Samstag, 20. März 2010

Ist die globale Erwärmung noch unter Kontrolle?

Bisher gehen wir bei der globalen Erwärmung davon aus, daß es ein kontrollierbares Ereignis ist. Würden wir die globalen Emissionen der Treibhausgase weit genug reduzieren, würde die globale Erwärmung mit entsprechender Verzögerung von vielleicht 10 bis 20 Jahren beginnen, sich zu verlangsamen und schließlich aufhören. Doch diese Annahme hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Sie hängt davon ab, daß die Klimasensitivität unter 4 Grad je Verdopplung des CO2-Mischungsverhältnisses liegt. Ist das der Fall, können wir davon ausgehen, daß wir ungefähr verstehen, wie viel globale Erwärmung derzeit bereits feststeht, aber noch nicht in eine Temperatursteigerung umgesetzt wurde (90% des Treibhauseffektes gehen in die Erwärmung der Ozeane, der Rest in das Abschmelzen der Eiskappen und Gletscher und in die Temperatursteigerung der Atmosphäre). Sollte aber die Erwärmung der Tiefengewässer unterschätzt sein, wäre bereits mehr latente Temperaturerhöhung im System festgeschrieben als bisher bekannt. Eine weitere Unbekannte ist der kühlende Effekt des Aerosols. Sollte das Sulfataerosol die Erde besser kühlen als bisher bekannt, wäre die Klimasensitivität höher als bisher angenommen. (Dazu auch siehe ein früherer Beitrag.) Gleiches gilt für den Einfluß der Sonne. Derzeit liegen wir in einem lokalen Strahlungsminimum der Sonne, gekennzeichnet unter anderem durch eine lange stille Phase der Sonne bei den Sonnenflecken. Sollten die Schätzungen für den relativen Einfluß der Sonne auf den Temperaturgang der Atmosphäre diesen Einfluß unterschätzen, würde es bedeuten, daß der Treibhauseffekt deutlich stärker maskiert war als bisher angenommen. Dies alles macht die kommenden Jahre sehr spannend. In einer aktuellen Publikation von James Hansen und Kollegen hat das Goddard Institut für Space Studies der NASA deutlich gemacht, daß man für 2010 einen neuen Temperaturrekord erwartet. (Der ausführliche Beitrag erläutert auch neue Methoden, den Wärmeinseleffekt abzuschätzen und die Temperaturdaten zu verbessern, etwa die Abschätzung der Oberflächentemperaturen der Meere.) Trotz ansteigendem Sulfataerosol in Asien und trotz stiller Sonne ist die globale Erwärmung auch in den letzten Jahren ungebremst voran gegangen. Schon ein moderater El Nino sorgt nun für ein neues Rekordjahr bei der globalen Temperatur. Sollte die Sonnenstrahlung wieder das Niveau der 60er Jahre erreichen und sollten in Asien Luftreinhaltemaßnahmen Effekte zeigen, würde sich deutlich zeigen, wie viel globale Erwärmung bislang durch verschiedene Effekte maskiert wurde. Dies wäre ein Augenblick der Wahrheit bezüglich der globalen Erwärmung und würde uns einen ersten Hinweis geben, wie realistisch das Ziel überhaupt ist, die globale Erwärmung bis 2100 auf ca. 2 Grad zu begrenzen. Schon jetzt ist die statistische Wahrscheinlichkeit nicht unerheblich, daß wir deutlich schlechtere Szenarien berücksichtigen müssen.Zeitreihe der globalen kombinierten Temperaturen von Land- und Meeresoberflächenmessungen nach GISS, links normale Jahresmittel, rechts gleitende Jahresmittel aus den monatlichen Daten - hier sieht man zuerst, wenn neue Rekordjahrestemperaturen erreicht werden (via Climate Progress).


Am Rande erwähnt sei, daß GISS auch darauf hinweist, daß im Zusammenhang mit einer Anfrage auf Basis des Freedom-of-Information-Acts vertrauliche Daten geraubt wurden. Dies erinnert an ähnliche Vorgänge bei der Climate Research Unit unter Phil Jones und ist auch im Zusammenhang mit Versuchen zu sehen, Webseiten wie Real Climate oder Sceptical Science zu hacken. Die Versuche der antiwissenschaftlichen Leugner des menschengemachten Klimawandels zur Sabotage der wissenschaftlichen Arbeit und zur Desinformation der Öffentlichkeit halten an.

8 Kommentare:

skeptisches Ei hat gesagt…

Hallo for4zim,

ich bin ein bisschen (ganz schön) OT, aber folgender Artikel in der "Welt" hat mich heute ziemlich sprachlos gemacht: http://tinyurl.com/yls8u7c

Ich weiß nicht, ob du diesen Artikel in deinem Blog schon erwähnt hast (die Suchfunktion hat jedenfalls nichts ergeben), aber falls nicht, dann ist das definitiv einen Blogeintrag wert.

So viele Verschwörungstheorien, Falschaussagen und geradezu
dümmliche Hetze in einem Artikel sind eindeutig rekordverdächtig. Das ist selbst für die Springer-Presse ein Monument der Nichtjournalistik.

J. Zimmermann hat gesagt…

Den Artikel von Frau Margolina kannte ich noch nicht. Den schaue ich mir mal an.

Ebel hat gesagt…

"Das Problem besteht nicht in der wissenschaftlichen Ignoranz, sondern in der Gesinnungskontrolle, die der liberale Mainstream an allen gesellschaftlich brisanten Debatten routiniert ausübt."

