Donnerstag, 23. Februar 2012

Bojanowskis Feldzug

Der Spiegel erweitert mal wieder seine Desinformationskampagnen zu Themen des Klimawandels. Das Ausmaß der irreführenden Berichterstattung im Spiegel ist erstaunlich. Axel Bojanowski hat sich diesmal den Skandal um das Heartland Institute herausgegriffen und in bekannter Manier die Geschichte auf den Kopf gestellt. Geht es nach ihm, ist es ein Skandal der Wissenschaftler und speziell von Peter Gleick. Der eigentliche Skandal kommt bei ihm gar nicht vor. Falschberichterstattung durch Auslassung ist in mehreren Punkten nachweisbar und demonstriert, daß der Spiegel beim Thema Klimawandel eine Agenda hat. Dieses Magazin ist keine seriöse Nachrichtenquelle für dieses Thema (und für welches dann überhaupt?) Eine Analyse.


9 Tage lang schwiegen fast alle Medien zum Skandal des Heartland Institute. Die Süddeutsche Zeitung und seit kurzem der Deutschlandfunk, sowie einige Blogs und Blätter von Umweltgruppen waren in den ersten Tagen die einzigen, die den Skandal ansprachen, der in den Medien des Auslands zu ausführlicher Berichterstattung führte. Ein Kommentar im Blog war, daß wohl erst Gleicks Geständnis, daß er die Dokumente des Heartland Institute öffentlich gemacht hatte, den Spiegel dazu bringen könnte, darüber zu berichten und zwar indem die Geschichte zugunsten des Heartland Institute gedreht würde. Genauso kam es.

Axel Bojanowski könnte seinen Artikel in Teilen aus Leugnerblogs abgeschrieben haben, denn manches davon klingt so, wie etwa die Formulierung im vorletzten Absatz über postnormale Wissenschaft, die Inhalte aus dem Blog Klimazwiebel wiedergibt. Der Schlusssatz „Selbst intelligente Wissenschaftler wie Peter Gleick können darüber ihre Vernunft verlieren.“ erinnert sehr an den Charaktermord an Phil Jones in einem früheren Spiegelartikel. Und bis dahin ist der Artikel ein stetiges Bergab über Auslassungen zu Unterstellungen bis zu Diffamierungen.

Bojanowski behauptet, daß die der Climate Research Unit gestohlenen Emails gezeigt hätten, daß Forscher oft nur untereinander in den E-Mails über Wissenslücken gesprochen hätten. Das bezieht sich zum Beispiel auf Probleme bei der Temperaturrekonstruktion aus Baumringen nach 1960 oder auf Trenberths Hinweis, daß unklar ist, wo eigentlich eine Lücke im Energiebudget der Erde zu füllen sei. Diese Probleme wurden und werden allerdings in der Fachliteratur durchaus besprochen, so daß Bojanowski hier eine der mit Hilfe von aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten der gestohlenen Emails konstruierte Unterstellung der Leugnerszene wiederholt. Aufgrund von Erläuterungen der Autoren der Emails und auf der Basis der Untersuchungen zu den Vorfällen, die sowohl Phil Jones als auch Michael Mann entlasteten, läßt sich leicht recherchieren, daß diese Unterstellungen falsch sind. Auch Bojanowski könnte diese Informationen nutzen, aber er läßt sie weg. Auch das ist beim Spiegel Gewohnheit.

Davor steht: „Knobloch erinnert an den sogenannten Climategate-Skandal, als unbekannte Hacker Tausende E-Mails von Klimaforschern klauten. Damals war der Aufschrei womöglich größer, weil sich zeigte, daß die aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate nicht geeignet waren, die Vorwürfe gegen Forscher zu belegen und deutlich wurde, daß Lobbygruppen Wissenschaftler diffamieren.“ Nein, das steht da nicht, denn der kursive Teil geht bei Bojanowski so „….dass staatlich finanzierte und zur Objektivität verpflichtete Forscher sich in Grabenkriege mit ihren Gegnern verstrickt hatten.“ Bojanowskis Auslegung dessen, was tatsächlich passiert war, ist also durchaus kreativ. In der Klimazwiebel oder in Judith Currys Blog könnte man es wohl ähnlich nachlesen.

