRU, IPCC und Klimaforschung nicht auseinanderhalten können – so wenig Trennschärfe ist bei Lieschen Müller und Johann Bierbauch zu entshculdigen, aber nicht bei den Medien. Und so wird nun auf Teufel komm raus versucht, die Serie fortzusetzen. Nach Email-gate und Himalayagate (im Sinne von Watergate, was etwa dem Vergleich von 3. Reich und einer Steuererhöhung entspricht) kam dann noch Hurricangate und Amazonasgate. Was steckt dahinter? Das will ich in einem weiteren Beitrag auseinandernehmen.

17 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich finde diesen "Hauch" von Religion immer sehr bedenklich. Ohne Frage versucht der Artikel auch mit Fakten und Argumenten zu arbeiten aber ich komme nicht davon los, mich wie in einer Kirche zu fühlen.

Fast höre ich den Großinquisitor, der vor seiner Anhängerschaft vom bösen Ungläubigen predigt und wie man ihn erkennt. Fehlt bloß noch, dass vorgeschlagen wird, sie mit Stein am Fuß in einen global erwärmten See zu werfen, um Gaia entscheiden zu lassen, ob der Frefler schuldig ist.

Es gibt scheinbar nur: Gläubige - die an "die globale Erwärmung glauben"; die "glauben, daß menschliche Treibhausgasemissionen daran schuld wären" (wobei der Glaube und nicht Erkenntnisse im Vordergrund stehen)

oder

Leugner
- Zweifler
- Betroffenheitstroll
- Verzögerer

(am Besten gesteinigt und verbrannt, ihr Schandmaul gestopft, damit sie nicht ihre pestilente Kunde weiter verbreiten können?)

Muss ich mir als jemand, der versucht sich seine Meinung auf Grundlage von Fakten (die es in der Klimadiskussion für beide Seiten gibt) jetzt schuldig vorkommen?

Ich halte die Worte wie glauben und zweifeln in einer bewussten Diskussion um Fakten für fehl am Platze.

J. Zimmermann hat gesagt…

Ich beziehe mich auf den Stand der Wissenschaft, und das ist naturgemäß faktenorientiert und nicht dogmenorientiert, also keine Religion. Ich lese gelegentlich von Leugnerkreisen diesen Quatsch von der "Klimareligion", wie auch immer formuliert, und das ist nicht das Niveau, das ich ernst nehmen kann.

Es gibt Menschen, die sich mit dem Stand der Forschung beschäftigen und es gibt Menschen, die sich weigern, den zur Kenntnis zu nehmen. Letztere sind Leugner, das ist der Begriff, den ich für Leute verwende, die unangenehme wissenschaftliche Ergebnisse verdrängen, indem sie sie einfach leugnen. Zweifler oder Skeptiker nutze ich als Begriffe nicht, da mißverständlich, und was ich mit Betroffenheitstroll und Verzögerer meine, habe ich ja in diesem Beitrag erläutert. Mit Frevel, steinigen oder Schandmaul stopfen hat das alles nichts zu tun, das sind Ihre Begriffe und nicht meine.

Sie brauchen sich auch nicht schuldig zu fühlen, aber ich kann mir nicht vorstellen, was Sie damit meinen, daß Sie Ihre Meinung auf Grundlage der Fakten beider Seiten bilden wollten. Fakten gehören zu keiner Seite. Es gibt einen naturwissenschaftlichen Zugang zum Problem der globalen Erwärmung und des dadurch bewirkten Klimawandels und Sie nehmen den entweder wahr oder halt nicht, das ist Ihre Entscheidung.

Das Wort "glauben" habe ich, ohne religiösen Kontext, genau so verwendet, wie es angemessen war, nämlich über Leute, die solches von sich behaupten, und keineswegs mehr gemeint. Sollte ich mich mißverständlich ausgedrückt haben, würde mir das leid tun.

