Donnerstag, 16. Februar 2012

Klimaleugner unter Beschuß

Ein Mitarbeiter des Heartland Institute hatte irrtümlich ein Paket von Dokumenten zu einer Direktoriumssitzung am 17. Januar an eine dritte Stelle geschickt, die diese Dokumente Umweltaktivisten des DeSmogblog.com zur Verfügung stellten. Obwohl das Heartland Institute eines der Dokumente als Fälschung bezeichnete und die Echtheit der übrigen Dokumente nicht bestätigen wollte, konnten viele entscheidende Angaben in den Dokumenten von unabhängiger Seite bestätigt werden. Das Lobby-Unternehmen ist in Rückzugsgefechte verwickelt und es baut sein schlechtes Ansehen weiter aus. Und an anderer Stelle bröckelt es. Den Leugnerpropagandisten Fred Singer und Patrick Michaels drohen Klagen, einige Lobby-Unternehmen kommen mit der amerikanischen Steuerbehörde in einen Konflikt und einem Aushängeschild der Leugnerszene bricht die staatliche Förderung weg.

Wie sehr die Nerven blank liegen, zeigt der martialische Ton einer Presseerklärung des Heartland Institute. Während es zugibt, daß tatsächlich die Dokumente versehentlich an eine dritte Seite versendet wurden, wird andererseits erklärt, man könne nicht bestätigen, daß die publizierten Dokumente den Originalen entsprächen. Zudem wird das als 2012 Strategie bezeichnete Dokument als Fälschung bezeichnet. Trotzdem bittet das Unternehmen seine Spender um Entschuldigung, deren heimliche Unterstützung aufgedeckt wurde, darunter eine Stiftung der Koch Industries, Exxon, Microsoft, Bayer und andere bekannte Namen, an erster Stelle jedoch ein anonymer Spender, auf den gleich mehrere Millionen Dollar innerhalb weniger Jahre zurückgehen. Schließlich werden allen Medien und Blogs, die Informationen über die skandalösen Aktivitäten des Heartland Institute weitergeben und nicht zurückziehen, als auch dieser Blog hier, mit zivil- und strafrechtlichen Klagen bedroht, um Schadensersatz für den Reputationsverlust des Unternehmens zu erstreiten. Eine solche Klage, wenn sie denn ernsthaft betrieben würde, könnte für diesen Blog natürlich das Aus bedeuten – also nichts anderes als massive Drohungen, um die peinliche Berichterstattung zu unterbinden. Daß ich als jemand, der in der Freizeit einen Blog betreibt, durchaus im Schussfeld stehe, ergibt sich dadurch, daß die google-Suche nach „Heartland Institut“ plus einem deutschen Suchwort diesen Blog in der Regel an erster Stelle ausspuckt.

Das Problem für das Heartland Institute ist, daß viele der Angaben in den in Diskussion stehenden Dokumenten von unabhängiger Seite bestätigt werden. Anthony Watts gibt zu, daß er Geld von der Lobby-Institution erhält. Auch die Pläne von Wojick für ein K12-Curriculum, um Zweifel am Klimawandel unter Schulkindern zu streuen, werden von anderer Seite bestätigt, sogar bei Judith Curry wird auf ihrem Blog Climate etc darüber geschrieben. Auch die generöse Förderung der NIPCC-Berichte wird nicht bestritten. Craig Idso, der größte Geldempfänger, bestreitet die Angaben ebenfalls nicht und gibt dies im Blog von Andrew Revkin, Dot Earth, zu.

Alle wesentlichen Aussagen in dem Strategie-Dokument sind durch die übrigen Dokumente belegt und anscheinend nicht im Disput. Nur das Dokument selbst ist es. Wie die Dokumentmetadaten zeigen, ist es separat von den anderen Dokumentenvom Original erst kurz vor der Sendung eingescannt worden, während die anderen Dokumente schon im Januar erstellt wurden. Das läßt aber viele Interpretationen zu. Es könnte tatsächlich gefälscht sein. Der Grund dafür wäre aber schwer zu verstehen, denn das Dokument liefert ja keine anderen Informationen als die, die sich auch über die Budget-Papiere nachvollziehen lassen. Es könnte auch ein interner Entwurf sein, der zum Vorbereitungsmaterial für die Sitzung gehörte, aber selbst nie offiziell an die Direktoren weiter gegeben wurde. Dann könnten diese natürlich ehrlich erklären, daß dieses Dokument kein offizielles Papier des Heartland Institute ist und sie es nie gesehen haben. Als Entwurfpapier wären auch eine Reihe von Fehlern in dem Dokument erklärlich (etwa Tippfehler). Unplausibel wäre daran aber, daß es für so wichtig gehalten wurde, daß es zu den anderen Dokumenten hinzugefügt wurde, als das Paket zusammengestellt wurde, das per Email dann weitergesendet wurde. Letztlich braucht man auf das Strategiepapier keinen Bezug zu nehmen, allenfalls läßt man dabei die Chance für ein paar knackige Zitate aus.

