Leugner sind anscheinend unwiderlegbar. Vor kurzem wieder hatte ein Besucher dieses Blogs damit argumentieren wollen, dass es seit 1995 keine signifikante Erwärmung gäbe, ein Blödsinn, der von der Leugnerszene im Rahmen ihre politischen Kampagne gestreut wird. Andere reden sogar immer noch von Abkühlung oder fehlender Erwärmung der Meere. Und in einer britischen Zeitung wird behauptet, die britische Royal Society wolle ihre Stellungnahme zum Klimawandel nach Kritik von "Skeptikern" (das heißt, Leugnern) überarbeiten. Egal wovon die Rede ist, die Realität sieht genau anders herum aus. Nicht nur ist eine globale Temperaturzeitreihe seit 1995 grundsätzlich nicht signifikant, weshalb man nur längere Zeitreihen betrachtet und die, das ist auch allgemein bekannt, zeigen eine globale Erwärmung in dem Umfang an, wie sie sich auch nach Modellrechnungen ergibt. Mehr noch, das laufende Jahr verspricht in mindestens einer der großen Temperaturzeitreihen einen neuen Rekord zu ergeben. Im laufenden Mittel der letzten 12 oder 13 Monate hat die GISS-Zeitreihe bereits einen neuen Rekord erreicht und in den Satellitenmessungen sind wir nicht mehr weit von einem neuen Temperaturrekord. Leugner sollte man daher immer wieder fragen: wo ist denn die globale Abkühlung, von der ihr 2008 und 2009 permanent geredet habt? Selbst die inkompetente Wissenschaftsredaktion des Spiegels hat ja der Abkühlungslüge der Leugner das Wort geredet.
Inzwischen konnten auch die Temperaturmessungen in den Ozeanen, mit denen die Wärme in den Meeren bestimmt wird, von Lyman und seinen Kollegen überarbeitet und korrigiert werden und zeigen nun über lange Zeiträume im Rahmen der Ungenauigkeit die erwartete Erwärmungsrate. Wissenschaftler wie Trenberth weisen darauf hin, daß die Messungen der Strahlungsdifferenz am Oberrand der Atmosphäre aufgrund des Treibhauseffektes und die gemessene Erwärmungsrate der oberen 700 Meter der Ozeane für kurze Zeiträume noch nicht zusammenpassen. Die Erwärmung war in den letzten Jahren zu langsam. Es fehlt nicht an Mutmaßungen, wie man die Daten in Übereinstimmung bringen kann. Die mittlere Tiefe der Ozeane liegt bei ca. 3700 Metern, und die Abdeckung der Ozeane durch Messsonden ist möglicherweise noch nicht ausreichend, um den räumlichen Fehler der Messungen genügend zu reduzieren. Schon bei einer Erfassung von einer 2000 Meter tiefen Schicht der Ozeane erhält man in den letzten Jahren eine stärkere Erwärmung als bei Betrachtung nur der oberen 700 Meter. Vielleicht geht mehr Wärme in tiefere Meeresschichten, als wir vermuten. Natürlich gibt es auch einen Fehler bei der Strahlungsdifferenz zwischen eingehender und abgehender Strahlung am Oberrand der Atmosphäre. Immerhin konnte eine Arbeitsgruppe um Susan Solomon feststellen, daß eine schwankende Konzentration von Wasser in der Stratosphäre die Erwärmungsraten vor der Jahrtausendwende beschleunigt und nach der Jahrtausendwende verzögert haben könnte. Den Effekt hat Georg Hoffmann in seinem Blog näher erläutert. Auch der Effekt der Aerosole kann zu einer Ungenauigkeit in der Strahlungsbilanz beitragen. Diese ganze Diskussion geht aber nicht über den langfristigen Trend, sondern nur darum, wie gut wir kurzzeitige Schwankungen der globalen Erwärmung und der globalen Temperatur verstehen.
Wenn man angestrengt nicht verstehen will, bieten die Feinheiten der Diskussion der globalen Erwärmung Leugnern viel Stoff, aber die für sie unangenehme Wahrheit ist, daß es global in erwarteter Weise wärmer wird und keine der Vorhersagen der Leugner über eine geringere Klimasensitivität oder globale Abkühlung eingetroffen ist.