Ebel hat gesagt…

„Das zeigt auch der Vergleich mit den Satellitenmessungen, die ebenfalls vom Wärmeinseleffekt nicht betroffen sind.“

Die Satellitenmessungen (MSU-Messung) beruhen auf der Wärmestrahlung des Sauerstoffs bei ca. 60 MHz (M = Microwave) . Bei der Auswertung werden weitgehend die im Infrarotbereich richtigen Formeln angewendet, obwohl das im Mikrowellenbereich falsch ist. Für die Strahlungsausbreitung ist die Dichte der angeregten und nichtangeregten Moleküle in der Atmosphäre verantwortlich, deren Verhältnis nach Boltzmann gleich exp(-hv/kT) ist. Im IR-Bereich ist die Frequenz v so hoch, das hv/kT groß gegen 1 ist und deshalb die angeregten Zustände klein gegenüber den nichtangeregten Zuständen sind, so daß die Emission stark von der Temperatur abhängt, weil die angeregten Zustände stark von der Temperatur abhängen, dagegen ist die Absorption fast temperaturunabhängig weil die Dichte der Zustände im Grundzustand kaum von der Temperatur beeinflußt wird. Im Mikrowellenbereich ist es anders, weil bei diesen Frequenzen hv/kT klein gegen 1 ist. Damit ist das Dichteverhältnis fast 1 und die Emission fast temperaturunabhängig. Aber die Absorption ist jetzt stark temperaturabhängig, weil die induzierte Emission fast so groß ist wie die (induzierte) Absorption. Damit wirkt als Gesamtabsorption nur die stark temperaturabhängige Differenz zwischen Absorption und induzierter Emission. Da nun bei Ansteigen der Oberflächentemperatur die Stratosphärentemperatur sinkt, wird die steigende Emission der wärmeren oberflächennahen Schichten durch die stärkere Absorption der hohen Schichten reduziert – bei Falschauswertung sind scheinbar die Oberflächentemperaturen nur wenig gestiegen. „Man hört immer wieder dass es bei den seit Ende der 70iger Jahre erfolgten Temperaturmessungen durch Satelliten teilweise erhebliche Abweichungen zu den Meßwerten der Bodenstationen kommt.“ (Anmerkung: die Gesamtsumme von angeregten und unangeregten Zuständen ist auch temperaturabhängig – Stichwort interne Partitionsfunktion bzw. Interne Partitionssumme, da manche Übergangspaare erst bei höheren Temperaturen entstehen).

Mit freundlichen Grüßen

Anonym hat gesagt…

Stimmt. Fakten kennen keine Seite.
Allerdings gibt es immer jene, die die Fakten die eine Seite nennt, hören wollen/verbreiten/unterstützen und die Fakten, die die andere Seite nennt (die mitunter völlig widersprüchlich sind) ignorieren oder totschweigen oder eben als Leugner-Argumente "verteufeln", die einfach nicht wahr sein können.

Vielleicht ist es aber nur so, dass der Mensch mit seiner äußert beschränkten Wissenschaft (gerade bei Klimamodellen) nicht alle Zusammenhänge kennt und beide Seiten recht haben.

Ich denke nicht, dass die von Ihnen benannten "Leugner" ihre Auffassung nur aus Dummheit/Profitgier/Ignoranz/Trollerei kund tun. Sie tun es aus den gleichen Gründen, aus denen auch Sie Ihren Blog betreiben.

J. Zimmermann hat gesagt…

rizin,

Sie stellen hier eine Gegenrealität dar. Es gibt eine wissenschaftliche Diskussion, die wesentlich über die Artikel in den Fachzeitschriften darstellt. Diese Diskussion zieht sich über Jahrzehnte und ist in den Kernfragen zu Ergebnissen gekommen.

Daneben gibt es die Diskussion der Laien, die Debatte in den Medien und der Politik, und die kann den wissenschaftlichen Erkenntnisstand zur Kenntnis nehmen oder sich dem verweigern.

Ihre Charakterisierung einer Debatte, bei der jeweils eine Seite die Fakten der anderen Seite nicht zur Kenntnis nimmt, beschreibt den Umgang verschiedener Parteien miteinander, aber hat nichts mit den Kernfragen der Klimaforschung zu tun.