Das ist wahr. Und zur Zeit ist beim Klima Klimakritik angesagt - und da wird eben größter Unsinn veröffentlicht. Bei der Wirtschaft ist neoliberales Denken angesagt - und da wird eben größter Unsinn veröffentlicht. Beim Impfen wird eben auch größter Unsinn veröffentlicht. Siehe
http://www.wzforum.de/forum2/read.php?6,1849452

Bei Manchen muß man sich aber fragen, ob die richtige Darstellung manchmal nicht auch darauf aufgebaut ist, zu glauben:

Bei der Klimaerwärmung wird immer Bezug auf die Modelle Bezug genommen (die kaum einer nachrechnen kann). Warum nicht die Satellitenspektren nehmen, den Höhenverlauf der Temperatur als Druck-Temperatur-Diagramm und die Absorptionslänge als Diagramm Absorptionslänge als äquivalenter Druck/Wellenlänge. Und die Fördermengen fossiler Brennstoffe als vollständige Zunahme der CO2-Konzentration. Das können erheblich mehr Menschen verstehen.

Die Tropopause als Übergang strahlungsbedingter Temperaturverlauf in vertikalzirkulationsbedingten Druckverlauf - dann ist damit der Grenzwert der Erwärmung zu erklären. Die Atmosphäre absorbiert Photonen, die vom Boden emittiert werden, in weiten Wellenlängenbereichen fast vollständig - was sollen also Kurven der Durchlässigkeit der Atmosphäre? Die liefern bloß Sättigungstheorien Vorschub.

Analog ist es mit der Wirtschaft. Produziert wird nur das, was verkauft werden kann. Wenn also die Kaufkraft durch Ausgabenkürzungen verringert wird, dann wird die Produktion gesenkt und als Folge steigt die Arbeitslosigkeit und sinken die Einnahmen.

Beim Impfen werden oft vermeintliche oder tatsächliche Nebenwirkungen genannt - aber selten, warum es keine Pocken mehr gibt.

MfG

J. Zimmermann hat gesagt…

Es ist richtig, daß es in der Wissenschaft oft mehrere Wege gibt, zu einer Schlußfolgerung zu kommen. Man merkt das vielleicht schon bei meinen Beiträgen, wenn ich sehr einen qualitativen Ansatz betone, weil ich Gleichungen nicht für Blog-geeignet halte. So kann man auch über den Vergleich von Strahlungsspektren und ihre quantitative Auswertung leicht z.B. den Treibhauseffekt nachweisen. Für den Laien ist leider der Unterschied solcher Auswertungen und von entsprechenden Modellrechnungen marginal, da auch die Integration der entsprechenden Strahlungsflüsse Rechenaufwand bedeutet, den Fachleute ausführen müssen. Bei der Sinnhaftigkeit von Impfungen ist es in der Tat einfacher: die Zahl der Masern- und Pockentoten vor Einführung der entsprechenden Impfungen spricht für sich.

Ebel hat gesagt…

Es geht eben nicht um Berechnungen, sondern um plausible Darstellung. Dazu gehört die Darstellung, warum die Höhe des Übergangs zwischen vertikalzirkulationsbestimmten Temperaturverlauf (Troposphäre) und strahlungsbestimmten Temperaturverlauf (Stratosphäre) sich ändert usw.

MfG

J. Zimmermann hat gesagt…

Kein Zweifel: der Anstieg der Tropopausenhöhe ist ein klarer Indikator einer globalen Erwärmung und wird auch so beobachtet. Ich denke nur, daß die Leute, die mit Modellrechnungen Schwierigkeiten haben, damit auch Schwierigkeiten haben werden, weil es ja im Grunde nicht um den Nachweis geht, sondern darum, ob man wissenschaftliche Methodik akzeptiert und bereit ist, Fachleuten zu vertrauen. Beim hohen Spezialisierungsgrad gehört eben das Vertrauen in Fachleute dazu.

Unknown hat gesagt…

" Trotz ansteigendem Sulfataerosol in Asien und trotz stiller Sonne ist die globale Erwärmung auch in den letzten Jahren ungebremst voran gegangen."

Diese Aussage ist definitiv falsch. Seit ca. 15 jahrne ist keine statsitisch signifikante Erderwärmung zu verzeichnen.

J. Zimmermann hat gesagt…

Lieber anonymer Beitragsschreiber,
wenn Sie schreiben wollen, daß eine Aussage definitiv falsch sei, sollten Sie vorher sicher stellen, daß Sie auch über die Kompetenz verfügen, diese Aussage zu treffen. Die Aussage, daß es über 15 Jahre keine signifikante Erwärmung gegeben habe, ist insofern trivial, als über 15 Jahren gar nichts mit Signifikanz gesagt werden kann, eben weil der Zeitraum zu kurz ist. Klimatrends können Sie sinnvoll nur über deutlich längere Zeiträume beschreiben. Die globale Erwärmung schreitet deshalb weiter voran, weil über jeden Zeitraum, über den man signifikante Aussagen machen kann, man nur einen Trend der Erwärmung sehen kann und für jeden kürzeren Zeitraum kein Trendänderungssignal feststellen kann. Diese Informationen finden Sie auch auf diesem Blog. Informationen zu dem Zitat von Jones, der das genaue Gegenteil von dem meint, was Sie ihm unterstellen, gibt es hier
Und warum Sie mehr als 15 Jahre brauchen, um den gerade bestehenden Temperaturtrend zu bestimmen, steht zum Beispiel, aber nicht nur, hier.