Nun versuchen die Leugner, wo sie bei den Fakten nur Nieten ziehen, doch zumindest über Skandalisierungen und eingebildete Kontroversen in der Wissenschaft zu punkten. Immer kräftig unterstützt von inkompetenten Journalisten, wie z.B. die völlig unfähige Wissenschaftsredaktion des Spiegels oder ganz oben zitiert, die Times. Was die Times da aber schreibt, ist das exakte Gegenteil dessen, was wirklich passiert. Kurz gesagt, wenn der Leser maximal desinformiert sein möchte, muß er nur Artikel bevorzugt angelsächsischer Medien lesen - oder, ich muß leider immer wieder in die Kerbe hauen, die Ergüsse der naturwissenschaftlich unbeleckten Wissenschaftsjournalisten beim Spiegel (bei allen Ungenauigkeiten habe ich bei der FAZ, beim Fokus und, mit Ausnahme des Kommentarteils, bei der Welt eine deutlich bessere Trefferquote ausmachen können). Die Times streut also, die Royal Society wolle ihren Standpunkt zum Klimawandel überarbeiten? Das will sie wirklich, aber nicht in dem Sinne, daß man den sogenannten "Skeptiker"-Standpunkt einarbeiten möchte, sondern im Gegenteil in dem Sinne, daß man die Ergebnisse der Wissenschaft in den letzten drei Jahren berücksichtigen und einige Punkte klarer fassen möchte. Was soll denn in den letzten drei Jahren passiert sein, was irgendetwas an der Einschätzung geändert haben könnte, daß die Klimasensitivität für eine Verdopplung des CO2-Äquivalents bei 3 Grad liegt und ohne Gegenmaßnahmen die Summe der Klimaantriebe der Treibhausgase deutlich mehr als diese Verdopplung betragen wird? Im Gegenteil kamen ja in der publizierten Literatur nur Bestätigungen der Theorie und Widerlegungen der Leugner.
Und dies alles ist ja der Grund, warum ich das Wort "Leugner" immer ausschreibe. Diese Menschen mögen jeweils sehr verschieden argumentieren. Das reicht von Verschwörungstheorien über die Clownphysik nach dem Muster von Gerlich, Tscheuschner und Kramm, bei der der Treibhauseffekt geleugnet wird, über absurde Thesen einer exklusiven Steuerung des Erdklimas durch die Sonne bis zu der Behauptung einer geringen Klimasensitivität, wie es z.B. Lindzen behauptet. Gemeinsam ist ihnen allen nur eines: sie nehmen den Stand der publizierten Wissenschaft nicht zur Kenntnis und tun so, als wären sie nicht in den vergangenen Jahrzehnten widerlegt worden. Das erinnert an den schwarzen Ritter bei Monty Python, der selbst nach dem Verlust aller Gliedmaßen seine Niederlage nicht eingestehen wollte.
Leugner finden es beleidigend, "Leugner" genannt zu werden. Diese Bezeichnung ist genauso hart und unbarmherzig wie die Realität der globalen Erwärmung, aber auch genauso zutreffend. Und genau deshalb tut sie den Leugnern so weh.
Mittwoch, 2. Juni 2010
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13 Kommentare:
Egal wie man die wissenschaftlichen Argumente auch beurteilt, finde ich die Art und Weise dieses Beitrags unpassend. Der Begriff "Leugner" ist in der Tat sehr beleidigend. Die Wissenschaft lebt stark von kontroversen Diskussionen, egal welche Fachrichtung. Wenn man nun jedesmal den Andersdenkenden als "Leugner" betitelt ist das zum einen beleidigens, aber viel schlimmer ist noch, daß der wissenschaftliche Fortschritt damit gefährdet ist, wenn sich niemand mehr traut, konträre Meinungen vorzubringen. Das ist dann das Ende der freien und fruchtbaren Wissenschaft.
Ich habe keinen Zweifel daran offen gelassen, daß die Bezeichnung "Leugner" nicht als Herabwürdigung von Menschen gemeint ist, die lediglich anderer Meinung sind.
Leugner ist die Kurzbezeichnung für Menschen, die den anerkannten Kenntnisstand der Wissenschaft leugnen, die also z.B. hinreichend belegte Gesetzmäßigkeiten abstreiten, jahrzehntealte Diskussionen wieder bei Null beginnen lassen, grundlegende Verfahren verfälschend einsetzen oder Daten danach auswählen, daß sie einen Glaubenssatz bestätigen und alles ignorieren, was dem Glaubenssatz widerspricht.