In der Wissenschaft können nicht "beide Seiten" recht haben. Es gibt noch nicht mal "beide Seiten", sondern es gibt gesicherte Erkenntnisse und offene Fragen, und bei den offenen Fragen sehr viele verschiedene Meinungen, die im Wettbwerb miteinander stehen. Die IPCC-Berichte sind ein guter Überblick und ein Einstieg, wenn man herausfinden möchte, was schon gesichert ist und was noch in der Diskussion steht. Wenn man es aber wirklich genau wissen will, wo die Wissenschaft steht, muß man im Grunde jahrelang sich in die Fachliteratur einlesen udn am besten und Anleitung selbst auf dem Gebiet arbeiten. Das ist für den Normalbürger natürlich nicht machbar. Deshalb gilt für den Normalbürger, daß er noch am sichersten fährt, wenn er einfach die IPCC-Berichte als den aktuellen Stand (mit Redaktionsschluß 2005/2006) der Wissenschaft akzeptiert.

Sie sagen "Vielleicht ist es aber nur so, dass der Mensch mit seiner äußert beschränkten Wissenschaft (gerade bei Klimamodellen) nicht alle Zusammenhänge kennt und beide Seiten recht haben." Das ist deshalb nicht richtig, weil wir zur Entscheidung der Kernfragen - gibt es einen Treibhauseffekt, ist er stark genug, um ein erkennbares Temperatursignal zu geben, wird er durch positive Rückkopplungen verstärkt, wie stark steigen Treibhausgase an und ist der Mensch der Verursacher des Anstiegs, steigen die globalen Temperaturen, besteht Handlungsbedarf, den weiteren Temperaturanstieg zu begrenzen - schon seit vielen Jahren die nötigen Daten vorliegen haben und die meisten Fragen direkt durch vorliegende Messungen entscheiden können. Den Treibhauseffekt kann man z.B. in Strahlungsmessungen am Boden und von Satelliten sehen. Der globale Temperaturanstieg ist statistisch robust. Auch die Verstärkung des Treibhauseffektes durch atmosphärischen Wasserdampf hat man über Satellitenbeobachtungen belegen können.

Die einzige Möglichkeit, hier eine wissenschaftliche Kontroverse behaupten zu können ist, den vorhanden Erkenntnisstand zu leugnen und einzelne Außenseitermeinungen oder Laienpublikationen so zu behandeln, als wären es anerkannte wissenschaftliche Beiträge, obwohl man in der Fachliteratur die Entgegenungen und Widerlegungen finden könnte.

J. Zimmermann hat gesagt…

Herr Ebel,

ich bin leider nicht kompetent, ihre Anmerkungen zu der Herleitung der Temperatur aus den Satellitenmessungen zu kommentieren. Vielleicht kann ich mir irgendwann die Zeit nehmen, das nachzuverfolgen. Mich wundert aber, daß die Mitarbeiter bei RSS oder UAH das nicht berücksichtigen sollten. Zumindest aber stimme ich Ihnen zu, daß die Bestimmung von Temperaturen aus der Strahlung der Erdatmosphäre ein indirektes und störanfälliges Verfahren ist und es weniger darum geht, mit diesem Verfahren die bodennahen Messungen zu kontrollieren, als eher darum, daß man mit den bodennahen Messungen zeigen kann, daß aus der Auswertung der Satellitendaten etwas vernünftiges herauskommt.

Ebel hat gesagt…

Diese falsche Auswertung wundert mich auch.

Das aber die falsche Auswertung mit den Diskrepanzen benutzt wird siehe z.B.
http://www.iup.uni-heidelberg.de/institut/studium/lehre/Uphysik_Litertur/litSem2004_06_24.ppt
Sogar mit der Bemerkung:
"Auftrieb für KLimakritiker"

http://descanso.jpl.nasa.gov/Monograph/series10/06_Reid_chapt+6.pdf S.6:
"The absorption factor for oxygen as a function of temperature and pressure is given by ..." (Der Absorptionsfaktor von Sauerstoff ist eine Funktion von Temperatur und Druck)

Die Wichtungsfunktion folgt aus dem Absorptionskoeffizienten - und der ist temperaturabhängig - aber gerechnet wird mit temperaturunabhängig.

Ein Teil der db/km resultiert natürlich auch aus der veränderlichen Gasdichte.

