Da ich gestern nicht zum Schreiben gekommen bin, bin ich spät dran in der Sache und könnte es mir einfach machen. Georg Hoffmann hat auf Primaklima bereits kommentiert, daß ein Bericht des britischen Parlaments Phil Jones von Vorwürfen entlastet hat. Aber so ganz einverstanden bin ich dann doch nicht damit. Auf diversen Seiten auf englisch wird ausführlich dazu berichtet und kommentiert und je nachdem, was man sich aus dem Untersuchungsbericht herausgreift, kann man anscheinend zu verschiedenen Ansichten gelangen. Eli Rabett meldet sich dazu, auf Climate Progress wird es mit dem Holzhammer eingehämmert und man kann den Bericht runterladen mit zusätzlichem Material und Transkripten hier. James Annan wiederum vergleicht die Datenabgabepraxis bei CRU mit der viel restriktiveren bei anderen öffentlichen Stellen - warum also so hohe Ansprüche an die Wissenschaftler gestellt werden?
Eine wesentliche Schlußfolgerung ist, daß der Fokus auf Phil Jones fehlgeleitet war. Nach Meinung der Kommission war Jones bei der Weitergabe von Daten und Code der in der Wissenschaft üblichen Praxis gefolgt. Diese Praxis könnte offener sein. Vorwürfe bezüglich der Abgabe von Informationen nach dem Freedom of Information Gesetz seien eher an die University of East Anglia denn an Jones Arbeitsgruppe zu richten. Der Untersuchungsbericht stellt fest, daß Jones keine Daten verfälscht hat. Weder hinter dem vielzitierten "Trick" noch hinter dem "hide the decline" standen irgendwelche Verfälschungen von Daten. Auch die Behauptung, es seien unliebsame Wissenschaftler oder ihre Arbeiten in unfairer Weise aus Fachzeitschriften oder aus dem IPCC-Bericht gedrängt worden, wurde widerlegt. Das ist alles nichts Neues, sondern war schon vorher bekannt.
Etwas differenzierter meldet man sich zum Thema des Umgangs mit Anfragen nach dem Freedom of Information (FOI)-Gesetz. Diese waren mißbräuchlich verwendet worden, um die wissenschaftliche Arbeit zu sabotieren. Daher ist es menschlich verständlich, wenn Jones sich hier angegriffen fühlte und die Intentionen des FOI-Gesetzes hintertrieb. Formal gesehen war das zu rügen, und diverse Medienberichte, aber eben auch Georg Hoffmann im Link oben hoben diesen Aspekt hervor. Auf den verlinkten englischen Seiten geht es auch um den anderen Aspekt. Daß nämlich auch der britische Parlamentsausschuß diesen Sachverhalt erwähnt, daß die FOI-Anfragen mißbräuchlich eingesetzt wurden und die Reaktion von Jones verständlich ist. In einer Pressekonferenz erklärte der Kommissionsvorsitzende Phil Willis: "Wir glauben, daß Professor Jones in vieler Weise zum Sündenbock gemacht wurde als Ergebnis dessen, was von seiner Seite Frustration darüber war, daß Leute von ihm Daten forderten nur um seine Forschung in Frage zu stellen." Der Untersuchungsbericht hebt auch hervor, daß diese Kultur, sich durch FOI-Anfragen angegriffen zu fühlen, sich immer stärker entwickelt habe und zu einer allgemeinen Zurückhaltung von Informationen geführt habe. Das wurde gerügt. Ich denke, man muß Rüge und Verständnis zusammensehen. Der Vorwurf der Sabotage gegen die Antragsteller wiegt schwer.
Bedauerlicherweise wurde aus meiner Sicht noch nicht genug gewürdigt und fragt kaum einer von den Medien danach, ob Wissenschaftler das eigentlich dulden müssen, wenn Leute versuchen, sie über FOI-Anfragen von ihrer Arbeit abzuhalten, um sie zu sabotieren oder ob die Leute, die über diese Anfragen Daten erhielten, eigentlich je damit gemacht hatten, was sie vorgaben, damit vorzuhaben, nämlich damit wissenschaftlich zu arbeiten und Forschungsergebnisse zu reproduzieren. Bisher gibt es da auf Seiten der Leugner nämlich nur Fehlanzeigen.
Und das ist der zweite Punkt, den Journalisten überhaupt nicht verstehen. Da die zugrunde liegenden Daten und Methoden der Arbeit der Climate Research Unit nämlich durchaus offen verfügbar sind, ganz ohne FOI-Anfragen, und verschiedene andere Gruppen, wie GISS und NCDC, selbst globale Temperaturzeitreihen erstellen, kann man alleine daraus ablesen, wie überflüssig die FOI-Anfragen sind. Und es ist eigentlich trivial, aber man muß doch daran erinnern: die anderen Zeitreihen reproduzieren im allgemeinen die Ergebnisse der Zeitreihen der Climate Research Unit. Und Reproduzierbarkeit ist der eigentliche Qualitätsnachweis in der Wissenschaft.
Donnerstag, 1. April 2010
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