Die Wissenschaft lebt von Kontroversen nur dann, wenn es sich um einen kontroversen Sachverhalt handelt, weil z.B. der Wissensgegenstand neu ist oder grundlegende Daten noch fehlen. Das ist bei den Kernfeststellungen des IPCC eindeutig nicht der Fall.
Es kann keine wissenschaftliche Kontroverse darüber geben, ob 2+2=4 ist, ab wann eine lineare Regression signifikant wird (daß also der Abkühlungsmythos keine wissenschaftliche Kontroverse abgibt) oder ob es einen Treibhauseffekt gibt. Hier bestehende Kenntnisse zu bestreiten hat mit einer kontroversen Diskussion nichts zu tun, sondern nur mit Sturheit, Ignoranz, Sabotage.
Wenn Leugner es beleidigend finden, Leugner genannt zu werden, dann, so mein Vorschlag, sollen sie doch aufhören, gut belegte Kenntnisse zu leugnen und zu einer sachlichen Diskussion zurückkehren. Und Leugner finde ich dabei auch noch nicht so grob wie eine andere Bezeichnung, die viele Akteure noch besser trifft: Lügner.
Die allseits akzeptierte CO2-Klimasensitivität ohne Berücksichtigung von Feedback-Prozessen beträgt etwa 1 Grad Celsius pro CO2-Verdopplung. Würde es keine Feedback-Prozesse geben, wäre dieser Betrag noch relativ harmlos.
Eine lebhafte wissenschaftliche Diskussion existiert hingegen über die stärke des Feedbacks (v.a. Wasserdampf, Wolken). Hier schwanken die Expertenmeinungen noch sehr. Neben sehr starken positiven Feedbacks, diskutiert der ehemalige IPCC-Autor Lindzen sogar negative Feedbacks, wobei vor allem verstärkte niedrige Wolkenbildung bei höheren Temperaturen zu verminderter Sonneneinstrahlung auf der Erdoberfläche führen könnte.
Das wissenschaftliche Feld in Punkto Klimasensitivität ist hier weit offen und sehr weit von einer simplistischen 2+2=4 Rechnung entfernt.
Der IPCC Bericht der Arbeitsgruppe 1 zählt im Kapitel 9 über 14 Studien auf, die zusammen eine mittlere Klimasensitivität von 2 bis 4,5 Grad Celsius je Verdopplung des CO2-Äquivalents ergeben. Diese Sensitivitäten ergeben sich als Paläoklimatische Studien, die ozeanische Erwärmung, Studien zu Klimaänderungen aufgrund von Vulkanausbrüchen, Modellstudien, Analysen von Satellitendaten zum Strahlungshaushalt. Frühere Studien seit 1979 ergaben jeweils eine mittlere Klimasensitivität um 3 mit einem Bereich von 1,5 bis 4,5 bzw. bis 6 Grad je CO2-Verdopplung, darunter der Charney-Report, der JASON-Report (beide 1979), der Nierenberg-Report (1983), aber auch Reports der National Academy of Sciences bis inklusive 2008 oder der aktuelle EPA Endangerment Report von 2009. Es ist zunächst mal ein Faktum, daß die Klimasensitivität in einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Studien über 30 Jahre hinweg immer einen wahrscheinlichsten Wert von 3 bestätigte, wobei Werte unter 2 nur eine geringe Wahrscheinlichkeit hatten und zunehmend ausgeschlossen werden können.
Die Behauptung von Lindzen, daß die Klimasensitivität eher unter 1 liegen sollte, ist unphysikalisch, weil bei diesem Wert zum einen keine Eiszeiten auf der Erde möglich wären, von denen wir aber wissen, daß sie sich ereignet haben, zum anderen dürfte, wenn Lindzen recht hätte, bei dem gegenwärtigen lokalen Strahlungsminimum der Sonne und nach Abschluß eines moderaten El Nino die globale Temperatur nicht um über 0,8 Grad über dem Wert zu Beginn des letzten Jahrhunderts liegen. Die globale Erwärmung liegt schon jetzt über dem Wert, den Lindzen Ende der achtziger Jahre für akzeptabel gehalten hatte aufgrund der von ihm behaupteten Klimasensitivität. Sein behaupteter Iriseffekt konnte nie klar belegt werden und gilt schon seit langem als widerlegt. Ich verweise außerdem auf einen Beitrag bei skeptical science zu dem Thema, auf einen weiteren Beitrag, der unter anderem eine Metastudie zur Klimasensitivität zeigt, auf meine Kritik an Lindzen und auf aktuelle Messungen und Analysen zum Klimaeffekt von Wasserdampf, die im direkten Widerspruch zu Lindzen stehen und auf eine andere aktuelle Arbeit zur Eingrenzung der Klimasensitivität. Und weil Lindzen all diese Belege gegen seine Behauptungen seit 20 Jahren einfach nicht zur Kenntnis nehmen will, trifft ihn die Bezeichnung "Leugner" exakt. Und ich bleibe dabei: Klimasensitivität im Mittel bei 3 mit einem wahrscheinlichen Bereich von 2 bis 4,5 ist eine so gesicherte Erkenntnis wie 2+2=4 auf der Basis der publizierten Fachliteratur. Wer etwas anderes meint, soll dafür eindeutige Belege liefern und diese in der Fachliteratur publizieren. Wer einfach nur widerspricht um des Widersprechens Willen, ist ein Leugner.