Die Verhältnisse sind hier beschrieben:
http://nit.colorado.edu/atoc5560/week4.pdf

Die zugehörigen Partitionssummen hier:
http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6TVR-48GFS3Y-1&_user=10&_coverDate=12%2F15%2F2003&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=d097f9c53a89926607b618292d91f63d

MfG

Ferran hat gesagt…

Dear Jörg,

I'm begging your permission to translate this post into Spanish. It would be published at http://ustednoselocree.wordpress.com/. I would take the English version as the original:
http://rabett.blogspot.com/2010/02/betroffenheitstroll.html
Of course the source will be properly mentioned.
Thanks in advance,
Ferran P. Vilar

J. Zimmermann hat gesagt…

Mr. Vilar,
permission granted. I am sorry, I will not be able to do any proof-reading in spanish.

Greetings,
Jörg Zimmermann

Christoffer Bugge Harder hat gesagt…

Herr Zimmermann,

was Tol und besonders Pielke betrifft, haben Sie sich höchstwahrscheinlich auf das richtiges Pferd gesetzt, aber meiner Meinung nach sind sie nicht völlig fair dem Hans von Storch gegenüber.

Ich sehe ein, daß ich mich ins Gefahr setze, als "Betroffenheitstrolle" bezeichnet zu werden, aber von Storch hat aber auch die richtige Wissenschaft verteidigt und die Leugner stark kritisiert. Er zog sich von "Climate Research" zurück und stimmte trotz persönlichen Unübereinsstimmungen mit dem "Hockeyscläger-Team" vollkommen zu, daß Soon & Baliunas reiner Quatsch war und nur durch unzulängliches "Peer Review"-Verfahren sich in die Fachzeitschrift geschlichen hatte. Obwohl er sich kritisch gegenüber dem persönlichen Verfahren von Jones und Mann nach dem CRU Hack geäußert hat, hat er gleichzeitig auch sein Vertrauen zu den Temperaturmessungen und der menschlich verursachten Erwärmung bestätigt.

J. Zimmermann hat gesagt…

Herr Harder,
es ist natürlich, daß man bei der Beurteilung so subjektiver Feststellungen zu verschiedenen Ansichten gelangen kann.

Prof. von Storch ist, soweit ich das überblicken kann, ein seriöser Wissenschaftler mit relevanten Beiträgen zum Gebiet der Klimaforschung. Und ich weiß, daß die entlastenden Hinweise, die Sie geben, zutreffen.

Wenn ich ihn beurteile, dann tue ich das anhand der von mir hier im Blog erhaltenen Eindrücke aufgrund seiner Beiträge in den Medien, aufgrund des Umgangs mit Kollegen bei Themen wie Temperaturrekonstruktionen und Meeresspiegelanstieg und aufgrund des Auftretens im Blog Die Klimazwiebel. Was ich dabei wahrnehme, ist ein Widerspruch zwischen Anspruch (fairer Umgang mit Kollegen, Trennung von Wissenschaft und politischem Eintreten) und dem, was die öffentlichen Beiträge von ihm bewirken. Dabei ist es durchaus möglich, daß von Storch selbst ehrlich davon überzeugt ist, als unparteiischer Vermittler aufzutreten. Aber er suggeriert eine Politisierung anderer Wissenschaftler, die von jenen selbst gar nicht beabsichtigt ist, sondern aufgenötigt wurde. Er geht meiner Meinung nach nicht fair mit den Kollegen um. Er umgibt sich mit einem Personenkreis, der offen die Arbeit des IPCC untergräbt und Lobbyarbeit für einzelne politische oder wirtschaftliche Interessen macht. Er entwickelt eine Erzählung über Wissenschaftler, die aus politischen Gründen bestrebt sind, Alarmismus zu betreiben und dabei wissenschaftliche Sorgfalt missen lassen und als Gruppe die Klimaforschung erheblich prägen oder womöglich dominieren. Diese Erzählung entspricht nicht der Realität. Zugleich verschweigt diese Erzählung, daß die Hauptauseinandersetzung zum Klimawandel im politischen Raum stattfindet, nicht auf wissenschaftlicher Ebene. Und wäre er fair, müßte er in so einem Rahmen erwähnen, daß aus dem politischen Raum massive Angriffe auf Wissenschaftler stattfinden. Ein McIntyre und andere Funktionäre produzieren etwa Anfragen zur Information durch Behörden bei Stellen wie der Climate Research Unit, durch die dort von 13 Mitarbeitern nach meiner Schätzung nach Arbeitsaufwand bis zu 2 oder 3 Stellen nur zur Beantwortung solcher Anfragen gebunden werden. Für von Storch ist dann seltsamerweise nur ein Thema, daß man bei der Climate Research Unit in Reaktion darauf überlegt, wie man solche Anfragen abwehren kann. Dabei geht es hier ganz offen um versuchte Sabotage. Ich möchte einem Wissenschaftler nicht unrecht tun. Daher schreibe ich einen Beitrag wie diesen hier nicht leichtfertig. Aber wenn man die Links hier im Blog verfolgt und auch an anderer Stelle schaut, ergibt sich ein Haltung von Storchs, die ich nicht mehr konstruktiv nennen kann. Man kann nicht gleichzeitig die Feststellungen der Klimaforschung unterstützen, aber zugleich die Personen angreifen, die diese Feststellungen machen. Da stimmt etwas nicht. Und das ist genau ein Merkmal der Betroffenheitstrolle.