Der Wunsch des Heartland Institute, jede Debatte über offizielle Dokumente des Unternehmens zu unterdrücken, steht in starkem Kontrast zu der Gewohnheit, immer wieder gestohlene, persönliche Emails von Servern der Climate Research Unit zum Anlaß zu nehmen, die offene Diskussion über einzelne Textstellen daraus, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden, zu fordern und zu betreiben. Wenn für andere nicht gelten darf, was man für sich selbst einfordert, ist das auffällig, umso mehr, als es ein großer Unterschied ist, ob versehentlich gesendete offizielle Dokumente in die Öffentlichkeit gelangen oder persönliche Emails gestohlen werden und dann mit selektiven Zitaten auch noch deren Inhalte ins Gegenteil verdreht werden.

Der eigentliche Sprengstoff der Dokumente steckt darin, daß sie offenlegen, daß das Heartland Institute anscheinend gegen eine Reihe rechtlicher Bestimmungen verstoßen hat. Es wird als gemeinnützig und steuerbefreit anerkannt, weil man angeblich Anliegen der Bildung und Wissenschaft fördere. Das Budget des Unternehmens weist es jedoch einfach als Lobbyunternehmen aus, das im Sinne der Geldgeber ihre Lobbyinteressen durchsetzen soll. Eine Förderung von Forschung und Bildung findet nicht statt. Zudem widerspricht die Zusammensetzung der Spendengelder der eigenen Vorgabe, daß kein Spender mehr als 5% des Unternehmens finanzieren darf - von einem anonymen Spender wurden zeitweise mehr als 20% des Spendenaufkommens bestritten. Schließlich lassen sich finanzielle Unregelmäßigkeiten feststellen. Ein peinlicher Punkt ist auch, daß der australische Wissenschaftler Bob Carter, der Leugnerpositionen verbreitet, Mittel vom Heartland Institute erhält, obwohl er eine Förderung durch Lobbygelder bisher bestritten hatte.

Dieses Unternehmen steht nicht alleine am Pranger. Fred Singers Science and Environmental Policy Project (SEPP) steht in der Kritik, weil die Rechnungsführung des Lobbyunternehmens nicht nachvollziehbar ist. Auch steht die Anerkennung als steuerbefreite, gemeinnützige Einrichtung in Frage. Gravierend ist, daß einer der Direktoren die SEPP kontrollieren sollen, Frederick Seitz, in diesem Amt weitergeführt wurde, obwohl er bereits zwei Jahre tot war. Wie so viele angebliche Organisationen und Institute der Leugnerszene, die mit hochtrabenden Namen daherkommen, handelt es sich hier weitgehend um ein einträgliches Ein-Personen-Unternehmen (von Fred Singer), um das Potemkinsche Dörfer der Kontrolle durch Experten aufgebaut wurden. Das erinnert an EIKE, dessen hochtrabender Name "Europäisches Institut für Klima und Energie" der Größe und Arbeitsweise des Vereins nicht gerecht wird. Der Altherrenverein hat mit einem Forschungsinstitut nichts gemein, es gibt keine Infrastruktur eines Instituts oder eigene Forschung, dafür noch weitaus weniger Klarheit über Geldgeber und interner Struktur, als es bei amerikanischen Lobby-Unternehmen möglich ist.

Neben Fred Singer drohen auch Patrick Michaels Klagen. Ihm wurden schon öfter falsche oder fehlerhafte Aussagen nachgewiesen. Dazu gehören auch widersprüchliche Angaben darüber, wie viel Geld er von Seiten der Energiewirtschaft erhält. Da die Aussage darüber vor einer Anhörung des Kongresses erheblich niedriger ausfiel als in einem Interview des Senders CNN, hat der demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus Henry A. Waxman nun eine Untersuchung angefordert, um zu klären, ob sich Michaels der Falschaussage schuldig gemacht hat.

Schwere Zeiten auch für eine dänische Frontfigur der Leugnerszene. Björn Lomborg , der mit dem Copenhagen Consensus Centre dafür wirbt, daß er unter 15 ausgewählten Aktivitäten für Entwicklung und Umweltschutz die Reduzierung der CO2-Emissionen mit niedrigster Priorität einstufen kann, wenn man nur hinreichend falsche Grundannahmen macht, wurde die Forschungsförderung von Seiten des dänischen Staates so zusammengestrichen, daß er Mitte des Jahres seine Aktivitäten wohl einstellen muß, wenn er nicht andere Geldgeber findet. Nach Lomborg Meinung gibt es natürlich keine fachlichen Probleme, die gegen seine weitere Förderung sprechen, sondern nur politische Gründe.

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