Der IPCC-Bericht ist am unteren Ende der CO2-Klimasensitivitäten auf jeden Fall unvollständig. Einen Experten wie Lindzen als "Leugner" zu bezeichnen, ist albern.
Quantität von Studien, die ein bestimmtes Ergebnis bringen ist kein Beleg für Qualität. Stichwort Galileo, Kontinentalverschiebung etc etc.
Die pleistozänen Eiszeiten wurden nicht durch CO2-Veränderungen hervorgerufen, sondern im Gegenteil, die Temperaturänderung hat zu einer Änderung des atmosphärischen CO2-Gehalts geführt (Ausgasung/Aufnahme von CO2 im Ozeanwasser). Daher sticht Ihr Eiszeit-Argument nicht.
Das momentane solare Strahlungsminimum wird in den kommenden Jahren wohl wirklich zu geringeren Temperaturen führen. Allerdings muß hier aufgrund der Trägheit des Klimasystems mit einem gewissen Zeitverzug zu rechnen sein. Der vergangene kalte europäische Winter paßt bereits ganz gut dazu. Das stabile Temperaturniveau der vergangenen 10 Jahre harmoniert übrigens nicht so gut mit dem kontinuierlich ansteigenden CO2-Gehalt. Genausowenig wie der Temperaturabfall zwischen 1950-1975, bei stetigem CO2-Anstieg. Interessanterweise verzeichnen wir gerade im zuletzt genannten Intervall verringerte solare Strahlungsaktivität (ebenso Rückgang in der PDO).
Frage an Sie: Ist es ein Zufall, dass die solaren Strahlungsschwankungen der letzten 10.000 Jahre ziemlich gut die Temperaturentwicklung widerspiegeln?
Siehe Abbildung 1a und folgende auf
http://www.klimaargumente.de/s2.htm
Sehr geehrter Herr Luning,
Sie können nicht einfach etwas behaupten und dann annehmen, daß Sie dadurch irgendetwas außer Kraft gesetzt hätten, was Ihnen gegenüber belegt wurde. Durch einen Satz wie "Quantität von Studien (...) ist kein Beleg für Qualität." beweisen Sie nichts. Wenn Sie über Expertenwissen verfügen, um jetzt im einzelnen darzulegen, was an den 14 Studien, die im zitierten 4. IPCC-Bericht, WG 1, Kapitel 9 konkret anzuführen wäre, um deren Validität anzuzweifeln, legen Sie los. Dann stellte sich natürlich gleich die Frage, warum Sie nicht Ihre Ausarbeitung publiziert haben, als Kommentare zu den jeweiligen Publikationen. Falls Sie aber nicht auf der Ebene antworten können, müssen Sie es sich gefallen lassen, daß ich Sie da kurz abfertige: es gibt einen publizierten Konsens in dieser Frage, den widersprechende Einzelpublikationen anderer Autoren nicht aushebeln können. Lindzen will nicht zur Kenntnis nehmen, daß er widerlegt wurde, daher ist er ein Leugner - er akzeptiert nicht die professionelle Vorgehensweise von Wissenschaftlern, sondern argumentiert politisch. Und wie geschrieben - seine Prognose, die sich aus seiner These ergibt, ist bereits durch die aktuellen Messungen widerlegt. Lindzen als Leugner zu bezeichnen ist daher auch nicht "albern", sondern es ist ein gut begründbares Urteil.