Christoffer Bugge Harder hat gesagt…

Ich stimme ganz zu, dass Sie auf keinenfall von Storch "leichtfertig" abgeschrieben hat. Ich finde seine Beiträge zur öffentlichen Diskurs auch nicht immer konstruktiv. Ich finde ihn doch um ein Vielfalt seriöser als Pielke (von Tol habe ich keine feste Meinung).

Ich finde aber, dass es zunehmend schwierig ist, Herr Pachauri zu verteidigen. Letzendlich hat sich sogar Greenpeace kritisch geäussert. Isoliert betrachtet hätte er um ein Vielfalt lieber seine Kenntnis zum Fehler des Himalaya-Gletschers gleich veröffentlichen sollen.

Irren Sie sich nicht: Ich finde die Verschwörungstheorien gegen die CRU-Wissenschaftler auch lächerlich. Mich wurmt es auch im Herzensgrunde, dass Leute wie Lindzen, Singer und Michaels so freilich über grundlegende Wissenschaftlichen Tatsachen lügen können - anscheinend ganz ohne Folgen - und dass wir im Gegensatz jetzt so viel Geschrei über die Verheimlichung eines relativ banalen Fehlers zuhören müssen. Aber die Tatsache bleibt: IPCC hat seine eigene Prinzipen von Fachbegutachtung verletzt.

Meiner Meinung nach es ist es aber ein Bissle zum Krieg gegen Terroristen ähnlich: Wir haben gelernt, von den Typen wie Monckton, Lüdecke, Thüne, Singer und Michaels Lügen, Leugnen, Zweizungigkeit und reinen Wahnsinn zu erwarten (von Berichtigungen von eigenen Fehlern ganz zu schweigen). Wir Mitglieder der wissenschaftlichen Gemeinschaft können uns solches nicht erlauben.

Ich verstehe vollkommen die Frustration der Forscher, dass sie den unaufhörlich wiederholten Quatsch von diesem menschlichen Abschaum immer wieder zurückweisen müssen.

Aber leider ändert das nichts mit Rücksicht auf die Sachlage, dass die drei hier Recht haben, dass Pachauri zum Problem der Glaubwürdigkeit der IPCC geworden ist, sei ihr Charakteristik von "Betroffenheitstrollen" auch vollkommen gerechtfertigt.

Ich anerkenne völlig, dass es eine subjektive Frage ist, aber ich fände es persönlich besser, die gerechtfertigte Kritik der drei gegen Pachauri zuerst zu beantworten. Erst danach werden die skeptischen Laien, die immer noch nicht völlig in die bizarre Parallellenwelt der Verschwörungstheoretiker veschwunden sind, unsere Kritik gegen Betroffenheitstrollen und Leugner zuhören.

P.S. Ich finde aber sonst Ihren Artikel sehr gut und gründlich durchgearbeitet, und ich stimme in allem anderen ganz zu!

Haben Sie auch bemerkt, dass die Kritik gegen den anderen Artikel neben McKitrick & Michaels, den Jones laut seiner E-mailaussage ausser dem IPCC-Bericht halten wollte (von Cai und Kalnay), tatsächlich von dem CRU-Team abgedämpft wurde, weil Kalnay Adrian darum gefleht hatte? Eigentlich ganz interessant....