Zu dem Strategiepapier kann man zwar nachlesen, daß es in Form, Sprache und Duktus anders sei, als die Papiere, deren Echtheit vom Heartland Institute bestätigt wurde, was übrigens das Unternehmen selbst anders sieht – es behauptet weiterhin, es könne nicht ausschließen, daß die übrigen Papiere verändert seien – aber nicht, daß sein Inhalt dem der anderen Dokumente entspricht. Zudem ist das Dokument weder in Form noch in Sprache noch im Duktus von den anderen Papieren verschieden außer in den Punkten, die plausibel erklärt werden können. Das sind der Scan von einem Original auf Papier, der vertrauliche Charakter, der Konzeptstatus dieses Memorandums und ein fehlendes Korrekturlesen des für einen kleinen Kreis gedachten Papiers. Bojanowski läßt dies alles aus. Er schreibt nur, daß das Heartland Institute das Strategiepapier als Fälschung bezeichne und das Peter Gleick zu dem Vorwurf der eigenhändigen Erfindung des Memorandum auf Nachfrage des Spiegel keine Stellung genommen habe. Er verschweigt allerdings, daß Peter Gleick in seinem Blogbeitrag genau erläutert hat, wie er an die Papiere gekommen sei, was die Nachfrage des Spiegels völlig überflüssig macht. Oder soll Gleick einem zweitklassigen deutschen Nachrichtenblatt noch mal eigens erläutern, was er bereits beschrieben hat und in den USA ausführlich von vielen relevanten Zeitungen berichtet wurde? Bojanowski gibt hier eine Formulierung vor, die dem uninformierten Leser suggeriert, daß Gleick im Zwielicht steht und der Fälschungsvorwurf plausibel und von ihm unwidersprochen ist.

Wir finden bei Bojanowski nichts über die Spenderstruktur, nichts über Zweifel daran, daß die Steuerfreiheit für das Heartland Institute rechtens ist, nichts über die Finanzierung des Leugnernetzwerkes, das interessanterweise auch eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der fabrizierten Vorwürfe auf Basis der gestohlenen Emails der Climate Research Unit spielte, nichts über die Finanzierung verschiedener Pseudoexperten, die das teilweise zuvor geleugnet hatten und nun zugeben müssen, nichts über die Pläne, den Zweifel am Klimawandel in ein Schulcurriculum zu packen, was von David Wojick selbst zugegeben wird. Diese Auslassungen, die Betonungen und Formulierungen des gesamten Artikels zeigen Methode. Man spürt eine Absicht, die seriöse Wissenschaft zum Klimawandel umzudeuten als Partei in einem Lagerstreit, hier wird der echte Skandal verschwiegen und eine Nebensache zur Hauptsache gemacht, hier wird die Agenda der Leugner so weit unterstützt, wie es dem Autoren noch möglich erscheint. Das ist kein seriöser Journalismus, das hier ist Lobbyismus, es ist schmierig und schändlich. Als Gegenbeispiel kann man sich den Artikel im Handelsblatt anschauen, um zu sehen, was seriöse Journalisten aus dem Stoff machen.  *Sarkasmus an* Hoffentlich wurde Bojanowski dafür anständig bezahlt, beim Heartland Institute taucht er in den Haushaltsplänen noch nicht auf. *Sarkasmus Ende*

2 Kommentare:

Captain Pithart hat gesagt…

Ich würde nicht so weit gehen, "Klimazwiebel" als Leugner-Blog zu bezeichnen, auch wenn sie manchmal in Spiegel-Manier grenzwertig sind. Dazu dass Bojanowski sich an Klimazwiebel angelehnt haben könnte würde passen, dass im Zuge der Rahmstorf/Meichsner-Geschichte eine interne Connection von Storch/Bojanowski in Erwägung gezogen wurde (also dass Bojanowksi von Storch ein Dokument hat zukommen lassen, das dann bei von Storch veröffentlicht wurde, ich erinnere mich nicht an genaue Details). Im Augenblick nur lustige Verschwörungstheorie ohne feste Anhaltspunkte, aber würde sich mal lohnen im Auge zu behalten :)

pH

J. Zimmermann hat gesagt…

Man muß es natürlich differenziert betrachten: Prof. Dr. von Storch ist sicher kein Leugner, er macht als Wissenschaftler seine Arbeit und seine Äußerungen auf seinem Fachgebiet klingen plausibel. Aber der Blog wird von mehreren Personen betrieben, die auch in den Leugnerbereich abdriften.

Die Verbindung zwischen von Storch und Axel Bojanowski wäre ein interessantes Detail. Bisher wußte ich nur vom Spiegeljournalisten Traufetter, daß er bei dem Treffen in Lissabon mit den Leugnern und den "ehrlichen Maklern" Verbindungen geknüpft hatte.