Sie erklären, die Eiszeiten seien nicht durch CO2-Konzentrationsänderungen verursacht worden. Das ist richtig. Und irrelevant. Thema waren Klimasensitivitäten, erinnern Sie sich? Die sind nicht abhängig davon, was jeweils eine Klimaänderung verursacht.
Das solare Strahlungsminimum der letzten beiden Jahre wird sicher NICHT zu einer globalen Abkühlung führen, weil, mit Verlaub, dieser Effekt berechnet werden kann und nicht mehr groß ist gegen 10 Jahre Erhöhung des Klimaantriebs durch Treibhausgasemissionen. Verschiedene Kopplungsphänomene von Ozeanen und Atmosphäre wie der ENSO-Zyklus, können kurzfristig die anderen Effekte überlagern, aber über längere Zeiträume oder wenn wir direkt Jahrzehntmittelwerte betrachten, sehen wir deutlich, daß das Klima eine ungebrochene Erwärmung zeigt. Näheres können Sie z.B. bei Lean und Rind 2009 nachlesen. Wenn Sie gut argumentieren wollen, sollten Sie erst mal damit anfangen, daß Sie den Stand der Wissenschaft zur Kenntnis nehmen und auch mal berücksichtigen, daß sehr viele Behauptungen schon vorgebracht und widerlegt wurden. Bisher haben Sie nichts Neues erzählt und leider auch nichts überzeugendes.
Sehr geehrter Herr Dr. Zimmermann,
Was konkret haben Sie an Lindzen auszusetzen? Sein Szenario ist eine Möglichkeit, die nicht einfach so vom Tisch gewischt werden kann. Wie Sie sicherlich wissen, ist der Bereich "Wolken" momentan noch ziemlich schlecht verstanden.
Man sollte sich hier nicht hinter einer "IPCC-Expertenwand" verschanzen. Nochmals: Konsens heißt noch lange nicht Wahrheit. Ich selber bin habilitierter Geologe, kenne mich im Wissenschaftsbetrieb relativ gut aus, bin Gutachter bei internationalen Fachzeitschriften. Man sollte auch extrem erscheinende Meinungen nicht zu früh verdammen. So konnte Alfred Wegener es leider nicht mehr miterleben, wie seine Theorie der Kontinentalverschiebung schließlich mit einigen Dekaden Verspätung akzeptiert wurde.
Ich wäre trotzdem noch an der Antwort auf meine Frage zum Einfluss der Solaraktivität interessiert. Selbst das von Ihnen zizierte Lean & Rind paper hat diesen Klimasteuerungsmechanismus mit enthalten.
Beste Grüße!
Ich habe an Lindzen auszusetzen, daß er nicht zur Kenntnis nehmen will, daß er durch die Beobachtungen widerlegt ist. Nach seiner These von einer Klimasensitivität unter 1 müßte es jetzt kühler sein als es ist. Und ansonsten verweise ich auf die Literatur zur Eingrenzung der Klimasensitivtät auf den Bereich von 2 bis 4,5 Grad mit wahrscheinlichstem Wert bei 3. Dieser Bereich ist intensiv untersucht. Wenn Sie behaupten wollen, daß das nicht der Fall sei, bringen Sie die außerordentlichen Belege, die zu einer so außerordentlichen Behauptung passen. (Und wenn Sie auf Wegener verweisen, sollten Sie eigentlich wissen, daß seine ursprüngliche These nicht haltbar war, sondern noch nachgebessert werden mußte und erst sinnvoll geprüft werden konnte, als die Vermessung der Kontinentaldrift, des inneren Aufbaus der Erde und der Schalenkonvektion möglich war. Im Gegensatz dazu sind uns die wesentlichen Mechanismen und Daten, wie Strahlungsbudget und Klimaantriebe, globale Beobachtungen z.B. der Temperatur usw. zugänglich.)
Zu den letzten 10.000 Jahren: das ist für die aktuelle Klimaentwicklung nicht relevant, da wir wissen, daß der gegenwärtige Klimaantrieb anthropogen ist. Außer der oben erwähnten Literatur verweise ich auch auf Lockwood, Mike: Solar change and climate: an update in the light of the current exceptional solar minimum. Proc. R. Soc. A 8 February 2010 vol. 466 no. 2114 303-329. (http://rspa.royalsocietypublishing.org/content/466/2114/303) Die solare Strahlungsänderung der Gegenwart würde eher zu einer Abkühlung als zu einer Erwärmung führen. Seit einigen Jahrzehnten tritt also im Gegensatz zur Vergangenheit der Einfluß der Änderungen der solaren Aktivität als Ursache für Klimaänderungen in den Hintergrund, während der anthropogene Klimaantrieb zunehmend dominiert.