J. Zimmermann hat gesagt…

Herr Harder,
der Posten des Vorsitzenden des IPCC ist eine politische Aufgabe im Auftrag der UNO. Die Staaten entscheiden, wer das Amt ausübt und ob er gegebenenfalls ausgewechselt wird.
Wenn man seinen Rücktritt fordert, muß man sich im klaren darüber sein, daß ein Austausch durch eine andere Person nichts ändern wird. Das Vorgehen im IPCC ist weiterhin das gleiche und die Probleme in der Zusammensetzung der Arbeitsgruppe 2 bleiben die gleichen. Es werden auch in Zukunft weiterhin vergleichbare Fehler geschehen. Pachauris Rücktritt wäre reine Symbolpolitik.

Ich habe den Verdacht, daß einige Wissenschaftler und auch Organisationen wie Greenpeace glauben, man könne mit Pachauri als Sündenbock so tun, als wäre mit seinem Abgang beim IPCC wieder alles in Ordnung. Die Kritiker des IPCC würde aber der Abgang Pachauris genausowenig besänftigen wie damals der Abgang seines Vorgängers auf Betreiben Exxons, denn die Kritik am IPCC richtet sich gegen ihre Ergebnisse und die blieben unter jedem Vorsitzenden gleich.

Sie schreiben "Aber die Tatsache bleibt: IPCC hat seine eigene Prinzipen von Fachbegutachtung verletzt. " Das kann ich nicht nachvollziehen, vielleicht haben Sie damit auch etwas anderes gemeint. Nicht das "IPCC" hat seine Prinzipien verletzt, sondern einzelne Autoren haben nicht sorgfältig gearbeitet. Es sind Texte erstellt worden von Personen, die auf dem behandelten Gebiet nicht die erste Wahl waren, sondern nach politischen Kriterien ausgewählt wurden (Wissenschaftler aus der untersuchten Region), bei den Texten wurde in einigen Fällen zunächst versäumt, die Literaturstellen anzugeben und dann wurden hinterher unter Zeitdruck Referenzen ergänzt, die andere waren, als die für die Erstellung der Texte benutzten. Das ist keine Prinzipienverletzung, sondern normale Schlamperei unter Zeitdruck. Es gibt konstruktive Vorschläge. Zum Beispiel Trennung der Publikation der Ergebnisse der Arbeitsgruppen, Nutzung der Ergebnisse des naturwissenschaftlichen Teils für die anderen beiden Arbeitsgruppenberichte und Fachbegutachtung der anderen beiden Berichte durch die Autoren des ersten Teils des IPCC-Berichte. Damit kann ich etwas anfangen.

Ihr Postscriptum ist interessant, ich werde mich da mal über die Einzelheiten informieren.

Ich habe noch eine Bitte: als jemand, der Deutsch nicht als Muttersprache spricht, ist Ihnen das vielleicht nicht bewußt. Aber der Ausdruck "Abschaum" ist sehr herabsetzend. Ich verwende Ihn nicht in meinem Blog und bitte Sie darum, den Ausdruck zurückzuziehen. Wenn ich einer Person Vorwürfe machen kann, dann mache ich es spezifisch und begründet, versuche aber zu vermeiden, eine Person in ihrer Würde anzugreifen. Vielleicht gelingt es mir nicht immer, aber der Ausdruck "Abschaum" geht sicher zu weit. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Christoffer Bugge Harder hat gesagt…

Herr Zimmermann,

natürlich hat Pachauri den Fehler nicht selber begangen. Ich finde aber, daß es ein Fehler seiner Seite war, nicht gleich darauf aufmerksam zu machen, als er davon erfahren hat. Als Vorsitzender hat er doch eine Interesse darin, eine solche Lücke sofort wie möglich zu schließen. Aber es ist keine wichtige Sache für mich, so werde ich sie jetzt ruhen lassen. Sie haben höchstwahrscheinlich Recht mit Rücksicht auf die Vorstellungen von Greenpeace (daß Pachauri ein bequemer Sündenbock sein könnte). Ich kann Ihnen versichern, daß ich mich auf keinem Fall Illusione darüber mache, daß die Leugner mit Ihrer Kritik aufhören würden, trete Pachauri zurück. Die hat nicht mit Tatsachen zu tun.

Was den Artikel von Kalnay & Cai betrifft: Haben Sie die relevante E-mail gelesen?