Ich kann nicht nachvollziehen, warum eine geringe Klimasensitivität heute ein kühleres Klima hervorrufen sollte. Für mich ist das aktuelle Klimageschehen ein Resultat aus einer Kombination von Solaraktivitätsschwankungen, Treibhauseffekt sowie internen Klimaschwankungen wie ENSO, NAO etc. Die genaue quantitative Verteilung ist meiner Meinung nach noch ziemlich unklar. Auf jeden Fall hat der Weltklimarat vorschnell die Sonne aus der Gleichung herausgelöscht.
Potentielle Solar-Verstärkungsprozesse befinden sich aktuell in der Erforschung (Svensmark u.a.), und man sollte diesen wichtigen Ergebnissen auf keinen Fall vorgreifen. Als Geologe muß ich Ihnen natürlich widersprechen und darauf bestehen, dass die vergangenen 10.000 Jahre auf jeden Fall eine Rolle bei der Enträtselung des aktuellen Klimawandels spielen.
Der Vergleich mit Wegener ist übrigens passend. Wie Sie richtig sagen, war Wegeners Erklärung für die Kontinentaldrift zwar damals strengenommen falsch, jedoch hat er das Phänomen der Kontinent-Bewegung richtig erkannt. Man kann das gut auf die heutige Klimadiskussion beziehen. Zwar gibt es noch keine endgültigen, alternativen Klimasteuerungsmodelle (da sie noch in der Erforschung sind), jedoch wird für mich immer klarer, daß die Sonne eine viel wichtigere Rolle spielt als angenommen. Die vom IPCC propagierte Allmachtsstellung des Treibhauseffektes als Klimasteuerungsfaktor kann daher heute meiner Meinung nach zu recht angezweifelt werden, ohne "Leugner" oder ähnliches betitelt zu werden. Auch Wegener wäre dann ein Leugner gewesen, nämlcih des Plattenfixismus.
Wir sehen, dass die Sonne in den vergangenen 10.000 Jahren eine wichtige Rolle im Klimageschehen gespielt hat. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum dieser solare Einfluß heute vollständig beudeutungslos geworden sein soll. Dies stellt natürlich die zusätzliche Wirksamkeit eines anthropogenen Treibhauseffektes mit unbekannter (vermutlich aber moderater) Klimasensitivität nicht in Frage.
Ersteinmal vielen Dank für die offene und fruchtbare Diskussion. Es ist ein faszinierendes Thema. Beste Grüße!
Eine geringere Klimasensitivität muß zu einer geringeren globalen Temperatur führen, weil derzeit alleine der zusätzliche anthropogene Treibhauseffekt zu einer globalen Erwärmung führen kann. Die solare Einstrahlung ist inzwischen auf das Niveau der 20er Jahre gefallen und kann die aktuelle Erwärmung nicht erklären. Lean und Rind 2009 (siehe oben) zeigen auf, wie sich die derzeitige Erwärmung zusammensetzt.
Es gibt noch ein weiteres Problem für Ihre Argumentation. Sie wollen anscheinend GLEICHZEITIG annehmen, daß die Klimasensitivität unter 1 Grad liegt je Verdopplung des CO2-Äquivalents UND die solare Einstrahlung deutliche Klimaänderungen herbeiführen kann und ausreicht, die aktuellen Klimaänderungen zu erklären. Das sind aber zwei sich widersprechende Ansichten, denn der mögliche Klimaantrieb der Sonne läßt sich eingrenzen. Änderungen der solaren Einsrtahlung führen nur dann zu deutlichen globalen Temperaturänderungen, wenn die Klimasensitivität hoch ist (unter anderem sind nur so die Eiszeiten erklärbar). Das widerspricht Lindzens Ansichten.
Sie verweisen auf Svensmark, bermutlich auch auf Friis-Christensen usw. Das sind Arbeiten mit gravierenden methodischen Schwächen, die deutlich widerlegt wurden. Es sollte Sie nachdenklich machen, wie schmal Ihre argumentatorische Basis ist.
SIE SCHREIBEN:
"...weil derzeit alleine der zusätzliche anthropogene Treibhauseffekt zu einer globalen Erwärmung führen kann."
Das Argument sollten Sie nochmal überdenken. Sie sagen das etwas in der Art "Der Kreis ist rund weil er rund ist".
SIE SCHREIBEN:
"Die solare Einstrahlung ist inzwischen auf das Niveau der 20er Jahre gefallen und kann die aktuelle Erwärmung nicht erklären."
Sie begehen hier den klassischen Fehler, in viel zu kurzen Maßstäben zu denken. "Klima" bedeutet einen Zeitraum von einigen Dekaden. Klimasysteme sind latent träge. Wenn sich klimatische Steuerungsfaktoren ändern, braucht das Klimasystem einige Zeit, um sich neu einzustellen, wie ein Supertanker, der den Kurs ändert. Schauen Sie sich mal die Solaraktivitäts-Entwicklung genau an, z.B. auf meiner Webseite, Abbildung 2 und andere auf http://www.klimaargumente.de/s2.htm
Wenn Sie mal die hochfrequenten Zappler weglassen, danns ehen Sie einen allgemeinen solaren Aktivitätsanstieg seit dem Ende der Kleinen Eiszeit. Sonnenaktivität sind nicht nur Sonnenflecken, sondern auch Magnetfelder, TSI etc. Das solare Magnetfeld hat sich innerhalb der vergangenen 100 Jahre glatt verdoppelt. Ihr Vergleich mit 1920 ist auf diesem kleinen Maßstab nicht stichhaltig. Wie Sie evtl wissen, bewegen wir uns gerade aus einem solaren Minimum des 9-Jahres-Zyklus heraus. Es geht hier nicht um jeden Zappler, sondern die maximalen Aktivitötsamplituden der jeweiligen Zyklen, die Einhuellende. Zudem sollte man beachten, dass die Temperaturen in den vergangen 10 Jahren einen Plateauwert erreicht haben, was mit dem hohen solaren Aktivitätsplateau gut zusammenpaßt. Die Kritik an Svensmark und Kollegen die Sie anführen, hat das Svensmark-Modell keinesfalls entkräftet. Schauen Sie doch bitte mal nach, wie die Diskussion weiterging.
http://www.klimaargumente.de/s1.htm
http://www.klimaargumente.de/s3.htm
So geht es in der Wissenschaft: Modell, kritische Diskussion, Gegenkritik, Verbesserung des Modells. Auf diese Weise kommt die Wissenschaft voran. Seien Sie offen für die Argumente der Gegenseite und glauben Sie nicht alles blind, was die Autoren so schreiben. Bilden Sie sich eine eigene Meinung!
Ich kann es nicht ernst nehmen, wenn jemand anfängt, beim Thema Klimaänderungen mit 10 Jahren zu argumentieren oder Temperaturtrends ab einem lokalen Maximum oder Minimum berechnet. So viel mathematische Allgemeinbildung sollte jeder Naturwissenschaftler haben, daß er weiß, was das statistisch anrichtet. Wir haben derzeit einen signifikanten Erwärmungstrend von etwa 0,16 Grad pro Dekade. Das ist stabil. Es gibt kein Plateau oder gar eine Abkühlung von irgendwelcher statistischen Bedeutung.