[blockquote]Mike,

Only have it in the pdf form. FYI ONLY - don't pass on. Relevant paras are the last 2 in section 4 on p13. As I said it is worded carefully due to Adrian knowing Eugenia for years. He knows the're wrong, but he succumbed to her almost pleading with him to tone it down as it might affect her proposals in the future! I didn't say any of this, so be careful how you use it - if at all. Keep quiet also that you have the pdf.[/blockquote]

Adrian ist Adrian Simmons, und sein damals noch nicht veröffentlichter Artikel müßte dieser sein. D.h, daß die beiden Artikel, die Jones vom IPCC-Bericht (ohne Erfolg) ausschließen wollte, waren schon damals als fehlbehaftet beweist! (der andre war, als Sie sicherlich wissen, der "just garbage"-Artikel von Michaels & McKitrick über den UHI-Effekt - es hatte sich gezeigt, daß sie Graden statt Radianen in sämtlichen ihren Berechnungen von Breitengraden angewandt hatten. (!))

Eigentlich finde ich es bemerkenswert, daß man nicht - auch nicht unter seriösen Wissenschaftlern - das von Jones besprochene Ausschließen dieser zwei Artikeln mehr offensiv in der Öffentlichkeit verteidigt hat. Ich weiß, daß die Wendung "even if we have to redefine what peer review is!" schlecht klingt, aber was wollten denn die Kritiker (D.h. natürlich die Kritiker, die keine Leugner sind): Daß man unbedingt fehlbehaftete Artikel mit im IPCC-Bericht nehmen muß, oder? Meinem Wissen nach hatte schon die Verfasser der Artikeln selber die Fehler anerkannt. Also handelt der Fall nicht von ungerechtfertigtem Ausschließen "unbequemer" Tatsachen, sondern von Versagen des normalen Fachbegutachtensverfahrens. Dieser Punkt habe ich in keinen dänischen Zeitungen gesehen, und auch kaum in weder der englisch- noch der deutschsprachigen Blogosphäre. Er wäre vielleicht von Ihrer Interesse für einen neuen Beitrag?

Mit Rücksicht auf Ihre Bitte: Ich ziehe natürlich das Wort "Abschaum" zurück, wenn es Ihnen nicht gefällt. Ich bin zwar kein Muttersprachler (ich bin aber ein Bißle verdrossen, daß es Ihnen so unmittelbar deutlich war.......:), aber ich muß gestehen, daß den herabsetzenden Inhalt des Wortes mir völlig klar war. Ich verwende so ein Charakteristik auch nicht leichtfertig, aber ich finde ehrlich nicht, daß Leute wie Singer, Monckton und Michaels, die konstant, bewußt und zynisch über alles und jedes lügen verbreiten, eine beschützenswerte Würde besitzen. Das Problem hier ist ja genau der Mangel an persönliche Integrität, und sowas ist ja schwierig zu kritisieren ohne Persone in ihrer Würde anzugreifen. Aber ich gebe Ihnen natürlich Recht darin, daß schmachvolle Bezeichnungen keinen Zweifler oder Leugner überzeugen.....

Mit freundlichen Grüßen, und vielen Dank für einen interessanten Blog!

Christoffer

Christoffer Bugge Harder hat gesagt…

Ich versuche nochmals mit besseren (Tags, Entschuldigung):

Herr Zimmermann,

natürlich hat Pachauri den Fehler nicht selber begangen. Ich finde aber, daß es ein Fehler seiner Seite war, nicht gleich darauf aufmerksam zu machen, als er davon erfahren hat. Als Vorsitzender hat er doch eine Interesse darin, eine solche Lücke sofort wie möglich zu schließen. Aber es ist keine wichtige Sache für mich, so werde ich sie jetzt ruhen lassen. Sie haben höchstwahrscheinlich Recht mit Rücksicht auf die Vorstellungen von Greenpeace (daß Pachauri ein bequemer Sündenbock sein könnte). Ich kann Ihnen versichern, daß ich mich auf keinem Fall Illusione darüber mache, daß die Leugner mit Ihrer Kritik aufhören würden, trete Pachauri zurück. Die hat nicht mit Tatsachen zu tun.

Was den Artikel von Kalnay & Cai betrifft: Haben Sie die relevante E-mail gelesen?