Ich finde es auch nicht akzeptabel, die gesamte Fachliteratur zu ignorieren und einfach zu behaupten, man müsse Lindzens oder Svensmarks persönliche Meinungen als ausschlaggebend akzeptieren oder auch nur als seriös gemeinte Gegenposition zum Stand der Wissenschaft. Ich verweise auf die oben zitierte Literatur bzw. die weiteren Zitate im IPCC-Bericht zu den jeweiligen Themen. Gerade beim Thema Klimasensitivität ist es eben nicht so, daß wir, wie Alfred Wegener damals, über Dinge spekulieren müssen, bei denen uns noch Daten und Methodik fehlen. Ganz im Gegenteil können wir die Klimasensitivität inzwischen mit einer Vielfalt von Methoden eingrenzen. Das Trivialste dabei habe ich angemerkt: Eiszeiten sind nur möglich bei einer Klimasensitivität von deutlich über 1,5 Grad je Verdopplung des CO2-Äquivalents (wobei in diesem Fall wirklich nur der Klimaantrieb gemeint ist – es ist reine Polemik, wenn so getan wird, als ob jemand behauptete, die Eiszeiten wären seinerzeit durch Änderungen der CO2-Konzentration verursacht worden). Und die aktuelle Temperaturanomalie von über 0,5 (CRUTemp3) oder 0,6 (GISSTemp) übersteigt bereits das, was laut Lindzen als Folge eines anthropogenen Treibhauseffektes möglich ist. Da eine Steigerung der solaren Einstrahlung als Ursache ausfällt, auch sonst keine Ursache verfügbar ist (etwa Klimavariabilität, also zufällige Überlagerung verschiedener Atmosphären-Ozean-Kopplungen, können aus statistischen Gründen ausgeschlossen werden), hingegen der berechnete Klimaantrieb aus anthropogenen Quellen genau eine solche Erwärmung vorhersagt, braucht man schon extrem gute Gründe, um hier trotzdem noch für eine geringe oder gar negative Klimasensitivität zu argumentieren. Solche Gründe liegen nicht vor. Der Verweis auf Svensmark ist nicht akzeptabel – er hat keine Nachweise geliefert, und was er publiziert hat, hält der Nachprüfung nicht stand, weil er selektiv Einzelereignisse ausgewählt hat, die nicht statistisch signifikant sind. Wenn Svensmark die Kritik nicht akzeptiert, ist das bedauerlich, aber ich denke, daß jemand, der beim bestehenden Sachstand meint, globale galaktische Strahlung wäre der aktuell dominierende Klimaantrieb, sich sehr stark in selektivem Denken übt.
Und ich finde es wichtig, die Zeitskalen nicht durcheinander zu werfen. Man kann darüber diskutieren, ob die globale Erwärmung jetzt bei der Ankopplung an die Ozeane eine Zeitkonstante von ca. 10 Jahren oder ca. 50 Jahren hat. Da gibt es durchaus Unsicherheit. Aber „aus der kleinen Eiszeit herauszukommen“ ist kein Klimaantrieb. Eine Trägheit des Systems mit einer Zeitkonstante von Jahrhunderten würde mit nichts anderem zusammenpassen, denn jegliche Klimaänderung, die auf einer Zeitebene von Dekaden stattfindet, bräuchte dann ja gewaltige Klimasensitivitäten, damit überhaupt in einem so trägen System Bewegung reinkommt. Und die „kleine Eiszeit“ selbst hat ja auch einen Antrieb gehabt, in diesem Fall vermutlich die Überlagerung eines solaren Minimums und eine zeitweilige Häufung relevanter Vulkanausbrüche. Wobei auch die kleine Eiszeit vermutlich global eine Abweichung von einem längerfristigen Mittel darstellte, die nicht größer war als die Erwärmung des 20. Jahrhunderts, die wiederum nur einen Bruchteil der erwarteten Klimaänderungen in diesem Jahrhundert darstellt. Wenn es also aktuell über Dekaden wärmer wird, dann steckt dahinter kein mysteriöser Klimazyklus, sondern ein erkennbarer Klimaantrieb, dessen Mechanismus inzwischen seit Jahrzehnten erforscht und immer intensiver wissenschaftlich analysiert wird.
Ich kann auch auf Ihrer Webseite nichts finden, was argumentativ weiterführt, weil Sie doch die verschiedenen Kurven, die Sie finden, etwas willkürlich zusammenstellen und nur danach auswählen, daß ein Wunschergebnis herauskommt.
Und zum Schluß noch ein Hinweis: als Chemiker (Spezialisierung auf Atmosphärische Chemie, und auch nicht mehr wissenschaftlich aktiv) argumentiere ich hier (meistens) als Laie. Ich verweise immer auf die Fachliteratur – nur dort kann die Diskussion stattfinden. Wenn Personen wie Lindzen oder Svensmark ihre Kollegen nicht überzeugen können, ist es müßig, zu versuchen, in Blogs das Ergebnis umzukehren.
Und Sätze wie "Seien Sie offen für die Argumente der Gegenseite und glauben Sie nicht alles blind, was die Autoren so schreiben. " lassen mich wirklich kalt. An solchen Unterstellungen sehe ich, daß Sie hier nicht sachlich argumentieren wollen und Ihnen egal ist, was andere Ihnen sagen könnten, denn ich gebe Ihnen keinen Anlaß dafür, so etwas zu schreiben. Umgekehrt paßt es eher, aber ich finde es produktiver, Sie darauf hinzuweisen, wo man denn schauen könnte.
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