Mike,

Only have it in the pdf form. FYI ONLY - don't pass on. Relevant paras are the last 2 in section 4 on p13. As I said it is worded carefully due to Adrian knowing Eugenia for years. He knows the're wrong, but he succumbed to her almost pleading with him to tone it down as it might affect her proposals in the future! I didn't say any of this, so be careful how you use it - if at all. Keep quiet also that you have the pdf.


Adrian ist Adrian Simmons, und sein damals noch nicht veröffentlichter Artikel müßte dieser sein. D.h, daß die beiden Artikel, die Jones vom IPCC-Bericht (ohne Erfolg) ausschließen wollte, waren schon damals als fehlbehaftet beweist! (der andre war, als Sie sicherlich wissen, der "just garbage"-Artikel von Michaels & McKitrick über den UHI-Effekt - es hatte sich gezeigt, daß sie Graden statt Radianen in sämtlichen ihren Berechnungen von Breitengraden angewandt hatten. (!))

Eigentlich finde ich es bemerkenswert, daß man nicht - auch nicht unter seriösen Wissenschaftlern - das von Jones besprochene Ausschließen dieser zwei Artikeln mehr offensiv in der Öffentlichkeit verteidigt hat. Ich weiß, daß die Wendung "even if we have to redefine what peer review is!" schlecht klingt, aber was wollten denn die Kritiker (D.h. natürlich die Kritiker, die keine Leugner sind): Daß man unbedingt fehlbehaftete Artikel mit im IPCC-Bericht nehmen muß, oder? Meinem Wissen nach hatte schon die Verfasser der Artikeln selber die Fehler anerkannt. Also handelt der Fall nicht von ungerechtfertigtem Ausschließen "unbequemer" Tatsachen, sondern von Versagen des normalen Fachbegutachtensverfahrens. Diesen Punkt habe ich in keinen dänischen Zeitungen gesehen, und auch kaum in weder der englisch- noch der deutschsprachigen Blogosphäre. Er wäre vielleicht von Ihrer Interesse für einen neuen Beitrag?

Mit Rücksicht auf Ihre Bitte: Ich ziehe natürlich das Wort "Abschaum" zurück, wenn es Ihnen nicht gefällt. Ich bin zwar kein Muttersprachler (ich bin aber ein Bißle verdrossen, daß es Ihnen so unmittelbar deutlich war.......:), aber ich muß gestehen, daß der herabsetzende Inhalt des Wortes mir völlig klar war. Ich verwende so ein Charakteristik auch nicht leichtfertig, aber ich finde ehrlich nicht, daß Leute wie Singer, Monckton und Michaels, die konstant, bewußt und zynisch über alles und jedes lügen verbreiten, eine beschützenswerte Würde besitzen. Das Problem hier ist ja genau der Mangel an persönliche Integrität, und sowas ist ja schwierig zu kritisieren, ohne Persone in ihrer Würde anzugreifen. Aber ich gebe Ihnen natürlich Recht darin, daß schmachvolle Bezeichnungen keinen Zweifler oder Leugner überzeugen.....

Mit freundlichen Grüßen, und vielen Dank für einen interessanten Blog!

Christoffer

J. Zimmermann hat gesagt…

Herr Harder,

es gibt natürlich den Begriff der politischen Verantwortung, nach der jemand zurücktritt, ohne selbst einen Fehler verursacht zu haben, sondern nur deshalb, weil sein Verantwortungsbereich betroffen ist und dadurch jemand für seine Untergebenen die Verantwortung übernimmt. So etwas ist heutzutage sehr selten geworden. Schauen wir mal, wie die weiteren Entwicklungen sind.

Die Geschichte mit Adrian Simmons kannte ich so noch nicht. Wenn ich irgend kann, baue ich es in einem der nächsten Beiträge ein. Ich schreibe bereits, wie angekündigt, zu weiteren "-gates", aber es wird mir zu lang und ich überlege, wie ich den Stoff lesbarer mache, und es kommen dauernd Ereignisse dazu.

Ich würde auch gerne etwas zur von Ihnen erwähnten Passivität der Wissenschaftler schreiben, die sich so leicht in die Enge treiben ließen. Aber auch das muß erst mal warten.

J. Zimmermann hat gesagt…

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